Montag, 2. Mai 2022
Neue Omikron Varianten; nach 3 Monaten sinkt Impfschutz deutlich; 5 Tage Quarantäne; weniger tödliche Verläufe unter Migranten
Michael van den Heuvel, Medscape


EU-weit haben sich nach Schätzungen der Europäischen Kommission schätzungsweise 60 bis 80% der EU-Bevölkerung mit COVID-19 infiziert. Die bundesweite 7-Tage-Inzidenz sinkt weiter auf 639,5 Infektionen pro 100.000 Menschen (29.4.: 758,5).

Auf die mittelfristige Entwicklung reagieren Gesundheitspolitiker von Bund und Ländern. Sie wollen die Isolation positiv Getesteter von 10 Tagen auf 5 Tage bundesweit verringern ? mit einer entsprechenden Empfehlung des Robert Koch-Instituts ist in Kürze zu rechnen. Mehrere Länder hatten Änderungen bereits implementiert.

?Ich persönlich glaube, dass am Ende von fünf Tagen ? zumindest eine Selbsttestung dringend empfohlen sein müsste?, erklärt Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach (SPD). Denn man wisse, dass viele Infizierte nach dem 5. Tag noch positiv seien.

BA.4 und BA.5: Neue Varianten ante portas

Regierung verlängert Corona-Einreiseregeln

Anhörung: Einrichtungsbezogene Impfpflicht erneut in der Kritik

Deutsche Projekte für neue Impfstoffe

US-Zahlen: Hohe Impfraten ? niedrige Mortalität

Weitere Belege: Menschen über 80 profitieren von Auffrischungsimpfung

Dänemark: Geringe COVID-19-Mortalität bei Migranten, verglichen mit der Bevölkerung

Real-World-Daten zum BioNTech-Pfizer-Vakzin: Nach 3 Monaten sinkt der Schutz deutlich

BA.4 und BA.5: Neue Varianten ante portas
Die Weltgesundheitsorganisation nennt in ihrer Liste besorgniserregender Varianten (VOC) mittlerweile auch die Omikron-Unterformen BA.4 und BA.5. Beide wurden zuerst in Südafrika nachgewiesen. ?Dies sind Omikron-Varianten mit eigenem Ursprung, d.h. nicht von BA.1, -.2 oder -.3 abstammend, sondern vom gemeinsamen Omikron-Vorläufer?, schreibt Prof. Dr. Christian Drosten von der Charité-Universitätsmedizin, Berlin.

?Man sieht eine schleichende Zunahme von BA.4 und BA.5 seit Januar in Südafrika?, seit Mitte April aber nun plötzlich eine exponentielle Zunahme (?)?, berichtet Drosten. Medien aus Südafrika sprechen bereits von einer 5. Welle. Wie kann das sein? ?Wahrscheinlich hat die Variante einen Immunescape-Vorteil in einer Bevölkerung, in der es (wie in Südafrika) keine BA.2-Welle gab?, so Drostens Erklärung.


Prof. Dr. Tulio de Oliveira, Virologe an der Universität Stellenbosch in Südafrika, er hatte Omikron zuerst beschrieben, gibt Entwarnung. Es sei ?an der Zeit, sorgfältig und gewissenhaft, aber ruhig zu arbeiten?, sagt er. Obwohl die Untervarianten in Südafrika im vergangenen Monat schnell an Boden gewonnen hätten, seien die Raten von COVID-19-Fällen und an Krankenhausaufenthalten im Land stabil. ?Bisher sieht man glücklicherweise keine Auswirkungen auf die Krankenhaus-Einweisungen in Südafrika, aber das könnte sich in den kommenden 2 Wochen einstellen?, kommentiert Drosten.

