Donnerstag, 21. Februar 2013
"Wir hätten den Bürgerkrieg wagen müssen"
che2001, 00:13h
Das sagte irgendwann in den frühen 1980ern in einem Fernsehinterview der Kulturkritiker Hans Mayer zum Thema NS-"Machtergreifung". Das Reichsbanner, die Rotfront, die Eiserne Front waren ja als paramilitärische Formationen der Linken vorhanden. Es mangelte an Antietatismus auf der Linken, die Katastrophe zu verhindern. Die Deutschen waren leider keine SpanierInnen.
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first_dr.dean,
Donnerstag, 21. Februar 2013, 02:06
Tja - nur machten die Kommunisten mit den Nazis nur allzu oft gemeinsame Sache. Die bekämpften doch so gerne das Parlament, die Sozialdemokraten ("Sozialfaschisten") und auch die absplitternden Teile der DDP. Die SPD galt den Kommunisten der Weimarer Republik sogar noch weit vor (!) den Nazis als bekämpfenswerte Gefahr. Erst Ende 1932 - viel zu spät - setzte da ein gewisses Umdenken ein.
Und die wirtschaftsliberalen und konservativen Steigbügelhalter des Nationalsozialismus, die bestimmten bis zur Diktatur weite Teile der Beamtenschaft und der Richterschaft. Nazis ließ man laufen, Kommunisten und Sozialdemokraten sperrte man ein. Das war ja tatsächlich auch einer der Faktoren, warum die SA im Straßenkampf (quasi mit richterlichen Freibrief) so ungehindert vorgehen konnte, während Kommunisten und Sozialdemokraten schnell inhaftiert wurden. Es war aber nicht der Straßenkampf, der das Schicksal der Republik entschied. Erst mit Leuten wie Brüning und anderen wurde die Republik endgültig sturmreif geschossen. So sehe ich das.
Und niemand konnte sich vorstellen, wie schnell und gründlich es den Nazis im Rahmen der "Machtergreifung"sdiktatur gelang, alle politischen Gegner auszuschalten. Bereits 3 Stunden nach dem Reichstagsbrand setzten die Nazis eine Verordnung durch, welche die Möglichkeiten politischer Gegenwehr praktisch ausschaltete - und damit übrigens auch die Möglichkeit eines Aufstandes gegen das Naziregime.
Am Anfang hofften ja viele Demokraten und Antifaschisten noch auf den automatischen Zusammenbruch einer nationalsozialistischen Regierung, der man allgemein nicht zutraute, sich an der Macht zu halten.
Eine gefährliche Täuschung und Verkennung des Gegners. Imho hätte es noch weit vor einem Bürgerkrieg (für den es ohnehin nur ein sehr kleines Zeitfenster gegeben hat) haufenweise gute Handlungsoptionen gegeben. Was sich aus heutiger Sicht auch verblüffend einfach sagen lässt - wie auch die Forderung eines Bürgerkrieges. Die einfachste Variante wäre vermutlich die rechtzeitige Elimination von Hitler gewesen.
Hätte man es doch vorher gewusst. Erschreckend ist übrigens, wie präzise Simone Weil (aus dem Studium der deutschen Presse) schon 1931 das kommende Geschehen inklusive der unmenschlichen Konsequenzen voraus sah. Auch Tucholski hatte einen klaren Blick auf die Zukunft - und gerade darum nahm er sich das Leben, aus Leiden an der deutschen Gegenwart.
Noch 1938 standen zwischen dem Vernichtungsinferno, welche die Nazis über die Welt brachten, und einer millionenfach besseren Alternative lumpige 12 Minuten.
Dabei war der Sprengsatz derart genial platziert.
Und die wirtschaftsliberalen und konservativen Steigbügelhalter des Nationalsozialismus, die bestimmten bis zur Diktatur weite Teile der Beamtenschaft und der Richterschaft. Nazis ließ man laufen, Kommunisten und Sozialdemokraten sperrte man ein. Das war ja tatsächlich auch einer der Faktoren, warum die SA im Straßenkampf (quasi mit richterlichen Freibrief) so ungehindert vorgehen konnte, während Kommunisten und Sozialdemokraten schnell inhaftiert wurden. Es war aber nicht der Straßenkampf, der das Schicksal der Republik entschied. Erst mit Leuten wie Brüning und anderen wurde die Republik endgültig sturmreif geschossen. So sehe ich das.
