Donnerstag, 10. Januar 2019
Das Asylbewerberleistungsgesetz - Rassismus im Sozialstaat
Von Dr. Thomas Hohlfeld, Die Linke

"Ein unerhörter Skandal - der kaum jemanden aufregt: Mit Wissen, Billigung und aktiv-untätiger Unterstützung der Bundesregierung wird alltäglich die Menschenwürde von Asylsuchenden und Geduldeten verletzt - ein eklatanter Verstoß gegen die Schutzverpflichtung des Staates nach Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes!


Worum geht es?
Die Leistungen des AsylbLG sind unstrittig zu niedrig, um das - ohnehin zu knapp bemessene - unmittelbare menschenwürdige Existenzminimum abzudecken, denn sie wurden seit Jahren nicht den gestiegenen Lebenshaltungskosten angepasst, wie das gesetzlich eigentlich zwingend vorgesehen ist. Die vormalige Bundesregierung wollte die Leistungssätze zwar in der vergangenen Wahlperiode anheben, doch sie verband dies mit weiteren Verschärfungen und verfassungswidrigen Kürzungsvorschlägen, so dass der Bundesrat dieses Gesetz ( BT-Drs. 18/9985) völlig zu Recht nicht passieren ließ...


... und so erhalten Leistungsberechtigte nach dem AsylbLG seit Jahren unzureichende Hilfen zur Sicherung des menschenwürdigen Existenzminimums, die auch nach Ansicht der Bundesregierung zu gering bemessen sind (von weiteren Kürzungen in der Praxis und indirekten Kürzungen durch Sachleistungen hier ganz zu schweigen...). Wir schreiben das Jahr 2019. Auf Anfrage von Ulla Jelpke (DIE LINKE.) zu den Verantwortlichen für diese skandalöse Untätigkeit antwortete die Bundesregierung (federführend ist das SPD-geführte Arbeits- und Sozialministerium), dass "derzeit" ein neuer Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung erarbeitet werde. Im Ministerium hatte man seit der vergangenen Bundestagswahl offenbar Wichtigeres zu tun, als dem Art. 1 des Grundgesetzes und § 3 Abs. 4 AsylbLG Folge zu leisten...

Schlimmer noch: Die Formulierung, dass ein neuer Gesetzentwurf erarbeitet werde, lässt vermuten, dass erneut die zwingend gebotene Leistungsanhebung mit (unzulässigen) Kürzungen und Einschränkungen an anderer Stelle verbunden werden soll. Dabei ist das Bundesministerium für Arbeit und Soziales nach § 3 Abs. 4 Satz 3 AsylbLG eigentlich dazu verpflichtet, jeweils bis spätestens 1. November eines Jahres die aktualisierten Regelbedarfssätze im Bundesgesetzblatt bekannt zu geben!

Die Rechtsauffassung des Sozialgerichts Stade, wonach die Leistungen auch ohne Bekanntgabe der aktuellen Leistungssätze durch das BMAS angepasst werden müssten (das ergibt sich aus Satz 1 des Absatzes 4 in §3 AsylbLG), "deckt sich nicht mit der Auffassung der Bundesregierung", heißt es in der Antwort der Bundesregierung lapidar.


Warum ist ein SPD-geführtes Ministerium eigentlich über Jahre hinweg nicht dazu imstande, eine geltende Gesetzesvorschrift umzusetzen und realistische Bedarfssätze im Bundesgesetzblatt zu verkünden, um einem Grundrecht zur Geltung zu verschaffen!? Ich habe da so eine Vermutung, weil es um Geflüchtete geht, aber nicht zuletzt vor dem Hintergrund des jahre- und jahrzehntelangen verfassungswidrigen Umgangs mit Schutzsuchenden und dem klaren Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2012 zum AsylbLG finde ich diesen Vorgang unfassbar skandalös - das sagte ich ja bereits...
Wir bleiben da dran, eine entsprechende Nachfrage wurde eingereicht.

Die Süddeutsche Zeitung berichtete hierzu bereits zwischen den Jahren:
https://www.sueddeutsche.de/politik/regelsatz-fluechtlingen-stuende-mehr-geld-zu-1.4266883
Die allgemeine Empörung lässt aber noch auf sich warten"

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