Mittwoch, 8. Juli 2015
Völkermord verjährt nicht - Bundespräsidialamt verweigert Empfang einer Delegation aus Namibia
Bündnis „Völkermord verjährt nicht!“

Pressemitteilung

6.7.2015

Völkermord kein Thema? Bundespräsidialamt verweigert Empfang von Herero- und Nama-Delegierten in Berlin

Kurz vor dem 100 Jahrestages des Endes der deutschen Kolonialherrschaft im heutigen Namibia hat das Bündnis „Völkermord verjährt nicht!“ heute am Vormittag um 10 Uhr im Beisein einer hochrangigen namibischen Delegation unter Leitung des OvaHerero Paramount Chief Adv. Vekuii Rukoro und der Parlamentsabgeordneten und Namavertreterin Ida Hoffmann beim Bundespräsidialamt den Appell „Völkermord ist Völkermord!“ mit den ersten 2000 Unterschriften abgegeben. Trotz Voranmeldung waren weder Bundespräsident Gauck noch das Bundespräsidialamt dazu bereit, die aus Berlins Partnerstadt Windhoek (Nam) stammenden Nachfahren der Genozidopfer zu empfangen.

In ihrem Appell rufen das Bündnis „Völkermord verjährt nicht!“, mehr als 150 prominente Erstunterzeichner*innen aus Wissenschaft und Politik, Kirche, Kultur und Black Community sowie fast 50 NGO den Bundespräsidenten, den Bundestag und die Bundesregierung dazu auf, zum 100. Jahrestag des Endes von „Deutsch-Südwestafrika“ am 9. Juli 2015 endlich auch den Völkermord an den OvaHerero und Nama beim Namen zu nennen. Außerdem drängen die Unterzeichnenden auf eine offizielle Bitte um Entschuldigung, zur Rückgabe der vielen für rassistische Forschungen geraubten menschlichen Überreste aus Afrika und zur direkten Einbeziehung der OvaHerero und Nama in die Verhandlungen über geeignete Versöhnungsmaßnahmen.

Am morgigen 7. Juli 2015 um 17 Uhr werden die Vertreter*innen der Zivilgesellschaft und der namibischen Opferverbände am beschämenden „Namibia-Stein“ – dem einzigen Berliner Gedenkort für die Opfer der deutschen Kolonialherrschaft - auf dem Garnisonsfriedhof am Columbiadamm in Neukölln gemeinsam Blumen niederlegen. Um 19 Uhr werden sie als Gäste des Bündnisses „Völkermord verjährt nicht!“ in der Werkstatt der Kulturen im Rahmen einer Podiumsdiskussion über den Genozid 1904-08 sowie über ihren anhaltenden Kampf für „restorative justice“ berichten.

Ida Hoffmann, Mitglied im namibischen Parlament und Vertreterin der Nama, erklärt zur heutigen Übergabe: "Ich bin sehr enttäuscht darüber, dass wir trotz Ankündigung unseres Besuchs vom Bundespräsidenten nicht einmal hineingebeten und schon am Eingangstor abgefertigt wurden. Geht man so mit den Nachfahren von Opfern eines Genozids um? Ich sorge mich sehr um die namibisch-deutschen Beziehungen: Die herablassende Haltung des deutschen Staates ist heute leider erneut deutlich geworden - wir werden sehen, wie die namibische Regierung darauf reagiert, dass ihre Bürgerinnen und Bürger hier derart behandelt werden. Unser Dank gilt den Organisatoren des Appells in Deutschland, der ohne Zweifel einen Durchbruch darstellt."



Arbeitskreis Panafrikanismus München e.V.

Augsburger Strasse 13

80337 München

Tel:089-416159959

Fax:089-762236

sekretariat@panafrikanismusforum.net

www.panafrikanismusforum.net

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Sonntag, 5. Juli 2015
Heute war ein völlig normaler Sommertag
mit Klimaverhältnissen, wie ich sie gewohnt bin. Aus Oberägypten.

