Sonntag, 9. September 2018
23 Thesen zur kapitalistischen Krise
che2001, 21:00h
Nachdem mehr und mehr linksidentitäres Umsichselbstkreisen und Gender- und Rassismusdebatten die gerade nicht mit dem Klassenverhältnis zu tun haben die "linken" Diskurse beherrschen - und u.a. genau deswegen rechtspopulistische Gruppierungen auf dem Vormarsch sind - verweise ich auf einen im Wildcat-Zusammenhang entstandenen Text, der zwar schon zehn Jahre alt ist und sich auf eine Krise bezieht mit der selbst wir nicht mehr zu schaffen haben, wohl aber mit ihren Spätfolgen. Im Grunde ist das was hier konstatiert und postuliert wird arschklar und zeigt sehr deutlich auf worum sich eine linke Debatte auf der Höhe der Zeit beziehen sollte. Weit und breit tut sie das aber nicht, und deshalb finde ich es sehr wichtig diesen Text jetzt und hier zu posten.
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1) 2006 beendeten die Immobilienpreise in den USA einen jahrelangen Höhenflug – 2007 begannen sie zu sinken, es hatte ein deutliches Überangebot an Häusern und Wohnungen gegeben. Bei steigenden Zinsen und sinkenden Hauspreisen gerieten massenhaft überschuldete Hausbesitzer mit der Rückzahlung ihrer Hypotheken in Verzug. Das löste unmittelbar die subprime-Krise aus und griff sofort auf die Investmentbanken [1] über; im März 2007 kam es zu plötzlichen, starken Kursverlusten an den Börsen von New York und Shanghai. Inzwischen befinden wir uns in der größten Finanz- und Bankenkrise seit mindestens 77 Jahren – vielleicht aber auch am Beginn der bisher schwersten Krise in der Geschichte des Kapitalismus.
Wie konnte ein ganz normaler Schweinezyklus [2] (Überangebot an Häusern) eine solche gewaltige Wirkung haben? Die erste Erklärung liefert die US-amerikanische Arbeiterklasse, die bei sinkenden Reallöhnen ihren Lebensstandard nur noch mit Schuldenmachen aufrechterhalten konnte. Noch 1995 waren weniger als zwei Prozent aller Hypothekendarlehen [3] in den USA »subprime«[4], 2005 waren es bereits 25 Prozent. Die Verschuldung des US-Proletariats ist in den letzten Jahren stark angestiegen, 2007 gaben US-Amerikaner durchschnittlich 14 Prozent ihres Einkommens für die Rückzahlung von Schulden aus..
2) Die zweite Erklärung liegt in der Ausweitung des Kredits insgesamt. Die Geschichte des Kapitalismus seit dem Ende von Bretton Woods Anfang der 70er Jahre lässt sich begreifen als eine von Kapital, das nach profitablen Anlagemöglichkeiten sucht. Weil es sich in produktiven Investitionen in Fabriken und dergleichen nicht mehr ausreichend verwerten kann, sucht das Kapital andere »Anlageformen«: Währungsspekulation, Derivatehandel[5], Immobilienspekulation (in der bürgerlichen Terminologie wird das »Anlagenotstand« genannt). Eine der »Finanzinnovationen« des letzten Jahrzehnts war das Handeln mit Wertpapieren, die auf Schuldverschreibungen und Hypotheken basieren und zudem vielfach »gebündelt« sind. Solche CDOs[6] ermöglichten es, auch »faule« Kredite als absolut sicher zu raten, so dass institutionelle Anleger wie Pensionskassen, die gesetzlich gehalten sind, ihre Gelder sicher anzulegen, solche Papiere kaufen konnten. Durch hohe Kreditanteile ließ sich dabei die Rendite auf das eingesetzte Eigenkapital vervielfachen; diese »Hebelwirkung« wird beim Zusammenbruch der Kreditpyramide zum Bumerang. Zudem stellte sich in der subprime-Krise heraus, dass durch die Bündelung niemand mehr erkennen konnte, wo überall »faule« Kredite versteckt waren (»Kontaminierung«), welche Bank also vom Zusammenbruch bedroht war. Vertrauen in den geregelten Gang der Geschäfte gehört zu den materiellen Voraussetzungen der Kapitalverwertung. Misstrauen zwischen den Banken machte aus der »Finanz-« eine Bankenkrise.
3) Seit Ausbruch der Krise wird darüber gestritten, ob und wie und wie stark »die Finanzkrise die Realwirtschaft erreicht«. In Wirklichkeit ist es umgekehrt: ein Abschwung der Weltkonjunktur (ab 2007) wird durch Finanzmechanismen vielfach verstärkt. Dieselben Finanzmechanismen, die »Wachstum« ermöglicht haben, forcieren nun den Zusammenbruch. Deshalb erscheint die Krise als Finanzkrise. Aber der Kern der Krise steckt nicht in der Zahlungsunfähigkeit der Banken, also in ihren »Passiva«, das eigentliche Problem sind die »Aktiva« der Banken: die hohe Verschuldung der sogenannten »Realwirtschaft«.
4) Denn die Finanzblase war keine vermeidbare Fehlentwicklung, sondern die Grundlage der sogenannten »Realwirtschaft«. Diese ist seit Mitte der 90er Jahre nur noch gewachsen aufgrund der Ausweitung des Kredits. Das Welt-Bruttosozialprodukt wächst seit den 1970er Jahren nur noch zwischen 2 und 4 Prozent (in den 50er und 60er Jahren des letzten Jahrhunderts war es zwischen 4 und 7 Prozent gewachsen).
Nach der Dot.com-Krise[7] wurden alle Schleusen geöffnet. In den folgenden vier Jahren hat die Fed mehr Dollars in Umlauf gebracht als in der gesamten 200-jährigen US-Geschichte zuvor. Es kam zur größten Ausweitung von Konsumentenkrediten und Hypotheken in der Geschichte des Kapitalismus. Die Banken gaben z.T. Kredite mit weniger als 3 Prozent Zinsen – das ist unterhalb der eigenen Kosten und Ausdruck der Überakkumulationskrise (s.o. »Anlagenotstand«; die Investitionen in Anlagen und Fabriken blieben in diesen Jahren weiterhin sehr niedrig). Zur Vertuschung dessen wird seit 2005 in den USA die Geldmenge M3[8] nicht mehr statistisch erfasst. Trotz all dieser Maßnahmen das Bruttosozialprodukt der USA seither nur noch aufgrund der Immobilienblase gewachsen. Auch weltweit der Boom von 2002 bis 2006 merkwürdig: die Arbeitslosenzahlen sind nicht gesunken.
5) Dritte Erklärung, warum die subprime-Krise wie ein Zünder wirkte: Die schuldenfinanzierte und konsumgeleitete US-Wirtschaft war mit einem Bilanzdefizit von 800 Mrd. $ jährlich auf gewaltige Kapitalzuflüsse, v.a. aus China angewiesen, das gleichzeitig zum Industriezentrum der Welt für Konsumwaren geworden war; die Hauptkapitalgeber China, Japan, Taiwan und Südkorea halten inzwischen zusammen 4 Billionen Dollar als Währungsreserven. Dieser Mechanismus lässt sich so zusammenfassen: In China produzierte Waren werden in den USA konsumiert und mit Dollars bezahlt, die sich folglich in China anhäufen. Diese Dollars leiht China dann der US-Regierung, damit der Kreislauf fortgesetzt werden kann. Eine solche Konstruktion kann nur eine begrenzte Lebensdauer haben. Und in der Tat ist seit 2007 Europa der größte Absatzmarkt für chinesische Waren, nicht mehr die USA. Die Grenzen des Modells wurden sichtbar – und verschärfen sich in der Krise: Der Zufluss ausländischen Kapitals in die USA nahm im Sommer 2008 dramatisch ab, statt den erforderlichen etwa 40 Mrd. Dollar monatlich, die in Form von Staatsfonds ausländische Käufer finden müssen, waren es im August 14, im Juli sogar nur 8,6 Milliarden. Fannie Mae und Freddie Mac wurden im September vor allem deswegen »gerettet«, sprich nationalisiert, um China bei Laune zu halten, das dort insgesamt 500 Mrd. Dollar investiert hatte.
6) In der Autoindustrie kommen Konjunkturzyklus, Überkapazitäten, mangelnde Investitionen, hohe Verschuldung (sowohl der Firmen wie der Kunden) und Produktzyklus (reifer Markt, verstopfte Straßen, »Ende des Erdölzeitalters«) zusammen. Deshalb schlägt die Krise in der Autoindustrie und bei ihren Zulieferern im Moment am stärksten ein.
7) Wir erleben gerade einen gewaltigen Monopolisierungsprozess von Banken und Konzernen auf globaler Ebene. In diesem Prozess setzt sich auch die herrschende Klasse neu zusammen und erklärt den Ausnahmezustand (z.B. ist das »Finanzmarktstabilisierungsgesetz« ein »Ermächtigungsgesetz«). Die Rettungsmaßnahmen zeigen von ihrer Struktur wie auch von den Personen, die per Blankovollmacht »ermächtigt« werden, dass sich die Regierungen diesen Entwicklungen nicht in den Weg stellen, sondern sie flankieren bzw. sogar verschärfen (Robert Scheer sprach in bezug auf das bail out[9] der US-Regierung von »Finanzfaschismus«).
8) Im Gefolge der Krise und in Folge der Krisenmaßnahmen sind die Arbeitslosen- und Rentenversicherungen sowie die Kommunen die nächsten Bankrotteure. Einerseits haben diese Institute ihre Gelder spekulativ (die Deutsche Rentenversicherung hatte Lehman-Papiere) bis hochspekulativ angelegt (amerikanische Rentenfonds haben nach dem Immobilien- und Rohstoff-Crash ihre Anlagen teilweise in »Geierfonds«[10] umgeschichtet), auch Lebensversicherungen und Betriebsrenten hängen voll im Risiko bei möglichen Bankenpleiten.
Andererseits bedienen sich die Regierungen aus diesen Fonds (in Russland wurden mit Rentengeldern Banken gerettet; die argentinische Regierung zapft die privaten Rentenfonds an; usw.)
Wie der Kriseneinbruch Mitte der 70er Jahre (New York!) schlägt auch die aktuelle Krise auf die kommunalen Haushalte durch. Viele Städte im Ruhrgebiet, aber auch z.B. Freiburg stehen vor massiven Zahlungsproblemen.
9) Nach der Finanzbranche werden nun ganze Staaten zum Ziel von bail outs: Island, Ungarn, Pakistan, Türkei, Argentinien, Weißrussland, die baltischen Staaten, Rumänien, Bulgarien, Serbien, Kasachstan… Man fürchtet einen Dominoeffekt, denn der IWF bräuchte bis zu einer halben Billion Dollar für die Rettungspakete – und hat nicht einmal halb so viel Geld zur Verfügung. Politisch bedeutsam ist, dass Island zunächst bei Russland Hilfe suchte, Pakistan bei China, Argentinien bei Venezuela. Aber auch den um Unterstützung angegangenen Ländern geht das Geld aus. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass der Finanzgipfel Mitte November sich auf so etwas wie ein neues Bretton Woods [11]einigen kann.
Der Mythos der »Volkswirtschaft« bröckelt. Er wird dann zusammenbrechen, wenn es ein Land wie die Schweiz erwischt! National regulierte Arbeitsmärkte, mit denen die Weltarbeiterklasse in einzelne Segmente eingeteilt wurde, brechen zusammen.
Die Krise ist eine des kapitalistischen Weltsystems
10) no »decoupling« - weder für die EU, noch für die BRIC-Staaten!
Die BRIC-Staaten mit ihren großen Binnenmärkten sollten das erschöpfte Modell des kreditfinanzierten Konsums in den Metropolen verlängern. Aber die Nachfrage der neuen Mittelschichten in diesen Ländern kann auf absehbare Sicht den Konsum der US-Arbeiterklasse usw. nicht ersetzen. Die übersteigerten Hoffnungen in die BRIC-Staaten waren selber bereits Ausdruck der Krise. Seit einem Jahr rutschen aber auch diese ab. In Russland sind z.B. die ausländischen Direktinvestitionen 2008 im Vergleich zu 2007 fast um die Hälfte gesunken; das extrem schwache Banksystem und die Immobilienblase sind bereits am Platzen. Es drohen gewaltige Refinanzierungsprobleme. Massenentlassungen haben angefangen.
Der Staatsbankrott Islands war nur ein Vorgeschmack, die Schwellenländer markieren den Ring der nächsten Explosionswelle der Weltkrise. Hier geht es dann um sehr viel höhere Summen als bei der subprime-Krise. Gleichzeitig kann sich China dem Betteln der USA und der BRD um Finanzhilfe nicht verweigern! Ein Abzug der chinesischen Gelder aus den USA wäre der reine Selbstmord – das Überleben aller Regimes hängt daran, dass das US-Finanzsystem in der Krise nicht implodiert.