BA.4 und BA.5 tragen beide eine spezifische Aminosäuremutation namens F486V. Sie befindet sich auf dem Spike-Protein in der Nähe der Stelle, an der das Protein an den ACE2-Rezeptor auf Zellen bindet. Wichtige Antikörper, die als Reaktion auf COVID-19-Impfstoffe und frühere Infektionen mit SARS-CoV-2 erzeugt werden, neutralisieren das Virus, indem sie sich an diese Stelle heften. Ob es bei BA.4 und BA.5 zu Problemen bei Impfungen oder bei therapeutischen Antikörpern kommen könnte, ist derzeit unklar.

Noch ein Blick auf Deutschland. Das RKI hat BA.5 bundesweit in 25 Proben nachgewiesen, Stand 18.04.2022. BA.4 wurde bislang nicht detektiert.

Regierung verlängert Corona-Einreiseregeln
Am 28. April wären die Regeln zur Einreise nach Deutschland ausgelaufen; die Regierung hat sie kurzerhand bis 31. Mai verlängert. Konkret bedeutet dies:

Kinder ab 12 Jahren und Erwachsene müssen wie gehabt 3G-Nachweise vorlegen (geimpft, genesen, getestet).

Für Personen, die aus Hochrisikogebieten einreisen, gelten Quarantäneregeln. Nur listet das Robert Koch-Institut in dem Zusammenhang kein einziges Land mehr; die Maßnahme hat eher vorbeugenden Charakter, sollten neue Varianten von SARS-CoV-2 auftreten.

Mobilfunk-Anbieter müssen Kunden bei der Einreise keine SMS mit Informationen zu Pandemie-Regelungen in Deutschland mehr schicken. Der Sinn dieser Maßnahme war recht umstritten.

Anhörung: Einrichtungsbezogene Impfpflicht erneut in der Kritik
Der Gesundheitsausschuss des Bundestages wollte von Experten wissen, wie sie die institutionenbezogene Impfpflicht bewerten. Auslöser waren Änderungsanträge der Unionsfraktion und der AfD. CDU und CSU fordern, diese Form der Impfpflicht konsequent umzusetzen und Schwächen zu beseitigen. Die AfD will das bestehende Regelwerk ganz kippen.

Stefan Hahn vom Deutschen Städtetag betonte, die einrichtungsbezogene Impfpflicht sei richtig, der rechtliche Rahmen für die Umsetzung jedoch schlecht. Außerdem hätten sich manche Regeln als unklar bzw. als inkonsistent erwiesen. Hahn rechne nicht vor den Sommermonaten mit ersten Betretungsverboten.

Eine Stellungnahme der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) lag dem Ausschuss ebenfalls vor. Die DGK schrieb, in Kliniken liege die Impfquote derzeit bei 95%. Es sei Angestellten aber nicht zu vermitteln, warum sie zur Impfung verpflichtet würden, aber nicht ihre Patienten. Daher sollte die sektorale Impfpflicht sofort ausgesetzt werden.

Auch der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste war der Meinung, ohne allgemeinen Impfpflicht gehöre die einrichtungsbezogene Impfpflicht auf den Prüfstand.

Deutsche Projekte für neue Impfstoffe
Apropos Impfquoten: In Deutschland haben laut Bundesregierung mittlerweile 63,8 Millionen Menschen (76,7% der Bevölkerung) mindestens 1 Impfdosis und 49,3 Millionen (59,3%) zusätzlich eine Auffrischungsimpfung erhalten. Unter den Ungeimpften befinden sich auch Patienten mit Immundefekten, Babys und Kleinkinder. Die Forschung versucht, Impflücken bei bestimmten Personengruppen zu schließen.

Ein Blick auf ausgewählte Projekte aus Deutschland, die zeigen, welche Perspektiven es noch geben könnte:

BioNTech und Pfizer arbeiten an einem Impfstoffkandidaten mit gezielter Wirksamkeit gegen Omikron; klinische Überprüfungen haben begonnen, und Ergebnisse sollen bald veröffentlicht werden.