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Freitag, 3. Juli 2015
Pressemeldung der Bildungsgenossenschaft Südniedersachsen eG (BIGS)
vom 30. Juni 2015

Flüchtlinge ins Studium
Bildungsgenossenschaft beginnt neues Unterstützungsprojekt

Göttingen. Am 1. Juli 2015 beginnt in Göttingen ein neues Pilotprojekt, das Flüchtlingen die Aufnahme eines Hochschulstudiums ermöglichen soll. Dies gab die Bildungsgenossenschaft Südniedersachsen eG (BIGS) nun bekannt. Der Schwerpunkt des Projekts liegt auf dem Erwerb von Deutschkenntnissen auf Hochschulniveau.

Dr. Natalia Hefele, Leiterin der Bildungsberatung bei der BIGS, begründet die Notwendigkeit des Projektes: "Wer vor der Flucht ein Studium angestrebt hat, sieht sich in Deutschland einer hohen sprachlichen Hürde und einem völlig anderen Bildungssystem gegenüber." Damit dieser Einschnitt nicht zu einem dauerhaften Bruch der Bildungsbiografie führe, müssten geeignete Ansätze gefunden werden. "Für studieninteressierte Flüchtlinge fehlen bislang erprobte Fördermittel - anders als für Ausbildungsberufe." Hier solle das Pilotprojekt Abhilfe schaffen.

Das neue Projekt der Bildungsgenossenschaft richtet sich an bis zu 15 Teilnehmer aus den Landkreisen Göttingen, Northeim und Osterode ab dem 18. Lebensjahr. Die Teilnahme ist für sie kostenlos, auch anfallende Fahrtkosten können übernommen werden.
Die Teilnehmer erwerben in einem sechsmonatigen Intensivkurs an der Volkshochschule Göttingen fortgeschrittene Deutschkenntnisse. Anschließend werden sie in weiteren vier Monaten auf die Deutsche Sprachprüfung zum Hochschulzugang (DSH) vorbereitet. Neben grundlegenden Sprachmodulen wird besonders auch die Fach- und Wissenschaftssprache vermittelt. Parallel findet durch die Bildungsgenossenschaft eine individuelle Beratung rund um Studium und Studienfinanzierung statt - beispielsweise eine Orientierungs- oder Anerkennungsberatung ­-, ergänzt um Maßnahmen wie die Vermittlung in Praktika oder Vorbereitungskurse.
Das Modellprojekt wird finanziert durch das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur (MWK) im Rahmen der Landesinitiative "Offene Hochschule Niedersachsen". Es ist Teil eines Programmes zur Unterstützung von Geflüchteten, das am 19. Juni der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Es werden fünf Projekte an den Niedersächsischen Hochschulstandorten Göttingen, Hannover, Lüneburg, Oldenburg und Osnabrück mit insgesamt 350 000 Euro gefördert.

Als ausschlaggebend für die Auswahl der Bildungsgenossenschaft als Projektträger sieht Natalia Hefele neben der langjährigen Erfahrung in der Bildungsberatung vor allem die Berührungspunkte zu anderen Projekten der Genossenschaft: "Der neue Ansatz ergänzt das Projekt FairBleib Südniedersachsen-Harz, das den Arbeitsmarktzugang für Flüchtlinge verbessern soll, und die Beratung zur Anerkennung von ausländischen Berufsqualifikationen im Netzwerk IQ - Integration durch Qualifizierung."