11) Die desaströse wirtschaftliche Situation der USA wurde nach dem 11.9. oft als die »twin towers of deficit« beschrieben: die höchste Staatsverschuldung und die höchsten Auslandsschulden in der Geschichte. In wenigen Jahren ist ein dritter Turm gewachsen und zusammengebrochen: Die Privathaushalte sind mit weit über 100 Prozent des Bruttosozialproduktes verschuldet. Die zur Aufrechterhaltung dieser fragilen Situation notwendigen Kapitalzuflüsse (siehe 5)) hängen an zwei Voraussetzungen: dem US-Dollar als »Weltgeld« und der militärischen Dominanz der US-Armee. Durch die beiden nicht mehr zu gewinnenden Kriege im Irak und in Afghanistan ist diese Situation zusätzlich prekär geworden. Der Hegemon ist am Arsch. Aber entgegen Beverly Silver und Giovanni Arrighi sind wir weder der Ansicht, dass uns der neue Hegemon gut tut, noch denken wir, dass es überhaupt schon ausgemacht ist, ob es nochmal einen geben wird – falls ja, wäre das weniger gut für uns als die Revolution. Zudem ist auch noch nicht ausgemacht, wer‘s wird und wie lange das dauert; Immanuel Wallerstein schrieb vor kurzem, normalerweise dauere ein solcher Übergang 50 Jahre, sicher sei nur, dass 2008 »das Jahr des Abtretens des Neoliberalismus« ist. Und ein solches Abtreten wirft alle Fragen auf.
12) Leider ist die Debatte in der Linken nicht auf der Höhe dieser Fragen. Viele machen sich Hoffnungen auf einen neuen Keynesianismus, setzen also auf einen starken Staat. Einer Neuauflage des Keynesianismus sind aber die Grundlagen entzogen: Es gibt keine Volkswirtschaft mehr, die dem Druck der Weltkrise widerstehen könnte; nationale Nachfrageankurbelung funktioniert nicht mehr – im Gegenteil: ein Staat, der in den letzten Wochen Garantien für »seine« Banken ausgesprochen hat, hat alle anderen Staaten unter short selling-Druck [12] gesetzt; das bail out des einen führt zur Entwertung des anderen Bankhauses/ Betriebes/ Staates. Und wie soll »Nachfrage« angekurbelt werden, wenn sowohl die Proleten wie die Banken das Geld horten? Zudem gibt es auch keinen Hegemon, der ein solches Programm durchsetzen könnte, wie in den 30er Jahren die USA – in Reaktion auf die dortigen Klassenkämpfe!
Krise der Krise
13) Der Kern der »neoliberalen Wirtschaftspolitik« bestand darin - in Reaktion auf die Klassenkämpfe Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts -, Kosten (v.a. Löhne!) zu drücken. Durch eine Politik der niedrigen Zinsen (oftmals unter der Inflationsrate, also negativ) wurde die Kreditmenge stark ausgeweitet, um den Konsum zu finanzieren (sowohl den Konsum der Arbeiterklasse, als auch den »Konsum« von Maschinen, also die »unternehmerische Investition«). Damit wurden die Unternehmerprofite gesteigert, die Einkommensverteilung drastisch verändert und große Teile der Klasse verarmt. Aber trotz der Verwüstungen, die diese Strategie weltweit anrichtete (»Strukturanpassungsprogramme«) war sie im Kern nicht erfolgreich: die Real-Investitionen blieben niedrig.
14) »Entwicklung« war in diesem Rahmen nur möglich durch aggressive Ausdehnung des Kapitals: Eindringen in bisher unerschlossene Winkel, Rekrutierung migrantischer Arbeitskraft, Industrialisierung der »Peripherie«. In den letzten 40 Jahren gab es eine weltweite Proletarisierung in einer Geschwindigkeit und einem Ausmaß wie noch nie in der Geschichte des Kapitalismus (siehe Wildcat 82). Dieser Ausweg ist somit heute versperrt, die Peripherie ist industrialisiert.
15) Der Neoliberalismus war kein neues »Modell« (wie es das Gerede vom »Postfordismus« glauben machen wollte), sondern eine langgezogene Krise seit 1973. Das deregulierte, aber politisch verwaltete Finanzwesen war die Antwort auf den Rückgang der effektiven Nachfrage, was ein anderes Wort für die Prekarisierung der Arbeit ist. Im globalen systemischen »Finanzrisiko« spiegelt sich der Angriff auf die Arbeiterklasse in den letzten Jahrzehnten. Seit den 80er Jahren wurde diese Strategie immer schneller von »Finanzkrisen« erschüttert: Schuldenkrise in der ersten Hälfte der 80er Jahre; Sparkassenkrise in den USA in der zweiten Hälfte der 80er Jahre; Pesokrise in Mexiko 1994/5; Asienkrise 1997/8; Rubelkrise 1998/9; Dot.com-Krise 2000/1. Während aber alle diese Krisen regional oder sektoral begrenzt werden konnten (um den Preis der weiteren Ausweitung des Kredits) stößt die langgezogene Krise im aktuellen Einbruch an ihre Grenze. In dieser »Krise der Krise« steht der globale Kapitalismus vor dem Abgrund.
Den Herrschenden gehen die Optionen aus
16) Auftakt wozu?
»1929« war nicht die Krise, sondern deren Ankündigung. Auch die aktuelle Krise wird sehr lange dauern und ihren Höhepunkt eher Ende als Mitte 2009 haben; danach wird es eine langgezogene Depression geben (auch die Krise 1873-1878 ging fünf Jahre). Die »Frühindikatoren« sehen rabenschwarz aus: Die Industrieproduktion geht zweistellig zurück, der Erdölpreis hat sich in drei Monaten halbiert, überhaupt stürzen Rohstoffpreise weltweit ab, der Welthandel schrumpft. All das sind Anzeichen für die Tiefe der Rezession. Auch bürgerliche Kommentare vergleichen die aktuelle Krise mit dem Erdbeben von Lissabon (1. November 1755), um die Epochenwende kenntlich zu machen. Man sieht das Erdbeben von Lissabon gemeinhin als Auftakt zur Französischen Revolution…
17) Deflation
Die ILO geht von einer Erhöhung der weltweiten Arbeitslosigkeit um 11 Prozent auf 210 Millionen im Jahr 2009 aus. Das gilt für den unwahrscheinlich Fall, dass die Krise nun »im Griff« ist. Die weltweiten Massenentlassungen sprechen eine andere Sprache (allein im Perlflussdelta könnten bis Ende des Jahres 2,5 Millionen Menschen ihren Arbeitsplatz verlieren)! Das heißt auf der anderen Seite, der Konsum wird massiv zurückgehen und eine deflationäre Entwicklung wird wahrscheinlich. Eine Deflation hat selbstverstärkende Wirkung: Fallende Preise drücken die Gewinnmargen. Dann werden noch mehr Leute entlassen, die Ausgaben für den Konsum gehen weiter zurück, die Gewinne der Unternehmer sinken weiter… Geldpolitisch lässt sich gegen Deflation wenig ausrichten – noch dazu, wo der Leitzins in den USA bereits bei 1 Prozent, in Japan bei 0,3 Prozent steht!
18) Der Reformismus ist unmöglich
Die Forderungen von Attac u.a., die Realwirtschaft zu retten und die Banken kaputt gehen zu lassen, ist nicht einlösbar, denn die Banken sind unverzichtbar für das Funktionieren des Kapitalismus. Dass die Banken die »Rettungsgelder« aber entweder horten oder zum Aufkauf kleinerer Banken verwenden - oder gar als Dividenden oder Bonuszahlungen ausschütten! –, zeigt das Dilemma: Wie kann man den Konsum ankurbeln und gleichzeitig das Einkommen neu an die Produktivität binden? Auch der Bush-Plan [13]Anfang des Jahres hat nicht funktioniert: die Leute haben das geschenkte Geld genommen, um ihre Schulden zurückzuzahlen oder um für die kommenden schlimmen Zeiten zu sparen – als Konjunkturprogramm hätte es nur gewirkt, wenn die Schecks gleich ausgegeben worden wären.
Viele Maßnahmen gegen die Krise (die massiven Zinssenkungen, das Zurverfügungstellen von billigen Krediten, Garantien jeder Art…) haben die Finanzkrise erst recht angeheizt – weil die Banken das Geld für hochriskante Spekulationen benutzt haben, mit denen sie aus ihren Verlusten rauskommen wollten. der Injektion von weiterem Geld werden die Probleme nicht behoben, sondern weiter angeheizt, solange das System nicht zugleich reguliert wird. Regulierungen, wie sie etwa Lafontaine in seiner Zeit als Finanzminister vorgeschlagen hat, funktionieren aber nur, wenn gleichzeitig die Arbeiterklasse verschärft ans Arbeiten gebracht würde (die andere Seite der Medaille: Lafontaine hatte als erster die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe vorgeschlagen, wie sie dann mit Hartz IV umgesetzt wurde). Ohne einen Kantersieg über die Arbeiterklasse verschärfen einzelne Rettungsversuche und Regulierungen lediglich die Spannungen zwischen konkurrierenden Einzelkapitalen und Fraktionen.
Was tun?
19) Kampf um die Köpfe
Dass von »Finanzkrise« geredet wird, dient als Legitimation, die Banken und Banker mit den Ersparnissen und Steuerzahlungen der ProletarierInnen zu retten. Dass »Spekulation« und »Gier« für die Krise verantwortlich gemacht werden, soll davon ablenken, dass es eine Krise des ganzen Systems ist. Bellofiore/Halevi [..] sprechen von der »Dreieinigkeit traumatisierten Arbeitern, verschuldeten Konsumenten und manisch-depressiven Sparern« und dass die Leute dazu gezwungen worden sind, »Akteure an den Finanzmärkten« zu werden. In der propagandistischen Bewältigung der Krise wird stattdessen drauf rumgehackt, dass die »kleinen Leute« auch »gierig« waren und ihr Geld z.B. bei isländischen Banken usw. angelegt haben (was zweifellos auch stimmt). Aber den meisten blieb durch den Abbau staatlicher Systeme (z.B. Renten) und angesichts von Zinsen unterhalb der Inflationsrate (typisch und substanziell für den »Neoliberalismus«) gar nichts anderes übrig.
Die »Gier der kleinen Leute« soll Sündenbock und gleichzeitig Legitimationsgrundlage für einen verschärften Arbeitszwang sein: Horst Köhler sagte in einem Spiegel-Interview: »Im Prinzip will jeder reich werden, und im Prinzip will jeder mit einem Minimum an persönlichem Aufwand reich werden. Man dachte, das geht am schnellsten mit Geldhandelsgeschäften, da muss man sich ja nicht die Griffel wund arbeiten. Diese Mentalität hat sich leider viel zu breit gemacht. Wenn wir ein neues Bewusstsein für den Wert des Geldes haben wollen, dann sollten wir ein neues Bewusstsein für den Wert der Arbeit entwickeln.«
Das ist die einsetzende Begleitmusik für die brutalen Sparprogramme, die auf uns zukommen. Im selben Interview sagte Köhler aber auch: »Gut möglich, dass nun ein Generalverdacht entsteht, dass alle, die ’da oben« sind, nicht an die ’da unten« oder ans Ganze denken.« - Das zeigt die Chancen! Die Krise ist eine Systemkrise, sie erfordert und ermöglicht fundamentale Klärungen. Die Antwort auf die Krise muss die Dinge beim Namen nennen: es gibt keinen Spielraum mehr für reformistische Projekte. Sobald sich die ArbeiterInnen – notgedrungen – mit den grundlegenden Funktionsweisen des Kapitalismus auseinandersetzen, den Dingen auf den Grund gehen, werden all diese Fragen wieder an Aktualität gewinnen.
20) Technisch gibt es bereits eine weltweite Arbeiterklasse.
Wir arbeiten in Produktionsketten zusammen, sind durch Computer und Internet vernetzt, elektronisches Geld rast um den Erdball (und macht z.B. die Milliarden von Überweisungen der ArbeitsmigrantInnen an ihre zurückgebliebenen Familien möglich…). Bisher waren die krassen Lohnunterschiede zwischen dem »globalen Süden« und den alten Metropolen ein wichtiges Spaltungsinstrument. Aber während die soziale Ungleichheit in den Ländern in den letzten Jahren zugenommen hat und sich in der Krise weiter verschärfen wird, haben die Unterschiede zwischen den Arbeitern im globalen Süden und denen im Norden abgenommen und werden zunehmend geringer.
21) Spaltungen…
Spalten die Krisenangriffe die Leute weiter auf oder wird eine politische Neuzusammensetzung in der Krise real? Die Form der Krise (»Finanzkrise«) verstärkt zunächst Klassenspaltungen (Leute mit Finanzanlagen gegen Leute ohne; Festangestellte gegen Leiharbeiter; Junge gegen Alte [z.B. in der Frage der Renten!]). Anderseits hat die Krise ihrer Wucht sicher auch das Zeug dazu, materiellen Spaltungen die Basis zu entziehen. Politisch liegen eigentlich alle Themen offen. Jeder/m dürfte klar sein, dass epochale Umbrüche anstehen.
