Mittwoch, 26. Juli 2006
Heribert Prantl sagt, wie es ist
Von Heribert Prantl (Süddeutsche Zeitung) ist man ja gemeinhin eher heftigere Ansagen gewohnt ("Das deutsche Ausländer- und Asylrecht, schärfste Erfindung seit der Guiilotne"). Immerhin erzielte er damit in meinem früheren Umfeld, also der antirassistischen Linken in Norddeutschland große Beliebtheit, was für einen Bayern und Linksliberalen durchaus nicht einfach selbstverständlich ist.
(O-Ton eines früheren Genossen: "Obwohl das´n Linksliberaler ist, sagt er das Richtige")
Sein Beitrag zum Libanon-Israel-Konflikt zeichnet sich hingegen eher durch einen abwägenden Tonfall und eine erfrischende Konstruktivität aus. Hut ab, Herr Prantl!

http://www.sueddeutsche.de/,tt1m3/ausland/artikel/251/81170/

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Ah bah, "obwohl jemand etwas ist", "ich als", diese Denke kann mir gestohlen bleiben, entweder, jemand sagt was er denkt, oder er tut es nicht, und ich entscheide im Einzelfall, ob ich die Position richtig finde oder nicht. Wobei das, was Prantl da schreibt, recht gut ist.

Andererseits, all den groß über diesen Konflikt daherdiskutierenden deutschen Intellektuellen würde ich ja mal raten, eine Weile z.B. in Tel Aviv zu wohnen, das ändert die Perspektive etwas. Wer ständig beschossen wird, schießt irgendwann zurück. Nur geht die Größenordnung in diesem Fall über jedes vernünftige Maß hinaus.

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Prantl schreibt in seinem sehr lesenwerten Kommentar „Auge um Auge, Zahn um Zahn“:

"Die Überschrift dieses Artikels ist antisemitisch. Sie findet sich, als Chiffre für Rachsucht und Vergeltung, Hochmut und Vernichtungswut, in jedem zweiten bösen Kommentar gegen Israel – „Auge um Auge, Zahn um Zahn“. Diese Regel steht im Alten Testament, und wer diesen Satz zur Erklärung der Situation im Südlibanon oder im Westjordanland gebraucht, unterstellt damit eine jüdische Mentalität, die von Moses bis Ehud Olmert reicht. Der biblische Satz wird so zur Formel für einen angeblich religiös-genetischen Defekt; und aus der Formel wird ein politisches Deutungsmuster dergestalt: „ ... so steht es im Alten jüdischen Testament und so praktizieren es die Israelis."

Ich will das eigentlich gar nicht kommentieren und womöglich hat er recht, daß die biblische Maxime unter Umständen, je nach Kontext, antisemitisch verwendet werden kann.
Tatsache ist aber, daß sich die Bellizisten in Israel zur Zeit alle Mühe geben, ihren Kritikern den Gebrauch dieser Maxime wieder nahezulegen:

"Die israelische Luftwaffe soll laut einem Bericht der Zeitung "Maariv" für jeden Hisbollah-Angriff auf Haifa zehn Häuser in der libanesischen Hauptstadt Beirut zerstören. Einen entsprechenden Befehl habe Generalstabschef Dan Halutz erteilt, berichtete die israelische Tageszeitung am Mittwoch. Für Raketenangriffe Haifa sei damit ein "bedeutender Preis" festgelegt worden. Der schwere Angriff auf Beirut vom Vortag sei eine Umsetzung dieses Befehl gewesen und habe exakt zehn Gebäude zerstört, berichtete das Blatt. Als Quelle für ihren Bericht gab die Zeitung ein Hintergrundgespräch mit einem ranghohen Vertreter der israelischen Luftwaffe an. Die Pressestelle der Armee habe bestritten, dass es einen solchen Befehl gebe." (APA/dpa) http://derstandard.at/?url=/?id=2530008 (26. Juli 2006, 12:49)

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Wenn sich das bewahrheiten sollte, wären wir wieder im Jahr 1982 angekommen, wo die Doktrin der ungleichmäßigen Vergeltung herrschte.