Und niemand konnte sich vorstellen, wie schnell und gründlich es den Nazis im Rahmen der "Machtergreifung"sdiktatur gelang, alle politischen Gegner auszuschalten. Bereits 3 Stunden nach dem Reichstagsbrand setzten die Nazis eine Verordnung durch, welche die Möglichkeiten politischer Gegenwehr praktisch ausschaltete - und damit übrigens auch die Möglichkeit eines Aufstandes gegen das Naziregime.
Am Anfang hofften ja viele Demokraten und Antifaschisten noch auf den automatischen Zusammenbruch einer nationalsozialistischen Regierung, der man allgemein nicht zutraute, sich an der Macht zu halten.
Eine gefährliche Täuschung und Verkennung des Gegners. Imho hätte es noch weit vor einem Bürgerkrieg (für den es ohnehin nur ein sehr kleines Zeitfenster gegeben hat) haufenweise gute Handlungsoptionen gegeben. Was sich aus heutiger Sicht auch verblüffend einfach sagen lässt - wie auch die Forderung eines Bürgerkrieges. Die einfachste Variante wäre vermutlich die rechtzeitige Elimination von Hitler gewesen.
Hätte man es doch vorher gewusst. Erschreckend ist übrigens, wie präzise Simone Weil (aus dem Studium der deutschen Presse) schon 1931 das kommende Geschehen inklusive der unmenschlichen Konsequenzen voraus sah. Auch Tucholski hatte einen klaren Blick auf die Zukunft - und gerade darum nahm er sich das Leben, aus Leiden an der deutschen Gegenwart.
Noch 1938 standen zwischen dem Vernichtungsinferno, welche die Nazis über die Welt brachten, und einer millionenfach besseren Alternative lumpige 12 Minuten.
Dabei war der Sprengsatz derart genial platziert.
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che2001,
Donnerstag, 21. Februar 2013, 11:19
Leon Blum und GenossInnen hatten daraus gelernt
Die Volksfront in Frankreich war ei direktes Ergebnis dieser Erfahrungen.
Btw und es ist immer noch unmöglich, sich "Georg Elser Platz Ecke Erich-Mühsam-Allee" zu verabreden.
Btw und es ist immer noch unmöglich, sich "Georg Elser Platz Ecke Erich-Mühsam-Allee" zu verabreden.
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tuc,
Donnerstag, 21. Februar 2013, 12:02
Ein gutes Wort für die Kommunisten
Klar, man kann vieles, sehr vieles an den Kommunisten der Weimarer Republik kritisieren. Aber ich denke, der Doc tut das an der falschen Adresse.
Bis 1932 war überhaupt nicht klar, in was für eine Richtung sich die NSDAP entwickeln würde. Möglich war vieles, zum Beispiel auch, dass sich Strasser anstelle Hitlers durchsetzt, der natürlich auch ein antisemitischer Faschist war aber unter seinen Anhängern durchaus auch Leute hatte, die politisch noch nicht eindeutig festgelegt waren. Es war diese NSDAP-Basis, mit der die Kommunisten zum Teil politisch gemeinsam aktiv waren, zum Beispiel bei Streiks. Gar nicht wenige von denen wechselten auch die Seiten, als Hitler sich durchsetzte und sich zeigte, dass vom NS für die Arbeiterschaft nichts als Ausbeutung und Krieg zu erwarten war.
Es fanden aber auch öffentliche und nichtöffentliche Streitgespräche und Debatten zwischen Rechts und Links statt. Daran waren neben NS-Leuten und Kommunisten aber auch Sozialdemokraten, Nationalbolschewisten und Publizisten jeglicher Coleur beteiligt. Man darf nicht den Fehler machen, und die damaligen politischen Blöcke aus heutiger Sicht als unbewegliche Monolithen sehen.
Die KPD war eine stalinistische, moskauorientierte Partei – das war ihr Fehler. Dass sie die SPD lange als gefährlicheren Gegner als den NS wahrnahm halte ich in Teilen für nachvollziehbar. Es waren Ebert und Noske die 18/19 rechtsradikale Milizen beauftragten, ihre eigenen Leute niederzukartetschen. Man darf nicht vergessen, dass die deutschen Revolution eine nahezu gewaltfreie und friedliche war und die Akteure die ganze Zeit dachten, die Parteiführung auf ihrer Seite zu haben! Das war die traumatische Erfahrung, welche die radikale Linke in Deutschland erst zu autoritären Kommunisten werden ließ, deren erster Vertreter Eugen Leviné war.
