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Mittwoch, 12. März 2025
Zeit abschaffen: Von der Zukunft der Vergangenheit. Heute: Musi und Iftaf
che2001, 17:44h
Titelgeber für die neue Kolumne, die die Nachfolge von "Elemente der Gegenaufklärung" auf diesem Blog antritt ist Simon Nagy, der die utilitaristischen, neoliberalen, tinaiistischen Diskurse der Gegenwart als den bislang sehr erfolgreichen Versuch wertet, utopisches und emanzipativ-antizipierendes Denken platt zu machen, das Denken von Befreiung, Überwindung der HERRschenden Verhältnisse undenkbar zu machen.
https://www.amazon.de/Zeit-abschaffen-hauntologischer-Familie-Herrschaft/dp/3897716224
In diesem Sinne greife ich zurück auf eigene Erlebnisse, die mit möglichen anderen Verhältnissen in Zusammenhang gedacht werden können bzw. zeigen, in welcher Weise die Welt sich in den letzten Jahrzehnten verändert hat, welche Möglichkeiten bestanden haben und zerstört wurden und welche historischen Züge uns schon davongefahren sind. Um der Lüge vom Ende der Geschichte die Rückkehr der konkreten Utopie entgegenzusetzen.
Musi und Iftaf
Meine erste Ägyptenreise unternahm ich als Student. Es war eine klassische Globetrotter-Abenteuerreise. Wir waren vier Studis, eine Frau und drei Männer, die sich vorher nicht kannten, zusammengekommen über einen Anschlag am Schwarzen Brett vor der Mensa, die das Interesse einte nach Ägypten zu reisen. Die ganze Reise dauerte drei Wochen und kostete pro Person 800 Mark, wir buchten nur den Flug und zogen dann durchs Land und machten da Quartier wo es gerade passte. Am Strand von Sharm el Sheikh schlossen wir Freundschaft mit ein paar überwiegend gleichaltrigen Ägyptern. Mit denen unternahmen wir dann weitere Exkursionen, bei einem, Mohammed, wohnten wir ein paar Tage zuhause in Kairo, der besuchte uns später auch in Deutschland. Es waren echte Freundschaften die da geschlossen wurden, nicht nur vage Urlaubsbekanntschaften.
Die Gruppe um Mohammed nannte sich Musi. Der Name war zustandegekommen weil einer von ihnen, der hauptsächlich Arabisch und nur schlecht Englisch sprach einmal "This Boys are good" gesagt, aber "Boys" als "Busi" gesprochen hatte. Die anderen verstanden "Music" und es gab ein großes Hallo und viel Spaß. Jedenfalls nannte die ganze Gruppe sich seither Musi, und wann immer die sich irgendwo trafen, etwa in einer dichten Menschentraube des Bazars war der Erkennungsruf ein laut geschriehenes "Muuuuusi!".
Einer aus unserer Gruppe wiederum vermischte die Namen einiger unserer neuen Freunde, Ashraf, Atef und Hischam, und daraus entstand Iftaf.
So wurden wir die Iftaf Group, und wir begrüßten uns gegenseitig wenn wir uns trafen mit "Musi! Iftaf!". Generell hatten wir viel Spaß miteinander und alberten herrlich herum, hatten aber auch sehr ernste Diskussionen, etwa, wenn unsere Freunde versuchten uns zum Islam zu bekehren und wir erwiderten "Die Antwort ist 42." und mit dem Anhalter und dem Spaghettimonster konterten. Bei allen Seiten war genug Toleranz und Humor vorhanden um damit klarzukommen.
In einem Kairoer Hotel, wo die Muslime heimlich Whisky tranken diskutierte ich mit einem marxistischen ägyptischen Philosophen und hörte zum ersten Mal von Bruno Bauer.
Wir verbrachten eine Nacht mit Bauarbeitern in der Wüste, wurden im Slum von Assuan von Flüchtlingen aus dem Sudan mit Schwarzem Sudani der pur geraucht wurde bewirtet und hatten einige lebensgefährliche Situationen, die aber alle gut ausgingen.
Längst sind diese Zeiten vergangen, es ist nicht mehr möglich, auf diese Weise durch Ägypten zu reisen, und die Straße, auf der wir durch den Sinai trampten und zum Teil auch wanderten ist heute für den Zivilverkehr gesperrt und wird hauptsächlich von Panzern genutzt.
Geblieben ist der abenteuerlustige Geist von damals und die neugierige Weltoffenheit, und ich hoffe da eines Tages wieder anknüpfen zu können.
