Donnerstag, 20. Februar 2025
Klinische Studie zu "Alterbremsen"
Mit Omega-3-Fettsäuren an der epigenetischen Uhr drehen? Studie zeigt „Verjüngung“ von Senioren um ein paar Monate

Nadine Eckert, Medscape

20. Februar 2025

Omega-3-Fettsäuren könnten das biologische Altern verlangsamen. Eine internationale Forschungsgruppe hat in einer Studie, die im Fachjournal Nature Aging veröffentlicht wurde, gezeigt, dass Omega-3-Fettsäuren bei älteren Menschen einen messbaren, wenn auch moderaten Einfluss auf verschiedene epigenetische Uhren haben. Durch zusätzliches Vitamin D und regelmäßige Bewegung könnte dieser Effekt noch verstärkt werden.

Unsere Studie zeigt einen kleinen schützenden Effekt der Behandlung mit Omega-3-Fettsäuren. Prof. Dr. Heike A. Bischoff-Ferrari und Kollegen
Vitamin D, Omega-3-Fettsäuren und Bewegung hatten im Tiermodell, in einigen Beobachtungsstudien und kleineren Pilotstudien Hinweise auf eine verlangsamte biologische Alterung gezeigt. „Unsere Studie zeigt einen kleinen schützenden Effekt der Behandlung mit Omega-3-Fettsäuren auf die Verlangsamung der biologischen Alterung“, schreiben Prof. Dr. Heike A. Bischoff-Ferrari, Lehrstuhlinhaberin Geriatrie und Altersforschung an der Universität Zürich und Akademische Leiterin des Campus Altersmedizin am Stadtspital Zürich, und ihre Kollegen.

Menschen altern anders als Mäuse


Die beiden anderen Interventionen hatten in der aktuellen Studie dagegen für sich genommen keinen Effekt, zeigten zusammen mit Omega-3-Fettsäuren aber eine additive Wirkung. Auf Nachfrage von Medscape erklärt Dr. Maria Ermolaeva, die am Leibniz-Institut für Alternsforschung – Fritz-Lipmann-Institut (FLI) in Jena die Forschungsgruppe „Stresstoleranz und Homöostase“ leitet: „Wir wissen aus Tiermodellen, dass diese Interventionen vielversprechend sind. Aber Maus-Altern ist nicht gleich Menschen-Altern. Das zeigt, wie wichtig es ist, Ergebnisse aus Tierstudien nicht vorschnell auf den Menschen zu übertragen."

Die Forschungsgruppe um Bischoff-Ferrari untersuchte in einer Post-hoc-Analyse 777 Teilnehmende der DO-HEALTH-Studie. In dieser randomisiert-kontrollierten Studie wurde bei Personen über 70 Jahre der Effekt von Vitamin D (2000 IE/Tag) und/oder Omega-3-Fettsäuren (1 g/Tag) und/oder eines Bewegungsprogramm auf einen gesunden Alterungsprozess untersucht.

In der Post-hoc-Analyse wurde der Effekt der untersuchten Interventionen auf 4 epigenetische Uhren überprüft: PhenoAge, GrimAge, GrimAge2 und DunedinPACE (s. Kasten). Epigenetische Uhren ermöglichen es, anhand von DNA-Methylierungsmustern das biologische Alter eines Menschen zu bestimmen.

Wir wissen aus Tiermodellen, dass diese Interventionen vielversprechend sind. Aber Maus-Altern ist nicht gleich Menschen-Altern. Dr. Maria Ermolaeva
Die alleinige Einnahme von Omega-3-Fettsäuren verlangsamte alle 4 untersuchten epigenetischen Uhren. Für Vitamin D oder Bewegung ließ sich das so nicht beobachten. Aber alle 3 Interventionen zusammen hatten additive Effekte auf immerhin eine der Uhren, PhenoAge.

Zu alt für Anti-Aging?
Ein besonders überraschendes Ergebnis der Studie war, dass Bewegung keine signifikanten Effekte auf die epigenetischen Uhren zeigte. Ermolaeva vermutet, dass das Alter der Probanden eine Rolle spielt: „Viele Anti-Aging-Strategien basieren darauf, den Stoffwechsel flexibel zu halten. Zellen müssen leicht zwischen verschiedenen Methoden der Energieerzeugung hin- und herwechseln können. Doch mit zunehmendem Alter nimmt diese metabolische Plastizität ab. Jüngere Menschen hätten vielleicht mehr profitiert."