Auch Moderna untersucht ein Omikron-Vakzin. Dabei werden sowohl monovalente als auch bivalente Kandidaten (gegen den Wildtyp und gegen Omikron) in Betracht gezogen.

Die Universität Tübingen entwickelt den Peptid-Impfstoff CoVac-1 speziell für Patienten in Krebsbehandlung oder mit anderweitig verursachter Immunschwäche. Eine Phase-II-Studie läuft.

Die Universität Würzburg und Aeterna Zentaris untersuchen, ob eine Schluckimpfung auf Basis eines oralen Typhus-Lebendimpfstoffs möglich wäre. Die Arbeiten befinden sich noch im Laborstadium.

Das Universitätsklinikum Erlangen arbeitet an einem Vektorimpfstoff für Booster-Impfungen, der als Nasen- oder Mundspray verabreicht werden soll. Das Projekt ist noch in der vorklinischen Entwicklung.

Die Freie Universität Berlin und die Universität Bern (Schweiz) wollen einen COVID-19-Impfstoff mit attenuierten SARS-CoV-2-Viren zur intranasalen Anwendung entwickeln. Auch sie befinden sich in der vorklinischen Entwicklung.

US-Zahlen: Hohe Impfraten ? niedrige Mortalität
Impfungen gehören zu den wichtigsten Strategien der Pandemie-Kontrolle, wie eine neue Beobachtungsstudie aus den USA bestätigt: In Gemeinden mit hoher Durchimpfungsrate treten rund 80% weniger Todesfälle auf als in Gegenden mit wenig Impfungen.

Die Ergebnisse basieren auf mehr als 30 Millionen COVID-19-Fällen und mehr als 400.000 Todesfällen in 2.558 US-Bezirken, die im 2. Jahr der Pandemie, zwischen Dezember 2020 und Dezember 2021, gemeldet wurden.

Bei der Analyse wurden die COVID-19-Inzidenz- und -Mortalitätsraten in Bezirken mit sehr niedrigem (0-9%), niedrigem (10-39%), mittlerem (40-69%) und hohem (70% oder mehr) Durchimpfungsgrad verglichen, definiert als der Prozentsatz der Erwachsenen (ab 18 Jahren), die mindestens eine Dosis erhalten hatten.

Nach Berücksichtigung potenzieller Einflussfaktoren stellten die Forscher fest, dass eine höhere Durchimpfungsrate in Bezirken mit einer geringeren Zahl an COVID-19-bedingten Todesfällen oder Erkrankungen einherging.

In der 1. Hälfte des Jahres 2021 beispielsweise, als die Alpha-Variante vorherrschte, war die Sterblichkeitsrate in Bezirken mit niedriger, mittlerer und hoher Durchimpfungsrate um 60%, 75% bzw. 81% niedriger als in Bezirken mit sehr niedriger Durchimpfungsrate. Die Zahl an COVID-19-Fällen verringerte sich um 57%, 70% und 80%.

Ein ähnlicher Rückgang der Sterblichkeit wurde auch in der 2. Hälfte des Jahres 2021 beobachtet, als die Delta-Variante in den USA vorherrschend war, allerdings mit geringeren Auswirkungen auf die Fallzahlen.

Weitere Belege: Menschen über 80 profitieren von Auffrischungsimpfung
Um die Impfreaktion von Hochbetagten zu ermitteln, analysierten Forscher Blutproben von Personen über 80, die 2 oder 3 Dosen des BioNTech/Pfizer-Vakzins erhalten hatten. Im Vergleich wurde bestimmt, wie viele Antikörper und T-Zellen das Immunsystem bereitstellt. Nach der 3. Impfung waren entsprechende Titer ? wenig überraschend ? erhöht. Später nahm die Zahl der Antikörper wieder ab, jedoch langsamer als nach der 2. Dosis.

