Montag, 10. März 2025
PRO ASYL zu den Sondierungsergebnissen: Menschenwürde, Menschlichkeit und Menschenrechte bleiben auf der Strecke
PRO ASYL gibt eine erste Einschätzung zu den geplanten Verschärfungen und kritisiert die Ergebnisse der Sondierungsgespräche: Aus Sicht der Organisation ein Angriff auf Menschenwürde und Menschenrechte.

„Die Ergebnisse der Sondierungsgespräche zeigen: In der künftigen Koalition drohen Menschenwürde, Menschlichkeit und Menschenrechte unter die Räder zu kommen. Recht wird zur Seite geschoben, absehbare Rechtsbrüche werden teils mit Formelkompromissen kaschiert”, kommentiert Karl Kopp, Geschäftsführer von PRO ASYL.

Europarecht einhalten, Rechtsstaat achten: Keine Zurückweisungen an deutschen Grenzen!

Künftig sollen auch Asylsuchende an den bundesdeutschen Grenzen zurückgewiesen werden, wohl in Absprache mit den Nachbarstaaten. Laut Europarecht dürfen Asylsuchende aber nicht an den Binnengrenzen zurückgewiesen werden. Das geplante Vorgehen unterläuft damit den Rechtsstaat, in dem sich Politik an geltendes Recht hält – obwohl im Sondierungspapier selbst formelhaft betont wird, dass man nur „rechtsstaatliche Mittel” nutzen wolle, um die Migration zu reduzieren. Der Formelkompromiss der Sondierenden wird in der Praxis zu mehr rechtswidrigen Zurückweisungen führen. Im zweiten Schritt besteht die Gefahr, dass diese rechtswidrige Praxis europaweit ausgeweitet wird. Der letzte Streitpunkt ist aktuell nur noch, ob dies im nationalen Alleingang oder auf europäisch koordinierte Weise geschieht.

Recht auf Familie für Menschen mit subsidiärem Schutz: Familien dürfen nicht getrennt werden!

SPD und Union wollen den Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte erneut vollständig aussetzen. Schon 2016 hatte die damalige Große Koalition den Familiennachzug für diese Gruppe für zwei Jahre ausgesetzt. Das ist für die Betroffenen dramatisch und menschenrechtlich inakzeptabel, da ein Zusammenleben mit der Familie aufgrund der drohenden Gefahren im Herkunfts- oder einem Drittland meist unmöglich ist. Die Folge: zerrissene Familien. Schutzberechtigte werden über lange Zeiträume von ihren Angehörigen getrennt und ihres Rechts auf Familienleben beraubt.

Aufnahmeprogramme sollen enden: Deutschland darf bedrohte Afghan*innen nicht im Stich lassen!

Damit wird die letzte Rettungslinie für Menschenrechtsverteidiger*innen zum Beispiel aus Afghanistan gekappt – eine schäbige Entscheidung. Denn es gibt außer Aufnahmeprogrammen und dem Familiennachzug faktisch keine sicheren Fluchtmöglichkeiten – beide sollen nun massiv eingeschränkt werden. Das zwingt verfolgte Menschen erst auf die gefährlichen und „irregulären” Wege, die bekämpft werden sollten. Bezeichnenderweise wurde dies den bedrohten Frauen und Mädchen in Afghanistan, die dort aller Rechte beraubt sind, am Weltfrauentag verkündet.

Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien: Deutschland darf sich nicht zu Handlangern von Diktaturen machen!

Aus Rettungsflügen sollen nun Abschiebeflüge werden. Nach Kabul sollen ab sofort regelmäßige Abschiebeflüge stattfinden – möglich wird das absehbar nur durch die Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit dem Taliban-Regime. Es heißt, dass die Abschiebungen beginnend mit Straftätern und Gefährdern durchgeführt werden sollen. Das Wort „beginnend“ zeigt offen: Perspektivisch sollen sich nicht nur Straftäter und Gefährder, sondern alle mit prekärem Aufenthaltsstatus nicht mehr sicher fühlen. Ein gezieltes Angst- und Verunsicherungsprogramm für die große afghanische und syrische Community in Deutschland. Dass die Sondierer*innen zudem auf Abschiebungen nach Syrien insistieren, ist zynisch und realitätsfern. In Syrien fand gerade das größte Massaker der letzten Jahre statt.