Würde die SPD heute Hooligans bezahlen, um uns niederzumachen, würden wir sie eventuell auch als gefählicher ansehen als die politisch doch eher unbedeutende und von Staat bezahlte und zum Großteil von V-Leuten geführte NPD. Zumal, wenn wir nicht der Erfahrung von 33 hätten.
Bitte nicht falsch verstehen: natürlich war die Sozialfaschismustheorie ein gigantischer Fehler. Aber doch bestimmt keiner, der größer wäre als einer der anderen Parteien.
Bis 1932 war überhaupt nicht klar, in was für eine Richtung sich die NSDAP entwickeln würde. Möglich war vieles, zum Beispiel auch, dass sich Strasser anstelle Hitlers durchsetzt, der natürlich auch ein antisemitischer Faschist war aber unter seinen Anhängern durchaus auch Leute hatte, die politisch noch nicht eindeutig festgelegt waren. Es war diese NSDAP-Basis, mit der die Kommunisten zum Teil politisch gemeinsam aktiv waren, zum Beispiel bei Streiks. Gar nicht wenige von denen wechselten auch die Seiten, als Hitler sich durchsetzte und sich zeigte, dass vom NS für die Arbeiterschaft nichts als Ausbeutung und Krieg zu erwarten war.
Es fanden aber auch öffentliche und nichtöffentliche Streitgespräche und Debatten zwischen Rechts und Links statt. Daran waren neben NS-Leuten und Kommunisten aber auch Sozialdemokraten, Nationalbolschewisten und Publizisten jeglicher Coleur beteiligt. Man darf nicht den Fehler machen, und die damaligen politischen Blöcke aus heutiger Sicht als unbewegliche Monolithen sehen.
Die KPD war eine stalinistische, moskauorientierte Partei – das war ihr Fehler. Dass sie die SPD lange als gefährlicheren Gegner als den NS wahrnahm halte ich in Teilen für nachvollziehbar. Es waren Ebert und Noske die 18/19 rechtsradikale Milizen beauftragten, ihre eigenen Leute niederzukartetschen. Man darf nicht vergessen, dass die deutschen Revolution eine nahezu gewaltfreie und friedliche war und die Akteure die ganze Zeit dachten, die Parteiführung auf ihrer Seite zu haben! Das war die traumatische Erfahrung, welche die radikale Linke in Deutschland erst zu autoritären Kommunisten werden ließ, deren erster Vertreter Eugen Leviné war.
Würde die SPD heute Hooligans bezahlen, um uns niederzumachen, würden wir sie eventuell auch als gefählicher ansehen als die politisch doch eher unbedeutende und von Staat bezahlte und zum Großteil von V-Leuten geführte NPD. Zumal, wenn wir nicht der Erfahrung von 33 hätten.
Bitte nicht falsch verstehen: natürlich war die Sozialfaschismustheorie ein gigantischer Fehler. Aber doch bestimmt keiner, der größer wäre als einer der anderen Parteien.
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first_dr.dean,
Donnerstag, 21. Februar 2013, 14:37
Ich würde sogar so weit gehen und behaupten, dass sich die Weimarer Republik vergleichsweise locker gehalten hätte, wenn die KPD es sich zum Ziel gesetzt hätte, eben diese Weimarer Republik und ihre brüchige Demokratie zu verteidigen, gegen die Gefahr von Rechts.
1933 war es dann zu spät.
1933 war es dann zu spät.
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genova68,
Donnerstag, 21. Februar 2013, 15:37
Ein schöner Beitrag, tuc
hier lernt man was :-)
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willy56,
Donnerstag, 21. Februar 2013, 16:54
"Die Deutschen waren leider keine SpanierInnen."
Als wenn´s den Spaniern was genutzt hätte. Sie durften den Faschismus bis 1975 ertragen. Wofür die radikalen Linken des Bürgerkriegs erhebliche Verantwortung trugen.
Als wenn´s den Spaniern was genutzt hätte. Sie durften den Faschismus bis 1975 ertragen. Wofür die radikalen Linken des Bürgerkriegs erhebliche Verantwortung trugen.
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noergler,
Donnerstag, 21. Februar 2013, 22:38
Die WR wurde kaputtgespart. Das ist es, was viele, allen voran Mutti Merkel, nicht sehen wollen: Das letztemal, als ein deutscher Staat einen harten Austeritätskurs fuhr, hieß das Ergebnis Adolf Hitler.
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tuc,
Freitag, 22. Februar 2013, 00:26
Danke, Genova.
So ist es, noergler.
