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Freitag, 25. Januar 2019
Abschiebungshaft in Niedersachsen: Landesregierung missachtet eigene Vorgaben
che2001, 13:54h
Der sog. Rückführungserlass der Landesregierung verfolgt das Ziel, Abschiebungen „so zu organisieren“, dass die damit „verbundenen Belastungen“ für die Betroffenen „so gering wie möglich gehalten werden.“ Ob die rot-schwarze Koalition es hiermit ernst meint, ist zweifelhaft, wie ihre Antworten auf die kleine Anfrage der Grünen zur „Praxis der Abschiebungshaft in Niedersachsen seit 2015“ zeigen.
Obwohl sich die Landesregierung im Rückführungserlass verpflichtet, Schwangere nicht in Abschiebungshaft zu nehmen, wurde im Jahr 2018 eine Asylsuchende, die ein Kind erwartete, für ein anderes Bundesland im niedersächsischen Abschiebungshaftgefängnis Langenhagen inhaftiert (Frage 2). Die Landesregierung äußert zwar kein Bedauern, teilt jedoch mit, dass sie diesen Fall zum Anlass genommen habe, „die Aufnahmebedingungen in Langenhagen für die anderen Bundesländer um den Zusatz zu erweitern, dass unbegleitete Minderjährige, Schwangere, Familien oder alleinerziehende Elternteile mit schulpflichtigen und minderjährigen Kindern in der Abteilung Langenhagen nicht angenommen werden“ - und sorgt so erst verspätet dafür, dass die nach Erlasslage ohnehin nicht zulässige Inhaftierung Schwangerer (siehe Punkt 7.6) jedenfalls zukünftig unterbleibt.
Auch in anderer Hinsicht erscheint die Einhaltung des Rückführungserlasses fragwürdig: Dem Flüchtlingsrat Niedersachsen sind mehrere Fälle bekannt, bei denen Familien zwar nicht inhaftiert, jedoch auseinandergerissen wurden, obgleich die Wahrung der Familieneinheit laut Rückführungserlass eine „hohe Bedeutung“ für die Landesregierung einnehme (siehe Punkt 5.4).
Die Landesregierung gibt ferner an, dass sich im Jahr 2017 zwei Personen über sechs Monate in Abschiebungshaft befanden. Zu den (Hinter)Gründen lägen ihr allerdings „keine näheren Erkenntnisse“ vor (Fragen 9 bis 11). Ebenfalls unbeantwortet bleibt daher, welche Maßnahmen (in diesen beiden Fällen) als mildere Mittel ergriffen wurden, um die Anordnung der Abschiebungshaft möglichst zu vermeiden (Frage 12). Dabei müsste die Landesregierung diese Fragen durchaus beantworten können, denn die Ausländerbehörden sollen gemäß Rückführungserlass alle Fälle, „in denen von ihnen Haftanträge gestellt bzw. in denen Haftbeschlüsse erlassen wurden“ erfassen und „den Ausgang des Abschiebungshaftverfahren[s] einschließlich der im Verfahren ergangenen richterlichen Beschlüsse in möglichen Beschwerdeverfahren“ dokumentieren (Punkt 9).
Die unterlassene Dokumentation erklärt, weshalb die Landesregierung im Bereich der Abschiebungshaft weder „strukturelle Mängel“ noch einen Bedarf an einer staatlich finanzierten Gefangenenberatung zu erkennen vermag, auch wenn sich ca. 50 % aller Haftanordnungen weiterhin als rechtswidrig erweisen. Da Abschiebungshaft keine Bestrafung für eine unterlassene Ausreise ist, sondern als „Ultima Ratio“ nur dazu dient, die Abschiebung der Gefangenen zu sichern und deshalb stets auf die kürzest mögliche Dauer zu beschränken ist, ist die Erhebung valider Daten unverzichtbar, um fehlerhafte und falsche Inhaftierungen bestmöglich zu vermeiden bzw. die Inhaftierungsdauer auf das absolut notwendige Minimum zu reduzieren.