?Wir kommen zu dem Schluss, dass eine 3. Impfdosis bei der Mehrzahl der älteren Geimpften einen insgesamt verbesserten Immunschutz für mindestens 3 Monate bewirkt?, so Prof. Dr. Michael Lohoff, einer der Hauptautoren der Veröffentlichung. Er forscht an der Philipps-Universität Marburg. Damit sei, so Lohoff, eine Grundimmunität durch 3 Impfdosen gewährleistet. ?Gerade bei Älteren oder Personen mit geschwächtem Immunsystem kann aber eine 4. Impfung notwendig werden, vor allem wegen der besseren Abdeckung der Omikron-Variante durch T-Zellen, die durch die Impfung induziert werden.?

Dänemark: Geringe COVID-19-Mortalität bei Migranten, verglichen mit der Bevölkerung
Bei Einwanderern in Dänemark und ihren Nachkommen, die mit COVID-19 ins Krankenhaus eingeliefert werden, ist die Wahrscheinlichkeit, an COVID-19 zu sterben, um 46% geringer als bei Menschen, die in Dänemark geboren worden sind. Dies geht aus einer 12-monatigen, landesweiten Studie hervor.

Wissenschaftler haben die COVID-bedingten Todesfälle und mechanischer Beatmung bei allen Erwachsenen untersucht, die zwischen Februar 2020 und März 2021 mit COVID-19 ins Krankenhaus eingeliefert worden sind. Ihre Ergebnisse haben sie auf dem European Congress of Clinical Microbiology & Infectious Diseases (ECCMID) in Lissabon vorgestellt.

Von 6.229 COVID-19-Patienten, die ins Krankenhaus eingeliefert wurden, starben 977 Patienten innerhalb von 30 Tagen an COVID-19, und 295 wurden mechanisch beatmet.


https://deutsch.medscape.com/artikelansicht/4911116?uac=389796AZ&faf=1&sso=true&impID=4215134&src=WNL_mdplsfeat_220502_mscpedit_de#vp_3

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Keine gesundheitliche Absolution: Welche Fallstricke bei vegetarischer und veganer Ernährung lauern
Dr. Thomas Kron

Vegetarische oder sogar vegane Ernährung soll unter Mädchen und jungen Frauen besonders beliebt sein. Doch anders als manche Menschen glauben, ist vor allem vegane Kost nicht automatisch gesund. Sie kann als Folge der eingeschränkten Lebensmittelauswahl zu Nährstoffdefiziten führen, die klinisch relevante Symptome verursachen können, wenn sie nicht ausgeglichen werden sollten.

Zu achten ist unter anderem auf die ausreichende Versorgung mit Vitamin B12 und B6 sowie Vitamin D, erläutert die Diplom-Oecotrophologin Dr. Bettina Dörr aus München.

Vom Ovolactovegetarier über Puddingvegetarier bis zu Orthorektikern
Bei den vegetarischen Ernährungsformen werden nach Angaben von Dörr folgende Hauptgruppen unterschieden:

Ovolactovegetarier: Verzicht auf Fleisch und Fisch

Ovovegetarier: Verzicht auf Fleisch, Fisch und Milch

Lactovegetarier: Verzicht Fleisch, Fisch und Eier

Veganer: Verzicht auf Fleisch, Fisch, Eier, Milch, (Honig)

Vegane Rohköstler: Verzicht auf Fleisch, Fisch, Eier, Milch, (Honig) sowie erhitzte Nahrung

Außerdem gebe es mehrere kleinere Gruppierungen:

Frutarier: Sie wollen sich ausschließlich mit pflanzlichen Produkten ernähren, die nicht die Beschädigung der Pflanze selbst zur Folge haben (Äpfel und Nüsse etwa, aber nicht Karotten oder Kartoffeln).

Pescetarier: Sie verzichten auf Fleisch, essen jedoch Fisch oder Meeresfrüchte.

Puddingvegetarier: Sie meiden zwar Fleisch und Fisch, achten laut Dörr jedoch nicht besonders auf ihre Ernährung und essen zum Beispiel übermäßig viel Fertigprodukte und Süßigkeiten.