Faire und vorurteilsfreie Asylverfahren statt neue, vermeintlich sichere Herkunftsländer!

Die Einstufung von Staaten als „sichere Herkunftsländer“ bedeutet, dass Asylanträge von Menschen aus diesen Ländern pauschal als unbegründet betrachtet werden und es äußerst schwierig für sie ist, mit ihrer individuellen Verfolgungsgeschichte diese Vermutung zu widerlegen. Dies widerspricht dem individuellen Recht auf Asyl. Statt der nun geplanten Ausweitung der Liste muss eine echte Einzelfallprüfung gewährleistet werden, die der tatsächlichen Gefahrenlage der Menschen angemessen ist.

Statt bundesweiter Durchsetzung der Bezahlkarte brauchen Schutzsuchende Sicherheit, Perspektiven und Rechte!

Die stigmatisierende Bezahlkarte soll flächendeckend durchgesetzt werden. „Umgehungen sollen unterbunden werden”. Das klingt wie eine Warnung an die Zivilgesellschaft – es droht möglicherweise eine Kriminalisierung humanitärer Tausch-Initiativen.

Wiederabschaffung der anwaltlichen Vertretung in Abschiebungshaftfällen: Keine Freiheitsentziehung ohne Rechtsschutz!

Das Recht auf anwaltliche Unterstützung in Abschiebungshaftfällen soll nun wieder abgeschafft werden – obwohl sich bei juristischen Überprüfungen rund 50 Prozent aller Haftbeschlüsse als rechtswidrig erweisen.

Vom „Amtsermittlungs- zum Beibringungsgrundsatz“: Asylverfahren müssen fair bleiben!

Der Amtsermittlungsgrundsatz bedeutet, dass Behörden im Asylverfahren von sich aus alle relevanten Tatsachen ermitteln müssen, um eine faire Entscheidung zu treffen. Das sieht auch das Europarecht vor: Die Asylbehörden müssen relevante Herkunftslandinformationen einholen und berücksichtigen, jeder Antrag muss objektiv und unparteiisch geprüft werden. Sie sind verpflichtet, aktiv nach Beweisen für die Schutzbedürftigkeit einer Person zu suchen. Schon jetzt haben Asylsuchende aber umfassende Mitwirkungspflichten, der Amtsermittlungsgrundsatz ist also bereits stark eingeschränkt. Der Beibringungsgrundsatz hingegen würde bedeuten, dass Asylsuchende selbst alle notwendigen Beweise für ihre Verfolgung vorlegen müssen. Die Beweislast läge damit allein bei den Schutzsuchenden – eine gravierende und potenziell europarechtswidrige Verschärfung.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Wie normal ist Anderssein?
Konzept der Neurodiversität hilft Patienten mit ADHS, Leseschwäche und anderen Syndromen

Von Ute Eppinger, Medscape

Interessenkonflikte 10. März 2025

Wie normal ist Anderssein? Menschliche Gehirne sind wie Schneeflocken: Von weitem sehen sie alle gleich aus. Aber bei näherer Betrachtung sieht die Sache anders aus.

„Wir können mit wissenschaftlicher Sicherheit sagen: Es gibt keine 2 Personen, deren Gehirn sich gleicht. Und das ist die Grundlage für Neurodiversität“, erklärt Prof. Dr. André Frank Zimpel, Psychologe, Erziehungswissenschaftler und Leiter des Zentrums für Neuro-Diversitäts-Forschung an der Universität Hamburg. Menschen denken unterschiedlich und stellen auf verschiedene Weisen Bezug zur Welt her.

Grob geschätzt leben in Deutschland mehr als 4 Millionen Menschen mit ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung) und circa 1 Million Menschen mit Diagnosen (bzw. fehlenden Diagnosen) im Autismus-Spektrum, so Zimpel. Bei seinen Studien stelle er immer wieder fest, dass Menschen mit verschiedenen Syndromen – ADHS, Lese-Rechtschreibschwäche, Synästhesie oder Dyskalkulie – keine Lernbehinderung haben, sondern „einen anderen Bezug zur Welt“ herstellen, erklärt Zimpel.

Die Neurodiversitätsbewegung entstand in den USA durch autistische Aktivistinnen, die sich seit Anfang der 1990er-Jahre für die Rechte neurodivergenter Menschen engagieren und Kritik an der vorherrschenden Meinung äußerten, neurologische Diversität sei inhärent pathologisch.