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Apropos Bibel bzw. Altes Testament:
Bei ZDF.de (http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/29/0,1872,2066237,00.html) gibt es noch eine „Geschichte des Nahost-
Konflikts bis zur Gründung
des Staates Israel“, die zwar vom 13. Sep.t 2003 datiert, aber dort immer noch abrufbar ist. Der ganze Beitrag steht unter dem sehr fragwürdigen Titel „Biblische Wurzeln“; im Vorspann heißt es entsprechend: „Und man muss wirklich sehr weit zurück schauen: Der Konflikt hat seine Wurzeln schon in biblischen Zeiten.“

Zwar hat der Konflikt eine lange Geschichte, aber das zuvor Zitierte ist nicht wirklich hilfreich und bestärkt nur wieder diejenigen, die eine essentialistische, meist auch antisemitische Sicht der Geschichte favorisieren („Von Anbeginn der Zeiten war das schon immer so mit den Juden und wird auch immer so bleiben, das ging schon mit Moses los ...“), oder andererseits diejenigen, die mit dem Alten Testament daherkommen, wenn es um heutige Konflikte (oder auch die Rechtfertigung von heutigen Ansprüchen) geht. Nicht hilfreich.

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"Biblische Wurzeln"
Die Spruch ist übelster Schwumpf und wird verteten von den Dummbratzen auf beiden Seiten. Er bedeutet die künstliche Historisierung und Ontologisierung eines ausschließlich sehr jungen Konflikts. Außerdem möchte ich mal die Bibelstellen sehen, die das stützen.

Diese Spielchen 'Wir waren schon vor 2000 Jahren hier! – Wir noch früher! – Nein wir!' oder 'Uns gehört der Tempelberg, weil er uns heilig ist! – Uns ist er aber noch viel heiliger!', die man als infantil verlachen könnte, wenn sie nicht so furchtbar wären, existieren erst seit dem 6-Tage-Krieg, also keineswegs seit biblischen Zeiten.

Der Konflikt wird in zwei einander potenzierende gewaltige Dimensionen verlagert, die ihn dann ausweglos erscheinen lassen: In Geschichte und Religion. Da drüber geht nichts mehr. Wenn es um "das Heiligste" geht und das schon seit Jahrtausenden, dann gibt es als Lösung nur noch den finalen Endkampf, in dem eine Seite nicht nur unterliegt, sondern terminiert wird. Ich kann vielleicht Streithähne dazu überreden Land und Wasser zu teilen, aber wie bringe ich jemanden von seinem Weg ab, der als Vollstrecker der Geschichte und des göttlichen Willens unterwegs ist?

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Woanders krakeelen sie 'Kopf ab, Herr Prantl!' Das ist die Ecke, wo dann schon mal expressis verbis begründet wird, warum auch palestinensische und libanesische Kindergärten (!) "legitime Ziele" für Bomben sind.
Das ist nicht mehr das Gemüt des Fleischerhunds. Das ist das Gemüt des Fenriswolfs.

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das ist dieselbe ecke, in der jetzt dröhnendes schweigen zur ermordung von 4 un-soldaten herrscht...

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Die haben gerade das Problem, daß die bereitgehaltenen gängigen Sprachschablonen in diesem Fall nicht anwendbar sind. Darauf waren sie nicht vorbereitet. Man sieht: Ein standhaftes Weltbild ersetzt noch nicht PR-Kompetenz.

Gehen wir mal die Liste der möglichen Argumente durch:

- "Selbstverteidigung" – Gegen die UN? Gestrichen.
- "Haben Hisbollah-Waffen versteckt" – Geschenkt.
- "Kollateral" – Schwierig, wenn die dutzendmal ihre Position durchgeben.
- "Es wurde von dort aus geschossen" – Ganz schlecht.
- "Sie wurden durch Flugblätter gewarnt" – Ach du Scheiße, bloß das nicht!