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In diesem Sinne greife ich zurück auf eigene Erlebnisse, die mit möglichen anderen Verhältnissen in Zusammenhang gedacht werden können bzw. zeigen, in welcher Weise die Welt sich in den letzten Jahrzehnten verändert hat, welche Möglichkeiten bestanden haben und zerstört wurden und welche historischen Züge uns schon davongefahren sind. Um der Lüge vom Ende der Geschichte die Rückkehr der konkreten Utopie entgegenzusetzen.
Musi und Iftaf
Meine erste Ägyptenreise unternahm ich als Student. Es war eine klassische Globetrotter-Abenteuerreise. Wir waren vier Studis, eine Frau und drei Männer, die sich vorher nicht kannten, zusammengekommen über einen Anschlag am Schwarzen Brett vor der Mensa, die das Interesse einte nach Ägypten zu reisen. Die ganze Reise dauerte drei Wochen und kostete pro Person 800 Mark, wir buchten nur den Flug und zogen dann durchs Land und machten da Quartier wo es gerade passte. Am Strand von Sharm el Sheikh schlossen wir Freundschaft mit ein paar überwiegend gleichaltrigen Ägyptern. Mit denen unternahmen wir dann weitere Exkursionen, bei einem, Mohammed, wohnten wir ein paar Tage zuhause in Kairo, der besuchte uns später auch in Deutschland. Es waren echte Freundschaften die da geschlossen wurden, nicht nur vage Urlaubsbekanntschaften.
Die Gruppe um Mohammed nannte sich Musi. Der Name war zustandegekommen weil einer von ihnen, der hauptsächlich Arabisch und nur schlecht Englisch sprach einmal "This Boys are good" gesagt, aber "Boys" als "Busi" gesprochen hatte. Die anderen verstanden "Music" und es gab ein großes Hallo und viel Spaß. Jedenfalls nannte die ganze Gruppe sich seither Musi, und wann immer die sich irgendwo trafen, etwa in einer dichten Menschentraube des Bazars war der Erkennungsruf ein laut geschriehenes "Muuuuusi!".
Einer aus unserer Gruppe wiederum vermischte die Namen einiger unserer neuen Freunde, Ashraf, Atef und Hischam, und daraus entstand Iftaf.
So wurden wir die Iftaf Group, und wir begrüßten uns gegenseitig wenn wir uns trafen mit "Musi! Iftaf!". Generell hatten wir viel Spaß miteinander und alberten herrlich herum, hatten aber auch sehr ernste Diskussionen, etwa, wenn unsere Freunde versuchten uns zum Islam zu bekehren und wir erwiderten "Die Antwort ist 42." und mit dem Anhalter und dem Spaghettimonster konterten. Bei allen Seiten war genug Toleranz und Humor vorhanden um damit klarzukommen.
In einem Kairoer Hotel, wo die Muslime heimlich Whisky tranken diskutierte ich mit einem marxistischen ägyptischen Philosophen und hörte zum ersten Mal von Bruno Bauer.
Wir verbrachten eine Nacht mit Bauarbeitern in der Wüste, wurden im Slum von Assuan von Flüchtlingen aus dem Sudan mit Schwarzem Sudani der pur geraucht wurde bewirtet und hatten einige lebensgefährliche Situationen, die aber alle gut ausgingen.
Längst sind diese Zeiten vergangen, es ist nicht mehr möglich, auf diese Weise durch Ägypten zu reisen, und die Straße, auf der wir durch den Sinai trampten und zum Teil auch wanderten ist heute für den Zivilverkehr gesperrt und wird hauptsächlich von Panzern genutzt.
Geblieben ist der abenteuerlustige Geist von damals und die neugierige Weltoffenheit, und ich hoffe da eines Tages wieder anknüpfen zu können.
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Stellungnahme zum 05. Jahrestag des Terroranschlags von Hanau
che2001, 11:11h
Der AK Asyl Göttingen erklärt sich solidarisch mit der Mutter des ermordeten Sedat Gürbüz gegen die Vorwürfe der Hanauer Rathaus-Koalition
Während der Gedenkfeier zum fünften Jahrestag für die Opfer des Terroranschlages vom 19. Februar 2020 in Hanau hielt die Mutter des ermordeten Sedat Gürbüz eine Rede. In der Rede sagte sie unter anderem: „Deutschland und die Stadt Hanau schulden mir ein Leben…. Der Mörder hatte Briefe geschrieben, doch die Stadt Hanau ignorierte sie. … Die Stadt wusste, dass die Notausgangstür verschlossen war, und unternahm nichts. Hätte die Stadt ihre Aufgaben ordnungsgemäß erfüllt, wären diese neun Kinder noch heute am Leben…. „
Vor diesem Jahrestag hatten Angehörige der Opfer wiederholt versucht, Behördenfehler vor Gericht zu bringen, die allesamt abgelehnt wurden. Es gab bisher kein einziges Gerichtsverfahren zu den rassistischen Morden von Hanau und das, obwohl die Vorwürfe zum nicht funktionierenden Notruf und zu der verschlossenen Fluchttür immer wieder untermauert wurden. Und genau das hat Frau Gürbüz am 5. Jahrestag der Morde erneut angeklagt.