22) Die Linke
Ein wenig Erleuchtung hat die Krise auch hier gebracht. Joachim Hirsch, der Vater der deutschen Postfordismus-Linken sagt jetzt: Der Begriff »Postfordismus« sei eine »Hilfsbezeichnung« gewesen. Das sei in der Krise nun deutlich geworden. Super, vorher hat diese »Hilfsbezeichnung« fast 30 Jahre lang den Linken die Hirne verseucht: keine Arbeiterklasse mehr, industrielle Produktion als Auslaufmodell usw. usf. - Aber insgesamt wirkt die Krise bisher auf die Linken leider eher verdummend: man macht sich Hoffnungen auf Keynesianismus und Staat; man eilt ans Krankenbett des Kapitalismus, nicht mit dem Dolch in der Hand, sondern um ihm Medizin zu bringen.
23) … oder politische Neuzusammensetzung der weltweiten Arbeiterklasse?
Für die jetzt lebenden Generationen war die Notwendigkeit und die Möglichkeit nie größer, Geschichte zu gestalten. Wir sollten nicht auf »Verelendungstheorien« setzen, es gibt wenig Belege in der Geschichte, dass die ArbeiterInnen besser kämpfen können, wenn sie im Elend stecken. Es gibt andererseits keinen Anlass zu denken, dass nichts passieren würde – die weltweiten Aufstandsbewegungen im Frühjahr 2008 waren nur ein Anfang. In China kam es in den letzten Wochen sehr schnell zu spontanen Kämpfen gegen die Entlassungswelle, usw. Die Frage ist eher: was entsteht da? und sind die Kämpfe der Dramatik der Weltkrise angemessen?
Die Kämpfe im globalen Süden haben die Kreuzzüge des Kapitals blockiert (Irak, Afghanistan, Lateinamerika, Asien – MigrantInnenkämpfe). Die aktuelle Krise bricht hingegen in den Metropolen aus und ist wirklich »Krise des Kapitals«, die Arbeiterklasse hat damit politisch nichts zu schaffen – nur als überschuldete Konsumenten, als tausend Mikrostrategien, wo jede/r sich geduckt und verschanzt hat, individuelle Auswege, wo der Opportunismus keine Grenzen kannte. Und wenn wir speziell die BRD betrachten, so sind auch die Kämpfe im Frühjahr kaum übergesprungen (in Spanien und Großbritannien z.B. gab es zumindest einige Lkw-Fahrerstreiks). Aber auch in der BRD gibt es seit etwa vier Jahren Kämpfe, Lernprozesse, Streiks gegen Betriebsschließungen, Mobilisierungen an Schulen und Unis. Allerdings liefen diese Bewegungen bisher alle getrennt – und stehen nun seit dem Sommer einem gewaltigen Bedrohungsszenario durch die Krise gegenüber. Einzelne Branchen trifft es besonders hart (Autoindustrie; Versicherung- und Bankangestellte; die »Lehmschichten«, denen bei Siemens der Kampf angesagt wurde…), aber wenn es tendenziell jeden treffen könnte, kriegt Solidarisierung eine materielle Grundlage. Die Krise schafft die Möglichkeit, dass bisher getrennte Entwicklungen zusammen kommen und den gegenseitigen Bezug der Kämpfe fördern.
Globale Krise – globaler Klassenkampf. Ist eine Neuzusammensetzung denkbar zwischen riots in den banlieues, gegen ihre Abwicklung streikenden Belegschaften, Schüler- und StudentInnenbewegungen, den Streiks im Meer der Proletarisierung (GDL), den Kämpfen in vordem »garantierten« Sektoren (Finanz- und Versicherungswesen), Initiativen gegen steigende Wasser- und Energiepreise, und – warum nicht? siehe Argentinien! - wütenden SparerInnen? Eine Neuzusammensetzung, die sich auch auf die Kämpfe der chinesischen ArbeiterInnen bezieht?
Was wir auf jeden Fall tun sollten, ist: Informationen über Kämpfe und Bewegungen auf der ganzen Welt sammeln und rumgehen lassen; herstellen; mitdiskutieren.
Militante Untersuchung statt »Übergangsprogramm«!
Kritik der Politik des Ausnahmezustands (Recht auf proletarische Gewalt) und Zentralität der Arbeit!
In der gesellschaftlichen Entwicklung, in der Krise und in den Kämpfen die Potenziale freilegen, die auf die Überwindung der Ausbeutung zielen!
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[1] Investmentbanken betreiben Vermögensverwaltung ihrer (reichen) Kunden, Handel mit Wertpapieren sowie Unterstützung von Unternehmen bei Kapitalaufnahmen (etwa Börsengänge). Das Geschäftsmodell »Investmentbank« ist durch die aktuelle Krise am Ende.
[2]Schweinezyklus ist ein Begriff aus der Agrarwissenschaft und bezeichnet eine periodische Schwankung auf der Angebotsseite. Bei hohen Preisen kommt es zu verstärkten Investitionen, die sich allerdings wegen der Aufzuchtzeit erst verzögert auf das Angebot auswirken und dann zu einem Überangebot und Preisverfall führen. Infolgedessen kommt es zur Reduzierung der Produktion, die sich ebenfalls erst zeitverzögert auswirkt und dann …
[3] Bei einem Hypothekendarlehen handelt es sich um ein durch ein Grundpfandrecht auf eine (oder mehrere) Immobilie(n) besichertes Darlehen. Als Grundpfandrechte kommen hierbei heutzutage weitgehend Buchgrundschulden zum Einsatz (über 90% aller neu vergebenen Darlehen).
Buchgrundschuld (im Grundbuch eingetragene Grundschuld) ist das dingliche Recht, aus einem Grundstück oder einem grundstücksgleichen Recht (beispielsweise einem Wohnungseigentum oder einem Erbbaurecht) die Zahlung eines bestimmten Geldbetrages zu fordern. Die Grundschuld ist eine der wichtigsten Kreditsicherheiten.
[4] Als Subprime-Markt wird ein Teil des privaten (also nicht gewerblichen Zwecken dienenden) Hypothekendarlehenmarkts bezeichnet, der überwiegend aus Kreditnehmern mit geringer Bonität (»Kreditwürdigkeit«) besteht
[5]Derivate sind gegenseitige Verträge, deren Preisbildung auf einer marktabhängigen Bezugsgröße (Basiswert oder Underlying) basiert. Basiswerte können Wertpapiere (z.B. Aktien, Anleihen), marktbezogene Referenzgrößen (Zinssätze, Indices) oder andere Handelsgegenstände (Rohstoffe, Devisen) sein. Derivate können auch Basiswert von anderen Derivaten (2. Grades) sein. Grundsätzlich kommen als Basiswert oder Underlying Asset auch nicht-ökonomische Größen, wie etwa das Wetter in Frage.
[6]CDO - Collateralized Debt Obligation – »besichertes Darlehn auf Schuldscheine« (siehe ausführlicher in Bellofiore/Halevi)
[7]Dot.Com-Krise , der im März 2000 einsetzende Kurseinbruch von börsennotierten Unternehmen, deren Geschäftsmodelle primär auf Internet-Technologien beruhten (sog. Dot.Coms), von denen die Mehrzahl jedoch in der Praxis keine Gewinne machte. In der Folge entstand eine Finanzierungskrise auch bei nicht börsennotierten IT-Unternehmen, die in vielen Insolvenzen mündete. Die Dot.Com-Krise brachte die sog. Dot.Com-Blase zum »Platzen« und beendete neben den überzogenen Erwartungen an die »New Economy« auch den Aktienhype, von dem viele Kleinanleger gegen Ende des letzten Jahrtausends erfasst worden waren.
[8]Geldmenge M3
Die US-Zentralbank Fed definiert M3 als: alle US-Dollar-Bar-Bestände in Banknoten und Münzen, plus die laufenden $-Girokontenbestände plus alle $-Einlagenzertifikate (z. B. $-Staatsanleihen) und alle $-Geldmarkt-Kontenbestände unter $100.000, plus alle größeren Guthaben über $100.000 (u. a. die Eurodollar-Reserven, größere übertragbare $-Wertpapierbestände, und die Dollar-Devisenbestände der meisten nichteuropäischen Länder.
[9]bail out - Schuldenübernahme und Tilgung durch Dritte
[10]»Geierfonds« (vulture fund) - geschlossener Investmentfonds (Hedge-Fonds), der auf den Kauf von Wertpapieren anderer, bspw. zahlungsunfähiger oder fast bankrotter, Unternehmen spezialisiert ist, um aus dessen Überresten Einnahmen zu erzielen.
[11]Bretton Woods - »goldhinterlegte Leitwährung der Dollar« - nach Aufkündigung der Bindung des Dollars an die Goldreserven und der Goldeinlösepflicht durch die USA 1971 brach das Bretton-Woods-System 1973 durch die Aufkündigung der festen Wechselkurse endgültig zusammen.
[12] Beim Leerverkauf (auch »short selling«) werden Wertpapiere über die Börse verkauft, obwohl der Verkäufer zum Zeitpunkt des Verkaufs die Wertpapiere noch nicht besitzt. Mit dieser Strategie kann der Verkäufer mit überdurchschnittlichen Renditen von fallenden Börsenkursen profitieren. Im Gegensatz zu Optionsgeschäften mit festen Optionsterminen handelt es sich bei Leerverkäufen um sehr kurzfristige Geschäfte, da die Wertpapiere nach sehr relativ kurzen Fristen nachgeliefert werden müssen. Beispiel: Ein Leerverkäufer (»Shortseller«) verkauft über die Börse 1.000 Aktien der »Mustermann AG« zu einem Kurs von 100,- Euro. Liefern muss er die Wertpapiere aber erst drei Tage später. Sinkt der Kurs der Wertpapiere zwischen Verkauf und Liefertermin auf 90,- Euro, kann der Leerverkäufer 10.000,- Euro (vor Transaktionskosten und »Finanzierungskosten«) Gewinn erzielen.
[13]Bush-plan - …zwischen 140 und 150 Milliarden Dollar (zwischen 96 und 103 Milliarden Euro) wurden als »Steuercheks« an die amerikanischen Haushalte ausgegeben. "
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1) 2006 beendeten die Immobilienpreise in den USA einen jahrelangen Höhenflug – 2007 begannen sie zu sinken, es hatte ein deutliches Überangebot an Häusern und Wohnungen gegeben. Bei steigenden Zinsen und sinkenden Hauspreisen gerieten massenhaft überschuldete Hausbesitzer mit der Rückzahlung ihrer Hypotheken in Verzug. Das löste unmittelbar die subprime-Krise aus und griff sofort auf die Investmentbanken [1] über; im März 2007 kam es zu plötzlichen, starken Kursverlusten an den Börsen von New York und Shanghai. Inzwischen befinden wir uns in der größten Finanz- und Bankenkrise seit mindestens 77 Jahren – vielleicht aber auch am Beginn der bisher schwersten Krise in der Geschichte des Kapitalismus.
Wie konnte ein ganz normaler Schweinezyklus [2] (Überangebot an Häusern) eine solche gewaltige Wirkung haben? Die erste Erklärung liefert die US-amerikanische Arbeiterklasse, die bei sinkenden Reallöhnen ihren Lebensstandard nur noch mit Schuldenmachen aufrechterhalten konnte. Noch 1995 waren weniger als zwei Prozent aller Hypothekendarlehen [3] in den USA »subprime«[4], 2005 waren es bereits 25 Prozent. Die Verschuldung des US-Proletariats ist in den letzten Jahren stark angestiegen, 2007 gaben US-Amerikaner durchschnittlich 14 Prozent ihres Einkommens für die Rückzahlung von Schulden aus..
2) Die zweite Erklärung liegt in der Ausweitung des Kredits insgesamt. Die Geschichte des Kapitalismus seit dem Ende von Bretton Woods Anfang der 70er Jahre lässt sich begreifen als eine von Kapital, das nach profitablen Anlagemöglichkeiten sucht. Weil es sich in produktiven Investitionen in Fabriken und dergleichen nicht mehr ausreichend verwerten kann, sucht das Kapital andere »Anlageformen«: Währungsspekulation, Derivatehandel[5], Immobilienspekulation (in der bürgerlichen Terminologie wird das »Anlagenotstand« genannt). Eine der »Finanzinnovationen« des letzten Jahrzehnts war das Handeln mit Wertpapieren, die auf Schuldverschreibungen und Hypotheken basieren und zudem vielfach »gebündelt« sind. Solche CDOs[6] ermöglichten es, auch »faule« Kredite als absolut sicher zu raten, so dass institutionelle Anleger wie Pensionskassen, die gesetzlich gehalten sind, ihre Gelder sicher anzulegen, solche Papiere kaufen konnten. Durch hohe Kreditanteile ließ sich dabei die Rendite auf das eingesetzte Eigenkapital vervielfachen; diese »Hebelwirkung« wird beim Zusammenbruch der Kreditpyramide zum Bumerang. Zudem stellte sich in der subprime-Krise heraus, dass durch die Bündelung niemand mehr erkennen konnte, wo überall »faule« Kredite versteckt waren (»Kontaminierung«), welche Bank also vom Zusammenbruch bedroht war. Vertrauen in den geregelten Gang der Geschäfte gehört zu den materiellen Voraussetzungen der Kapitalverwertung. Misstrauen zwischen den Banken machte aus der »Finanz-« eine Bankenkrise.