Die Bildungsgenossenschaft Südniedersachsen eG (BIGS) ist ein Zusammenschluss von derzeit 26 Bildungseinrichtungen aus der Region. Sie verfolgt das Ziel einer Weiterentwicklung der Bildungslandschaft und der Verbesserung des Zugangs zu Bildungsangeboten insbesondere für Benachteiligte Bevölkerungsgruppen. Seit 2008 unterstützt sie gemeinsam mit vier anderen Projektpartnern im Rahmen des Netzwerkprojekts FairBleib Südniedersachsen Bleibeberechtigte und Flüchtlinge auf dem Weg in langfristig tragfähige Beschäftigungsverhältnisse. Gefördert wird dieses Projekt durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) und den Europäischen Sozialfonds. Seit 2009 bietet die BIGS als einer von acht Modellstandorten in Göttingen eine trägerunabhängige Bildungsberatung an, gefördert durch das Nds. Ministerium für Wissenschaft und Kultur. Im Rahmen des Netzwerks IQ - Integration durch Qualifizierung bietet die BIGS seit Januar 2013 eine Beratung zur Anerkennung im Ausland erworbener Abschlüsse und Qualifikationen an. Die Finanzierung dieses Angebots stammt aus Mitteln des BMAS, des ESF und des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung. Seit Juli 2012 koordiniert die Genossenschaft darüber hinaus die Integrations-Sprachkurse des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge für alle anerkannten Sprachkursträger in der Region.

Kontakt: Dr. Natalia Hefele, Bildungs- und Anerkennungsberatung, Tel.: 0551 49569436, n.hefele@bildungsgenossenschaft.de<mailto:n.hefele@bildungsgenossenschaft.de>

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Donnerstag, 2. Juli 2015
Zur Abschaffung der Bundesjugendspiele oder habt Euch nicht so
Dieser Beitrag hier lässt mich mit innerem Grinsen an meine eigene Jugend denken, wobei ich zu denen gehörte, die im Dreck gespielt und leerstehenden Häuser und Kriegsruinen erkundet haben.

http://blogs.faz.net/stuetzen/2015/06/26/bundesjugendspiele-gewinnen-und-abgeschaffen-5359/

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Donnerstag, 2. Juli 2015
Musik zum Abend, themenangemessen
https://www.youtube.com/watch?v=aAxTOoaNHck


https://www.youtube.com/watch?v=0DCWjN7OMqs

https://www.youtube.com/watch?v=2IPwQ2Dqlmo

https://www.youtube.com/watch?v=c8zb9hoUYoo&index=3&list=RD624P60-TD24

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Lampedusa-Projekt soll mit dem Leinestern ausgezeichnet werden
Liebe Freundinnen und Freunde,

die HAZ hat gemeinsam mit dem Freiwilligenzentrum Hannover einen Wettbewerb ausgerufen, wer mit dem Leinestern, einer Bronzeskulptur der Bildhauerin Ulrike Enders, für sein besonderes ehrenamtliches Engagement ausgezeichnet wird. Zusammen mit sieben anderen ehrenamtlich tätigen Menschen wurde in diesem Jahr Antonio Ricco als Vertreter der Projektgruppe “Unser Herz schlägt auf Lampedusa” als möglicher Preisträger nominiert. Antonio hat wie kein anderer in Niedersachsen dafür gesorgt, dass die toten Flüchtlinge im Mittelmehr nicht in Vergessenheit geraten. Mit der Lesung "Ein Morgen vor Lampedusa", die inzwischen 69 mal stattgefunden und mehr als 5.000 Menschen erreicht hat, haben Antonio Ricco und die Projektgruppe die Erinnerung an das Geschehen wach gehalten und immer wieder menschenrechtliche Konsequenzen gefordert.

www.lampedusa-hannover.de

Nur noch bis zum 7. Juli, also genau eine Woche lang, hat man Zeit, telefonisch abzustimmen. Wer für das Projekt und damit für Antonio abstimmen möchte, kann es tun, indem er/sie die Nr. 0137 979 64 24 07 wählt. Es werden keine persönlichen Daten abgefragt, die Zählung der Stimme erfolgt automatisch und unkompliziert. Weniger erfreulich ist es,. dass die Anrufe beliebig wiederholt werden können, und dass die Betreiber 50 Cent pro Anruf verlangen.

