Donnerstag, 27. Januar 2022
Medikamentöse Therapie bei Covid19 - Welche Medikamente helfen wirklich?
che2001, 18:27h
Auf den heutigen Tag ist es exakt 2 Jahre her, dass in Deutschland der erste Patient mit Covid 19 in ein Krankemhaus eingeliefert wurde, ein Webasto-Mitarbeiter, der sich bei einer chinesischen Kollegin infiziert hatte. Damals wussten die Ärzte nicht, wie dieser Virus bekämpft werden sollte. In der Folge wurde mit verschiedensten bereits vorhandenen Medikamenten experimentiert, die im Off-Label-Gebrauch möglicherweise wirksam gegen den neuartigen Virus sein könnten.
In Rekordzeit wurden seither zahlreiche Vakzine entwickelt die auch wirksam sind, aber nicht im Sinne eines zuverlässigen Schutzes und einer sterilen Immunität, sondern nur insoweit, dass sie für einen bestimmten Zeitraum, bis zum Auftreten der nächsten Mutation die statistische Wahrscheinlichkeit verringern schwer zu erkranken, oder, in zweiter Linie, überhaupt zu erkranken. Die Suche nach einem hochwirksamen Therapeutikum zur Behandlung bereits erkrankter Personen tut also Not.
Ute Eppinger von Medscape beschreibt die Erfahrungen mit den bekanntesten Medikamenten wie folgt:
"Das Virostatikum Remdesivir
Als 1. Arzneistoff gegen COVID-19 erhielt das von Gilead hergestellte Virostatikum Remdesivir eine Notfallzulassung der FDA. Am 3. Juli 2020 erteilte die EU-Kommission eine bedingte Marktzulassung für Patienten mit schwerem COVID-19.
Das Virostatikum wurde ursprünglich gegen Infektionen mit dem Ebola- oder Marburg-Virus entwickelt; gegen Ebola erwies es sich aber weniger effektiv als die Vergleichstherapie mit monoklonalen Antikörpern. Das Molekül hemmt die Replikation viraler RNA. Remdesivir wirkt zwar gegen Viren in Zellschalen, doch die klinischen Versuche lieferten nur mäßige Ergebnisse.
Die im Oktober 2020 veröffentlichten Daten der SOLIDARITY-Studie führten schließlich dazu, dass sich die WHO offiziell gegen Remdesivir bei hospitalisierten COVID-19-Patienten aussprach. SOLIDARITY schloss Remdesivir, Hydroxychloroquin, Lopinavir (eine Fixdosis-Kombination mit Ritonavir) und Interferon-β1a ein. Im Remdesivir-Arm der Studie (n=2.750) zeigte das Virostatikum keinen signifikanten Einfluss auf die Sterblichkeit und konnte auch den Klinikaufenthalt nicht signifikant verkürzen.
Die aktuelle S3-Leitlinie zur stationären Behandlung von COVID-19-Patienten verzichtet derzeit auf eine Empfehlung für oder gegen den Einsatz von Remdesivir. Die Anwendungsempfehlung nach Einzelfallentscheidung ist beschränkt auf die Low-Flow-O2-Pflichtigkeit. Diese Subgruppe profitierte in der ACTT-1 Studie von der frühzeitigen Behandlung mit Remdesivir. Nach Einschätzung der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) ist aktuell der Einsatz von Remdesivir allenfalls bei COVID-19-Patienten mit Low-Flow-Sauerstoffbedarf gerechtfertigt, nicht aber bei Patienten mit High-Flow-Sauerstofftherapie, nicht-invasiver oder invasiver Beatmung einschließlich ECMO.
In einer Ende Dezember 2021 erschienenen Studie mit 562 Risikopatienten konnte gezeigt werden, dass die Gabe von Remdesivir innerhalb von 7 Tagen nach Symptombeginn das Risiko für Hospitalisation und Tod deutlich reduzieren konnte. Die Ergebnisse eines Preprint legen nahe, dass Remdesivir auch gegen Omikron wirksam ist.