Flexitarier: Sie legen Wert auf eine ausgewogene Ernährung, essen Fleisch oder Fisch allerdings nur in Maßen und auch nicht besonders oft.

Orthorektiker: Sie zwingen sich zu einer gesunden Ernährung und haben Angst, durch ungesunde Ernährung krank zu werden. Wie die Ernährungswissenschaftlerin weiter erklärt, definieren Orthorektiker selbst, was für sie als gesund gilt: Während einige auf einzelne Lebensmittel (z. B. kein Haushaltszucker) verzichten, streichen andere ganze Lebensmittelgruppen und essen nur noch Rohkost. Ebenso könnten bestimmte Zubereitungsarten oder fixe Zeitpläne für dieMahlzeiten das zwanghafte Verhalten prägen. Unter den Orthorektikern befänden sich überwiegend jüngere Frauen. Eine Studie an der Universität Göttingen belege, dass vor allem sportlich aktive Frauen ? insbesondere Intensivsportlerinnen ? ein orthorektisches Verhalten zeigten. Mittlerweile gebe es auch Kinder, die von Orthorexie betroffen seien, wenn sich ihre Eltern entsprechend ernährten.

Kritische Nährstoffe bei veganer Ernährung
Wer sich vegan ernährt, kann laut Dörr durchaus genügend kritische Nährstoffe auch mit pflanzlichen Lebensmitteln aufnehmen. Voraussetzung sei ein gutes Wissen zu Lebensmitteln und Nährstoffen. Allerdings komme es immer häufiger vor, dass Lebensmittel ?einfach weggelassen? würden, ohne sich mit den Folgen auseinanderzusetzen, ein Aspekt, der bei der ärztlichen Beratung berücksichtigt werden sollte.


Zu den wichtigen Nährstoffen in diesem Zusammenhang zählen Proteine, Vitamine B6 und B12 sowie Vitamin D.

Proteine

Mädchen brauchen pro Kg Körpergewicht täglich 0,9 g Proteine, bei einem Körpergewicht von 60 kg sind dies demnach 54 g. Beispiele dafür, wie der tägliche Proteinbedarf bei einem Körpergewicht von 60 kg durch vegane Lebensmittel gedeckt werden könnte: 54 g Protein sind laut Dörr enthalten in

300 g Tofu

350 g gekochten Sojabohnen

350 g Haselnüssen

750 g Vollkornbrot (15 Scheiben à 50 g)

750 g gekochte Linsen und

1 kg weiße Bohnen

Vitamin B6

Vitamin B6 (Pyridoxin) hat, wie Dörr erläutert, mehrere Funktionen im Stoffwechsel, vor allem sei es bei der Verstoffwechselung von Aminosäuren und in neurologischer Hinsicht von Bedeutung. Bei Mädchen sei zudem die Bedeutung im Hormonstoffwechsel zu beachten. Es gebe Daten, nach denen etwa 14% der Mädchen im Alter von 14?18 Jahren weniger Vitamin B6 aufnehmen als empfohlen.

Bei Veganern komme es zu einem hoher Prozentsatz zu einer unzureichenden Versorgung, da das Vitamin B6 in einer schlecht verfügbaren Form in pflanzlichen Lebensmitteln vorkomme.

Hinzu komme bei Mädchen der Faktor ?Einnahme oraler Kontrazeptiva?. So gebe es Anhaltspunkte, dass Verwenderinnen östrogenhaltiger oraler Kontrazeptiva niedrige Werte an PLP (Pyridoxal-5-Phosphat, Marker für Vitamin B6) hätten. Da PLP- abhängige Enzyme auch für die Synthese von Hormonen wie Serotonin essenziell seien, könnten Symptome wie depressive Verstimmungen, erhöhte Reizbarkeit, Nervosität und Libidoverlust auch auf eine Unterversorgung mit Vitamin B6 hindeuten.