3) Seit Ausbruch der Krise wird darüber gestritten, ob und wie und wie stark »die Finanzkrise die Realwirtschaft erreicht«. In Wirklichkeit ist es umgekehrt: ein Abschwung der Weltkonjunktur (ab 2007) wird durch Finanzmechanismen vielfach verstärkt. Dieselben Finanzmechanismen, die »Wachstum« ermöglicht haben, forcieren nun den Zusammenbruch. Deshalb erscheint die Krise als Finanzkrise. Aber der Kern der Krise steckt nicht in der Zahlungsunfähigkeit der Banken, also in ihren »Passiva«, das eigentliche Problem sind die »Aktiva« der Banken: die hohe Verschuldung der sogenannten »Realwirtschaft«.
4) Denn die Finanzblase war keine vermeidbare Fehlentwicklung, sondern die Grundlage der sogenannten »Realwirtschaft«. Diese ist seit Mitte der 90er Jahre nur noch gewachsen aufgrund der Ausweitung des Kredits. Das Welt-Bruttosozialprodukt wächst seit den 1970er Jahren nur noch zwischen 2 und 4 Prozent (in den 50er und 60er Jahren des letzten Jahrhunderts war es zwischen 4 und 7 Prozent gewachsen).
Nach der Dot.com-Krise[7] wurden alle Schleusen geöffnet. In den folgenden vier Jahren hat die Fed mehr Dollars in Umlauf gebracht als in der gesamten 200-jährigen US-Geschichte zuvor. Es kam zur größten Ausweitung von Konsumentenkrediten und Hypotheken in der Geschichte des Kapitalismus. Die Banken gaben z.T. Kredite mit weniger als 3 Prozent Zinsen – das ist unterhalb der eigenen Kosten und Ausdruck der Überakkumulationskrise (s.o. »Anlagenotstand«; die Investitionen in Anlagen und Fabriken blieben in diesen Jahren weiterhin sehr niedrig). Zur Vertuschung dessen wird seit 2005 in den USA die Geldmenge M3[8] nicht mehr statistisch erfasst. Trotz all dieser Maßnahmen das Bruttosozialprodukt der USA seither nur noch aufgrund der Immobilienblase gewachsen. Auch weltweit der Boom von 2002 bis 2006 merkwürdig: die Arbeitslosenzahlen sind nicht gesunken.
5) Dritte Erklärung, warum die subprime-Krise wie ein Zünder wirkte: Die schuldenfinanzierte und konsumgeleitete US-Wirtschaft war mit einem Bilanzdefizit von 800 Mrd. $ jährlich auf gewaltige Kapitalzuflüsse, v.a. aus China angewiesen, das gleichzeitig zum Industriezentrum der Welt für Konsumwaren geworden war; die Hauptkapitalgeber China, Japan, Taiwan und Südkorea halten inzwischen zusammen 4 Billionen Dollar als Währungsreserven. Dieser Mechanismus lässt sich so zusammenfassen: In China produzierte Waren werden in den USA konsumiert und mit Dollars bezahlt, die sich folglich in China anhäufen. Diese Dollars leiht China dann der US-Regierung, damit der Kreislauf fortgesetzt werden kann. Eine solche Konstruktion kann nur eine begrenzte Lebensdauer haben. Und in der Tat ist seit 2007 Europa der größte Absatzmarkt für chinesische Waren, nicht mehr die USA. Die Grenzen des Modells wurden sichtbar – und verschärfen sich in der Krise: Der Zufluss ausländischen Kapitals in die USA nahm im Sommer 2008 dramatisch ab, statt den erforderlichen etwa 40 Mrd. Dollar monatlich, die in Form von Staatsfonds ausländische Käufer finden müssen, waren es im August 14, im Juli sogar nur 8,6 Milliarden. Fannie Mae und Freddie Mac wurden im September vor allem deswegen »gerettet«, sprich nationalisiert, um China bei Laune zu halten, das dort insgesamt 500 Mrd. Dollar investiert hatte.
6) In der Autoindustrie kommen Konjunkturzyklus, Überkapazitäten, mangelnde Investitionen, hohe Verschuldung (sowohl der Firmen wie der Kunden) und Produktzyklus (reifer Markt, verstopfte Straßen, »Ende des Erdölzeitalters«) zusammen. Deshalb schlägt die Krise in der Autoindustrie und bei ihren Zulieferern im Moment am stärksten ein.
7) Wir erleben gerade einen gewaltigen Monopolisierungsprozess von Banken und Konzernen auf globaler Ebene. In diesem Prozess setzt sich auch die herrschende Klasse neu zusammen und erklärt den Ausnahmezustand (z.B. ist das »Finanzmarktstabilisierungsgesetz« ein »Ermächtigungsgesetz«). Die Rettungsmaßnahmen zeigen von ihrer Struktur wie auch von den Personen, die per Blankovollmacht »ermächtigt« werden, dass sich die Regierungen diesen Entwicklungen nicht in den Weg stellen, sondern sie flankieren bzw. sogar verschärfen (Robert Scheer sprach in bezug auf das bail out[9] der US-Regierung von »Finanzfaschismus«).
8) Im Gefolge der Krise und in Folge der Krisenmaßnahmen sind die Arbeitslosen- und Rentenversicherungen sowie die Kommunen die nächsten Bankrotteure. Einerseits haben diese Institute ihre Gelder spekulativ (die Deutsche Rentenversicherung hatte Lehman-Papiere) bis hochspekulativ angelegt (amerikanische Rentenfonds haben nach dem Immobilien- und Rohstoff-Crash ihre Anlagen teilweise in »Geierfonds«[10] umgeschichtet), auch Lebensversicherungen und Betriebsrenten hängen voll im Risiko bei möglichen Bankenpleiten.
Andererseits bedienen sich die Regierungen aus diesen Fonds (in Russland wurden mit Rentengeldern Banken gerettet; die argentinische Regierung zapft die privaten Rentenfonds an; usw.)
Wie der Kriseneinbruch Mitte der 70er Jahre (New York!) schlägt auch die aktuelle Krise auf die kommunalen Haushalte durch. Viele Städte im Ruhrgebiet, aber auch z.B. Freiburg stehen vor massiven Zahlungsproblemen.
9) Nach der Finanzbranche werden nun ganze Staaten zum Ziel von bail outs: Island, Ungarn, Pakistan, Türkei, Argentinien, Weißrussland, die baltischen Staaten, Rumänien, Bulgarien, Serbien, Kasachstan… Man fürchtet einen Dominoeffekt, denn der IWF bräuchte bis zu einer halben Billion Dollar für die Rettungspakete – und hat nicht einmal halb so viel Geld zur Verfügung. Politisch bedeutsam ist, dass Island zunächst bei Russland Hilfe suchte, Pakistan bei China, Argentinien bei Venezuela. Aber auch den um Unterstützung angegangenen Ländern geht das Geld aus. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass der Finanzgipfel Mitte November sich auf so etwas wie ein neues Bretton Woods [11]einigen kann.
Der Mythos der »Volkswirtschaft« bröckelt. Er wird dann zusammenbrechen, wenn es ein Land wie die Schweiz erwischt! National regulierte Arbeitsmärkte, mit denen die Weltarbeiterklasse in einzelne Segmente eingeteilt wurde, brechen zusammen.
Die Krise ist eine des kapitalistischen Weltsystems
10) no »decoupling« - weder für die EU, noch für die BRIC-Staaten!
Die BRIC-Staaten mit ihren großen Binnenmärkten sollten das erschöpfte Modell des kreditfinanzierten Konsums in den Metropolen verlängern. Aber die Nachfrage der neuen Mittelschichten in diesen Ländern kann auf absehbare Sicht den Konsum der US-Arbeiterklasse usw. nicht ersetzen. Die übersteigerten Hoffnungen in die BRIC-Staaten waren selber bereits Ausdruck der Krise. Seit einem Jahr rutschen aber auch diese ab. In Russland sind z.B. die ausländischen Direktinvestitionen 2008 im Vergleich zu 2007 fast um die Hälfte gesunken; das extrem schwache Banksystem und die Immobilienblase sind bereits am Platzen. Es drohen gewaltige Refinanzierungsprobleme. Massenentlassungen haben angefangen.
Der Staatsbankrott Islands war nur ein Vorgeschmack, die Schwellenländer markieren den Ring der nächsten Explosionswelle der Weltkrise. Hier geht es dann um sehr viel höhere Summen als bei der subprime-Krise. Gleichzeitig kann sich China dem Betteln der USA und der BRD um Finanzhilfe nicht verweigern! Ein Abzug der chinesischen Gelder aus den USA wäre der reine Selbstmord – das Überleben aller Regimes hängt daran, dass das US-Finanzsystem in der Krise nicht implodiert.
11) Die desaströse wirtschaftliche Situation der USA wurde nach dem 11.9. oft als die »twin towers of deficit« beschrieben: die höchste Staatsverschuldung und die höchsten Auslandsschulden in der Geschichte. In wenigen Jahren ist ein dritter Turm gewachsen und zusammengebrochen: Die Privathaushalte sind mit weit über 100 Prozent des Bruttosozialproduktes verschuldet. Die zur Aufrechterhaltung dieser fragilen Situation notwendigen Kapitalzuflüsse (siehe 5)) hängen an zwei Voraussetzungen: dem US-Dollar als »Weltgeld« und der militärischen Dominanz der US-Armee. Durch die beiden nicht mehr zu gewinnenden Kriege im Irak und in Afghanistan ist diese Situation zusätzlich prekär geworden. Der Hegemon ist am Arsch. Aber entgegen Beverly Silver und Giovanni Arrighi sind wir weder der Ansicht, dass uns der neue Hegemon gut tut, noch denken wir, dass es überhaupt schon ausgemacht ist, ob es nochmal einen geben wird – falls ja, wäre das weniger gut für uns als die Revolution. Zudem ist auch noch nicht ausgemacht, wer‘s wird und wie lange das dauert; Immanuel Wallerstein schrieb vor kurzem, normalerweise dauere ein solcher Übergang 50 Jahre, sicher sei nur, dass 2008 »das Jahr des Abtretens des Neoliberalismus« ist. Und ein solches Abtreten wirft alle Fragen auf.
12) Leider ist die Debatte in der Linken nicht auf der Höhe dieser Fragen. Viele machen sich Hoffnungen auf einen neuen Keynesianismus, setzen also auf einen starken Staat. Einer Neuauflage des Keynesianismus sind aber die Grundlagen entzogen: Es gibt keine Volkswirtschaft mehr, die dem Druck der Weltkrise widerstehen könnte; nationale Nachfrageankurbelung funktioniert nicht mehr – im Gegenteil: ein Staat, der in den letzten Wochen Garantien für »seine« Banken ausgesprochen hat, hat alle anderen Staaten unter short selling-Druck [12] gesetzt; das bail out des einen führt zur Entwertung des anderen Bankhauses/ Betriebes/ Staates. Und wie soll »Nachfrage« angekurbelt werden, wenn sowohl die Proleten wie die Banken das Geld horten? Zudem gibt es auch keinen Hegemon, der ein solches Programm durchsetzen könnte, wie in den 30er Jahren die USA – in Reaktion auf die dortigen Klassenkämpfe!
Krise der Krise
13) Der Kern der »neoliberalen Wirtschaftspolitik« bestand darin - in Reaktion auf die Klassenkämpfe Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts -, Kosten (v.a. Löhne!) zu drücken. Durch eine Politik der niedrigen Zinsen (oftmals unter der Inflationsrate, also negativ) wurde die Kreditmenge stark ausgeweitet, um den Konsum zu finanzieren (sowohl den Konsum der Arbeiterklasse, als auch den »Konsum« von Maschinen, also die »unternehmerische Investition«). Damit wurden die Unternehmerprofite gesteigert, die Einkommensverteilung drastisch verändert und große Teile der Klasse verarmt. Aber trotz der Verwüstungen, die diese Strategie weltweit anrichtete (»Strukturanpassungsprogramme«) war sie im Kern nicht erfolgreich: die Real-Investitionen blieben niedrig.
14) »Entwicklung« war in diesem Rahmen nur möglich durch aggressive Ausdehnung des Kapitals: Eindringen in bisher unerschlossene Winkel, Rekrutierung migrantischer Arbeitskraft, Industrialisierung der »Peripherie«. In den letzten 40 Jahren gab es eine weltweite Proletarisierung in einer Geschwindigkeit und einem Ausmaß wie noch nie in der Geschichte des Kapitalismus (siehe Wildcat 82). Dieser Ausweg ist somit heute versperrt, die Peripherie ist industrialisiert.