Die Virustatika Molnupiravir und Paxlovid
Frühe Ergebnisse zum Virostatikum Molnupiravir waren sehr eindrucksvoll und zeigten eine Risikoreduktion um die Hälfte: 7,3% der Patienten mit Molnupiravir mussten wegen COVID-19 ins Krankenhaus eingewiesen werden versus 14,1% in der Placebogruppe. Noch deutlicher war der Unterschied bei den Todesfällen: 8 Patienten in der Placebogruppe starben bis Tag 29, in der Molnupiravir-Gruppe kein einziger. Anfang November hat die britische Arzneimittelbehörde MHRA den Transkriptase-Hemmer zugelassen. Am 19. November hat der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) die Zulassung empfohlen; die EMA-Zulassung steht noch aus.
Ende November folgte dann der Wermutstropfen: Merck konnte bei der kompletten Datenauswertung frühe Resultate nicht bestätigen. Die relative Risikoreduktion für Krankenhauseinweisung oder Tod lag demnach bei 30% (6,8% der Patienten in der Molnupiravir-Gruppe, 9,7% unter Placebo). In den USA steht die Merck-Pille kurz vor der Zulassung. Ein Beraterkreis der US-Arzneimittelbehörde FDA hat sich nach stundenlangen Debatten für eine Notfallzulassung ausgesprochen. Die Abstimmung ist zwar nicht bindend. Normalerweise folgt die Behörde aber dem Votum. Ob sich Molnupiravir zur Post-Expositionsprophylaxe eignet, wird in der MOVe-AHEAD-Studie untersucht.
Seit 3. Januar 2022 ist Molnupiravir auch in Deutschland verfügbar. Es wird direkt über das BMG beschafft. Entsprechend können niedergelassene Ärzte das Medikament verordnen. Die KBV weist darauf hin, dass das Präparat zur Therapie von nicht hospitalisierten Patienten mit COVID-19 ohne zusätzlichen Sauerstoffbedarf, aber mit erhöhtem Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf eingesetzt werden soll. Die Ergebnisse eines kürzlich erschienenen Preprint zeigen, dass Molnupiravir in vitro auch gegen Omikron wirksam ist.
Anders als Molnupiravir, das eigentlich als Grippe- und/oder RSV-Medikament gedacht war, wurde der Protease-Hemmer PF-07321332 speziell für COVID-19 entwickelt. Im November gab Pfizer bekannt, dass Paxlovid (PF-07321332 plus Ritonavir) das Risiko einer Krankenhauseinweisung oder eines Todesfalls um 89% senkt, wenn es innerhalb von 3 Tagen nach Beginn der Symptome verabreicht wird. Die besondere Herausforderung bei Paxlovid ist, dass die Therapie sehr früh beginnen sollte.
Die FDA hatte der Tablette am 22. Dezember eine Notfallzulassung für Risikopatienten ab 12 Jahren erteilt. Die EMA prüft die Marktzulassung für Paxlovid und hat den EU-Mitgliedsstaaten grünes Licht für eine nationale Notfallzulassung signalisiert. Am 16.12 2021 hatte sie eine Handreichung zum Einsatz von Paxlovid herausgegeben, die den Einsatz des Mittels erleichtern soll, bevor es offiziell zugelassen ist.
Monoklonale Antikörper
Monoklonale Antikörper wurden gegen SARS-CoV-2-Infektionen ebenfalls früh untersucht. Es handelt sich um Immunglobuline, die spezifisch gegen das Spike-Protein von SARS-CoV-2 gerichtet sind. Sie docken an und blockieren so die Bindung von SARS-CoV-2 an zellulären Rezeptoren.
Regdanvimab und die Kombination von Casirivimab und Imdevimab erhielten am 12. November 2021 von der EMA die Zulassung. Sotrovimab wurde am 17. Dezember von der EMA zugelassen und die Kombination Tixgevimab und Cilgavimab (AZD7442) befindet sich aktuell im Rolling-Review-Verfahren der EMA. Laut Hersteller GSK soll Sotrovmimab auch gegen Omikron wirksam sein."
Keine Erwähnung findet bei Eppinger die andernorts beschriebene Wirksamkeit von Camostase Mesilat, die bei Variante Alpha zu einem sehr spezifischen Zeitpunkt - bei Ausbreitung der Viren vom Rachenraum in die inneren Atemwege- die Ausbildung schwerer Entzündungen verhinderte, sich aufgrund dieser punktuellen Wirkung aber nicht im großen Stil therapeutisch handeln ließ. Bei Omikron scheint dieses Mittel nach aktuellen Beobachtungen hingegen eine Breitenwirkung zu entwickeln, zumindest in Kombination mit anderen Medikamenten.