Wenn man sich das einmal bewusst macht und registriert, dass überhaupt nicht aus der Geschichte gelernt wurde, kann einem angst und bange werden.
So ist es, noergler.
Wenn man sich das einmal bewusst macht und registriert, dass überhaupt nicht aus der Geschichte gelernt wurde, kann einem angst und bange werden.
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koogleschreiber,
Freitag, 22. Februar 2013, 03:47
Wenn es der KPD gelungen wäre, mit welchen Mitteln auch immer, aus Deutschland eine Republik nach sowjetischem Vorbild zu machen, wäre diese von den kapitalistischen Großmächten toleriert worden oder hätte es eine Militärintervention gegeben? Ich vermute, letzteres wäre tatsächlich der Fall gewesen, mit Folgen, die gar nicht auszumalen sind.
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che2001,
Freitag, 22. Februar 2013, 10:33
@"Wenn es der KPD gelungen wäre" ---- Offensichtlich scheint niemand mehr das Frankreich der Volksfront auf dem Schirm zu haben. Das wäre m.E. viel eher die Perspektive gegeben, war ja auch das, was man in Frankreich aus der deutschen Katastrophe gelernt hatte.
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vert,
Freitag, 22. Februar 2013, 11:39
ot: kt
Auch Tucholski hatte einen klaren Blick auf die Zukunft - und gerade darum nahm er sich das Leben, aus Leiden an der deutschen Gegenwart.
zweifellos war er ein präziser analyst, aber diese ständige moralische überhöhung treibt mir mittlerweile die tränen in die augen. vielleicht war er ja auch depressiv und einsam, hatte sein privatleben in den sand gesetzt, hatte ständig irgendwelche eingebildeten und echten krankheiten, war zermürbt von aufenthaltsstreitigkeiten mit seinem gar nicht immer so generösen gastland und fühlte sich als vormals meinungsstarker lautsprecher seiner äußerungs- und verdienstmöglichkeiten beraubt. jemand, der als homme à femmes (ich sag jetzt mal nicht chauvi, das verletzt sicher wieder gefühle begeisterter tucholsky-jünger*innen) gerne das geld mit vollen händen ausgab und es als recht narzisstische persönlichkeit liebte, im auge des orkans zu stehen, war eine solche nahezu wörtliche kaltstellung mehr als bitter.
so muss es nicht gewesen sein. aber als häufig bemühter märtyrer der deutschen seele taugt tucholsky nur bedingt, weilte er doch zum beispiel seit 24 lieber in frankreich, und zwar weil er wollte, nicht weil er musste.
die ihm zugeschriebene prophetie trifft gelegentlich auch nur deshalb zu, weil man bei dem riesigen output diverse fehleinschätzungen schlichtweg ausblendet...
(nein, ich habe überhaupt nichts gegen tucholsky. ich bin sogar ein großer fan, so richtig mit kreischen vor der bühne und allem;-)
zweifellos war er ein präziser analyst, aber diese ständige moralische überhöhung treibt mir mittlerweile die tränen in die augen. vielleicht war er ja auch depressiv und einsam, hatte sein privatleben in den sand gesetzt, hatte ständig irgendwelche eingebildeten und echten krankheiten, war zermürbt von aufenthaltsstreitigkeiten mit seinem gar nicht immer so generösen gastland und fühlte sich als vormals meinungsstarker lautsprecher seiner äußerungs- und verdienstmöglichkeiten beraubt. jemand, der als homme à femmes (ich sag jetzt mal nicht chauvi, das verletzt sicher wieder gefühle begeisterter tucholsky-jünger*innen) gerne das geld mit vollen händen ausgab und es als recht narzisstische persönlichkeit liebte, im auge des orkans zu stehen, war eine solche nahezu wörtliche kaltstellung mehr als bitter.
so muss es nicht gewesen sein. aber als häufig bemühter märtyrer der deutschen seele taugt tucholsky nur bedingt, weilte er doch zum beispiel seit 24 lieber in frankreich, und zwar weil er wollte, nicht weil er musste.
die ihm zugeschriebene prophetie trifft gelegentlich auch nur deshalb zu, weil man bei dem riesigen output diverse fehleinschätzungen schlichtweg ausblendet...
