Sonntag, 30. Juli 2023
Vorher - nachher
Bei der Beschaffung von Streumunition für die ukrainischen Streitkräfte hatte es von ukrainischer Seite geheißen, diese sollten nur zum Minenräumen und nicht gegen feindliche Truppen eingesetzt werden.

Nun, da die Ukraine diese Munition hat, wird sie munter gegen russische Truppen eingesetzt, und zwar nicht nur gegen Panzer, sondern auch gegen Infanterie ("Weichziele") und dem Vernehmen nach auch auf russischem Territorium.

Der westlichen Medienöffentlichkeit des Mainstreams scheint dies egal zu sein. Solidarität mit der Ukraine - die ich grundsätzlich teile, soweit es um Solidarität mit dem Angegriffenen gegenüber dem Aggressor geht - scheint hier nur als bedingungslose Solidarität verstanden zu werden. Demgegenüber bin ich der Auffassung, dass es keine Solidarität mit Kriegsverbrechen geben darf, und hinsichtlich der moralischen Bewertung des Vorgehens beider militärischer Führungen halte ich es angesichts der momentanen Lage mit dem guten alten Motto: Der Eine taugt nichts, und der Andere ist nichts wert.

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Das ist ein passendes Posting. Denn vor 80 Jahren, Ende Juli 1943 bombardierten britische und US-amerikanische Fliegerverbände bei der Operation Gomorrha Hamburg und machten große Teile der Stadt dem Erdboden gleich. Dieser Einsatz war die Antwort auf Rotterdam sowie auf Coventry und auf viele andere Städte in England.

Rußland verwendet seit dem Überfall auf die Ukraine immer wieder Streumunition. Rußland beschießt bewußt immer wieder zivile Einrichtungen in der Ukraine: Wohngebiete, Krankenhäuser, Schulen, Kirchen, wie jüngst in Odessa. Sobald Rußland sich beim Angriff auf militärische Ziele beschränkt und sofort aufhört, Streumunition einzusetzen, würde ich auch sagen: So nicht, liebe Ukraine! In diesem Fall aber halte ich jedes Mittel für richtig, den russischen Aggressor aus der Ukraine zu vertreiben. Da Rußland nun einmal ukrainisches Territorium angreift, sollte es Rußland nicht verwundern, daß auch russisches Territorium angegriffen werden kann. Und da Rußlands Bevölkerung diesen Angriffskrieg mitträgt und es dort keinen nennensweren Protest gegen diesen Krieg gibt, so muß dann auch Rußland mit den Folgen leben. (Für meine Sicht ist Rußland noch viel zu glimpflich davongekommen.)

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Deutlich schlimmer als die Streumunition finde ich im übrigen Rußlands Getreideerpressung. Auch das ging in den Medien schnell wieder unter. In diesem Fall wäre es angebracht, NATO-Verbände ins Schwarze Meer zu schicken, um die Getreide-Konvois zu schützen, die ja auf ukrainischen Hoheitsgewässern fahren, wo Rußland sowieso nicht zu suchen hat.

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Am Besten gleich die 6. Flotte. Deinem zweiten Kommentar stimme ich voll zu, insbesondere, weil dieses Embargo auf Völkermord hinausläuft, denn nichts Anderes ist bewusst erzeugter Massenhunger.

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Ich erinnere an den Vertrag von Montreux, Türkei lässt derzeit keine Kriegsschiffe durch den Bosporus. Türkei (und gegebenenfalls auch Bulgarien und Rumänien) könnte aber selbst einen Geleitzug für die Getreidefrachter anbieten. Schiffe unter türkischer Flagge steuern übrigens auch russische Häfen an.

Russland bombardierte in jüngster Zeit gezielt ukrainische Häfen am Scharzen Meer und an der Donau, um die Infrastruktur zu zerstören.

Schlimm ist auch, dass Polen, Ungarn, Bulgarien, Rumänien und Slowakei keine landwirtschaftlichen Produkte aus Ukraine rein- bzw. durchlassen. Die fünf ukrainischen Nachbarländer, allen voran Polen, hatten das Importverbot einzeln verhängt. Die EU schränkte daraufhin am 2. Mai das Importverbot auf Weizen, Mais, Raps- und Sonnenblumenkerne ein, es soll nun aber bis Mitte September verlängert werden.

Ein Export über den Landweg ist daher auch nicht möglich.

Zur Situation der ukrainischen Landwirtschaft ein hörenswertes Interview mit Alex Lissitsa im Deutschlandfunk Kultur am 17. Juli 2023. Der Agrarökonom ist Geschäftsführer eines der größten ukrainischen Agrarbetriebe und Vorsitzender des Ukrainian Agribusiness Clubs (UCAB).

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Es soll jetzt über die Donau nach Kroatien gehen. Vom Donauhafen Vukovar gibt es eine Eisenbahnverbindung zum Adriahafen Rijeka.