Bischoff-Ferrari und ihre Kollegen berichten, dass die Effekte über einen Interventionszeitraum von 3 Jahren von 2,9 bis 3,8 Monate gereicht hätten. Eine um 3 bis 4 Monate verlangsamte Alterung über 3 Jahre stellt einen moderaten Effekt dar, wie auch die Expertin bestätigt. „Es ist nicht bahnbrechend, aber es ist auch keine radikale Intervention“, kommentiert Ermolaeva. Zum Vergleich: In Tierstudien kann eine drastische Kalorienrestriktion die Lebensspanne um 30% bis 40% verlängern. Doch solche Effekte sind beim Menschen aufgrund der genetischen Vielfalt und weniger standardisierter Lebensbedingungen schwerer zu erreichen.

Der Schlüssel sind personalisierte Ansätze
Die Studienautoren weisen darauf hin, dass Teilnehmende mit niedrigeren Omega-3-Ausgangswerten stärkere epigenetische Veränderungen gezeigt hätten. Dies spreche für die Entwicklung personalisierter Anti-Aging-Ansätze. „Der Ernährungsstatus zu Beginn könnte das Ausmaß der epigenetischen Reaktivität modulieren. Dies hebt hervor, dass Omega-3-Fettsäuren als gezielte Intervention das Potenzial haben, epigenetische Uhren und damit das biologische Alter zu beeinflussen“, schreiben sie.

Auch Altersforscherin Ermolaeva geht davon aus, dass Anti-Aging-Interventionen wahrscheinlich individuell unterschiedlich wirken. „Es gibt Menschen, die genetisch besser auf Omega-3 ansprechen, zum Beispiel aufgrund einer besseren Mitochondrienfunktion oder eines aktiveren Stoffwechsels. Andere wiederum könnten es nicht so gut verwerten. Die Zukunft der Altersforschung liegt daher in personalisierten Ansätzen."

Es gibt zwei wichtige Fragen: Wird es helfen? Und kann es schaden? Dr. Maria Ermolaeva
Auf die Frage, ob sie Omega-3-Fettsäuren für ein längeres Leben empfehlen würde, bleibt die Expertin zurückhaltend: „Es gibt zwei wichtige Fragen: Wird es helfen? Und kann es schaden? Schaden wird Omega-3 den meisten Menschen nicht – es sei denn, sie haben eine spezifische Unverträglichkeit. Ob es nützt? Vielleicht, aber die Effekte sind nicht überwältigend. Aber da Menschen ohnehin Fette zu sich nehmen, warum dann nicht vermehrt Omega-3?

Epigenetische Uhren

Epigenetische Uhren sind biologische Messinstrumente, die anhand von Veränderungen in der DNA-Methylierung das biologische Alter eines Individuums bestimmen. Das biologische Alter kann vom chronologischen Alter abweichen und ist häufig ein genauerer Indikator für die Gesundheit und das Krankheitsrisiko.

PhenoAge verwendet DNA-Methylierungsmuster, die mit physischen und klinischen Gesundheitsmarkern korrelieren. Sie berücksichtigt Parameter wie Bluthochdruck, Blutfette, Glukose und das Vorhandensein von chronischen Krankheiten. Diese epigenetische Uhr ist besonders gut darin, das biologische Alter in Bezug auf das Krankheitsrisiko und die Lebensqualität zu messen, indem sie Risikofaktoren für Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes einbezieht.

GrimAge nutzt DNA-Methylierungsmuster, bestimmte Biomarker (etwa Blutdruck, Cholesterin, Glukose, Body-Mass-Index) sowie Proteine im Blut (z.B. Leptin, Cystatin C und CRP). Sie hat eine hohe Vorhersagekraft für die verbleibende Lebensspanne und das Risiko für frühzeitigen Tod.

GrimAge2 ist eine Weiterentwicklung von GrimAge mit Anpassungen und Verbesserungen, die genauere Prognosen ermöglichen. Es enthält zusätzliche epigenetische Marker und berücksichtigt noch mehr Altersindikatoren. GrimAge2 kann das biologische Alter und das verbleibende Leben noch genauer schätzen. Diese Uhr wird in Studien eingesetzt, um präzisere Aussagen zu den Auswirkungen von Lebensstil, Ernährung und Umweltfaktoren auf das Alter zu treffen.

DunedinPACE misst die Alterungsrate des Körpers auf Basis von DNA-Methylierung und verbindet diese mit klinischen Gesundheitsdaten. Sie ermittelt, wie schnell ein Individuum biologisch altert. Diese Uhr bestimmt nicht nur das biologische Alter, sondern auch das Tempo der biologischen Alterung. Sie ist in der Lage, schneller alternde Individuen zu identifizieren. DunedinPACE wird zunehmend verwendet, um die Geschwindigkeit des Alterungsprozesses und den Einfluss verschiedener Faktoren, einschließlich Lebensstil, Ernährung und Genetik, zu untersuchen.

... link (0 Kommentare)   ... comment