(nein, ich habe überhaupt nichts gegen tucholsky. ich bin sogar ein großer fan, so richtig mit kreischen vor der bühne und allem;-)
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lemmy caution,
Freitag, 22. Februar 2013, 10:36
Die Mehrheit der Deutschen hatte Hitler gewählt, die Armee war eher noch mehr auf Seiten Hitlers und die Aufständischen wären zusammengeschossen worden. Du kannst gegen eine professionelle Armee zwar einen Guerrilla-Krieg führen, dafür benötigst Du aber erst einmal ein wenig Eingewöhnungszeit und Du bist erstmal irgendwo auf dem Land isoliert. Insbesondere benötigst Du dafür ein geeignetes Territorium und wo gibts das in Deutschland?
Franco kam von Marroko und sitzte nicht im Land. Teile der Armee standen auf Seiten der Republik.
Franco kam von Marroko und sitzte nicht im Land. Teile der Armee standen auf Seiten der Republik.
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entdinglichung,
Freitag, 22. Februar 2013, 12:05
Mayer war damals übrigens KPO-Mitglied
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first_dr.dean,
Freitag, 22. Februar 2013, 12:44
@ OT KT / vert
Tolle Einschätzung, für meinen Geschmack aber einen Hauch zu streng. Einsamkeit, chronische Krankheit und eine beschissene berufliche Situation würde ich nicht gering schätzen, okay, aber dass ihm politische Fragen sehr nahe gingen, eben auch nicht.
KT hatte in seinem Leben schon vorher einen Hang ins Depressive und benötigte stets so etwas wie einen väterlichen Förderer, um aufzublühen, und überhaupt, Menschen, die ihn schätzten. Ohne Siegfried Jacobson ("Arbeiten, nicht heulen") und seine Kameraden war er nur ein halber Mensch und es ist imho kein Zufall, dass mit dem Tod Jacobsons die Frankreich-Episode von KT begann. Auch fehlten ihm in Schweden seine Kameraden z.B. von der Weltbühne wie Ossietzky, und zwar sehr. Sein Elend war es auch, dass er im Gegensatz zu vielen Exilianten und Nazigegnern den baldigen Kollaps der NS-Herrschaft für völlig ausgeschlossen hielt, was sein Gefühl der Hoffnungslosigkeit geradezu ins Maßlose steigerte.
Leider, zu gut kannte die eiserne Berliner Schnauze die Gefahr. Schön und gut wäre es gewesen (sage ich als Fan), wenn er die Lebensspanne von Walter Mehring erreicht hätte.
@ Nörgler
Wie recht du hast. Der "europäische" Brüningkurs von Merkel und ihrer Beraterclique steht kurz davor, die Krise im Laufe der kommenden Monate massiv zu verschärfen, und diesmal auch als Folge der weltwirtschaftlichen Rückkopplung in Deutschland selbst.
Der wirtschaftliche Kontraktionskurs wirkt wie ein Massenverbrechen an der Jugend in Europa. Schon jetzt liegt die Jugend-Arbeitslosenquote in Südeuropa bei über 60 Prozent.
Die Profiteure (u.a. Hedge Fonds, Gesellschaften auf den Cayman Islands) der staatlichen "Rettungs"maßnahmen werden nicht einmal mit zehn Prozent des geretteten Vermögens an den "Rettungs"kosten beteiligt. Das ist Merkels Kurs: Null Prozent Beteiligung an den Krisenkosten für die Reichtumselite.
Merkel ist die Pest.
Tolle Einschätzung, für meinen Geschmack aber einen Hauch zu streng. Einsamkeit, chronische Krankheit und eine beschissene berufliche Situation würde ich nicht gering schätzen, okay, aber dass ihm politische Fragen sehr nahe gingen, eben auch nicht.
KT hatte in seinem Leben schon vorher einen Hang ins Depressive und benötigte stets so etwas wie einen väterlichen Förderer, um aufzublühen, und überhaupt, Menschen, die ihn schätzten. Ohne Siegfried Jacobson ("Arbeiten, nicht heulen") und seine Kameraden war er nur ein halber Mensch und es ist imho kein Zufall, dass mit dem Tod Jacobsons die Frankreich-Episode von KT begann. Auch fehlten ihm in Schweden seine Kameraden z.B. von der Weltbühne wie Ossietzky, und zwar sehr. Sein Elend war es auch, dass er im Gegensatz zu vielen Exilianten und Nazigegnern den baldigen Kollaps der NS-Herrschaft für völlig ausgeschlossen hielt, was sein Gefühl der Hoffnungslosigkeit geradezu ins Maßlose steigerte.
Leider, zu gut kannte die eiserne Berliner Schnauze die Gefahr. Schön und gut wäre es gewesen (sage ich als Fan), wenn er die Lebensspanne von Walter Mehring erreicht hätte.