Auch an anderer Stelle zeigt sich, dass die Landesregierung den festgestellten Rechtsbrüchen im Bereich der Abschiebungshaft und den davon betroffenen Menschen weitgehend gleichgültig gegenübersteht. So sieht die Landesregierung spätestens seit Mai 2018 einen Bedarf für ein Abschiebungshaftvollzugsgesetz, das die Rechte und Pflichten der Gefangenen in der Haftanstalt – endlich - verbindlich regelt. Allein: Unternommen hat sie bislang nichts. Die Untätigkeit der Landesregierung hat zur Folge, dass Abschiebungshaft in Niedersachsen immer noch in einem rechtlichen Graubereich vollzogen wird, der sich fernab von rechtsstaatlichen Prinzipien bewegt.
Obwohl sich die Landesregierung im Rückführungserlass verpflichtet, Schwangere nicht in Abschiebungshaft zu nehmen, wurde im Jahr 2018 eine Asylsuchende, die ein Kind erwartete, für ein anderes Bundesland im niedersächsischen Abschiebungshaftgefängnis Langenhagen inhaftiert (Frage 2). Die Landesregierung äußert zwar kein Bedauern, teilt jedoch mit, dass sie diesen Fall zum Anlass genommen habe, „die Aufnahmebedingungen in Langenhagen für die anderen Bundesländer um den Zusatz zu erweitern, dass unbegleitete Minderjährige, Schwangere, Familien oder alleinerziehende Elternteile mit schulpflichtigen und minderjährigen Kindern in der Abteilung Langenhagen nicht angenommen werden“ - und sorgt so erst verspätet dafür, dass die nach Erlasslage ohnehin nicht zulässige Inhaftierung Schwangerer (siehe Punkt 7.6) jedenfalls zukünftig unterbleibt.
Auch in anderer Hinsicht erscheint die Einhaltung des Rückführungserlasses fragwürdig: Dem Flüchtlingsrat Niedersachsen sind mehrere Fälle bekannt, bei denen Familien zwar nicht inhaftiert, jedoch auseinandergerissen wurden, obgleich die Wahrung der Familieneinheit laut Rückführungserlass eine „hohe Bedeutung“ für die Landesregierung einnehme (siehe Punkt 5.4).
Die Landesregierung gibt ferner an, dass sich im Jahr 2017 zwei Personen über sechs Monate in Abschiebungshaft befanden. Zu den (Hinter)Gründen lägen ihr allerdings „keine näheren Erkenntnisse“ vor (Fragen 9 bis 11). Ebenfalls unbeantwortet bleibt daher, welche Maßnahmen (in diesen beiden Fällen) als mildere Mittel ergriffen wurden, um die Anordnung der Abschiebungshaft möglichst zu vermeiden (Frage 12). Dabei müsste die Landesregierung diese Fragen durchaus beantworten können, denn die Ausländerbehörden sollen gemäß Rückführungserlass alle Fälle, „in denen von ihnen Haftanträge gestellt bzw. in denen Haftbeschlüsse erlassen wurden“ erfassen und „den Ausgang des Abschiebungshaftverfahren[s] einschließlich der im Verfahren ergangenen richterlichen Beschlüsse in möglichen Beschwerdeverfahren“ dokumentieren (Punkt 9).
Die unterlassene Dokumentation erklärt, weshalb die Landesregierung im Bereich der Abschiebungshaft weder „strukturelle Mängel“ noch einen Bedarf an einer staatlich finanzierten Gefangenenberatung zu erkennen vermag, auch wenn sich ca. 50 % aller Haftanordnungen weiterhin als rechtswidrig erweisen. Da Abschiebungshaft keine Bestrafung für eine unterlassene Ausreise ist, sondern als „Ultima Ratio“ nur dazu dient, die Abschiebung der Gefangenen zu sichern und deshalb stets auf die kürzest mögliche Dauer zu beschränken ist, ist die Erhebung valider Daten unverzichtbar, um fehlerhafte und falsche Inhaftierungen bestmöglich zu vermeiden bzw. die Inhaftierungsdauer auf das absolut notwendige Minimum zu reduzieren.
