Dienstag, 6. April 2021
Rund 60.000 Todesfälle weltweit wären vermeidbar: Plädoyer für COVID-19-Impfungen vor planbaren Eingriffen
Von Andrea Hertlein


Durch eine Impfung gegen SARS-CoV-2 kann das postoperative Sterberisiko in Zusammenhang mit COVID-19 deutlich gesenkt werden. Das belegt eine Studie des Forschungsnetzwerks COVIDSurg unter Beteiligung des Universitätsklinikums Tübingen. Grundlage waren Daten von über 56.000 Patienten. Den Autoren zufolge sollten Patienten, die auf einen planbaren, aber erforderlichen Eingriff warten, bei Impfungen priorisiert werden. Alle Ergebnisse sind im British Journal of Surgery erschienen .

COVID-19: Mortalität nach OPs um das 4- bis 8-Fache erhöht
Laut der Erhebung infizierten sich weltweit 0,6% bis 1,6% aller Patienten während oder kurz nach einer geplanten Operation mit SARS-CoV-2. Dadurch erhöht sich ihr Mortalitätsrisiko während des 1. Monats postoperativ um das 4- bis 8-Fache. Speziell bei älteren Personen ab 70 Jahren steige die Sterblichkeitsrate auf 12% an, nach Eingriffen wegen einer Krebserkrankung sogar noch weiter, so die Autoren.

Basierend auf Risiken, denen chirurgische Patienten ausgesetzt sind, berechneten sie den potenziellen Nutzen einer COVID-19-Impfung vor geplanten Operationen. Primärer Endpunkt war die Anzahl der benötigten Impfungen, um einen COVID-19-bedingten Todesfall innerhalb eines Jahres zu verhindern.

Rund 60.000 Todesfälle wären vermeidbar
Insbesondere bei älteren Patienten über 70 oder bei Patienten, deren Eingriff sich aus medizinischen Erwägungen nicht verschieben lässt, könnten Todesfälle durch eine entsprechende Impfpriorisierung vermieden werden, berichtet die Uniklinik Tübingen. Den Berechnungen der Forscher zufolge müssten, basierend auf gemittelten globalen Inzidenzraten von 2020, insgesamt 1.840 Personen über 70 Jahren oder 351 gleichaltrige Patienten speziell vor Tumoroperationen geimpft werden, um 1 Todesfall durch COVID-19 zu vermeiden.

Entsprechende Daten sollten deshalb von politischen Entscheidungsträgern aufgegriffen werden, um chirurgische Patientinnen und Patienten für COVID-19-Impfungen zu priorisieren? Prof. Dr. Alfred Königsrainer
Die Studienautoren gehen davon aus, dass durch eine globale Impfpriorisierung von Patienten vor operativen Eingriffen weltweit etwa 60.000 Todesfälle weniger zu verzeichnen wären. ?Entsprechende Daten sollten deshalb von politischen Entscheidungsträgern aufgegriffen werden, um chirurgische Patientinnen und Patienten für COVID-19-Impfungen zu priorisieren und den Rückstand an planbaren Operationen sicher abzuarbeiten?, betont Prof. Dr. Alfred Königsrainer. Er ist Ärztlicher Direktor der Universitätsklinik für Allgemeine, Viszeral- und Transplantationschirurgie und hat die Studie geleitet.

Speziell in Ländern mit geringem oder niedrigem mittlerem Einkommen, in denen sich Maßnahmen zur Eindämmung des Virus nicht flächendeckend umsetzen ließen, würden bei dieser Strategie weniger schwere Erkrankungen und Todesfälle auftreten.

Dieser Artikel ist im Original erschienen auf Univadis.de.

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