@ Nörgler
Wie recht du hast. Der "europäische" Brüningkurs von Merkel und ihrer Beraterclique steht kurz davor, die Krise im Laufe der kommenden Monate massiv zu verschärfen, und diesmal auch als Folge der weltwirtschaftlichen Rückkopplung in Deutschland selbst.
Der wirtschaftliche Kontraktionskurs wirkt wie ein Massenverbrechen an der Jugend in Europa. Schon jetzt liegt die Jugend-Arbeitslosenquote in Südeuropa bei über 60 Prozent.
Die Profiteure (u.a. Hedge Fonds, Gesellschaften auf den Cayman Islands) der staatlichen "Rettungs"maßnahmen werden nicht einmal mit zehn Prozent des geretteten Vermögens an den "Rettungs"kosten beteiligt. Das ist Merkels Kurs: Null Prozent Beteiligung an den Krisenkosten für die Reichtumselite.
Merkel ist die Pest.
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alterbolschewik,
Sonntag, 24. Februar 2013, 14:48
@che bzgl. Volksfront
Ich fürchte, Du überschätzt die Volksfront in Frankreich; Henri Lefebvre, der als KPF-Mitglied daran beteiligt war, resümierte Anfang der 60er: "Heute lassen sich die Ideologie der Volksfront und die Ideologie des Faschismus interpretieren als zwei sowohl analoge als auch kraß differente symmetrische Episoden des industriellen Wachstums, das die Engpässe zu durchbrechen versuchte. An diesem Punkt wird die Ironie der Geschichte schreckenerregend." Natürlich sieht er auch, daß die "Vorstellungen der Volksfront [...] ungleich rationaler als die des Hitlerismus waren, obwohl auch in ihr die archaische Idee der Natur auftauchte", aber dann kritisiert er die Hilf-, Begriffs- und Perspektivlosigkeit der Volksfront, vor allem in ökonomischer Hinsicht; von ein paar beeindruckenden Demonstrationen abgesehen, die der Bourgeoisie kurzfristig Angst gemacht hätten, sei die Volksfront auf der ganzen Linie gescheitert.
Ich fürchte, Du überschätzt die Volksfront in Frankreich; Henri Lefebvre, der als KPF-Mitglied daran beteiligt war, resümierte Anfang der 60er: "Heute lassen sich die Ideologie der Volksfront und die Ideologie des Faschismus interpretieren als zwei sowohl analoge als auch kraß differente symmetrische Episoden des industriellen Wachstums, das die Engpässe zu durchbrechen versuchte. An diesem Punkt wird die Ironie der Geschichte schreckenerregend." Natürlich sieht er auch, daß die "Vorstellungen der Volksfront [...] ungleich rationaler als die des Hitlerismus waren, obwohl auch in ihr die archaische Idee der Natur auftauchte", aber dann kritisiert er die Hilf-, Begriffs- und Perspektivlosigkeit der Volksfront, vor allem in ökonomischer Hinsicht; von ein paar beeindruckenden Demonstrationen abgesehen, die der Bourgeoisie kurzfristig Angst gemacht hätten, sei die Volksfront auf der ganzen Linie gescheitert.
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che2001,
Sonntag, 24. Februar 2013, 16:40
Ich orientiere mich da an dem ganz bürgerlichen französischen Historiker Charles Bloch, der in seiner "Le politic des parties dans la Troisieme Republique" schrieb, dass es keine faschistische Machtergreifung in Frankreich gegeben habe lasse sich auf zwei Hauptfaktoren zurückführen: Erstens war der französische Faschismus gespalten in die Croix Du Feux, die Action Francaise und deren von ihr nicht kontrollierbare Jugendorganisation Camelots Du Roi. Das ist so, als ob NSDAP, Strasser-Flügel und SA drei gleichstarke untereinander konkurrierende faschistische Gruppierungen gewesen wäre. Und auf der anderen Seite ermöglichte die Volksfront eine Mehrheit links des bürgerlichen Lagers und auf dieser Basis ein Verbot der Croix Du Feu. Das sind, jenseits irgendeines Mythos, erstmal strategisch-organisatorische Fakten. Dass die französische Bourgeoisie mehrheitlich antidemokratisch und protofaschistisch gesonnen war änderte sich hierdurch nicht, es galt das Motto "Plustot Hitler que Léon Blum". Das wurde dann ja auch Grundlage des Vichy-Regimes, das eben nicht nur einen Petain, sondern auch einen Laval hatte und der Kollaboration. Aber es gibt schon Gründe, warum der Faschismus in Frankreich nicht von sich aus an die Macht gelangt ist.