2 Begriffe und ihre Konzepte: Neurodiversität und Neurodivergenz
Während der Begriff Neurodiversität darauf verweist, dass alle Menschen unterschiedliche Gehirne haben, grundsätzlich also eine neurologische Vielfalt auf der Welt herrscht, bezieht sich Neurodivergenz auf Menschen, deren neurokognitive Funktionen von den vorherrschenden gesellschaftlichen Normen abweichen.

Dabei verleugne das Konzept der Neurodiversität weder, dass Autismus mit Einschränkungen einhergeht in einer Welt, die nicht für autistische Menschen gemacht ist, noch, dass eine Behinderung vorliegen könne, schreibt der 2019 gegründete Verein NeuroDivers e.V. Der Schwerpunkt wird aber auf Akzeptanz und den Abbau von Barrieren gelegt statt auf Ausgrenzen und Anpassung. Neurodiversität ist keine medizinische Diagnose, für Betroffene ist es aber mehr als ein Label: eine Form der Selbstermächtigung.

Konzept der Neurodiversität für viele hilfreich und entstigmatisierend …
„Ich denke schon, dass das Konzept der Neurodiversität für viele Menschen sehr hilfreich und entstigmatisierend ist“, sagt Prof. Dr. Georg Schomerus, Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Universitätsklinikum Leipzig, im Gespräch mit Medscape. Es sei viel leichter, sich auf einem solchen Spektrum einzuordnen, als in Kategorien. „Ein solches Konzept ermöglicht auch eine differenzierte Betrachtungsweise: Dass ein Mensch eben bestimmte Schwierigkeiten oder Besonderheiten oder einfach andere Fähigkeiten aufweist.“

Früher identifizierte man Kinder mit Problemen vor allem mit ihren Störungsbildern und bezeichnete sie als Autisten, als ADHS-Betroffene oder als Legastheniker. Die Vertreter des Konzepts Neurodiversität möchten, dass auch die Stärken der Betroffenen gesehen werden. Sie vermeiden deshalb Begriffe wie Krankheit und Störung, auch wenn die Kinder mit erheblichen Beeinträchtigungen der Gesundheit und im Alltag zu kämpfen haben.

Bei leichten Formen gelingt das natürlich besser. So kann sich zum Beispiel ein Kind mit ADHS in der Schule zwar schwerer konzentrieren als andere Kinder. Es ist aber möglicherweise gleichzeitig besonders kreativ oder mitreißend.

Die Chancen und Grenzen des Konzepts sind in der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) immer wieder Thema: Auf dem DGPPN-Kongress 2022 fand das 1. Diskussionsforum zum Thema Neurodiversität statt.

Die Chancen der Neurodiversität in der Medizin wurden in einem vor Kurzem in JAMA erschienenen Meinungsartikel erörtert. Dr. Roy Hamilton, Neurologe an der Universität von Pennsylvania in Philadelphia, und seine Kollegen werben darin für den Aufbau einer integrativen Ärzteschaft. Übereinstimmende Belege zeigten, dass vielfältige und integrative Arbeitsumgebungen oft besser sind als homogene Arbeitsumgebungen, denn eine größere Vielfalt an Hintergründen und Lebenserfahrungen schaffe ein breiteres Spektrum an Perspektiven, um gemeinsame Herausforderungen zu bewältigen, schreiben die Autoren.


… bildet das Problem aber nicht vollständig ab
Allerdings, erinnert Schomerus, schließt das Spektrum auch Extreme ein: Menschen, die sehr schwer betroffen sind, beispielsweise Mensch mit schwerem Autismus. Schomerus glaubt nicht, dass speziell diese Menschen von der Entstigmatisierung tatsächlich profitieren. „Menschen mit einem relativ hohen Funktionsniveau, die sich gut als neurodivers positionieren können, prägen das Bild von Neurodiversität und Neurodivergenz. Dadurch werden diejenigen, die sehr schwer betroffen sind, nicht sichtbarer, sondern eher noch unsichtbarer, weil Neurodiversität entsprechend konnotiert ist und man das schwere Ende des Spektrums nicht mehr sieht.“

Dadurch werden diejenigen, die sehr schwer betroffen sind, nicht sichtbarer, sondern eher noch unsichtbarer. Prof. Dr. Georg Schomerus
Zumindest, so Schomerus, bestehe die Gefahr, dass das passiert. Zu beobachten ist dies auch bei anderen psychischen Erkrankungen. Während Depressionen eher entstigmatisiert wurden – auch, weil viele Menschen depressive Episoden aus eigener Anschauung kennen – sind schwere Krankheitsbilder wie etwa Schizophrenie nicht entstigmatisiert und werden nach wie vor mit Gefährlichkeit u.ä. assoziiert.