Die HAZ hat Antonios Nominierung mit dem beiliegenden Beitrag erläutert (s. Beilage), in dem vor allem die Solidarität mit Flüchtlingen hervorgehoben und die Gruppe explizit erwähnt wird.
Die Zeit ist sehr knapp, aber wenn ihr mithelfen wollt, ist Handeln jetzt angefragt, das heißt:

- selber die Nr. 0137 979 64 24 07 anrufen
- Mitstreiter, Freunde, Verwandte und Bekannte ansprechen (persönlich oder per E-Mail) und sie bitten dasselbe zu tun.

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Montag, 29. Juni 2015
Verteidigt Rojava!
Jetzt, wo der IS wieder angreift geht es ums Ganze. Beste Wünsche an die geliebte kurdische Guerrilla!
https://www.youtube.com/watch?v=IlZ1IQzb_ig

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Freitag, 26. Juni 2015
Werbung in eigener Sache
Soeben ist im Renneritz-Verlag mein Roman "Wahnsinn und Verstand. Ein Schelmenroman aus der autonomen Szene" erschienen, in dem allerlei Szenetypisches in eine Krimihandlung gegossen wurde. Ich hoffe, damit viel Lesespaß und in die Rahmenhandlung verpackt auch Erkenntnisinteresse zu bieten. Also Leute, kauft, kauft, kauft;-)

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Dienstag, 23. Juni 2015
Flüchtlingspaten für Syrien gesucht
Grandiose Idee aus Berlin: Verein organisiert Flüchtlingspaten zur Aufnahme syrischer Flüchtlinge auf Basis von Verpflichtungserklärungen. Aus dem Text der Homepage: http://www.fluechtlingspaten-syrien.de/

Flüchtlingspaten Syrien

Deutschland hat syrische Flüchtlinge aufgenommen – doch oft sind Alte, Kranke und Kinder zurückgeblieben, die durch die Gewaltexzesse und Hunger nun in äußerster Gefahr sind. Familienangehörige von Flüchtlingen dürfen zwar nachkommen, doch nur, wenn gut verdienende Verpflichtungsgeber hier den Staat von fast allen Aufwendungen entbinden. Diese Belastungen – etwa für Lebensunterhalt und Unterbringung – sind mitunter hoch. Sie sind unwiderruflich. Das schreckt viele ab, Verpflichtungsgeber/in zu werden.

Hier setzen wir, der Freundeskreis zur Unterstützung von Bürgerkriegsflüchtlingen aus dem Nahen Osten e.V., an. Wir organisieren überall im Land Patenschaften. Ab 10 €/Monat können Sie Patin/Pate werden. Jeder Cent geht in den Unterstützungspool! Mit ihm unterstützen wir direkt und ohne jeden Abzug nachgekommene Angehörige syrischer Flüchtlinge (z.B. Finanzierung der Flucht nach Deutschland, der Wohnung, des Lebensunterhaltes und von Sprach- und Integrationskursen). Und sorgen zugleich dafür, dass die Flüchtlinge auf staatliche Leistungen gar nicht erst angewiesen sind!
Bitte überweisen Sie möglichst monatlich einen frei gewählten Betrag ab 10 Euro. Bei Absenderadresse im Betreff senden wir gern eine Spendenquittung und weitere Infos.

Je mehr dauerhafte Patinnen und Paten wir finden, um so mehr Angehörige können wir unterstützen und um so mehr Menschen können durch Verpflichtungsgeber aus Syrien gerettet werden.

Zur Nachahmung empfohlen

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Montag, 22. Juni 2015
Fluchtursachen bekämpfen
Das fängt an mit: Keine subventionierten EU-Agrarprodukte auf afrikanische Märkte. Abschaffung der Verpachtung der afrikanischen Fischgründe an ausländische Fanggesellschaften. Öffnung europäischer Zollschranken für Agrar- und Handwerksprodukte aus Afrika. Und das ist alles noch nicht außerhalb des bestehenden Systems.