15) Der Neoliberalismus war kein neues »Modell« (wie es das Gerede vom »Postfordismus« glauben machen wollte), sondern eine langgezogene Krise seit 1973. Das deregulierte, aber politisch verwaltete Finanzwesen war die Antwort auf den Rückgang der effektiven Nachfrage, was ein anderes Wort für die Prekarisierung der Arbeit ist. Im globalen systemischen »Finanzrisiko« spiegelt sich der Angriff auf die Arbeiterklasse in den letzten Jahrzehnten. Seit den 80er Jahren wurde diese Strategie immer schneller von »Finanzkrisen« erschüttert: Schuldenkrise in der ersten Hälfte der 80er Jahre; Sparkassenkrise in den USA in der zweiten Hälfte der 80er Jahre; Pesokrise in Mexiko 1994/5; Asienkrise 1997/8; Rubelkrise 1998/9; Dot.com-Krise 2000/1. Während aber alle diese Krisen regional oder sektoral begrenzt werden konnten (um den Preis der weiteren Ausweitung des Kredits) stößt die langgezogene Krise im aktuellen Einbruch an ihre Grenze. In dieser »Krise der Krise« steht der globale Kapitalismus vor dem Abgrund.
Den Herrschenden gehen die Optionen aus
16) Auftakt wozu?
»1929« war nicht die Krise, sondern deren Ankündigung. Auch die aktuelle Krise wird sehr lange dauern und ihren Höhepunkt eher Ende als Mitte 2009 haben; danach wird es eine langgezogene Depression geben (auch die Krise 1873-1878 ging fünf Jahre). Die »Frühindikatoren« sehen rabenschwarz aus: Die Industrieproduktion geht zweistellig zurück, der Erdölpreis hat sich in drei Monaten halbiert, überhaupt stürzen Rohstoffpreise weltweit ab, der Welthandel schrumpft. All das sind Anzeichen für die Tiefe der Rezession. Auch bürgerliche Kommentare vergleichen die aktuelle Krise mit dem Erdbeben von Lissabon (1. November 1755), um die Epochenwende kenntlich zu machen. Man sieht das Erdbeben von Lissabon gemeinhin als Auftakt zur Französischen Revolution…
17) Deflation
Die ILO geht von einer Erhöhung der weltweiten Arbeitslosigkeit um 11 Prozent auf 210 Millionen im Jahr 2009 aus. Das gilt für den unwahrscheinlich Fall, dass die Krise nun »im Griff« ist. Die weltweiten Massenentlassungen sprechen eine andere Sprache (allein im Perlflussdelta könnten bis Ende des Jahres 2,5 Millionen Menschen ihren Arbeitsplatz verlieren)! Das heißt auf der anderen Seite, der Konsum wird massiv zurückgehen und eine deflationäre Entwicklung wird wahrscheinlich. Eine Deflation hat selbstverstärkende Wirkung: Fallende Preise drücken die Gewinnmargen. Dann werden noch mehr Leute entlassen, die Ausgaben für den Konsum gehen weiter zurück, die Gewinne der Unternehmer sinken weiter… Geldpolitisch lässt sich gegen Deflation wenig ausrichten – noch dazu, wo der Leitzins in den USA bereits bei 1 Prozent, in Japan bei 0,3 Prozent steht!
18) Der Reformismus ist unmöglich
Die Forderungen von Attac u.a., die Realwirtschaft zu retten und die Banken kaputt gehen zu lassen, ist nicht einlösbar, denn die Banken sind unverzichtbar für das Funktionieren des Kapitalismus. Dass die Banken die »Rettungsgelder« aber entweder horten oder zum Aufkauf kleinerer Banken verwenden - oder gar als Dividenden oder Bonuszahlungen ausschütten! –, zeigt das Dilemma: Wie kann man den Konsum ankurbeln und gleichzeitig das Einkommen neu an die Produktivität binden? Auch der Bush-Plan [13]Anfang des Jahres hat nicht funktioniert: die Leute haben das geschenkte Geld genommen, um ihre Schulden zurückzuzahlen oder um für die kommenden schlimmen Zeiten zu sparen – als Konjunkturprogramm hätte es nur gewirkt, wenn die Schecks gleich ausgegeben worden wären.
Viele Maßnahmen gegen die Krise (die massiven Zinssenkungen, das Zurverfügungstellen von billigen Krediten, Garantien jeder Art…) haben die Finanzkrise erst recht angeheizt – weil die Banken das Geld für hochriskante Spekulationen benutzt haben, mit denen sie aus ihren Verlusten rauskommen wollten. der Injektion von weiterem Geld werden die Probleme nicht behoben, sondern weiter angeheizt, solange das System nicht zugleich reguliert wird. Regulierungen, wie sie etwa Lafontaine in seiner Zeit als Finanzminister vorgeschlagen hat, funktionieren aber nur, wenn gleichzeitig die Arbeiterklasse verschärft ans Arbeiten gebracht würde (die andere Seite der Medaille: Lafontaine hatte als erster die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe vorgeschlagen, wie sie dann mit Hartz IV umgesetzt wurde). Ohne einen Kantersieg über die Arbeiterklasse verschärfen einzelne Rettungsversuche und Regulierungen lediglich die Spannungen zwischen konkurrierenden Einzelkapitalen und Fraktionen.
Was tun?
19) Kampf um die Köpfe
Dass von »Finanzkrise« geredet wird, dient als Legitimation, die Banken und Banker mit den Ersparnissen und Steuerzahlungen der ProletarierInnen zu retten. Dass »Spekulation« und »Gier« für die Krise verantwortlich gemacht werden, soll davon ablenken, dass es eine Krise des ganzen Systems ist. Bellofiore/Halevi [..] sprechen von der »Dreieinigkeit traumatisierten Arbeitern, verschuldeten Konsumenten und manisch-depressiven Sparern« und dass die Leute dazu gezwungen worden sind, »Akteure an den Finanzmärkten« zu werden. In der propagandistischen Bewältigung der Krise wird stattdessen drauf rumgehackt, dass die »kleinen Leute« auch »gierig« waren und ihr Geld z.B. bei isländischen Banken usw. angelegt haben (was zweifellos auch stimmt). Aber den meisten blieb durch den Abbau staatlicher Systeme (z.B. Renten) und angesichts von Zinsen unterhalb der Inflationsrate (typisch und substanziell für den »Neoliberalismus«) gar nichts anderes übrig.
Die »Gier der kleinen Leute« soll Sündenbock und gleichzeitig Legitimationsgrundlage für einen verschärften Arbeitszwang sein: Horst Köhler sagte in einem Spiegel-Interview: »Im Prinzip will jeder reich werden, und im Prinzip will jeder mit einem Minimum an persönlichem Aufwand reich werden. Man dachte, das geht am schnellsten mit Geldhandelsgeschäften, da muss man sich ja nicht die Griffel wund arbeiten. Diese Mentalität hat sich leider viel zu breit gemacht. Wenn wir ein neues Bewusstsein für den Wert des Geldes haben wollen, dann sollten wir ein neues Bewusstsein für den Wert der Arbeit entwickeln.«
Das ist die einsetzende Begleitmusik für die brutalen Sparprogramme, die auf uns zukommen. Im selben Interview sagte Köhler aber auch: »Gut möglich, dass nun ein Generalverdacht entsteht, dass alle, die ’da oben« sind, nicht an die ’da unten« oder ans Ganze denken.« - Das zeigt die Chancen! Die Krise ist eine Systemkrise, sie erfordert und ermöglicht fundamentale Klärungen. Die Antwort auf die Krise muss die Dinge beim Namen nennen: es gibt keinen Spielraum mehr für reformistische Projekte. Sobald sich die ArbeiterInnen – notgedrungen – mit den grundlegenden Funktionsweisen des Kapitalismus auseinandersetzen, den Dingen auf den Grund gehen, werden all diese Fragen wieder an Aktualität gewinnen.
20) Technisch gibt es bereits eine weltweite Arbeiterklasse.
Wir arbeiten in Produktionsketten zusammen, sind durch Computer und Internet vernetzt, elektronisches Geld rast um den Erdball (und macht z.B. die Milliarden von Überweisungen der ArbeitsmigrantInnen an ihre zurückgebliebenen Familien möglich…). Bisher waren die krassen Lohnunterschiede zwischen dem »globalen Süden« und den alten Metropolen ein wichtiges Spaltungsinstrument. Aber während die soziale Ungleichheit in den Ländern in den letzten Jahren zugenommen hat und sich in der Krise weiter verschärfen wird, haben die Unterschiede zwischen den Arbeitern im globalen Süden und denen im Norden abgenommen und werden zunehmend geringer.
21) Spaltungen…
Spalten die Krisenangriffe die Leute weiter auf oder wird eine politische Neuzusammensetzung in der Krise real? Die Form der Krise (»Finanzkrise«) verstärkt zunächst Klassenspaltungen (Leute mit Finanzanlagen gegen Leute ohne; Festangestellte gegen Leiharbeiter; Junge gegen Alte [z.B. in der Frage der Renten!]). Anderseits hat die Krise ihrer Wucht sicher auch das Zeug dazu, materiellen Spaltungen die Basis zu entziehen. Politisch liegen eigentlich alle Themen offen. Jeder/m dürfte klar sein, dass epochale Umbrüche anstehen.
22) Die Linke
Ein wenig Erleuchtung hat die Krise auch hier gebracht. Joachim Hirsch, der Vater der deutschen Postfordismus-Linken sagt jetzt: Der Begriff »Postfordismus« sei eine »Hilfsbezeichnung« gewesen. Das sei in der Krise nun deutlich geworden. Super, vorher hat diese »Hilfsbezeichnung« fast 30 Jahre lang den Linken die Hirne verseucht: keine Arbeiterklasse mehr, industrielle Produktion als Auslaufmodell usw. usf. - Aber insgesamt wirkt die Krise bisher auf die Linken leider eher verdummend: man macht sich Hoffnungen auf Keynesianismus und Staat; man eilt ans Krankenbett des Kapitalismus, nicht mit dem Dolch in der Hand, sondern um ihm Medizin zu bringen.
23) … oder politische Neuzusammensetzung der weltweiten Arbeiterklasse?
Für die jetzt lebenden Generationen war die Notwendigkeit und die Möglichkeit nie größer, Geschichte zu gestalten. Wir sollten nicht auf »Verelendungstheorien« setzen, es gibt wenig Belege in der Geschichte, dass die ArbeiterInnen besser kämpfen können, wenn sie im Elend stecken. Es gibt andererseits keinen Anlass zu denken, dass nichts passieren würde – die weltweiten Aufstandsbewegungen im Frühjahr 2008 waren nur ein Anfang. In China kam es in den letzten Wochen sehr schnell zu spontanen Kämpfen gegen die Entlassungswelle, usw. Die Frage ist eher: was entsteht da? und sind die Kämpfe der Dramatik der Weltkrise angemessen?
Die Kämpfe im globalen Süden haben die Kreuzzüge des Kapitals blockiert (Irak, Afghanistan, Lateinamerika, Asien – MigrantInnenkämpfe). Die aktuelle Krise bricht hingegen in den Metropolen aus und ist wirklich »Krise des Kapitals«, die Arbeiterklasse hat damit politisch nichts zu schaffen – nur als überschuldete Konsumenten, als tausend Mikrostrategien, wo jede/r sich geduckt und verschanzt hat, individuelle Auswege, wo der Opportunismus keine Grenzen kannte. Und wenn wir speziell die BRD betrachten, so sind auch die Kämpfe im Frühjahr kaum übergesprungen (in Spanien und Großbritannien z.B. gab es zumindest einige Lkw-Fahrerstreiks). Aber auch in der BRD gibt es seit etwa vier Jahren Kämpfe, Lernprozesse, Streiks gegen Betriebsschließungen, Mobilisierungen an Schulen und Unis. Allerdings liefen diese Bewegungen bisher alle getrennt – und stehen nun seit dem Sommer einem gewaltigen Bedrohungsszenario durch die Krise gegenüber. Einzelne Branchen trifft es besonders hart (Autoindustrie; Versicherung- und Bankangestellte; die »Lehmschichten«, denen bei Siemens der Kampf angesagt wurde…), aber wenn es tendenziell jeden treffen könnte, kriegt Solidarisierung eine materielle Grundlage. Die Krise schafft die Möglichkeit, dass bisher getrennte Entwicklungen zusammen kommen und den gegenseitigen Bezug der Kämpfe fördern.
Globale Krise – globaler Klassenkampf. Ist eine Neuzusammensetzung denkbar zwischen riots in den banlieues, gegen ihre Abwicklung streikenden Belegschaften, Schüler- und StudentInnenbewegungen, den Streiks im Meer der Proletarisierung (GDL), den Kämpfen in vordem »garantierten« Sektoren (Finanz- und Versicherungswesen), Initiativen gegen steigende Wasser- und Energiepreise, und – warum nicht? siehe Argentinien! - wütenden SparerInnen? Eine Neuzusammensetzung, die sich auch auf die Kämpfe der chinesischen ArbeiterInnen bezieht?
