Montag, 1. Dezember 2025
Thomas Gottschalks Krebserkrankung: Was Onkologen über das epitheloide Angiosarkom wissen
Michael van den Heuvel, Medscape
01. Dezember 2025

Ende November hat Thomas Gottschalk in einem Interview in der Bild-Zeitung öffentlich gemacht, dass er an einer seltenen und aggressiven Krebserkrankung leidet. Der 75-jährige Entertainer erklärte, dass ein epitheloides Angiosarkom bei ihm diagnostiziert worden sei. Diese Krebsform entsteht aus den Zellen der Blutgefäße und zählt zu den seltensten und zugleich aggressiven Tumoren. Was bedeutet diese Diagnose? Und welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?

Spekulationen über seine fahrigen Auftritte
Bereits Wochen vor der offiziellen Bekanntmachung hatten Journalisten seinen Gesundheitszustand hinterfragt. Bei öffentlichen Auftritten, darunter der Bambi-Verleihung, wirkte Gottschalk ungewohnt erschöpft, fahrig und angespannt. Dies nährte Spekulationen um eine mögliche Demenz. Gottschalk wies alle Spekulationen klar zurück. Nicht eine neurologische Erkrankung, sondern Krebs und die belastende Behandlung seien der Grund für sein verändertes Auftreten gewesen.

Er sprach offen über starke Medikamente, Schmerzen und Nebenwirkungen, die seinen Alltag erheblich beeinträchtigen. Rückblickend erkannte er, dass die Bambi-Show für ihn ein Wendepunkt war – dort sei ihm klar geworden: „Ich kann nicht mehr auftreten.“


Bereits im Juli dieses Jahres erhielt Gottschalk die Diagnose eines epitheloiden Angiosarkoms. Bald darauf hatten Ärzte Teile seiner Harnleiter und seiner Blase entfernt. Doch der Tumor erwies sich laut Medienberichten als weiter fortgeschritten als erwartet. Eine 2. Operation wurde notwendig.

Genaueres über Gottschalks Tumor sowie seine Therapie ist nicht bekannt und ist Privatsache. Viele zollen ihm jedoch großen Respekt für seine Offenheit im Umgang mit seiner Krankheit.

Bei den folgenden Informationen handelt es sich ausdrückliche um eine allgemeine wissenschaftliche Übersicht zu dieser Tumorart, die vielen Ärzten nicht so geläufig sein wird, weil sie nur extrem selten auftritt.


Epidemiologie und Häufigkeit des epithelioiden Angiosarkoms
Das epithelioide Angiosarkom ist eine aggressive Form des Angiosarkoms. Typisch ist ein rascher, invasiver Verlauf, der häufig frühzeitige Metastasierungen und damit eine insgesamt ungünstige Prognose mit sich bringt.

Angiosarkome gehören insgesamt zu den seltenen Tumoren: Sie machen lediglich rund 1 bis 2% aller Weichteilsarkome aus. Das epithelioide Angiosarkom bildet innerhalb dieser Gruppe widerum nur einen sehr kleinen Subtyp. Fallserien und Übersichtsarbeiten gehen von einem Anteil deutlich unter 1% aller Weichteilsarkome aus.

Betroffen sind meist ältere Erwachsene, wobei viele Studien Diagnosegipfel zwischen dem 6. und 8. Lebensjahrzehnt beschreiben. Zudem findet sich häufig eine leichte bis ausgeprägte Häufung bei Männern.


Lokalisationen und klinische Präsentation
Epithelioide Angiosarkome treten bevorzugt im tiefen Weichgewebe auf, können jedoch praktisch jedes Organ betreffen. Beschrieben sind Fälle in Haut und Subkutis, in Knochen – etwa der Tibia oder der Wirbelsäule – sowie im Gastrointestinaltrakt, in Lunge, Leber, Niere, Nebennieren und Herz. Auch im Mediastinum oder in der Schilddrüse wurde dieser Tumortyp nachgewiesen.

Kutane Formen präsentieren sich meist als rasch wachsende, teils multifokale Läsionen. Sie erscheinen häufig als livide oder rötliche Makulae, Plaques oder Knoten und können auch ulzerieren. Besonders oft sind die Kopfhaut und das Gesicht älterer Menschen betroffen, können aber auch Extremitäten und den Rumpf befallen. Typisch sind Spannungsgefühle oder Druckschmerz.


Viszerale und ossäre epithelioide Angiosarkome verursachen überwiegend unspezifische Beschwerden wie Schmerzen, Schwellungen, Blutungen, Anämie, Gewichtsverlust oder Dyspnoe – abhängig vom betroffenen Organ. Das erklärt, warum die Tumoren nicht selten zunächst fehldiag­nos­ti­ziert werden, etwa als entzündliche Veränderungen, Hämangiome oder als Metastasen eines Karzinoms. Dadurch verzögert sich die korrekte Diagnose teils erheblich.