Aber offensichtlich hatten sich die Vertreter*innen der Hanauer Rathauskoalition aus SPD, CDU und FDP gedacht, es müsse doch endlich „genug sein mit den Vorwürfen“. In einer Pressemitteilung diffamierten und beleidigten sie Frau Gürbüz, warfen ihr Agitation und eine Instrumentalisierung des Gedenkens vor und entsorgten sich gleich der ungeliebten Gedenkveranstaltung. Diese solle in Zukunft nur noch in kleinem Rahmen stattfinden. Sie äußerten sogar Lügen und behaupteten Frau Gürbüz hätte gesagt, sie hasse Deutschland, Hanau und den Oberbürgermeister. Das ist frei erfunden! Aber genau diese Lüge nehmen sie öffentlich als Anlass, den Antrag auf die deutsche Staatsangehörigkeit von Frau Gürbüz in Frage zu stellen. Das ist nicht einfach nur eine Verletzung ihrer Persönlichkeitsrechte, das ist purer Rassismus.
222 Kulturschaffende haben in einem Brief an die verantwortlichen Politiker*innen eine Entschuldigung gefordert. Die Familien der Opfer seien keine Statist*innen, die „ihnen Versöhnlichkeit oder gar eine handzahme PR für ihre Stadt schulden“, heißt es darin. Die Forderung nach einer Entschuldigung teilt der AK Asyl Göttingen. „In einer Gedenkveranstaltung für die Opfer eines rassistischen Terroranschlags haben nicht Politiker*innen die Macht den Inhalt zu bestimmen, sondern die Hinterbliebenen haben das Sagen!“
Die Ansage, die Gedenkveranstaltung nicht weiter fortzuführen ist dabei eine klare Drohung gegenüber allen Hinterbliebenen. Es soll nicht darum gehen, wie solche Taten in Zukunft verhindert werden können, es soll nicht darum gehen, wie von Rassismus betroffene Menschen sich sicherer fühlen können. Nein, es geht um die Deutungsmacht und um Unterwürfigkeit. Die Hinterbliebenen oder die Opfer von Rassismus sollen sich dankbar zeigen für hohle Worte und Phrasen.
In ihrer Pressemitteilung versuchen die Politiker*innen auch noch einen Keil in die Hinterbliebenen zu treiben: „Die Rede sei eine Ohrfeige für alle Familien, die trotz ihrer Trauer wieder zurück ins Leben finden wollen…“
Armin Kurtovic, dessen Sohn Hamza bei dem Anschlag ebenfalls ermordet wurde, findet dafür klare Worte: Anstatt die Verantwortung für ihr Versagen zu übernehmen, startet der Oberbürgermeister mit dem Magistrat eine Gegenoffensive – wie immer.“
Vertuschen, Verschweigen und Wegsehen hat in Deutschland bei rassistischen Morden Tradition. Sei es beim Brandanschlag in Mölln, dem Pogrom in Rostock-Lichtenhagen oder beim sogenannten NSU-Komplex. Es ist eine systematische Strategie der herrschenden Politik jegliche selbstbestimmte Erinnerungskultur auslöschen zu wollen. Der Rassismus äußert sich strukturell und kulturell. Die Gefühle, der Schmerz und die Wut sowie die Forderungen der Betroffenen werden nicht ernst genommen oder gleich völlig ausgeblendet. Im Namen der „Meinungsfreiheit“ wird dabei rassistischen Positionen der rote Teppich ausgerollt und eine Normalisierung des Alltagsrassismus das Wort geredet. Der Offene Brief der ehemaligen Oberbürgermeisterin Margret Hertel mit ihren rassistischen Äußerungen ist ein weiterer Beweis dafür. Die Unterstellung, es sei nicht erkennbar, dass Frau Gürbüz wirklich trauere und zu behaupten, sie habe den Tod ihrer Kinder politisch instrumentalisiert ist wirklich ungeheuerlich.
ES REICHT!
Frau Schwarzenberger, Herr Redding, Herr Statz und Frau Hertel – entschuldigen Sie sich, das ist das einzig Richtige!