Als wenig bekannte Alternative zu den verschiedenen neuentwickelten Impfstoffen erscheint die Behandlung mit monoklonalen Antikörpern in der Prophylaxe, die bisher gute Erfolge zeitigte, aber nicht in die großen Impfkampagnen Eingang fand, sondern über Netzwerke einzelner Apotheken organisiert wurde und in der Flächenwirkung auf bislang unüberwindbare Hindernisse stieß.
In Rekordzeit wurden seither zahlreiche Vakzine entwickelt die auch wirksam sind, aber nicht im Sinne eines zuverlässigen Schutzes und einer sterilen Immunität, sondern nur insoweit, dass sie für einen bestimmten Zeitraum, bis zum Auftreten der nächsten Mutation die statistische Wahrscheinlichkeit verringern schwer zu erkranken, oder, in zweiter Linie, überhaupt zu erkranken. Die Suche nach einem hochwirksamen Therapeutikum zur Behandlung bereits erkrankter Personen tut also Not.
Ute Eppinger von Medscape beschreibt die Erfahrungen mit den bekanntesten Medikamenten wie folgt:
"Das Virostatikum Remdesivir
Als 1. Arzneistoff gegen COVID-19 erhielt das von Gilead hergestellte Virostatikum Remdesivir eine Notfallzulassung der FDA. Am 3. Juli 2020 erteilte die EU-Kommission eine bedingte Marktzulassung für Patienten mit schwerem COVID-19.
Das Virostatikum wurde ursprünglich gegen Infektionen mit dem Ebola- oder Marburg-Virus entwickelt; gegen Ebola erwies es sich aber weniger effektiv als die Vergleichstherapie mit monoklonalen Antikörpern. Das Molekül hemmt die Replikation viraler RNA. Remdesivir wirkt zwar gegen Viren in Zellschalen, doch die klinischen Versuche lieferten nur mäßige Ergebnisse.
Die im Oktober 2020 veröffentlichten Daten der SOLIDARITY-Studie führten schließlich dazu, dass sich die WHO offiziell gegen Remdesivir bei hospitalisierten COVID-19-Patienten aussprach. SOLIDARITY schloss Remdesivir, Hydroxychloroquin, Lopinavir (eine Fixdosis-Kombination mit Ritonavir) und Interferon-β1a ein. Im Remdesivir-Arm der Studie (n=2.750) zeigte das Virostatikum keinen signifikanten Einfluss auf die Sterblichkeit und konnte auch den Klinikaufenthalt nicht signifikant verkürzen.
Die aktuelle S3-Leitlinie zur stationären Behandlung von COVID-19-Patienten verzichtet derzeit auf eine Empfehlung für oder gegen den Einsatz von Remdesivir. Die Anwendungsempfehlung nach Einzelfallentscheidung ist beschränkt auf die Low-Flow-O2-Pflichtigkeit. Diese Subgruppe profitierte in der ACTT-1 Studie von der frühzeitigen Behandlung mit Remdesivir. Nach Einschätzung der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) ist aktuell der Einsatz von Remdesivir allenfalls bei COVID-19-Patienten mit Low-Flow-Sauerstoffbedarf gerechtfertigt, nicht aber bei Patienten mit High-Flow-Sauerstofftherapie, nicht-invasiver oder invasiver Beatmung einschließlich ECMO.
In einer Ende Dezember 2021 erschienenen Studie mit 562 Risikopatienten konnte gezeigt werden, dass die Gabe von Remdesivir innerhalb von 7 Tagen nach Symptombeginn das Risiko für Hospitalisation und Tod deutlich reduzieren konnte. Die Ergebnisse eines Preprint legen nahe, dass Remdesivir auch gegen Omikron wirksam ist.
Die Virustatika Molnupiravir und Paxlovid
Frühe Ergebnisse zum Virostatikum Molnupiravir waren sehr eindrucksvoll und zeigten eine Risikoreduktion um die Hälfte: 7,3% der Patienten mit Molnupiravir mussten wegen COVID-19 ins Krankenhaus eingewiesen werden versus 14,1% in der Placebogruppe. Noch deutlicher war der Unterschied bei den Todesfällen: 8 Patienten in der Placebogruppe starben bis Tag 29, in der Molnupiravir-Gruppe kein einziger. Anfang November hat die britische Arzneimittelbehörde MHRA den Transkriptase-Hemmer zugelassen. Am 19. November hat der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) die Zulassung empfohlen; die EMA-Zulassung steht noch aus.