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alterbolschewik,
Sonntag, 24. Februar 2013, 17:41
Das ist zweifellos richtig. Als reine Abwehrmaßnahme war die Volksfront sicherlich hilfreich; aber ihr erklärtes Ziel war nicht die Verhinderung des Faschismus - so zurückgenommen hätte sie auch nicht funktioniert. Sie hatte zunächst viel größere Hoffnungen geweckt, die sie dann aber nicht erfüllen konnte.
Das ist jetzt auch kein so wahnsinnig wichtiger Punkt - ich habe mich nur deshalb zu Wort gemeldet, weil mich das aus einem anderen Grund beschäftigt - Achtung, jetzt wirds echt off topic.
Ich laboriere immer noch an dem Epochenbruch 1989 herum. Da hat sich auch etwas in den Köpfen verändert, da ist ein Perspektivenwechsel eingetreten, den ich immer noch begrifflich zu fassen versuche. Hypothese: Die Perspektive der radikalen Linken hat sich von der Abschaffung des Kapitalismus ganz klar zur Identifikation mit seinen Opfern verschoben (was unter anderem die hier schon öfter beklagte Moralisierung des politischen Diskurses einschließt). Das drückt sich auf ganz vielen Ebenen aus und Deine Argumentation für die Volksfront hat mich an eine andere Facette dieser Verschiebung erinnert. Heute ist es praktisch unmöglich, so wie Lefebvre 1961, die Volksfront dahingehend zu kritisieren, daß sie die Revolution verhindert hat. Stattdessen identifizieren wir uns mit ihr, weil wir sie als potentielles Gegengift zu Auschwitz wahrnehmen. Ich fürchte nur, dieser Blick ist ebenso einseitig wie der frühere, der alles auf die Revolution bezog.
Das ist jetzt auch kein so wahnsinnig wichtiger Punkt - ich habe mich nur deshalb zu Wort gemeldet, weil mich das aus einem anderen Grund beschäftigt - Achtung, jetzt wirds echt off topic.
Ich laboriere immer noch an dem Epochenbruch 1989 herum. Da hat sich auch etwas in den Köpfen verändert, da ist ein Perspektivenwechsel eingetreten, den ich immer noch begrifflich zu fassen versuche. Hypothese: Die Perspektive der radikalen Linken hat sich von der Abschaffung des Kapitalismus ganz klar zur Identifikation mit seinen Opfern verschoben (was unter anderem die hier schon öfter beklagte Moralisierung des politischen Diskurses einschließt). Das drückt sich auf ganz vielen Ebenen aus und Deine Argumentation für die Volksfront hat mich an eine andere Facette dieser Verschiebung erinnert. Heute ist es praktisch unmöglich, so wie Lefebvre 1961, die Volksfront dahingehend zu kritisieren, daß sie die Revolution verhindert hat. Stattdessen identifizieren wir uns mit ihr, weil wir sie als potentielles Gegengift zu Auschwitz wahrnehmen. Ich fürchte nur, dieser Blick ist ebenso einseitig wie der frühere, der alles auf die Revolution bezog.
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che2001,
Sonntag, 24. Februar 2013, 19:03
Das ging schon früher los, ab 1978, als immer häufiger das Wort "Revolution" durch das Wort "Widerstand" abgelöst wurde.
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first_dr.dean,
Sonntag, 24. Februar 2013, 21:21
Man könnte die These aufstellen, dass durch den Zusammenbruch des "realen" Staatskapitalismus osteuropäischer Prägung eine Art ideologische Schockwirkung auf die extreme Linke ausgeübt wurde, eine fundamentale Änderung des Zeitgeistes. Plötzlich galt nämlich nicht nur - die i.d.R. zumeist ohnehin abgelehnte - staatskapitalistische sozialistische Perspektive als verruft und überkommen, sondern mit ihr eben praktisch auch jedes radikalere Denken vom Sozialismus als Fundamentalalternative zum kapitalistischen Modell. Und an Stelle von teils bedeutsam verschiedene Formen von Kapitalismus, die vormals auch als unterschiedlich rezipiert wurden, wandelte sich der Begriff von "Kapitalismus" in eine radikale (extrem eigennützig-privateigentumsorientiert) Variante, die zu allen Überfluss dann auch noch als Idealform galt, mit keinerlei sinnvollen/notwendigen Varianten dazu.