Während der Gedenkfeier zum fünften Jahrestag für die Opfer des Terroranschlages vom 19. Februar 2020 in Hanau hielt die Mutter des ermordeten Sedat Gürbüz eine Rede. In der Rede sagte sie unter anderem: „Deutschland und die Stadt Hanau schulden mir ein Leben…. Der Mörder hatte Briefe geschrieben, doch die Stadt Hanau ignorierte sie. … Die Stadt wusste, dass die Notausgangstür verschlossen war, und unternahm nichts. Hätte die Stadt ihre Aufgaben ordnungsgemäß erfüllt, wären diese neun Kinder noch heute am Leben…. „
Vor diesem Jahrestag hatten Angehörige der Opfer wiederholt versucht, Behördenfehler vor Gericht zu bringen, die allesamt abgelehnt wurden. Es gab bisher kein einziges Gerichtsverfahren zu den rassistischen Morden von Hanau und das, obwohl die Vorwürfe zum nicht funktionierenden Notruf und zu der verschlossenen Fluchttür immer wieder untermauert wurden. Und genau das hat Frau Gürbüz am 5. Jahrestag der Morde erneut angeklagt.
Aber offensichtlich hatten sich die Vertreter*innen der Hanauer Rathauskoalition aus SPD, CDU und FDP gedacht, es müsse doch endlich „genug sein mit den Vorwürfen“. In einer Pressemitteilung diffamierten und beleidigten sie Frau Gürbüz, warfen ihr Agitation und eine Instrumentalisierung des Gedenkens vor und entsorgten sich gleich der ungeliebten Gedenkveranstaltung. Diese solle in Zukunft nur noch in kleinem Rahmen stattfinden. Sie äußerten sogar Lügen und behaupteten Frau Gürbüz hätte gesagt, sie hasse Deutschland, Hanau und den Oberbürgermeister. Das ist frei erfunden! Aber genau diese Lüge nehmen sie öffentlich als Anlass, den Antrag auf die deutsche Staatsangehörigkeit von Frau Gürbüz in Frage zu stellen. Das ist nicht einfach nur eine Verletzung ihrer Persönlichkeitsrechte, das ist purer Rassismus.
222 Kulturschaffende haben in einem Brief an die verantwortlichen Politiker*innen eine Entschuldigung gefordert. Die Familien der Opfer seien keine Statist*innen, die „ihnen Versöhnlichkeit oder gar eine handzahme PR für ihre Stadt schulden“, heißt es darin. Die Forderung nach einer Entschuldigung teilt der AK Asyl Göttingen. „In einer Gedenkveranstaltung für die Opfer eines rassistischen Terroranschlags haben nicht Politiker*innen die Macht den Inhalt zu bestimmen, sondern die Hinterbliebenen haben das Sagen!“
Die Ansage, die Gedenkveranstaltung nicht weiter fortzuführen ist dabei eine klare Drohung gegenüber allen Hinterbliebenen. Es soll nicht darum gehen, wie solche Taten in Zukunft verhindert werden können, es soll nicht darum gehen, wie von Rassismus betroffene Menschen sich sicherer fühlen können. Nein, es geht um die Deutungsmacht und um Unterwürfigkeit. Die Hinterbliebenen oder die Opfer von Rassismus sollen sich dankbar zeigen für hohle Worte und Phrasen.
In ihrer Pressemitteilung versuchen die Politiker*innen auch noch einen Keil in die Hinterbliebenen zu treiben: „Die Rede sei eine Ohrfeige für alle Familien, die trotz ihrer Trauer wieder zurück ins Leben finden wollen…“
Armin Kurtovic, dessen Sohn Hamza bei dem Anschlag ebenfalls ermordet wurde, findet dafür klare Worte: Anstatt die Verantwortung für ihr Versagen zu übernehmen, startet der Oberbürgermeister mit dem Magistrat eine Gegenoffensive – wie immer.“
Vertuschen, Verschweigen und Wegsehen hat in Deutschland bei rassistischen Morden Tradition. Sei es beim Brandanschlag in Mölln, dem Pogrom in Rostock-Lichtenhagen oder beim sogenannten NSU-Komplex. Es ist eine systematische Strategie der herrschenden Politik jegliche selbstbestimmte Erinnerungskultur auslöschen zu wollen. Der Rassismus äußert sich strukturell und kulturell. Die Gefühle, der Schmerz und die Wut sowie die Forderungen der Betroffenen werden nicht ernst genommen oder gleich völlig ausgeblendet. Im Namen der „Meinungsfreiheit“ wird dabei rassistischen Positionen der rote Teppich ausgerollt und eine Normalisierung des Alltagsrassismus das Wort geredet. Der Offene Brief der ehemaligen Oberbürgermeisterin Margret Hertel mit ihren rassistischen Äußerungen ist ein weiterer Beweis dafür. Die Unterstellung, es sei nicht erkennbar, dass Frau Gürbüz wirklich trauere und zu behaupten, sie habe den Tod ihrer Kinder politisch instrumentalisiert ist wirklich ungeheuerlich.
ES REICHT!
Frau Schwarzenberger, Herr Redding, Herr Statz und Frau Hertel – entschuldigen Sie sich, das ist das einzig Richtige!
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