Fördert das Konzept die Ablehnung von Hilfsangeboten?
Schomerus erinnert auch an Menschen, die versuchen, ihre ausgeprägte ADHS im Selbstversuch mit Stimulanzien zu therapieren, weil sie merken, dass sie sich dann besser fühlen. Um an diese Substanzen zu gelangen, wird ein Teil dieser Menschen kriminell. „Das ist eine Gruppe, die von solchen Neurodiversitäts-Debatten völlig ausgeschlossen ist. Dabei bezahlen gerade diese Menschen einen hohen Preis für ihre Besonderheit“, erklärt Schomerus.


„Als Psychiater muss man immer auf die Menschen achten, die es besonders schwer haben und auf diejenigen, die besonders schwierig sind – wir müssen uns gerade um diese Betroffenen gut kümmern. Der Begriff Neurodiversität ist sicher für viele hilfreich und entlastend – er bildet das Problem aber nicht vollständig ab. Ich bin mir deshalb nicht sicher, ob die Popularität des Konzepts den schwer Betroffenen wirklich nützt.“

Der Begriff Neurodiversität ist sicher für viele hilfreich und entlastend – er bildet das Problem aber nicht vollständig ab. Prof. Dr. Georg Schomerus
Für ein Scheinargument hält Schomerus hingegen Bedenken von Kritikern, dass das Konzept Neurodiversität dazu führen könnte, dass sich Menschen mit beispielsweise ausgeprägter ADHS mit ihren Problemen arrangieren und sich gegenüber sinnvollen Hilfsangeboten verschließen könnten. „Das glaube ich nicht. Der soziale Druck – nehmen wir das Beispiel Pünktlichkeit – ist ja vorhanden, sozialer Druck verschwindet durch ein solches Label ja nicht“, erklärt Schomerus. Wenn das Konzept dazu beitrage, den Anpassungsdruck auf die Betroffenen ein bisschen zu verringern, sei das entlastend und eher positiv zu bewerten.

https://deutsch.medscape.com/artikelansicht/4914759?ecd=WNL_mdplsfeat_250310_mscpedit_de_etid7282775&uac=&impID=7282775

... link (0 Kommentare)   ... comment


Lemon Swan: Zensur im Online-Kontaktforum
Lemon Swan ist eine Online-Partnerbörse, die in Tests meist sehr gut wegkommt.


Ich machte dort allerdings die Erfahrung, dass da ein Zensor mitliest und umfangreichere Texte nicht durchlässt und diese gegenüber dem User selber kommentiert. Ich habe keine Ahnung, ob das ein Mensch oder eine KI ist, aber von Wahrung der Intimsphäre kann hier keine Rede sein.
Längere Beiträge oder solche, die kein oberflächliches Blabla sondern umfangreiche Schilderungen eigener Erlebnisse und Bedürfnisse enthalten werden mit dem Kommentar dass so etwas unerwünscht sei geblockt.

Bei dem Versuch, eigene Kontakdaten mitzuteilen konnte ich lesen:
"Bitte beachten Sie: Viele unserer Mitglieder fühlen sich unwohl, wenn sie private Kontaktdaten übermittelt bekommen. Nutzen Sie daher für den Austausch Ihrer privaten Kontaktdaten, die Funktion “Kontaktdaten teilen”. Denn die hier angegebenen Informationen werden von LemonSwan auf Ihre Echtheit geprüft und verifiziert. So stellen wir die Authentizität Ihres Gegenübers sicher und schützen Sie vor unaufrechtigen Kontakten. Vielen Dank für Ihr Verständnis und weiterhin viel Spaß:"

und bei Betätigung der Funktion "Kontaktdaten teilen" wurde mir diese verweigert. Offensichtlich geht es darum, die zahlenden Mitglieder möglichst lange in der Distanzkommunikation zu halten und ein baldiges Treffen im real life zu verhindern, um weiterhin Geld
mit ihren Beiträgen zu verdienen.

... link (3 Kommentare)   ... comment