Dienstag, 24. Februar 2015
Atif muss gehen
Donnerstag um 19.59 Uhr fährt sein Zug ab Buchholz. Von Mailand will er versuchen nach Libyen zu kommen. Dort sieht er für sich mehr Chancen als in Italien! …



Atif kam nach Europa, weil er im Sudan verfolgt wurde und in seinem ersten Fluchtland Libyen der Krieg ausbrach. 40 Nato-Raketen detonierten in der Nähe seiner Unterkunft.

Er kam übers Meer nach Italien, bekam dort Schulung und Asyl – und das Drama begann erneut: Obdachlosigkeit. Als er krank wurde, bekam er keine Krankenversorgung und wurde weggeschickt mit den Worten: „Versuchen Sie es woanders in Europa.“

Im Oktober 2013 kam er nach Deutschland, im Dezember dann nach Heideruh als der älteste Bewohner, ging zu jedem ihm angeboteten Deutschkurs, lernte, fand endlich Ärzte, die ihm Diagnosen stellten, Befürchtungen ausschlossen und v. a. eine Augen-OP als notwendig erachteten, er arbeitete im Beschäftigungsprojekt und fühlte sich hier wohl, willkommen und sicher.

Im Oktober kam die unausweichliche Abschiebung nach Italien. Wir versuchten alle Kontakte in Italien zu aktivieren und stießen auf völlige Überarbeitungen der dortigen Unterstützungsgruppen. Deren Augenmerk gilt den täglich zu Tausenden ankommenden neuen Flüchtlingen.

Atif versuchte dann in Turin und Milano alles: Arbeitslosenwarteliste Nr. 4300, keine ärztliche Behandlung und v. a. keine Unterkunft, denn als Mensch mit Asyl hat er in Italien keinerlei Ansprüche und niemand fühlt sich zuständig. Er hörte wieder: „Gehen Sie woanders hin in Europa.“

So kam er als „Tourist“ wieder nach Heideruh zum Überwintern. Wieder besuchte er einen - aus Spenden finanzierten – Deutschkurs und mögliche Arbeitsplätze in seinem Beruf – Fliesenleger - wurden gefunden. Da er aber erst 2017 ein dauerhaftes Asyl in Italien bekommen würde, hat er hier keine EU-Arbeitserlaubnis.

Nun sind die 90-Tage des Touristen-Visum vorbei und er muss zurück. Zurück wohin?



Die Dublin-Abkommen sind unmenschlich, vergeuden Geld und die Lebenszeit von Menschen und treiben verfolgte Menschen in den Abgrund.

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