Pathogenese
Das epitheloide Angiosarkom entsteht aus entarteten Zellen der Blutgefäße, die ihre normalen Kontrollmechanismen verlieren und ungebremst wachsen. Die genauen Ursachen sind nicht vollständig verstanden, doch wissen Forscher, dass chronische Entzündungen, Gewebeschäden und bestimmte Umweltfaktoren eine wichtige Rolle spielen können. Häufig entsteht der Tumor in Bereichen, die zuvor belastet oder verändert waren – etwa nach langbestehendem Lymphödem, einer vorangegangenen Strahlentherapie oder dem Kontakt mit chemischen Stoffen wie Vinylchlorid.

In solchen Geweben kommt es zu anhaltendem Stress für die Zellen, wodurch genetische Schäden entstehen können. Diese Veränderungen führen dazu, dass Endothelzellen sich atypisch verhalten und ein aggressives Wachstum entwickeln. Auch die lokale Mikroumgebung trägt dazu bei: Sauerstoffmangel, entzündliche Botenstoffe und Wachstumsfaktoren fördern die Neubildung von Gefäßen und begünstigen so die Entstehung des Tumors. Insgesamt handelt es sich um einen komplexen Prozess, bei dem genetische Faktoren und Umweltfaktoren zusammenspielen, sodass sich aus ursprünglich normalen Gefäßzellen hochaggressive Tumorzellen entwickeln.


Diagnostik und Staging
Die bildgebende Diagnostik beim epithelioiden Angiosarkom orientiert sich an etablierten Verfahren für Weichteilsarkome. Bei kutanen und im Weichgewebe gelegenen Tumoren stehen die Sonografie und die Magnetresonanztomografie im Vordergrund, da sie eine präzise Beurteilung der lokalen Ausdehnung sowie möglicher Faszien- und Muskelinfiltration ermöglichen.

Für die Erfassung viszeraler Primärtumoren sowie zur Detektion typischer Metastasierungsorte – insbesondere Lunge und Leber – kommt meist die Computertomografie von Thorax und Abdomen zum Einsatz. Ergänzend kann ein PET-CT sinnvoll sein, vor allem wenn der Verdacht auf multifokale Manifestationen besteht, wie sie bei kutanen oder ossären Befunden häufiger vorkommen. Zudem lässt sich damit das metabolische Ansprechen auf systemische Therapien beurteilen.

Das Staging erfolgt in der Regel nach der TNM-Klassifikation (Tumor, Node [Lymphknoten], Metastasen) für Weichteilsarkome oder anhand organspezifischer Stadieneinteilungen. Für kutane Angiosarkome wurden darüber hinaus spezielle TNM-Systeme vorgeschlagen, die neben der Tumorgröße auch die Tiefeninfiltration und den Metastasenstatus berücksichtigen.

Therapie
Bei lokal begrenzten Tumoren steht den Leitlinien zufolge die vollständige chirurgische Entfernung mit Sicherheitsabstand im Mittelpunkt. Aufgrund der stark infiltrativen Ausbreitung sind teils ausgedehnte Resektionen nötig, da mikroskopisch positive Ränder das Risiko lokaler Rezidive deutlich erhöhen. Ergänzend wird in Hochrisikosituationen eine postoperative Strahlentherapie empfohlen, um die lokale Tumorkontrolle zu verbessern.

Bei fortgeschrittener oder metastasierter Erkrankung kommen vor allem systemische Therapien zum Einsatz. Bewährt haben sich Paclitaxel – insbesondere bei kutanen und viszeralen Angiosarkomen – sowie Anthrazyklin-basierte Regimes wie Doxorubicin mit oder ohne Ifosfamid. In neueren Linien werden oft Gemcitabin-basierte Kombinationen empfohlen. Zielgerichtete Therapien wie Pazopanib können bei vorbehandelten Patienten zur Krankheitskontrollen führen. Einzelne Fallberichte sprechen dafür, dass mTOR-Inhibitoren wie Everolimus bei manchen EAS-Tumoren wirksam sein könnten.


Auch die Immuncheckpoint-Inhibition gewinnt an Bedeutung. PD-1-Blocker wie Pembrolizumab oder Nivolumab zeigen in Fallserien teils bemerkenswerte, gelegentlich lang anhaltende Remissionen, insbesondere bei Tumoren mit hoher PD-L1-Expression oder UV-induzierten Mutationsmustern. Insgesamt bleibt die Prognose im fortgeschrittenen Stadium ungünstig, und die Therapie erfordert häufig multimodale, individuell angepasste Konzepte.


https://deutsch.medscape.com/viewarticle/thomas-gottschalks-krebserkrankung-seltener-tumor-und-offene-2025a1000xht?ecd=WNL_mdplsfeat_251201_mscpedit_de_etid7917132&uac=389796AZ&impID=7917132

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Wer hätte das gedacht: Da besteht tatsächlich eine partielle Interessenidentität mit den Djihadisten.

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