Samstag, 9. November 2019
Kein Warten auf Integration - Zugehörigkeit und Ansprüche im postmigrantischen Deutschland
Die Zusammensetzung der Bevölkerung auf dem Gebiet der heutigen Bundesrepublik Deutschland hat sich durch Einwanderung, Flucht und Arbeitsmigration verändert, die deutsche Gesellschaft ist heute so vielfältig wie wohl niemals davor. Daher ist die Zeit gekommen, das Verhältnis zwischen Migration, Gesellschaft und Vielfalt zu reflektieren und den Blick auf Lebenswirklichkeiten zu richten, in denen die Einwanderungsgesellschaft/Migration zum Ausgangspunkt des Denkens wird. Das bedeutet zunächst eine Blickverschiebung, um eine kritische Auseinandersetzung mit den gesellschaftlichen Machtverhältnissen zu ermöglichen. Eine Verschiebung hin zu einer Sichtweise, die Migration nicht als historische Ausnahmesituation behandelt, in der nicht zwischen "einheimischer Normalität" und "eingewanderten Problemen" unterschieden wird.

Wir brauchen diversitätsorientierte Konzepte und eine Politk, die offen für Wandlungsprozesse ist. Hieraus muss sich eine neue Haltung entwickeln, die sich gegen Migrantisierung und Marginalisierung von Menschen wendet, die integraler Bestandteil der Gesellschaft ist. Eine Haltung die sich gegen einen öffentlichen Diskurs wendet, der Migrationsgeschichten weiterhin am Rande der Gesellschaft anzusiedeln versucht.

DIE GESCHICHTE DER MIGRATION SOLL NEU GESCHRIEBEN WERDEN.

Dr. Anwar Hadeed

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Lieber Ausländer als zweitklassiger Deutscher
Unter diesem Motto referierte mein Freund Dündar Kelloglu auf einem Treffen des Deutsch-Arabischen Freundschaftsvereins.

Unter anderem ging er der Frage nach wieso Integation nicht gelinge und warum MigrantInnen teilweise in der vierten Generation nicht in die deutsche Gesellschaft integriert sind. Dabei sah er nicht etwa irgendeine Form von gescheiterter Integration, sondern eben mangelnden Identifikationswillen als zentralen Aspekt.
„Zum Teil wird diese Einstellung stark durch Institutionen aus den Herkunftsländern der betroffenen Familien gelenkt. Manche Imame werden etwa aus der Türkei gesteuert und predigen zum Teil auch in diese Richtung – beispielsweise für den Sieg der türkischen Soldaten auf ihrer Syrien-Offensive.“
Dadurch werde ein „von Deutschland und dem Westen abgewandter“ Nationalismus gefördert. „Das Problem ist hier aber nicht der Islam als solcher, sondern die entsprechenden Institutionen.“
Womit, wenn das auch nur später im inner circle benannt wurde, vor allem DITIB gemeint war.

Ein weiteres Problem thematisierte Dündar auch, nämlich die mangelnde Betreitschaft vieler Deutscher, MigrantInnen als in Deutschland angekommen bzw. als inzwischen gewordene Deutsche wahrzunehmen.

Auf die Frage, wo er herkläme antwortete er: „Norddeutschland.“ Die Reaktion: „Naja, woher denn wirklich?“

"Lehrte." "Nee, so eigentlich. Was sind Sie für ein Landsmann?" "Deutscher. Ansonsten bin ich viele: Mein Urgroßvater war Armenier, meine Urgroßmutter Aserbeidjanerin, beide flohen vor der russischen und der türkischen Armee im Ersten Weltkrieg nach Van und wurden Kurden, mein Vater ging als Türke nach Deutschland, ich bin Deutscher. Und habe türkische, kurdische, armenische, aserbaidjanische und auch arabische Wurzeln."

Daran anknüpfend ging es darum, wie im europäisch-vorderasiatischen Gesamtkulturkreis trotz unterschiedlicher Sprachen diese doch miteinander verwoben sind. Zumindest besitzen indogermanische, semitische und Turksprachen eine vielfach gemeinsame innere Logik und unterliegen wechselseitigen Dependenzen, die sie mit ostasiatischen oder afrikanischen Sprachen nicht teilen. Sehr schön wahrnehmbar an Namen: Aus dem aramäischen Johannes wurde deutsch Hans, englisch John, französisch Jean, niederländisch und Polnisch Jan. Dorothea oder Theodor ist griechisch und bedeutet "Gabe Gottes" oder "von Gott gewollt" und findet sich wieder in Dietrich, Doris, Donatus, Donald, Gottlieb, Gottfried, Gotthold, Mithridates und Abdullah, alles Namen mit der gleichen Bedeutung.


Später, im privaten Gespräch im kleinen Kreise, ging es um Neuigkeiten aus Rojava, die von mir vertetene Position dass es sich hier um ein multiethnisches basisdemokratisches Projekt handelt das gerade aufgrund seiner Strahlkraft auf die Region jetzt von der türkischen Armee plattgemacht wird wurde massiv bestätigt. Interessant waren Überlegungen zur Rolle Trumps die in dem Gespräch aufkamen: Dass er gezielt von Russland an die Macht gebracht wurde um das Ansehen der USA in der Welt so unmöglich zu machen dass niemand vom Ami mehr ein Stück Brot nimmt und die Russen das entstehende Vakuum füllen können.

Denn eins ist sicher:

Der Iwan, der ist nicht ohne.

https://www.youtube.com/watch?v=3MnZpPAGQPE

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