In der Folge flüchtete sich ein kleiner Teil der linksintellektuellen Elite sogar in Esoterik (das habe ich 1989ff verschiedentlich erlebt im Uniumfeld), während sich andere Teile der Linksintellektuellen neuen Fragestellungen zuwandten (was u.a. das Aufblühen von Poststrukturalismus u.v.m. begünstigte), ein Teil sogar wandte sich sogar pro-kapitalistisch, hin zu dem vermeintlichen historischen Sieger. Den Kapitalismus zu bändigen, oder gar abzuschaffen galt schlagartig als überkommen oder aussichtslos - und die Sozialdemokratie wandte sich gesamteuropäisch stattdessen Themen wie "Innovation" und "Reform des Sozialstaats" (im Sinne einer neoliberalen Agenda) zu, während die Gewerkschaften deutlich an Einfluss einbüßten, und teils sogar zerfielen.
Es dürfte kein Zufall sein, meine ich, dass in den Nachfolgejahren von 1989ff es nicht nur zu einem beachtlichen Aufblühen von Rechtsintellektualismus kam (incl. von Neocons, Neoliberalismus), sondern auch die Vorläufer der "New Economy" begannen sich zu entwickeln, mit einem inneren geistigen Kern, der u.a. in der enthemmten Befürwortung von Betrug und Täuschung zur Erwerbsmaximierung lag - was in seinen Spätfolgen seinen Beitrag bei der Ausbildung der heutigen Finanzkrisen gehabt haben dürfte.
Meine These lautet also, dass mit 89ff sich eine "Zeitgeistumpolung" bzw. starke geistige Neuorientierung ereignete, sowie ein in weiten Teilen gesellschaft naives Adaptieren kapitalistischer Denkungsart. Dazu kam eben eine Art "Splitterbruch" innerhalb der europäischen Linken, die einerseits mit der grundlegenden Schwächung linker Kapitalismuskritik einher ging, andererseits aber auch das Aufblühen neuer linker Denkansätze, zu denen (unter vielen anderen) z.B. die "antideutsche" Richtung entstand, aber eben auch vieles anderes, was sich im Kern kaum noch als Opposition zu kapitalistischer wirtschaftlicher Herrschaft begriff.
In der Folge flüchtete sich ein kleiner Teil der linksintellektuellen Elite sogar in Esoterik (das habe ich 1989ff verschiedentlich erlebt im Uniumfeld), während sich andere Teile der Linksintellektuellen neuen Fragestellungen zuwandten (was u.a. das Aufblühen von Poststrukturalismus u.v.m. begünstigte), ein Teil sogar wandte sich sogar pro-kapitalistisch, hin zu dem vermeintlichen historischen Sieger. Den Kapitalismus zu bändigen, oder gar abzuschaffen galt schlagartig als überkommen oder aussichtslos - und die Sozialdemokratie wandte sich gesamteuropäisch stattdessen Themen wie "Innovation" und "Reform des Sozialstaats" (im Sinne einer neoliberalen Agenda) zu, während die Gewerkschaften deutlich an Einfluss einbüßten, und teils sogar zerfielen.
Es dürfte kein Zufall sein, meine ich, dass in den Nachfolgejahren von 1989ff es nicht nur zu einem beachtlichen Aufblühen von Rechtsintellektualismus kam (incl. von Neocons, Neoliberalismus), sondern auch die Vorläufer der "New Economy" begannen sich zu entwickeln, mit einem inneren geistigen Kern, der u.a. in der enthemmten Befürwortung von Betrug und Täuschung zur Erwerbsmaximierung lag - was in seinen Spätfolgen seinen Beitrag bei der Ausbildung der heutigen Finanzkrisen gehabt haben dürfte.
Meine These lautet also, dass mit 89ff sich eine "Zeitgeistumpolung" bzw. starke geistige Neuorientierung ereignete, sowie ein in weiten Teilen gesellschaft naives Adaptieren kapitalistischer Denkungsart. Dazu kam eben eine Art "Splitterbruch" innerhalb der europäischen Linken, die einerseits mit der grundlegenden Schwächung linker Kapitalismuskritik einher ging, andererseits aber auch das Aufblühen neuer linker Denkansätze, zu denen (unter vielen anderen) z.B. die "antideutsche" Richtung entstand, aber eben auch vieles anderes, was sich im Kern kaum noch als Opposition zu kapitalistischer wirtschaftlicher Herrschaft begriff.
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