Das war's auch schon. Man sieht: Das Argumentarium ist insgesamt recht schmal.
Klar ist: Bei denen glühen jetzt die Hirne, wie man die Peinlichkeit auf die Reihe kriegt. Sie leiden. Natürlich nicht wegen der Opfer. Das wäre "Gutmenschentum" und in diesen Kreisen nicht üblich.

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Das speziell Blöde für die Neoconnards ist hier, im Moment jedenfalls, dass sie diesmal nicht auf eine IDF-Version des Angriffs, äh, Vorfalls Bezug nehmen können.

Aber gut, dann helfen wir den Neo-Arschlöchern mal bei der Suche von Argumenten:

- Nur 300 Meter entfernt (unbewiesene Behauptung) hätte es eine aktive Hisbollahstellung gegeben, und so genau kann die israelische Armee nun einmal nicht zielen.

- Die UNO mit ihrer Israelfeindlichkeit dürfe sich nicht wundern, wenn sie infolge ihrer Tatenlosigkeit zwischen die Fronten gerät.

- Es handelte sich um einen Angriff mit Hisbollah-Raketen auf die UNO, den man jetzt auf typisch antisemitische Weise der israelischen Armee unterjubelt.

- Die UNO hat sich in diesem Fall eindeutig und unwiderlegbar als Schutzschild für die Hisbollah betätigt. Im Krieg geht nun einmal auch etwas daneben. So nutzlos, nein, schädlich, wie die UNO nun einmal ist, wäre es ohnehin weit besser gewesen, wenn sie sich aus angemessener Verantwortung heraus an den Ratschlag der Evakuierung gehalten hätte.

- Bevor die Untersuchungen abgeschlossen sind, kann zu diesem Vorfall nichts gesagt werden, weder, ob es sich hier um einen Angriff der Hisbollah gehandelt hat, noch, ob es sich hier um Irrläufer gehandelt hat, die angesichts der Nähe der Hisbollah-Stellungen, die sich hinter dem UNO-Stützpunkt getarnt haben, diesmal leider nicht vermieden werden konnten. Wer jetzt schon urteilt, ohne alle Fakten zu kennen, beweist nur Eines: Seine antisemitische Voreingenommenheit.

- Israel hat sich längst, und in eigentlich völlig übertriebener Weise entschuldigt. Wer jetzt noch auf diesem Vorfall herumreitet, ist der typische Antisemit, der von Israel eine "Korrektheit" abverlangt, wie sie im Krieg von keinem anderen Staat verlangt wird. Mit einem Wort: Hinter den Vorwürfen steht nichts anders als wütender und die Existenz Israels negierender Judenhass, der sich die völlige Wehrlosigkeit Israels wünscht.

(Alles gemäß dem Leitfaden: "Neocon-Argumentation für Anfänger")

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@ all
ist eigentlich näheres über die Umstände des Beschusses bekannt ? In den PMs der UNFIL findet man nur die sehr trockene Feststellung. Liest man die PMs der UNFIL der letzten Tage so möchte man nicht gern in deren Haut stecken müssen. Die kommen ständig unter Feuer - in den letzten Tagen hat es wohl schon mehrere von deren Stellungen erwischt, bislang glücklicherweise ohne Tote:

http://www.un.org/Depts/dpko/missions/unifil/unifilpress.htm

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http://artur.blogger.de/stories/513720/ der weisen worte werden mehr...

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Ihr habt noch die andere Ecke
vergessen, der da auch nix mehr dazu einfällt, nämlich die Antideutschen. Die haben jetzt auch ein Problem, daß die word-Textbausteine nicht mehr passen zu diesem Desaster. Aber ich denke, es dauert nur noch 1-2 Tage, dann ist Prantl bei denen Deutschlands schlimmster Antisemit ....