Was wir auf jeden Fall tun sollten, ist: Informationen über Kämpfe und Bewegungen auf der ganzen Welt sammeln und rumgehen lassen; herstellen; mitdiskutieren.
Militante Untersuchung statt »Übergangsprogramm«!
Kritik der Politik des Ausnahmezustands (Recht auf proletarische Gewalt) und Zentralität der Arbeit!
In der gesellschaftlichen Entwicklung, in der Krise und in den Kämpfen die Potenziale freilegen, die auf die Überwindung der Ausbeutung zielen!
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[1] Investmentbanken betreiben Vermögensverwaltung ihrer (reichen) Kunden, Handel mit Wertpapieren sowie Unterstützung von Unternehmen bei Kapitalaufnahmen (etwa Börsengänge). Das Geschäftsmodell »Investmentbank« ist durch die aktuelle Krise am Ende.
[2]Schweinezyklus ist ein Begriff aus der Agrarwissenschaft und bezeichnet eine periodische Schwankung auf der Angebotsseite. Bei hohen Preisen kommt es zu verstärkten Investitionen, die sich allerdings wegen der Aufzuchtzeit erst verzögert auf das Angebot auswirken und dann zu einem Überangebot und Preisverfall führen. Infolgedessen kommt es zur Reduzierung der Produktion, die sich ebenfalls erst zeitverzögert auswirkt und dann …
[3] Bei einem Hypothekendarlehen handelt es sich um ein durch ein Grundpfandrecht auf eine (oder mehrere) Immobilie(n) besichertes Darlehen. Als Grundpfandrechte kommen hierbei heutzutage weitgehend Buchgrundschulden zum Einsatz (über 90% aller neu vergebenen Darlehen).
Buchgrundschuld (im Grundbuch eingetragene Grundschuld) ist das dingliche Recht, aus einem Grundstück oder einem grundstücksgleichen Recht (beispielsweise einem Wohnungseigentum oder einem Erbbaurecht) die Zahlung eines bestimmten Geldbetrages zu fordern. Die Grundschuld ist eine der wichtigsten Kreditsicherheiten.
[4] Als Subprime-Markt wird ein Teil des privaten (also nicht gewerblichen Zwecken dienenden) Hypothekendarlehenmarkts bezeichnet, der überwiegend aus Kreditnehmern mit geringer Bonität (»Kreditwürdigkeit«) besteht
[5]Derivate sind gegenseitige Verträge, deren Preisbildung auf einer marktabhängigen Bezugsgröße (Basiswert oder Underlying) basiert. Basiswerte können Wertpapiere (z.B. Aktien, Anleihen), marktbezogene Referenzgrößen (Zinssätze, Indices) oder andere Handelsgegenstände (Rohstoffe, Devisen) sein. Derivate können auch Basiswert von anderen Derivaten (2. Grades) sein. Grundsätzlich kommen als Basiswert oder Underlying Asset auch nicht-ökonomische Größen, wie etwa das Wetter in Frage.
[6]CDO - Collateralized Debt Obligation – »besichertes Darlehn auf Schuldscheine« (siehe ausführlicher in Bellofiore/Halevi)
[7]Dot.Com-Krise , der im März 2000 einsetzende Kurseinbruch von börsennotierten Unternehmen, deren Geschäftsmodelle primär auf Internet-Technologien beruhten (sog. Dot.Coms), von denen die Mehrzahl jedoch in der Praxis keine Gewinne machte. In der Folge entstand eine Finanzierungskrise auch bei nicht börsennotierten IT-Unternehmen, die in vielen Insolvenzen mündete. Die Dot.Com-Krise brachte die sog. Dot.Com-Blase zum »Platzen« und beendete neben den überzogenen Erwartungen an die »New Economy« auch den Aktienhype, von dem viele Kleinanleger gegen Ende des letzten Jahrtausends erfasst worden waren.
[8]Geldmenge M3
Die US-Zentralbank Fed definiert M3 als: alle US-Dollar-Bar-Bestände in Banknoten und Münzen, plus die laufenden $-Girokontenbestände plus alle $-Einlagenzertifikate (z. B. $-Staatsanleihen) und alle $-Geldmarkt-Kontenbestände unter $100.000, plus alle größeren Guthaben über $100.000 (u. a. die Eurodollar-Reserven, größere übertragbare $-Wertpapierbestände, und die Dollar-Devisenbestände der meisten nichteuropäischen Länder.
[9]bail out - Schuldenübernahme und Tilgung durch Dritte
[10]»Geierfonds« (vulture fund) - geschlossener Investmentfonds (Hedge-Fonds), der auf den Kauf von Wertpapieren anderer, bspw. zahlungsunfähiger oder fast bankrotter, Unternehmen spezialisiert ist, um aus dessen Überresten Einnahmen zu erzielen.
[11]Bretton Woods - »goldhinterlegte Leitwährung der Dollar« - nach Aufkündigung der Bindung des Dollars an die Goldreserven und der Goldeinlösepflicht durch die USA 1971 brach das Bretton-Woods-System 1973 durch die Aufkündigung der festen Wechselkurse endgültig zusammen.
[12] Beim Leerverkauf (auch »short selling«) werden Wertpapiere über die Börse verkauft, obwohl der Verkäufer zum Zeitpunkt des Verkaufs die Wertpapiere noch nicht besitzt. Mit dieser Strategie kann der Verkäufer mit überdurchschnittlichen Renditen von fallenden Börsenkursen profitieren. Im Gegensatz zu Optionsgeschäften mit festen Optionsterminen handelt es sich bei Leerverkäufen um sehr kurzfristige Geschäfte, da die Wertpapiere nach sehr relativ kurzen Fristen nachgeliefert werden müssen. Beispiel: Ein Leerverkäufer (»Shortseller«) verkauft über die Börse 1.000 Aktien der »Mustermann AG« zu einem Kurs von 100,- Euro. Liefern muss er die Wertpapiere aber erst drei Tage später. Sinkt der Kurs der Wertpapiere zwischen Verkauf und Liefertermin auf 90,- Euro, kann der Leerverkäufer 10.000,- Euro (vor Transaktionskosten und »Finanzierungskosten«) Gewinn erzielen.
[13]Bush-plan - …zwischen 140 und 150 Milliarden Dollar (zwischen 96 und 103 Milliarden Euro) wurden als »Steuercheks« an die amerikanischen Haushalte ausgegeben. "
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koogleschreiber,
Dienstag, 11. September 2018, 08:43
24. These: Abschaffung des Bargelds
Wieviel ist heute ein 500 € Schein noch wert ggü. seiner Kaufkraft bei Einführung des Euro? Es mag zwar noch etliche Jahre dauern, bis er der neue Fünfziger wird und der Fünfziger der neue Fünfer, aber auch diese Zeit wird vergehen. Man will den 500 € Schein also abschaffen, mit der Begründung, daß er vor allem bei Schwarzgeldgeschäften verwendet wird, wogegen größere legale Geldgeschäfte seriöserweise bargeldlos abgewickelt werden. Außerdem sind Bargeldeinzahlungen aufs Bankkonto von 20.000 € oder mehr meldepflichtig, die legale Herkunft des Geldes sollte also tunlichst nachweisbar sein. Wird man diese Schwelle mit zunehmender Geldentwertung irgendwann anheben oder werden, um im Bild zu bleiben, aus 20.000 € irgendwann die neuen 2.000?
Neue Statistiken zeigen, daß immer mehr Kleinstbeträge schon bargeldlos bezahlt werden, z.B. mit dem Handy. Niemand hätte vor 50 Jahren gedacht, daß die Menschen sich wie in Orwells 1984 freiwillig überwachen lassen. Der Irrtum in dieser Annahme bestand aber nur darin, daß man die Menschen nur mit Gewalt dazu zwingen könne, niemand kam auf die Idee, diese Überwachung als Lifestyle zu tarnen, der massiv beworben wird, bis praktisch alle gerne mitmachen. Die Abschaffung des Bargeldes wird gleichermaßen als Verbesserung des Lifestyles verteidigt werden: Schau, sogar die Obdachlosen und Habenichtse betteln schon mit Handy! Fahrt mal nach Dänemark, Norwegen oder Schweden, da wird praktisch nur noch bargeldlos bezahlt. Die Löhne dort sind zwar hoch, aber ebenfalls sind es die Lebenshaltungskosten, viel höher jedenfalls, als in Deutschland. Noch!
25. These: Verbot des Privatbesitzes von Edelmetallen
Dieser Fluchtweg muß natürlich verschlossen werden, wenn man das Bargeld abschafft.
Neue Statistiken zeigen, daß immer mehr Kleinstbeträge schon bargeldlos bezahlt werden, z.B. mit dem Handy. Niemand hätte vor 50 Jahren gedacht, daß die Menschen sich wie in Orwells 1984 freiwillig überwachen lassen. Der Irrtum in dieser Annahme bestand aber nur darin, daß man die Menschen nur mit Gewalt dazu zwingen könne, niemand kam auf die Idee, diese Überwachung als Lifestyle zu tarnen, der massiv beworben wird, bis praktisch alle gerne mitmachen. Die Abschaffung des Bargeldes wird gleichermaßen als Verbesserung des Lifestyles verteidigt werden: Schau, sogar die Obdachlosen und Habenichtse betteln schon mit Handy! Fahrt mal nach Dänemark, Norwegen oder Schweden, da wird praktisch nur noch bargeldlos bezahlt. Die Löhne dort sind zwar hoch, aber ebenfalls sind es die Lebenshaltungskosten, viel höher jedenfalls, als in Deutschland. Noch!
25. These: Verbot des Privatbesitzes von Edelmetallen
Dieser Fluchtweg muß natürlich verschlossen werden, wenn man das Bargeld abschafft.
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derherold,
Dienstag, 11. September 2018, 11:14
Es ist selbstverständlich Scheixxe, wenn man einen Text von 2008 nimmt *rofl*
Zu 1:
Investmentbanken ... gibt es in den USA seit 2008 praktisch nicht mehr. Sollte man wissen.
In D. sind rund 80% aller Gelder für die "Bankenrettung" an staatlich kontrollierte Banken geflossen, insbesondere WestLB, SachsenLB und ikb. Es war auch nicht die HpoRealEstate, die in die Krise geriet, sondern die depfa ... ein zuvor staatliches Finanzunternehmen.
Zu 3:
"das eigentliche Problem sind die »Aktiva« der Banken: die hohe Verschuldung der sogenannten »Realwirtschaft«."
Wie hoch sind die Kreditausfälle in der "Realwirtschaft" in D. ?
Zu 5:
"Fannie Mae und Freddie Mac wurden im September vor allem deswegen »gerettet« ..."
Zitat: "Die beiden staatsnahen Hypothekenbanken Fannie Mae und Freddie Mac erhielten 2008 einen Rettungskredit von 187 Milliarden Dollar. 2013 machte Fannie Mae einen Gewinn von 84 Mrd. $. Bis März 2014 wurde der staatliche Rettungskredit vollständig getilgt."
Zu 1:
Investmentbanken ... gibt es in den USA seit 2008 praktisch nicht mehr. Sollte man wissen.
In D. sind rund 80% aller Gelder für die "Bankenrettung" an staatlich kontrollierte Banken geflossen, insbesondere WestLB, SachsenLB und ikb. Es war auch nicht die HpoRealEstate, die in die Krise geriet, sondern die depfa ... ein zuvor staatliches Finanzunternehmen.
Zu 3:
"das eigentliche Problem sind die »Aktiva« der Banken: die hohe Verschuldung der sogenannten »Realwirtschaft«."
Wie hoch sind die Kreditausfälle in der "Realwirtschaft" in D. ?
Zu 5:
"Fannie Mae und Freddie Mac wurden im September vor allem deswegen »gerettet« ..."
Zitat: "Die beiden staatsnahen Hypothekenbanken Fannie Mae und Freddie Mac erhielten 2008 einen Rettungskredit von 187 Milliarden Dollar. 2013 machte Fannie Mae einen Gewinn von 84 Mrd. $. Bis März 2014 wurde der staatliche Rettungskredit vollständig getilgt."
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derherold,
Dienstag, 11. September 2018, 11:28
Zu 6:
"Deshalb schlägt die Krise in der Autoindustrie und bei ihren Zulieferern im Moment am stärksten ein."
Welche "Krise in der Automobilindustrie" ?
Zu 7:
"
In diesem Prozess setzt sich auch die herrschende Klasse neu zusammen ... "
Wer ist denn die "neue herrschende Klasse" und wie unterscheidet sich diese von der "alten" ?
"Robert Scheer sprach in bezug auf das bail out der US-Regierung von »Finanzfaschismus«"."
Dumm, wenn - s.o. - das "bail out" in D. zu 80% deutsche STAATSBANKEN betraf.
"Deshalb schlägt die Krise in der Autoindustrie und bei ihren Zulieferern im Moment am stärksten ein."