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Russland zerstörte wieder ein Getreidesilo, diesmal in der Nähe des Donauhafens Izmail.

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Streumunition
Dass Streumunition nur zum "Minenräumen" eingesetzt werden sollte, daran kann ich mich nicht erinnern. Natürlich wird Streumunition gegen Gerät und Soldat eingesetzt. Dies ist im übrigen nicht verwerflicher als "normale" Artillerie.

Eine Vielzahl von Staaten hat Streumunition geächtet, nicht weil sie Soldaten tötet, sondern weil die nicht explodierten Teile für viele Jahre eine Gefahr für Zivilisten darstellt, ganz wie Landminen. Allerdings ist das Gebiet, in dem die Ukraine Streumunition einsetzt (bzw. dies einräumt), ohnehin von Russen minenverseucht. Hier wird ohnehin aufwendig geräumt werden müssen.

Der Einsatz von Streumunition ist sicherlich verwerflich, gilt aber nicht als Kriegsverbrechen. Jedenfalls nicht, wenn man sie nicht gegen Zivilisten einsetzt, wie das Russland getan hat (über Kharkiv z.B.). Insofern ist hier ein Gleichsetzung Ukraine-Russland nicht statthaft. Oder hat die Ukraine Streumunition über russischen Wohngebieten eingesetzt?

Natürlich stellt sich die grundsätzliche Frage: Darf man etwas tun, was der Gegner (und Aggressor) zuerst getan hat? Bei der Folterung von Kriegsgefangenen lautet die Antwort eindeutig Nein. Beim Einsatz "verbotener" Waffen wird es schon schwieriger.

Man stelle sich mal vor, Russland würde Giftgas einsetzen und damit erfolgreich tief in die Ukraine vordringen. "Darf" man die Invasoren dann mit gleichen (verbotenen) Mitteln aufhalten?

Beim Einsatz von Atomwaffen stellt sich die Frage eher nicht.

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Ein wertvoller Kommentar. Dass Streumunition nur zum Minenräumen eingesetzt werden solle wurde wochenlang im NDR-Hörfunk so erzählt.

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Das war aber Unsinn, jedenfalls das "nur". Meines Wissens wurden von der Ukraine keine derartigen Aussagen getätigt.

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Wie gesagt, so habe ich es im Radio gehört. Hinsichtlich der Gefährdung von Zivilisten stellt sich die Frage, inwieweit sich das auf Artilleriemunition bezieht wenn diese im Gefechtsfeld eingesetzt wird. Bei geächteten Streuwaffen fallen mir vor allem "Dispenser" (Streubombe, die frei fallende Einzelbomben von der Größe schwerer Artilleriegranaten über eine Fläche von bis zu einem Quadratkilometer verteilt), CBU 105/117 (Weiterentwicklung, die kleine Granaten zielgenau gelenkt über 450/100 m verteilt), "Beluga" (Streubombe, die Tochtermunition von Mörsergranatengröße auf etwa der Fläche eines Fußballfeldes verteilt) und "Rockeye" (Lenkbombe, die vor dem Ziel explodiert und dabei "explodierende Tennisbälle" durch die Gegend schießt) ein sowie deren russische Äquivalents, aber keine Artilleriemunition.

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Streubomben können auf einer grossen Fläche eine ganze Menge Minen hochjagen. Doch mit jedem Einsatz von Streubomben entsteht wegen der Blindgänger wiederum auch ein neues Minenfeld.

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Russland setzt seit Beginn des Angriffskriegs am 24. Februar 2022 extensiv mindestens sechs verschiedene Arten von Streumunition in Ukraine ein (siehe Cluster Munition Monitor 2022). Allein in der ersten Jahreshälfte 2022 wurden in Ukraine mindestens 689 zivile Opfer von Streubomben gezählt (Quelle). Russland beschoss damit zum Beispiel Kharkiv und Mikolayiv, ein Krankenhaus(!) in Vuhledar und einen Kindergarten(!!) in der Region Sumy. Erinnerst Du Dich noch an den russischen Angriff auf den Bahnhof von Kramatorsk am Morgen des 8. April 2022? Auch da kam nach BBC-Recherchen sehr wahrscheinlich Streumunition zum Einsatz. Es gab 57 Tote und mindestens 129 Verletzte.


Im Unterschied zu Russland setzt Ukraine die Streumunition auf eigenem Territorium ein.

Russland setzt übrigens auch Raketenwerfer mit thermobarischen Sprengköpfen (Aerosolbomben, auch Vakuumbomben genannt) ein. Das war beispielsweise in Bakhmut mehrmals der Fall.

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Ja, eine scheußliche Waffe, die verniedlichend "Burattino" nach dem russischen Pinocchio genannt wird.

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