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Samstag, 20. Juni 2015
Mein Smartphone und ich
Der Berater meinte zu mir: "Zum Aktivieren der Zusatzfunktionen müssen Sie auf das Control-Center auf Ihrem GMail-Account gehen." Ich erwidere: "Ich habe kein GMail-Account, bzw. ich bin schon GMail-Kunde, Aber nur als Mailnutzer und habe zum letzten Mal 2006 auf GMail eine Mail versand. Meine Userdaten kenne ich gar nicht mehr." "Dann können wir eine Suchanfrage stellen!" "Nicht nötig, ich brauch das gar nicht." "Aber ohne Ihr GMail-Account können Sie keine Apps herunterladen!" "Was für Apps? Das ist ein Telefon, ich telefoniere damit und sonst nichts."

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Freitag, 19. Juni 2015
Die letzte Schlacht gewinnen wir
Eine schöne Diskussion bei Bersarin, letzlich auch eine Quittung für zahlreiche Diskussionsschlachten - nicht nur online - die manche Absurdität offenbarten, nicht zuletzt den offenkundigen Narzissmus, der die Handelnden oft antreibt.

https://bersarin.wordpress.com/2015/06/05/die-letzte-schlacht-gewinnen-wir/#comment-8857

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Mittwoch, 17. Juni 2015
Unmarked Car
Sie sind ja alte Bekannte, die schwarzen BMWS und Audis mit Wiesbadener oder Fürstenfeldbrucker Kennzeichen, aus wüsten Kampfzeiten als die Fahrzeuge geläufig, die mutmaßliche oder tatsächliche Autos von RAF-GenossInnen unvermittelt rammten und bis heute bei jedem Staatsempfang und Ministerbesuch vertreten. Aber im Elmau-Umfeld sah ich kürzlich einen schwarzen BMW A6 ganz ohne Nummernschilder mit verspiegelten Scheiben. Wer fährt so etwas? Men in Black?

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Was unterscheidet die FIFA von der MAFIA?
Die MAFIA hat Regeln und einen Ehrencodex.

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Montag, 15. Juni 2015
Menschenschmugglerin aus Überzeugung
Anbei eine Reportage von Michael Berger in der heutigen Ausgabe der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung über Franziska Hagelstein aus Hitzacker, die 32 Tage in bulgarischer Haft saß, weil sie bei dem Versuch erwischt wurde, einen 15-jährigen afghanischen Jungen über die Grenze nach Deutschland zu schmuggeln. Das Beispiel zeigt, dass es auch heute mutige Menschen gibt, die einen Flüchtling dabei unterstützen, Grenzen zu überwinden und Schutz zu finden. Franziska Hagelstein und ihr Begleiter hätten für ihre Tat einen Orden verdient.

In der Anlage findet sich der ausführliche Reisebericht von Franziska über den Ablauf der Ereignisse.
Hier jetzt die HAZ-Reportage vom 15. Juni 2015:

Menschenschmuggler aus Überzeugung
Franziska Hagelstein aus Hitzacker saß 32 Tage in Bulgarien in Haft, um einen afghanischen Jungen nach Deutschland zu holen
Von MIchael B. Berger

Hitzacker. Idylle pur, ein eindrucksvolles Haus aus Lehm am Elbhang, ein herrlicher Garten, die Waldorfschule wenige Kilometer entfernt in Hitzacker, zwei Pflegeeltern, die sich liebevoll-engagiert um ihn kümmern. Ramesh aus Afghanistan hat es gut. In den wenigen Monaten, die der Junge bisher hier im Wendland verbringen durfte, hat er sich erstaunlich schnell eingelebt, inklusive Mitgliedschaft im TSV Hitzacker. Aber an die Monate in Bulgarien mag der 15-Jährige nicht mehr denken. Und auch seine Pflegemutter Franziska Hagelstein schüttelt sich bei Erinnerungen an dieses Transitland, das ihr zur vorübergehenden Falle wurde. Denn als „Schleuserin“ saß die 54-jährige Grafikerin hier 32 Tage in Haft – in einem armen, überforderten Land, das symbolhaft für Europas zynische Flüchtlingspolitik steht.