Welche "Krise in der Automobilindustrie" ?
Zu 7:
"
In diesem Prozess setzt sich auch die herrschende Klasse neu zusammen ... "
Wer ist denn die "neue herrschende Klasse" und wie unterscheidet sich diese von der "alten" ?
"Robert Scheer sprach in bezug auf das bail out der US-Regierung von »Finanzfaschismus«"."
Dumm, wenn - s.o. - das "bail out" in D. zu 80% deutsche STAATSBANKEN betraf.
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derherold,
Dienstag, 11. September 2018, 11:33
Zu 8:
"...schlägt auch die aktuelle Krise auf die kommunalen Haushalte durch. Viele Städte im Ruhrgebiet, aber auch z.B. Freiburg stehen vor massiven Zahlungsproblemen."
Hmmm ... Zinssatz für Pfandbriefe in den 80er Jahren rd. 10%, 2010 rd. 2%
Frage: Wieso stehen Kommunen vor dem Ruin, wenn sich der Zinssatz für ihre Kredite nur noch rd. 1/4 beträgt ?
Bsp. Griechenland: In den 90er Jahren Zinsen für Staatskredite bei rd. 14%.
Nach Ankündigung, daß G. in den Euroraum aufgenommen wird, sinken die Zinsen auf 8-9%. Ab 2002 sinkt die Zinssatz für staatl. Kredite (und in der Verkettung auch für die griech. Privatwirtschaft) auf 4-5%.
Wie kann man unter diesen Umständen "ruiniert" werden ?
Zu 9:
Welche Staaten sind "gebailouted" worden ?
"...schlägt auch die aktuelle Krise auf die kommunalen Haushalte durch. Viele Städte im Ruhrgebiet, aber auch z.B. Freiburg stehen vor massiven Zahlungsproblemen."
Hmmm ... Zinssatz für Pfandbriefe in den 80er Jahren rd. 10%, 2010 rd. 2%
Frage: Wieso stehen Kommunen vor dem Ruin, wenn sich der Zinssatz für ihre Kredite nur noch rd. 1/4 beträgt ?
Bsp. Griechenland: In den 90er Jahren Zinsen für Staatskredite bei rd. 14%.
Nach Ankündigung, daß G. in den Euroraum aufgenommen wird, sinken die Zinsen auf 8-9%. Ab 2002 sinkt die Zinssatz für staatl. Kredite (und in der Verkettung auch für die griech. Privatwirtschaft) auf 4-5%.
Wie kann man unter diesen Umständen "ruiniert" werden ?
Zu 9:
Welche Staaten sind "gebailouted" worden ?
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derherold,
Dienstag, 11. September 2018, 11:38
Zu 10:
"National regulierte Arbeitsmärkte, mit denen die Weltarbeiterklasse in einzelne Segmente eingeteilt wurde, brechen zusammen."
Welche Arbeitsmärkte sind "zusammengebrochen" ?
Wie genau konkurriert der Pizzabäcker in Duisburg, der Straßenfeger in Magdeburg, der Kellner in Ingolstadt und der Friseur in Salzgitter mit der "Weltarbeiterklasse" und welche gemeinsamen Ziele hat diese "Weltarbeiterklasse" ?
Zu 12:
"... zudem gibt es auch keinen Hegemon, der ein solches Programm durchsetzen könnte, wie in den 30er Jahren die USA ..."
Warum Hegemon ? Dafür gibt es doch formelle und informelle Zirkel. Wenn deutsche Wirtschaftsvertreter erklären, "man" müsse "aufgrund der deutschen Vergangenheit" Rußland bekämpfen, die polnische Regierung attackieren, Millionen von Menschen aus Ländern, gegen die D. niemals Krieg geführt und niemals "Kolonialismus" betrieben hat, in das Land holen ... klingt das nach einer "konzertierten Aktion".
Im übrigen waren die USA in den 30er jahren kein "Hegemon". Und außerdem waren die "Beschäftigungsprogramme" in den USA ein Flop . Erst die Aufrüstung löste die Arbeitslosigkeit auf.
... im Gegensatz zu einem europäischen Land, wo die Aufrüstung erst wirklich einsetzte, als es bereits Vollbeschäftigung gab. ;-)
"National regulierte Arbeitsmärkte, mit denen die Weltarbeiterklasse in einzelne Segmente eingeteilt wurde, brechen zusammen."
Welche Arbeitsmärkte sind "zusammengebrochen" ?
Wie genau konkurriert der Pizzabäcker in Duisburg, der Straßenfeger in Magdeburg, der Kellner in Ingolstadt und der Friseur in Salzgitter mit der "Weltarbeiterklasse" und welche gemeinsamen Ziele hat diese "Weltarbeiterklasse" ?
Zu 12:
"... zudem gibt es auch keinen Hegemon, der ein solches Programm durchsetzen könnte, wie in den 30er Jahren die USA ..."
Warum Hegemon ? Dafür gibt es doch formelle und informelle Zirkel. Wenn deutsche Wirtschaftsvertreter erklären, "man" müsse "aufgrund der deutschen Vergangenheit" Rußland bekämpfen, die polnische Regierung attackieren, Millionen von Menschen aus Ländern, gegen die D. niemals Krieg geführt und niemals "Kolonialismus" betrieben hat, in das Land holen ... klingt das nach einer "konzertierten Aktion".
Im übrigen waren die USA in den 30er jahren kein "Hegemon". Und außerdem waren die "Beschäftigungsprogramme" in den USA ein Flop . Erst die Aufrüstung löste die Arbeitslosigkeit auf.
... im Gegensatz zu einem europäischen Land, wo die Aufrüstung erst wirklich einsetzte, als es bereits Vollbeschäftigung gab. ;-)
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derherold,
Dienstag, 11. September 2018, 12:02
Zu 13:
"Der Kern der »neoliberalen Wirtschaftspolitik« ... Durch eine Politik der niedrigen Zinsen..."
Hypothekenzinsen:
Juni 1980: 9,5% Juni 1990: 9% 1994: 8,8%
Juni 2000: 6% 2010: 3,6%
Die "niedrigen Zinsen" sind erst nach der Jahrtausendwende aufge- taucht. Also hatten wir erst dann "neoliberale Wirtschaftspolitik" ?
Was genau hat die "Weltarbeiterklasse" mit "neoliberaler Wirtschaftspolitik" in Westeuropa und Nordamerika zu tun ?
Wie genau haben sich die Lebensverhältnisse der Arbeiterklasse in Bangladesh, El Salvador, Senegal, China, Chile in den letzten 30 Jahren "durch die neoliberale Wirtschaftspolitik" verschlechtert ?
Zu 14:
"In den letzten 40 Jahren gab es eine weltweite Proletarisierung in einer Geschwindigkeit und einem Ausmaß wie noch nie in der Geschichte des Kapitalismus."
Haben sich die Lebensverhältnisse (Konsum, Lebenserwartung, Wohnraum, Verkehrsverbindungen, Lebensmittelversorgung) in der "proletarisierten Peripherie" verschlechtert oder verbessert ?
"Dieser Ausweg ist somit heute versperrt, die Peripherie ist industrialisiert."
Südasien mit 1,8 Mrd. Menschen; DR Kongo, das Binnenland von Kamerun, Ägypten sind "industrialisiert" ? Staaten wie Algerien, Nigeria, Angola leben also nicht von ihren Öleinnahmen, sondern durch die heimische Industrie ? Wurde Rußland seit 1990 industrialisiert oder eher de-industrialisiert ?
"»Entwicklung« war in diesem Rahmen nur möglich durch ... Rekrutierung migrantischer Arbeitskraft, Industrialisierung der »Peripherie«"
Der (steigende) Wohlstand in Wst- und Nordeuropa war also nur möglich duch türkische Putzfrauen, Dönerverkäufer aus Arabien und albanische Friseure.
Wenn "migrantische Arbeitskraft" so pofitsteigernd ist, warum verzichtet dann das Kapital auf die Beschäftigung der seit 2015 nach D. geholten Arbeitskraft ? Warum "industrialisiert" man nicht den subsaharische und südasiatische "Peripherie" ?
"Der Kern der »neoliberalen Wirtschaftspolitik« ... Durch eine Politik der niedrigen Zinsen..."
Hypothekenzinsen:
Juni 1980: 9,5% Juni 1990: 9% 1994: 8,8%
Juni 2000: 6% 2010: 3,6%
Die "niedrigen Zinsen" sind erst nach der Jahrtausendwende aufge- taucht. Also hatten wir erst dann "neoliberale Wirtschaftspolitik" ?
Was genau hat die "Weltarbeiterklasse" mit "neoliberaler Wirtschaftspolitik" in Westeuropa und Nordamerika zu tun ?
Wie genau haben sich die Lebensverhältnisse der Arbeiterklasse in Bangladesh, El Salvador, Senegal, China, Chile in den letzten 30 Jahren "durch die neoliberale Wirtschaftspolitik" verschlechtert ?
Zu 14:
"In den letzten 40 Jahren gab es eine weltweite Proletarisierung in einer Geschwindigkeit und einem Ausmaß wie noch nie in der Geschichte des Kapitalismus."
Haben sich die Lebensverhältnisse (Konsum, Lebenserwartung, Wohnraum, Verkehrsverbindungen, Lebensmittelversorgung) in der "proletarisierten Peripherie" verschlechtert oder verbessert ?
"Dieser Ausweg ist somit heute versperrt, die Peripherie ist industrialisiert."
Südasien mit 1,8 Mrd. Menschen; DR Kongo, das Binnenland von Kamerun, Ägypten sind "industrialisiert" ? Staaten wie Algerien, Nigeria, Angola leben also nicht von ihren Öleinnahmen, sondern durch die heimische Industrie ? Wurde Rußland seit 1990 industrialisiert oder eher de-industrialisiert ?
"»Entwicklung« war in diesem Rahmen nur möglich durch ... Rekrutierung migrantischer Arbeitskraft, Industrialisierung der »Peripherie«"
Der (steigende) Wohlstand in Wst- und Nordeuropa war also nur möglich duch türkische Putzfrauen, Dönerverkäufer aus Arabien und albanische Friseure.
Wenn "migrantische Arbeitskraft" so pofitsteigernd ist, warum verzichtet dann das Kapital auf die Beschäftigung der seit 2015 nach D. geholten Arbeitskraft ? Warum "industrialisiert" man nicht den subsaharische und südasiatische "Peripherie" ?
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derherold,
Dienstag, 11. September 2018, 12:20
Zu 16:
"Die Industrieproduktion geht zweistellig zurück ... "
Nö.
Zu 17:
"Die weltweiten Massenentlassungen sprechen eine andere Sprache ..."
Nö.
Nebenbei: Ab 2002 wird in Spanien ein Masseneinwanderungsprogramm aufgelegt und mehr als 3 Mio. Menschen in das Land geholt. Davon kommen innerhalb von 4-5 Jahren fast 2 Mio. aus Nicht-Europa ("Abschottung"). Sie kommen zum größten Teil aus (Nord)-Afrika (insbes. Marokko), aus Süd- und vor allem Mittelamerika.
Wo kamen die Arbeitsplätze für diese 3 Mio. Menschen her ? Woher hatte Spanien das Geld, um den öffentlichen Dienst von 2002 bis 2007 um 300.000 Beschäftigt auszubauen ?
"Die Industrieproduktion geht zweistellig zurück ... "
Nö.
Zu 17:
"Die weltweiten Massenentlassungen sprechen eine andere Sprache ..."
Nö.
Nebenbei: Ab 2002 wird in Spanien ein Masseneinwanderungsprogramm aufgelegt und mehr als 3 Mio. Menschen in das Land geholt. Davon kommen innerhalb von 4-5 Jahren fast 2 Mio. aus Nicht-Europa ("Abschottung"). Sie kommen zum größten Teil aus (Nord)-Afrika (insbes. Marokko), aus Süd- und vor allem Mittelamerika.
Wo kamen die Arbeitsplätze für diese 3 Mio. Menschen her ? Woher hatte Spanien das Geld, um den öffentlichen Dienst von 2002 bis 2007 um 300.000 Beschäftigt auszubauen ?
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derherold,
Dienstag, 11. September 2018, 12:27
Zu 19:
"...dient als Legitimation, die Staatsbanken und Politiker mit den Ersparnissen und Steuerzahlungen der ProletarierInnen zu retten..."
FTFY
Wenn die ProletarierInnen in prekären Verhältnissen leben und arm sind, woher kommen dann ihre "Ersparnisse und Steuerzahlungen"
".. für die brutalen Sparprogramme, die auf uns zukommen."
Nachdem der öffentl. Dienst Spaniens 2002-2007 um 300.000 Beschäftigte wächst, werden nach der Finanzkrise zusätzliche 200.000 Menschen im öffentlichen Dienst eingestellt.
Das nennt man "sparen", da nennt man "austerity".
Rentenausgaben in Griechenland 2008: 26,5 Mrd. Euro. 2012 - nach brutalem Sparen - 29 Mrd. Euro.