Ende November folgte dann der Wermutstropfen: Merck konnte bei der kompletten Datenauswertung frühe Resultate nicht bestätigen. Die relative Risikoreduktion für Krankenhauseinweisung oder Tod lag demnach bei 30% (6,8% der Patienten in der Molnupiravir-Gruppe, 9,7% unter Placebo). In den USA steht die Merck-Pille kurz vor der Zulassung. Ein Beraterkreis der US-Arzneimittelbehörde FDA hat sich nach stundenlangen Debatten für eine Notfallzulassung ausgesprochen. Die Abstimmung ist zwar nicht bindend. Normalerweise folgt die Behörde aber dem Votum. Ob sich Molnupiravir zur Post-Expositionsprophylaxe eignet, wird in der MOVe-AHEAD-Studie untersucht.
Seit 3. Januar 2022 ist Molnupiravir auch in Deutschland verfügbar. Es wird direkt über das BMG beschafft. Entsprechend können niedergelassene Ärzte das Medikament verordnen. Die KBV weist darauf hin, dass das Präparat zur Therapie von nicht hospitalisierten Patienten mit COVID-19 ohne zusätzlichen Sauerstoffbedarf, aber mit erhöhtem Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf eingesetzt werden soll. Die Ergebnisse eines kürzlich erschienenen Preprint zeigen, dass Molnupiravir in vitro auch gegen Omikron wirksam ist.
Anders als Molnupiravir, das eigentlich als Grippe- und/oder RSV-Medikament gedacht war, wurde der Protease-Hemmer PF-07321332 speziell für COVID-19 entwickelt. Im November gab Pfizer bekannt, dass Paxlovid (PF-07321332 plus Ritonavir) das Risiko einer Krankenhauseinweisung oder eines Todesfalls um 89% senkt, wenn es innerhalb von 3 Tagen nach Beginn der Symptome verabreicht wird. Die besondere Herausforderung bei Paxlovid ist, dass die Therapie sehr früh beginnen sollte.
Die FDA hatte der Tablette am 22. Dezember eine Notfallzulassung für Risikopatienten ab 12 Jahren erteilt. Die EMA prüft die Marktzulassung für Paxlovid und hat den EU-Mitgliedsstaaten grünes Licht für eine nationale Notfallzulassung signalisiert. Am 16.12 2021 hatte sie eine Handreichung zum Einsatz von Paxlovid herausgegeben, die den Einsatz des Mittels erleichtern soll, bevor es offiziell zugelassen ist.
Monoklonale Antikörper
Monoklonale Antikörper wurden gegen SARS-CoV-2-Infektionen ebenfalls früh untersucht. Es handelt sich um Immunglobuline, die spezifisch gegen das Spike-Protein von SARS-CoV-2 gerichtet sind. Sie docken an und blockieren so die Bindung von SARS-CoV-2 an zellulären Rezeptoren.
Regdanvimab und die Kombination von Casirivimab und Imdevimab erhielten am 12. November 2021 von der EMA die Zulassung. Sotrovimab wurde am 17. Dezember von der EMA zugelassen und die Kombination Tixgevimab und Cilgavimab (AZD7442) befindet sich aktuell im Rolling-Review-Verfahren der EMA. Laut Hersteller GSK soll Sotrovmimab auch gegen Omikron wirksam sein."
Keine Erwähnung findet bei Eppinger die andernorts beschriebene Wirksamkeit von Camostase Mesilat, die bei Variante Alpha zu einem sehr spezifischen Zeitpunkt - bei Ausbreitung der Viren vom Rachenraum in die inneren Atemwege- die Ausbildung schwerer Entzündungen verhinderte, sich aufgrund dieser punktuellen Wirkung aber nicht im großen Stil therapeutisch handeln ließ. Bei Omikron scheint dieses Mittel nach aktuellen Beobachtungen hingegen eine Breitenwirkung zu entwickeln, zumindest in Kombination mit anderen Medikamenten.
Als wenig bekannte Alternative zu den verschiedenen neuentwickelten Impfstoffen erscheint die Behandlung mit monoklonalen Antikörpern in der Prophylaxe, die bisher gute Erfolge zeitigte, aber nicht in die großen Impfkampagnen Eingang fand, sondern über Netzwerke einzelner Apotheken organisiert wurde und in der Flächenwirkung auf bislang unüberwindbare Hindernisse stieß.
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