Auch an anderer Stelle zeigt sich, dass die Landesregierung den festgestellten Rechtsbrüchen im Bereich der Abschiebungshaft und den davon betroffenen Menschen weitgehend gleichgültig gegenübersteht. So sieht die Landesregierung spätestens seit Mai 2018 einen Bedarf für ein Abschiebungshaftvollzugsgesetz, das die Rechte und Pflichten der Gefangenen in der Haftanstalt – endlich - verbindlich regelt. Allein: Unternommen hat sie bislang nichts. Die Untätigkeit der Landesregierung hat zur Folge, dass Abschiebungshaft in Niedersachsen immer noch in einem rechtlichen Graubereich vollzogen wird, der sich fernab von rechtsstaatlichen Prinzipien bewegt.
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Lungenärzte und Marketing
che2001, 11:40h
Gefunden in der W&V, von Jochen Kalka:
"Wie dufte ist das denn? Vereinigte Lungenärzte hingen jahrelang mit offenem Mund an Diesel-geschwärzten Auspuffrohren, um festzustellen, dass Abgase Vitamine enthalten und das Leben verschönern? Wir alle schreiben und berichten das völlig ernsthaft ungefiltert in sämtlichen seriösen Medien?
Nein, das ist keine Kritik an den Medien, das wäre zu einfach, es ist ein respektvolles Lob für einen Marketingcoup.
Um ehrlich zu sein, wäre ich Lungenarzt, was würde ich wohl sagen? Dass die Leute zumindest sonntags keine Abgase inhalieren sollen oder gar das Rauchen aufgeben? Womit soll ich denn dann in Zukunft als Doktor Lunge mein Geld verdienen? Woher kommt wohl der Begriff Pneumologie? Ja, vom Pneu, dem Reifen. Hier ist für Ärzte echt noch Luft nach oben.
Was das mit Marketing zu tun hat?
Nun ja, die Sache ist sehr einfach. Für Ferrero, Haribo und Nestlé eröffnen sich völlig neue Kommunikations-Atemwege: Denn Tausende von Zahnärzten kritisieren zurecht Grenzwerte für Zuckerverbote in Innenstädten. Zahnärzte können nachhaltig beweisen, wie gut Zuckerzusätze sind. Für ihren eigenen Umsatz.
Das Ärztewesen ist damit noch lange nicht ausgereizt: Neurologen können endlich ein Prüfsiegel für Computerspiele entwickeln, die im wahrsten Sinne des Wortes Nerven kitzeln. Gegen ein Tempolimit auf Autobahnen wehren sich namhafte Chirurgen, damit könnten Porsche, BMW und Audi werben. Wenn Tempolimit, dann mindestens 130. Und zwar in geschlossenen Ortschaften – oder Anstalten."
"Wie dufte ist das denn? Vereinigte Lungenärzte hingen jahrelang mit offenem Mund an Diesel-geschwärzten Auspuffrohren, um festzustellen, dass Abgase Vitamine enthalten und das Leben verschönern? Wir alle schreiben und berichten das völlig ernsthaft ungefiltert in sämtlichen seriösen Medien?
Nein, das ist keine Kritik an den Medien, das wäre zu einfach, es ist ein respektvolles Lob für einen Marketingcoup.
Um ehrlich zu sein, wäre ich Lungenarzt, was würde ich wohl sagen? Dass die Leute zumindest sonntags keine Abgase inhalieren sollen oder gar das Rauchen aufgeben? Womit soll ich denn dann in Zukunft als Doktor Lunge mein Geld verdienen? Woher kommt wohl der Begriff Pneumologie? Ja, vom Pneu, dem Reifen. Hier ist für Ärzte echt noch Luft nach oben.
Was das mit Marketing zu tun hat?
Nun ja, die Sache ist sehr einfach. Für Ferrero, Haribo und Nestlé eröffnen sich völlig neue Kommunikations-Atemwege: Denn Tausende von Zahnärzten kritisieren zurecht Grenzwerte für Zuckerverbote in Innenstädten. Zahnärzte können nachhaltig beweisen, wie gut Zuckerzusätze sind. Für ihren eigenen Umsatz.
Das Ärztewesen ist damit noch lange nicht ausgereizt: Neurologen können endlich ein Prüfsiegel für Computerspiele entwickeln, die im wahrsten Sinne des Wortes Nerven kitzeln. Gegen ein Tempolimit auf Autobahnen wehren sich namhafte Chirurgen, damit könnten Porsche, BMW und Audi werben. Wenn Tempolimit, dann mindestens 130. Und zwar in geschlossenen Ortschaften – oder Anstalten."
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