Vor gut einem Jahr begann Ramesh’ Odyssee, die ihn nach vielen Wirren schließlich nach Hitzacker brachte. Der junge Afghane stammt aus einer Familie, die, verfolgt von den Taliban, in den Iran flüchtete. Als erster hatte sich vor Jahren Rameshs sechs Jahre älterer Bruder auf den Weg nach Europa gemacht und im Wendland eine der drei Töchter von Franziska Hagelstein kennen- und liebengelernt. Als die Hagelsteins erfuhren, dass Ramesh es geschafft hatte, aus dem Iran nach Athen zu gelangen, entschloss sich Franziska Hagelstein spontan zu einem ungewöhnlichen Schritt: Sie wollte ihn selbst die 3000 Kilometer nach Deutschland schleusen. „Ich hätte mir nicht mehr im Spiegel begegnen mögen mit dem Wissen, jetzt reist ein 15-jähriger Junge, unter einem Lkw hängend, durch Europa und niemand weiß, ob ihn sein Weg nach Deutschland oder in den Tod führen wird“, notierte sie später.

So gab es trotz aufkeimender Zweifel kein Zurück. Franziska Hagelstein startete Ende Juni mit einem Bekannten und einem VW-Bus Richtung Südosten. In Athen nahmen sie den Jungen auf und versteckten ihn in einem Schlafsack unter dem Bett des Campingbusses. Nach Bulgarien gelangten sie, obwohl Franziska gesundheitlich angeschlagen war, noch ohne Probleme. Doch an der Donaubrücke, die vom bulgarischen Vidin ins rumänische Calafat führt, flog der spontan beschlossene „Menschenschmuggel“ auf. Ein Grenzbeamter filzte den Campingbus, bis er den Jungen unter dem Bett entdeckte. Qualvolle Stunden des Wartens folgten, bis Franziska Hagelstein und ihr Begleiter ins Gefängnis der Grenzpolizei gebracht wurden; vier Räume, eine Toilette, die einer Kloake glich, Gestank, Geschrei, und Matratzen, auf die sich keiner setzen will. „So viel Dreck habe ich in meinem Leben noch nicht gesehen“, sagt Franziska Hagelstein über die erste Nacht, die sie, geplagt von einer Blasenentzündung, nur unter Krämpfen durchwachte.

Am nächsten Tag wird die Gruppe – stets in Handschellen – in ein Untersuchungsgefängnis gebracht, vermutlich ein Männergefängnis, denn Franziska Hagelstein wird in eine Einzelzelle gesperrt. Am Morgen kommt ein Anwalt mit einer Dolmetscherin und dem Hinweis, dass jeder nur einen Anruf tätigen dürfe. Der Anwalt unterbreitete sehr fragwürdige Alternativen, berichtet Franziska Hagelstein. „Wir sollten zu Hause anrufen, um Folgendes zu sagen: Für den Fall, dass wir unschuldig seien, müssten wir bis Oktober oder November auf einen Prozess warten, die Wahrscheinlichkeit eines Freispruchs sei gering. Bei einer Verurteilung hätten wir mit zwei bis acht Jahren Gefängnis in Bulgarien zu rechnen.“

Bis zum Nachmittag sollten sie sich entscheiden. Der Anwalt riet den beiden Deutschen zu einem Schuldeingeständnis. Dann seien sie in einigen Tagen frei, der Bus allerdings würde konfisziert. Und an den Anwalt selbst seien in diesem Fall jeweils 2000 Euro pro Person zu zahlen – am besten bar auf die Hand. Doch wer schleppt 4000 Euro mit sich herum?