Finde den Fehler !
Zu 20:
"Wir arbeiten in Produktionsketten zusammen ... haben die Unterschiede zwischen den Arbeitern im globalen Süden und denen im Norden abgenommen ..."
Wow, die Unterschiede zwischen den Gehältern von Industrie- mechaniker und Gesamtschullehrern in D. sowie Tagelöhnern in Myanmar und Hackbauern in Mocambique haben also abgenommen. Toll ! Das ist das Ergebnis der neoliberalen Wirtschaftpolitik !
Grundschullehrer in Berlin sollen pro Monat 5.300 Euro verdienen. Im Tschad liegt das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf <900 Euro. Wie sehen da die gemeinsamen Interessen aus ?
"...dient als Legitimation, die Staatsbanken und Politiker mit den Ersparnissen und Steuerzahlungen der ProletarierInnen zu retten..."
FTFY
Wenn die ProletarierInnen in prekären Verhältnissen leben und arm sind, woher kommen dann ihre "Ersparnisse und Steuerzahlungen"
".. für die brutalen Sparprogramme, die auf uns zukommen."
Nachdem der öffentl. Dienst Spaniens 2002-2007 um 300.000 Beschäftigte wächst, werden nach der Finanzkrise zusätzliche 200.000 Menschen im öffentlichen Dienst eingestellt.
Das nennt man "sparen", da nennt man "austerity".
Rentenausgaben in Griechenland 2008: 26,5 Mrd. Euro. 2012 - nach brutalem Sparen - 29 Mrd. Euro.
Finde den Fehler !
Zu 20:
"Wir arbeiten in Produktionsketten zusammen ... haben die Unterschiede zwischen den Arbeitern im globalen Süden und denen im Norden abgenommen ..."
Wow, die Unterschiede zwischen den Gehältern von Industrie- mechaniker und Gesamtschullehrern in D. sowie Tagelöhnern in Myanmar und Hackbauern in Mocambique haben also abgenommen. Toll ! Das ist das Ergebnis der neoliberalen Wirtschaftpolitik !
Grundschullehrer in Berlin sollen pro Monat 5.300 Euro verdienen. Im Tschad liegt das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf <900 Euro. Wie sehen da die gemeinsamen Interessen aus ?
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che2001,
Mittwoch, 12. September 2018, 19:40
Letzte Frage stellt sich in der Tat. Die klassischen Antiimperialisten, die Antiimps, die in der radikalen Linken den Gegenpol zu den Sozrevs (Sozialrevolutionäre), zu denen die Verfasser des Textes gehören, haben diese so beantwortet dass die Klassenfrage eine geopolitische Dimension bekommen hat und ein objektives Proletariat, d.h. eines das sowohl verelendet ist als auch seine ökonomische Rolle als Proletariat erfüllt zumindest von der Haupttendenz her nur noch in den drei Kontinenten Südamerika Afrika und Asien existiert und die Arbeiterschaft in den Metropolen im Weltmaßstab die Rolle eines Kleinbürgertums einnimmt. In dieser Diktion ist dann eine soziale Revolution auch nur von den Trikontländern ausgehend denkbar (tierremondisme).
Dass die verarmten Massen auf die Idee kommen könnten in den Norden auszuwandern war in dieser Konzeption nicht angedacht.
Was den Rest angeht: Klar, der Beuitrag ist von 2008 und reflektiert die damalige Situation, viele der Prognosen/Erwartungen sind nicht eingetroffen.
Ich habe den Beitrag aber nicht deswegen gepostet weil ich ihm inhaltlich im Einzelnen zustimme, sondern weil das eine Debatte back to the roots beinhaltet. Die nicht parteiförmige Linke hierzulande diskutiert nur noch sehr wenig über makroökonomische Themen, sondern hauptsächlich die Flüchtlingsfrage, Alltagsrassismus, Neofaschismus und queere Befindlichkeiten sowie rigid moralische Sprachregelungen der Antidiskriminierung. Um den Kapitalismus selbst und Perspektiven der Befreiung drehen sich kaum noch Diskussionen.
Dass die verarmten Massen auf die Idee kommen könnten in den Norden auszuwandern war in dieser Konzeption nicht angedacht.
Was den Rest angeht: Klar, der Beuitrag ist von 2008 und reflektiert die damalige Situation, viele der Prognosen/Erwartungen sind nicht eingetroffen.
Ich habe den Beitrag aber nicht deswegen gepostet weil ich ihm inhaltlich im Einzelnen zustimme, sondern weil das eine Debatte back to the roots beinhaltet. Die nicht parteiförmige Linke hierzulande diskutiert nur noch sehr wenig über makroökonomische Themen, sondern hauptsächlich die Flüchtlingsfrage, Alltagsrassismus, Neofaschismus und queere Befindlichkeiten sowie rigid moralische Sprachregelungen der Antidiskriminierung. Um den Kapitalismus selbst und Perspektiven der Befreiung drehen sich kaum noch Diskussionen.
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noergler,
Mittwoch, 26. September 2018, 02:24
Wursti strikes again
Der Herold erzählt schon auch Scheiß. Die Renten in Griechenland haben mehr als 10 (!) Kürzungsrunden hinter sich. Woher seine Zahlen stammen, weiß keine Sau. Von der OECD oder DESTATIS jedenfalls nicht.
Nicht immer so rumömmeln, Herold, wenn da irgendwo ein Soziologe in der Nähe ist.
Es verblüfft die Energie, die dem Herold zuwuchs, als man ihn konfrontierte mit einem Text, der seiner affirmativen Weltsicht nicht konveniert: Wie drogenenthemmt knallt er Kommentar um Kommentar raus, nur um zu dokumentieren, dass er, der kleine Wursti, gerne mit den stärkeren Bataillonen ist.
Wursti ist anlehnungsbedürftig. Sähe er aktuell Linksaußenpositionen vorn, so plädierte er leidenschaftlich für den Dialektischen und Historischen Materialismus, für das Studium der Werke Lenins und dafür, dass Unternehmer an Stricken als Laternenschmuck figurieren.
So aber hat sein Überlebensinstinkt den akuten Neofeudalismus als Winner gerochen. So argumentiert er jetzt, und es riecht danach. -
Die Folgen des ökonomischen Terrorismus gegen die Griechen sieht man auch in Athen. Ich war 2016 dort: Junge Familienväter (die alles richtig gemacht haben: gute Ausbildung, guter Job, fleißig geschafft) kampieren nun obdachlos mit ihren Kindern nachts im Dreck. Tagsüber ziehen sie ziel- und sinnlos durch die Stadt - ein Vegetieren in dumpfer Verzweiflung; Perspektive, Hoffnung: Null. Ein Blick in die Augen eines Kindes dort ist ein Blick in den leeren Spiegel der Hölle.
Ich glaube aber, dass es nur daran liegt, dass der Herold noch nicht dort war, und den Menschen erklärt, wie ihre Lage wirklich ist.
Wenn er dies tut, so könnte es freilich sein, dass der Herold dann nach seiner Anlieferung in eine jetzt privatisierte von Chinesen betriebene Wurstfabrik uns wiederbegegnet - als Wurst.
Nicht immer so rumömmeln, Herold, wenn da irgendwo ein Soziologe in der Nähe ist.
Es verblüfft die Energie, die dem Herold zuwuchs, als man ihn konfrontierte mit einem Text, der seiner affirmativen Weltsicht nicht konveniert: Wie drogenenthemmt knallt er Kommentar um Kommentar raus, nur um zu dokumentieren, dass er, der kleine Wursti, gerne mit den stärkeren Bataillonen ist.
Wursti ist anlehnungsbedürftig. Sähe er aktuell Linksaußenpositionen vorn, so plädierte er leidenschaftlich für den Dialektischen und Historischen Materialismus, für das Studium der Werke Lenins und dafür, dass Unternehmer an Stricken als Laternenschmuck figurieren.
So aber hat sein Überlebensinstinkt den akuten Neofeudalismus als Winner gerochen. So argumentiert er jetzt, und es riecht danach. -
Die Folgen des ökonomischen Terrorismus gegen die Griechen sieht man auch in Athen. Ich war 2016 dort: Junge Familienväter (die alles richtig gemacht haben: gute Ausbildung, guter Job, fleißig geschafft) kampieren nun obdachlos mit ihren Kindern nachts im Dreck. Tagsüber ziehen sie ziel- und sinnlos durch die Stadt - ein Vegetieren in dumpfer Verzweiflung; Perspektive, Hoffnung: Null. Ein Blick in die Augen eines Kindes dort ist ein Blick in den leeren Spiegel der Hölle.
Ich glaube aber, dass es nur daran liegt, dass der Herold noch nicht dort war, und den Menschen erklärt, wie ihre Lage wirklich ist.
Wenn er dies tut, so könnte es freilich sein, dass der Herold dann nach seiner Anlieferung in eine jetzt privatisierte von Chinesen betriebene Wurstfabrik uns wiederbegegnet - als Wurst.
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derherold,
Mittwoch, 26. September 2018, 11:27
@noergler, Hacken zusammen, Händchen falten und die Ohren aufsperren, wenn ein Ökonom in der Nähe ist und seine Weisheit kundtut !
https://www.boeckler.de/imk_5274.htm?produkt=HBS-006063
Rentenzahlungen 2008 25,8 Mrd., 2012 29,1 Mrd. +12,8%
s. Seite 26
Mean pension 2008 - 2012: ./. 8,3%
Dabei wird dieses Ergebnis erreicht, weil bei den "oberen 20%" stark gekürzt und dort die "Durchschnittsrente" um 18% fällt.
Bei der unteren Hälfte steigt die "mean pension". z.B. im 5. Decile von 8.050 auf 8.251
s. Seite 48
Die jungen Familienväter haben nicht "alles richtig gemacht" ... sie haben sich nicht im Öffentlichen Sektor beschäftigen lassen. Die "Einsparungen" bei den civil servants werden in Wirklichkeit durch das Angebot der Frühpensionierung erzielt, sodaß zwischen 2009 und 2014 59.000 zusätzliche (!) Beamte/Beschäftigte als Pensionäre auftauchen
s. Seite 51
https://www.boeckler.de/imk_5274.htm?produkt=HBS-006063
Rentenzahlungen 2008 25,8 Mrd., 2012 29,1 Mrd. +12,8%
s. Seite 26
Mean pension 2008 - 2012: ./. 8,3%
Dabei wird dieses Ergebnis erreicht, weil bei den "oberen 20%" stark gekürzt und dort die "Durchschnittsrente" um 18% fällt.
Bei der unteren Hälfte steigt die "mean pension". z.B. im 5. Decile von 8.050 auf 8.251
s. Seite 48
Die jungen Familienväter haben nicht "alles richtig gemacht" ... sie haben sich nicht im Öffentlichen Sektor beschäftigen lassen. Die "Einsparungen" bei den civil servants werden in Wirklichkeit durch das Angebot der Frühpensionierung erzielt, sodaß zwischen 2009 und 2014 59.000 zusätzliche (!) Beamte/Beschäftigte als Pensionäre auftauchen
s. Seite 51
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derherold,
Mittwoch, 26. September 2018, 11:32
Der private Sektor und die Rentiers Griechenlands haben im wesentlichen gezahlt.
Die armen Bäuerlein, schon durch die EU geknechtet und ausgebeutet, steigern ihre Einkommen 2008 - 2012 von 3 Mrd. auf 3,8 Mrd. Euro.
Die vollfiesen Vermieterhaie, die die Familienväter aus den Wohnungen getrieben haben, zahlen dafür. Ihre Income from property fallen 8,9 Mrd. auf 7,1 Mrd. (./. 20,3%)
Die geringen Zinsen, die nunmehr gezahlt werden ... führen zu großen Ausfällen bei griech. Sparer, Versicherten, Anleihe- haltern. Zwischen 2008 und 2012 sinken die Einkommen aus Devisen und Zinsen von 16,3 Mrd. auf 7,5 Mrd. Euro. ./. 53,6%.
s. Seite 27
Die armen Bäuerlein, schon durch die EU geknechtet und ausgebeutet, steigern ihre Einkommen 2008 - 2012 von 3 Mrd. auf 3,8 Mrd. Euro.
Die vollfiesen Vermieterhaie, die die Familienväter aus den Wohnungen getrieben haben, zahlen dafür. Ihre Income from property fallen 8,9 Mrd. auf 7,1 Mrd. (./. 20,3%)
Die geringen Zinsen, die nunmehr gezahlt werden ... führen zu großen Ausfällen bei griech. Sparer, Versicherten, Anleihe- haltern. Zwischen 2008 und 2012 sinken die Einkommen aus Devisen und Zinsen von 16,3 Mrd. auf 7,5 Mrd. Euro. ./. 53,6%.
s. Seite 27
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che2001,
Donnerstag, 27. September 2018, 18:42
Das alles hat nichts mit dem Ausgangsposting zu tun das sich mit der internationalen Neuzusammensetzung der Klassen und Perspektiven des Widerstands und der Solidarität beschäftigt.
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