Sonntag, 28. Februar 2016
Das Fahrrad, die Mode und die sublimen Codes
Ich meinte, jetzt zum Frühjahr werde ich mein Fahrrad wieder flottmachen. Der G. sagte, "Nimm meines statt Deiner alten Schlurre!", und ich erwiderte, dass mein Fahrrad hervorragend und sehr schön sei, worauf er verächtlich antwortete "wo das schön sein soll will ich aber echt mal wissen."

Sein Fahrrad ist ein Winora Damenrad mit großem Gepäckkorb und Torpedo-5-Gang Nabenschaltung. Meins ist ein wettbewerbstaugliches Mountainbike von K2 mit 28-Gang-Shimano-Cross-Schaltung. Der G. kennt nicht die Formensprache eines MTB, für ihn ist das ein hässlicher unförmiger Klotz, und so völlig dysfunktional ohne Gepäckträger. So ist das halt mit der Nichtwahrnehmung unbekannter Fakten, und auch der daran geknüpften kulturellen Codes. Die A., an sich ein Popkulturjunkie mit ausgeprägtem Designer-Outlet-Center-Einkaufsverhalten kann mir bei Shirts, deren bunte Beschriftung mir nichts sagt und bei denen ich mir denke "Wieso trägt jemand so etwas im Geschäftsleben statt eines Anzugs" sagen, von welchem Markenhersteller die sind und dass die 200 Euro kosten. Ihrerseits rümpfte sie darüber die Nase, dass Leute zu einer Vernissage in Outdoorklamotten kamen. "Wellensteyn wäre ja gegangen, aber doch keine Gore-Tex-Sachen", meinte sie genervt. Da konnte ich ihr dann erklären, dass Black Diamond und Arc´teryx Marken sind, die z.T. preislich über Armani, Versace und Gucci liegen und dass in IT-Kreisen diese Klamotten ebenso angesagt seien wie in der Kletterszene. Ups. Weit ist es gekommen - in den Achtzigern kaufte ich mir Klamotten im Second-Hand-Laden nach Gewicht, das Kilo 10 Mark. Aber auch damals waren 12-Loch-Dr-Martens und Hein Gericke natürlich Pflicht. Dafür steht glaube ich heute Carhartt.

... link (15 Kommentare)   ... comment