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@ Dr. Dean

Guckst Du hier:

http://www.un.org/Depts/dpko/missions/unifil/pr010.pdf

Yesterday evening at 19:30, at least one aerial bomb impacted directly on the building inside the patrol base of the Observer Group Lebanon (OGL) in the area of Khiyam in the eastern sector. The three-story building and the position were entirely destroyed. At the time, there were 4 unarmed military observers in the position from different nationalities. A UNIFIL rescue team was immediately dispatched to the location, and is still trying to clear the rubble. They retrieved the bodies of three observers, and are searching for the fourth, who is also feared dead. The Secretary General of the United Nations gave a statement last night in Rome concerning this incident.

Prior to this incident, very intensive aerial bombardment and shelling from the Israeli side was reported in the area of Khiyam, and there were 14 prior incidents of firing close to this position by aerial bombs and artillery shells. At 18:30, four artillery shells fired from the Israeli side directly impacted inside the position, causing extensive damage on the building and the shelter. UNIFIL Force Commander was in repeated contact with Israeli Army officers throughout the afternoon, pressing the need to protect that particular UN position from firing.

Another UN position of the Ghanaian battalion in the area of Marwahin in the western sector was also directly hit by one mortar round from the Hezbollah side last night. The round did not explode, and there were no casualties or material damage. Another 5 incidents of firing close to UN positions from the Israeli side were reported yesterday. It was also reported that Hezbollah fired from the vicinity of four UN positions at Alma ash Shab, Tibnin, Brashit, and At Tiri. All UNIFIL positions remain occupied and maintained by the troops.

Preisfrage wird dann wohl sein: worauf wurde da eigentlich geschossen ? Auf anderes als in Alma ash Shab, Tibnin, Brashit, and At Tiri ?

Eine Lösung dürfte eventuell die Geografie von Khiyam liefern : Bergkuppe, freier Blick über Israel bis zum See Genezareth. Was baut man da hin ? Beobachtungsstellungen. Aller Couleur wohl.

Ich bin mal gespannt welche Richtung diese Geschichte der vorsätzlichen "Ermordung" von vier Soldaten mit "Präzisionswaffen" in den nächsten Tagen so annimmt. Da scheint noch viel offen zu sein, aber zuviel dass es ein SPON-Redakteur oder ein Braunblogger recherchieren mag.


Und wenn ich schon wühle:

Der Kanadier Major General Lewis Mackenzie zu dem kanadischen Soldaten, der als einer der vier umkam:


"We received emails from him a few days ago, and he was describing the fact that he was taking fire within, in one case, three meters of his position for tactical necessity, not being targeted. Now that’s veiled speech in the military. What he was telling us was Hezbollah soldiers were all over his position and the IDF were targeting them. And that’s a favorite trick by people who don’t have representation in the UN. They use the UN as shields knowing that they can’t be punished for it."

Im Real-Player-Format (hoffe es geht)

http://cbc.ca/metromorning/media/20060726LMCJUL26.ram

Und hier ewas vom toten Kanadier selber und zu der Position, in der er umkam :

"...What I can tell you is this: we have on a daily basis had numerous occasions where our position has come under direct or indirect fire from both artillery and aerial bombing. The closest artillery has landed within 2 meters of our position and the closest 1000 lb aerial bomb has landed 100 meters from our patrol base. This has not been deliberate targeting, but has rather been due to tactical necessity..."

Quelle:
http://www.ctv.ca/servlet/ArticleNews/story/CTVNews/20060718/mideast_lebanon_UN_060716/20060719/

Kofi, bellissimo Lider, "I am shocked and deeply distressed by the apparently deliberate targeting by Israeli Defence Forces of a UN observer post in southern Lebanon", warum setzt Du Deine unbewaffneten Leute - Beobachter - so etwas aus ?

Da kann doch keiner mehr sagen dass er von nichts wusste.

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Sagt der wegen einer Sexualstraftat Angeklagte:
"In echt, Herr Vorsitzender, ich machte nur harmlose Freiluftübungen mit meinem erigierten Glied. Die Frau hätte sich da nicht hinlegen sollen. Außerdem bin ich durch meine einschlägigen Vorstrafen als Penis-Freiluftübender doch bekannt.
Da kann doch keine mehr sagen dass sie von nichts wusste."

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