Sonntag, 29. Oktober 2017
Die Story von Peng
Peng war einer dieser Menschen, die in der Übergangsphase von der Jugend zum Erwachsensein mein Lebensgefühl, Menschenbild und meine Weltsicht prägten. Ein Lebenskünstler und bunter Vogel. Ein Freak, heute würde man Hippie sagen, aber im damaligen Zeitkontext bedeutete Hippie etwas anderes. Er versorgte uns alle mit Dope und wohnt in einem ausrangierten Reisebus, blau-gelb angestrichen mit der Aufschrift "Telepathie ist ein Luftschiff." Er war nicht einfach ein Dealer und Kiffer, für ihn waren die bewusstseinserweiternden Selbsterfahrungen mit ernstem Forschergeist vorgenommene Erkundungen der eigenen Seele und stets auch mit tiefen philosophischen Überlegungen und Diskussionen verbunden. Nicht selten auch mit Gruppensex im bunten Bus.

Eines Tages nun geriet er mit Zuhältern aneinander die in seinem Verkaufsgebiet ein Monopol auch für den Handel mit weichen Drogen beanspruchten und Peng bei den Bullen verpfiffen. Er tauchte im wahrsten Sinne des Wortes unter: Über ein halbes Jahr wohnte er in einem Bombentrichter (die wurden erst nach 1980 zugeschüttet, bis dahin waren sie für uns herrliche Spielwiesen für BMX und Motocross) und Genosse Archie versorgte ihn mit allem was er brauchte. Der Trichter war mit einem Leistengitter abgedeckt über dem sich ein Bundeswehrtarnnetz und Grassoden befanden, und er wohnte relativ gemütlich eingerichtet. Strom kam aus einer LKW-Batterie, die Archie, der seinerseits mit schwarz geschlachteten Schweinehälften dealte regelmäßig auswechselte. Als die kalte Jahreszeit kam brachte Archie Peng dann im Kofferraum in ein kleines Dorf in die Nähe von Freiburg. Auf dem Bock eines bunt bemalten pferdegezogenen hölzernen Zirkuswagens rollte Peng über die französische Grenze, wo sich seine Spur verlor.

... comment

 
Telepathie ist ein Luftschiff und nur wer das Chaos in sich trägt kenne ich noch als Häuserkampfparolen, auf Wände von Kraakhäusern gesprüht. Archie kenne ich noch aus Erzählungen, war das nicht der, der mit dem Spruch "Die spinnen, die Bullen!" mit einem Stück Lorenschiene bewaffnet auf staatliche Knüppler losrannte? Erinnerst Du Dich noch an Jüjü und Louis Khan?

... link  

 
Ja, mit Archie war es so. Als er wegen seiner Landfriedensbrüche Prozessschulden hatte heuerte er auf einem Rotbarschfänger an, "Delta Alpha Foxtrott" und kam zehn Kilo leichter zurück wegen der harten Arbeit, meinte aber, wenn ihn ein Seemann mit "Säule, wie isses?" begrüßte währe das für ihn ein viel höheres Achtungserlebnis als irgendeine Anerkennung aus der linken Szene. Jüjü war mal einer meiner besten Freunde, lange vor Deiner Zeit, und den Lou mit seinen Mandalas und der Pentaphilie kannte ich auch. Seltsam, dass Du das in Kombination bringst.

... link  


... comment
 
Schöne Geschichte. Erinnert ein wenig an den Song von Hannes Wader. Wo er sich Stulpenstiefel besorgt und im Wald einrichtet. Lange her ...

... link  

 
Der Tankerkönig. Ari Safari.....

... link  

 
https://www.youtube.com/watch?v=U5I_KIUXTNU

... link  

 
Ja, die Geschichte von Peng hat mich wirklich an den "Tankerkönig" erinnert. "7 Lieder" ist ein gutes Album und es gibt immer noch "Phasen", in denen ich es höre. Hören muss.

Wobei mir gerade "Langeweile" einfällt. Auch nicht schlecht ...

Danke jedenfalls für den Link, "Lyrik Translate" kannte ich nicht.

... link  

 
Was bedeutete denn Hippie im damaligen Zeitkontext anderes als wie der Ausdruck heute gebraucht wird?

... link  

 
Das Hippietum in seiner Epoche
Aus der Retrospektive werden heute meist alle Leute als Hippies bezeichnet die das typische Hippieoutfit - bunte Kleidung, Batikhemden, lange Haare, bei Männern auch wilde Bärte - mit Kiffen oder sonstigem Konsum weicher Drogen verbanden und in den Sechziger und Siebziger Jahren unterwegs waren. Das war damals aber ganz anders ausdifferenziert: Zum Hippietum gehörte ein ausgeprägter, aber weitgehend unpolitischer Pazifismus, eine Hinneigung zu Esoterik und/oder Parapsychologie bzw. UFO-Glauben und auch eine bestimmte Musik, zum Beispiel Greatefull Dead oder Jefferson Airplane (die Doors schon nicht mehr, die ihrerseits die Hippies verachteten). Demgegenüber wurden linksradikale Angehörige der Hippie-Subkultur Yippies oder Blueser, solche die härtere Rockmusik hörten und engeren Kontakt zur Drogenszene hatten Freaks genannt. In dem Sinne war Peng ein Freak, kein Hippie. Archie würde ich dann eher als Sponti (Schnittmenge aus Yippie und gaaaaaanz frühem Autonomen) bezeichnen.

... link  


... comment