Der tägliche Bedarf von Mädchen liege bei 1,4 mg und könne beispielsweise folgendermaßen gedeckt werden:

200 g Haselnüsse

200 g Walnüsse

400 g Bananen (2?3 Stück, je nach Gewicht)

700 g gekochte grüne Bohnen

1 kg gekochte Kartoffeln und

1,4 kg Haferflocken.

Vitamin B12

Da in pflanzlichen Lebensmitteln kein Vitamin B12 enthalten ist, kommt es bei lang andauernder veganer Ernährung ohne Supplementierung zu Mangelerscheinungen. Bei den verschiedenen Produkten, die zur Nahrungsergänzung angeboten werden, sollte berücksichtigt werden, dass die Verwertung von Vitamin B12 aus pflanzlichen Quellen wie Algen oder Pilzen nicht unbedingt gegeben ist. Eine sorgfältige Auswahl und eine regelmäßige Überwachung des B12-Status sind empfehlenswert.

Vitamin D

In den letzten Jahren hat laut Dörr die Evidenz dafür zugenommen, dass Vitamin D nicht nur für den Knochen, sondern auch für zahlreiche andere Stoffwechselvorgänge von entscheidender Bedeutung ist. Fakt sei, dass Lebensmittel kaum in der Lage seien, bei der Einhaltung verzehrsüblicher Mengen, den Vitamin-D-Bedarf zu decken.

Vegane Lebensmittel könnten keinen Beitrag zur Vitamin-D-Zufuhr leisten, da nennenswerte Mengen lediglich in tierischen Lebensmitteln enthalten seien. Die Entscheidung zur Supplementierung bzw. zur notwendigen Höhe sollte in Abhängigkeit vom Status fallen.

Mineralstoffe

Zu den Mineralstoffen, die bei rein pflanzlicher Ernährung schnell in nicht ausreichender Menge zur Verfügung stehen, zählen Kalzium, Jod, Eisen, Selen und Zink. Dies hänge damit zusammen, dass pflanzliche Lebensmittel in der Regel geringere Mengen enthielten als tierische Lebensmittel und zudem die Mineralstoffe aus pflanzlichen Quellen schlechter bioverfügbar seien.

Derzeit mehren sich laut Dörr die Hinweise, dass eine vegane Ernährung negative Auswirkungen auf die Knochengesundheit haben kann. Dies zeige unter anderen eine aktuelle Querschnittsstudie, in der Ultraschallmessungen am Fersenbein vorgenommen sowie Biomarker in Blut und Urin bestimmt wurden. Hauptergebnis: Menschen, die sich vegan ernährten, hatten im Vergleich zu Mischköstlern durchschnittlich niedrigere Ultraschallwerte.

Darüber hinaus habe die Auswertung der DPIC (European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition-)Studie aus Großbritannien mit knapp 55.000 Personen ergeben, dass Veganer im Vergleich zu Fleischessern ein um 43% höheres Risiko für Frakturen hatten.

Ein wichtiger Nährstoff, insbesondere für die Zellentwicklung, ist auch Cholin, der, wie Dörr erklärt, hauptsächlich über Eier, Fisch, Fleisch und Milch aufgenommen werden kann. Es gebe zunehmend Hinweise darauf, dass eine vegane Ernährung keine ausreichenden Mengen an Cholin liefern könne, insbesondere wenn der Bedarf steige, beispielsweise in Schwangerschaft und Stillzeit.

Es verstärkten sich Hinweise, dass Frauen mit Kinderwunsch zur Vorbeugung von Neuralrohrdefekten und zur günstigen Entwicklung des Feten nicht nur von einer ausreichenden Folatzufuhr profitierten, sondern auch von ausreichende Mengen an Cholin (Empfehlung für Schwangere: 480 mg pro Tag).

Dieser Artikel ist im Original erschienen auf Univadis.de .

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