Die Ereignisse überschlagen sich, zumindest in Hitzacker, wo Franziskas inzwischen ein- und zugeschalteter Mann Thomas versucht, Geld aufzutreiben sowie einen vertrauenswürdigen Anwalt und diplomatische Hilfe der Deutschen Botschaft in Sofia – mit dem Ziel, Franziska und ihren Begleiter so schnell wie möglich aus dem Gefängnis zu bringen. Ein kompetenter Anwalt aus Sofia ist zur Stelle, doch die „Befreiung“ aus der Haft misslingt. Nach einem ersten „Tribunal“, bei dem die Richterin die Angeklagten kaum eines Blickes würdigt, landet Franziska wieder in der Einzelzelle. Tage vergehen, ja Wochen voller Ungewissheit – bis es am 32. (!) Tag zu einem erneuten „Tribunal“ kommt. Es endet mit einer zur Bewährung auf drei Jahre ausgesetzten Haftstrafe von neun Monaten.

„Warum hat es so lange gedauert, bis es zum Prozess kam? Wir wissen es nicht“, sagt Thomas Hagelstein heute. Hat man den Prozess bewusst verschleppt, weil die geforderten 4000 Euro an den ersten Anwalt nicht eingingen? Oder weil die Beamten in der kleinen bulgarischen Stadt von den vielen Flüchtlingen geradezu überschwemmt wurden in jenen Tagen? „Wir würden die Umstände, unter denen Franziska im Gefängnis saß, hier jedenfalls als Folter bezeichnen“, sagt der Ehemann und zählt auf – unerträgliche hygienische Zustände, niemals Sonnenlicht, kaum Ausgang, selten Möglichkeiten zu telefonieren. Und 24 Stunden dauerhaft unter Kunstlicht. Dazu die völlige Ungewissheit, was geschehen wird.

Noch schlimmer hätte es kommen können, wenn die bulgarischen Behörden erfahren hätten, dass Ramish ein minderjähriger Flüchtling ist. Dann wären die beiden Deutschen wegen „Kindesentführung“ belangt und für Jahre ins Gefängnis gesteckt worden.

Ramesh hat sich später auf eigene Faust nach Hitzacker durchschlagen können, wo es Franziska gelang, mit Ausdauer, Charme und gelegentlichem Druck die Ämter zu überzeugen, dass eine Pflegschaft das Beste für den Jungen wäre. Die Chancen, jetzt Asyl in Deutschland zu bekommen, seien für Ramesh gut.

So endet vorerst die Odyssee dieses Jungen, der eine Familie um einen VW-Bus und etliche Tausend Euro ärmer, aber um wesentliche Erfahrungen reicher gemacht. So freundlich können „Menschenschmuggler“ aus dem Wendland sein. Doch eine Fortsetzung folgt: Jetzt wollen die Hagelsteins versuchen, Rameshs Familie aus dem Iran zu holen.
Kasten: Tausende Jugendliche allein auf der Flucht

Ein wachsendes Problem: Tausende Jugendliche sind derzeit allein auf der Flucht aus dem Nahen Osten oder Afghanistan in den Westen. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) registrierte im vergangenen Jahr allein 4399 unbegleitete Minderjährige, die in Deutschland einen Asylerstantrag stellten, davon waren 1008 Menschen unter 16 Jahre alt – wie Ramesh aus Afghanistan. Der Großteil dieser jungen Flüchtlinge war nach BAMF-Angaben 16 bis 18 Jahre alt (3391 Antragsteller). Unbegleitete Minderjährige werden in der Regel nach ihrer Ankunft dem örtlich zuständigen Jugendamt übergeben, das für die Inobhutnahme zuständig ist. Die Ämter können die Jugendlichen bei Familien, in Pflegeheimen oder anderen Einrichtungen unterbringen.

Ramesh, dessen Asylverfahren noch läuft, besucht in Deutschland die Schule – zum ersten Mal in seinem turbulenten Leben. Mehr als ein Jahr war er auf der Flucht – und hat sich mit Gelegenheitsarbeiten durchgeschlagen, etwa auf dem Bau. Der Junge, der jetzt auch mit Privatstunden sowie in seiner Gastfamilie Deutsch lernt, ist äußerst wissbegierig. Was er einmal werden will? „Arzt“, sagt er – und lacht.

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Sonntag, 14. Juni 2015
Hasta siempre commandante!
Che Guevara wäre heute 87 geworden.

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