Sonntag, 16. März 2025
Männlichkeit.
Fast alle akademischen und medialen Diskurse hierzulande die sich mit Männlichkeit oder Männerrollenverständnis auseinandersetzen sind , die Maskulinisten und Männerrechtler nehme ich jetzt mal aus, vom Feminismus geprägt und von Infragestellungen der traditionellen Männerrolle und des Patriarchats seit den Sechziger Jahren. Dies ist aber eine Besonderheit liberaler, akademischer oder jedenfalls gebildeter Kreise in Westeuropa und Nordamerika. Im Weltmaßstab oder in bildungsfernen Schichten ist dies durchaus anders. Das Männerbild, wie es in Theweleits Männerfantasien behandelt wird und wie es in den Texten von Ernest Hemingway und Jorge Luis Borges zum Tragen kommt ist da bis heute wirkungsmächtig. In Russland, dem Nahen Osten, Indien, Südostasien, Mexiko oder Venezuela sieht es, spitz auf den Punkt gebracht durchaus so aus, dass der Messerstecher oder Teilnehmer einer Wirtshausschlägerei als ganzer Kerl betrachtet wird.

Bei meinen Reisen durch arabische Länder bekam ich es immer wieder mit, dass arabische Männer, z.B. im Zugabteil, mich zum Armdrücken aufforderten. Dieses Kräftemessen gehörte einfach dazu, um anerkannt zu werden, ich tat dann auch mit. So etwas ist aber nicht nur für den Orient typisch oder Länder der sogenannten Dritten Welt. Es ist nur atypisch für die akademischen, linken oder liberalen Milieus.

Nach meinem Studium der Geschichts- Politik- und Kommunikationswissenschaft, meiner Promotion in diesen Fächern, meiner Weiterbildung zum Mediengestalter und meinen Tätigkeiten als Journalist, Lehrer, Grafikdesigner, Dozent und Googleoptimierer machte ich dann nochmal eine Weiterbildung zum Finanzexperten und war da dann mit Trainees zusammen die altersmäßig meine Kinder hätten sein können. Da gab es dann Handwerksgesellen Anfang Zwanzig, die nach den ersten Gesellenjahren den Entschluss gefasst hatten nicht mehr körperlich arbeiten zu wollen und sich auch ein höheres Einkommen erhofften. Die vertraten zu Geschlechterrollen grauslich reaktionäre Ansichten: Männer sollten versuchen, alle Frauen ins Bett zu kommen die sie kriegen können, Frauen die sich genauso verhielten seien verachtenswerte Schlampen, und über Schwule wurde abgelästert. Gemeinschaftsstiftendes Ritual waren gemeinsame Klimmzüge an den Balken der Pergola unseres Schulungshotels, wer nicht mitmachte gehörte nicht dazu. Der kulturelle Unterschied zwischen diesen Jungs, die aus hessischen und pfälzischen Dörfern stammten und meiner linken Szene war aber fast so groß wie zwischen Deutschland insgesamt und Ländern, die auf stan enden.

Männlichkeit wird als verbunden angesehen mit roher Kraft, Kräftemessen und einer gewissen Aggressionsbereitschaft sowie Frauenfeindlichkeit.
Und leider ist diese patriarchale Vorstellungswelt weltweit dominierend. Wer diese nicht als wesentliche Grundlage von Handlungsmustern erkennt wird den Ukrainekonflikt, den Kurdistan- und Nahostkonflikt, das Handelns Trumps und auch das von Narendra Moody nicht verstehen können.

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