Montag, 10. März 2025
PRO ASYL zu den Sondierungsergebnissen: Menschenwürde, Menschlichkeit und Menschenrechte bleiben auf der Strecke
che2001, 23:24h
PRO ASYL gibt eine erste Einschätzung zu den geplanten Verschärfungen und kritisiert die Ergebnisse der Sondierungsgespräche: Aus Sicht der Organisation ein Angriff auf Menschenwürde und Menschenrechte.
„Die Ergebnisse der Sondierungsgespräche zeigen: In der künftigen Koalition drohen Menschenwürde, Menschlichkeit und Menschenrechte unter die Räder zu kommen. Recht wird zur Seite geschoben, absehbare Rechtsbrüche werden teils mit Formelkompromissen kaschiert”, kommentiert Karl Kopp, Geschäftsführer von PRO ASYL.
Europarecht einhalten, Rechtsstaat achten: Keine Zurückweisungen an deutschen Grenzen!
Künftig sollen auch Asylsuchende an den bundesdeutschen Grenzen zurückgewiesen werden, wohl in Absprache mit den Nachbarstaaten. Laut Europarecht dürfen Asylsuchende aber nicht an den Binnengrenzen zurückgewiesen werden. Das geplante Vorgehen unterläuft damit den Rechtsstaat, in dem sich Politik an geltendes Recht hält – obwohl im Sondierungspapier selbst formelhaft betont wird, dass man nur „rechtsstaatliche Mittel” nutzen wolle, um die Migration zu reduzieren. Der Formelkompromiss der Sondierenden wird in der Praxis zu mehr rechtswidrigen Zurückweisungen führen. Im zweiten Schritt besteht die Gefahr, dass diese rechtswidrige Praxis europaweit ausgeweitet wird. Der letzte Streitpunkt ist aktuell nur noch, ob dies im nationalen Alleingang oder auf europäisch koordinierte Weise geschieht.
Recht auf Familie für Menschen mit subsidiärem Schutz: Familien dürfen nicht getrennt werden!
SPD und Union wollen den Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte erneut vollständig aussetzen. Schon 2016 hatte die damalige Große Koalition den Familiennachzug für diese Gruppe für zwei Jahre ausgesetzt. Das ist für die Betroffenen dramatisch und menschenrechtlich inakzeptabel, da ein Zusammenleben mit der Familie aufgrund der drohenden Gefahren im Herkunfts- oder einem Drittland meist unmöglich ist. Die Folge: zerrissene Familien. Schutzberechtigte werden über lange Zeiträume von ihren Angehörigen getrennt und ihres Rechts auf Familienleben beraubt.
Aufnahmeprogramme sollen enden: Deutschland darf bedrohte Afghan*innen nicht im Stich lassen!
Damit wird die letzte Rettungslinie für Menschenrechtsverteidiger*innen zum Beispiel aus Afghanistan gekappt – eine schäbige Entscheidung. Denn es gibt außer Aufnahmeprogrammen und dem Familiennachzug faktisch keine sicheren Fluchtmöglichkeiten – beide sollen nun massiv eingeschränkt werden. Das zwingt verfolgte Menschen erst auf die gefährlichen und „irregulären” Wege, die bekämpft werden sollten. Bezeichnenderweise wurde dies den bedrohten Frauen und Mädchen in Afghanistan, die dort aller Rechte beraubt sind, am Weltfrauentag verkündet.
Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien: Deutschland darf sich nicht zu Handlangern von Diktaturen machen!
Aus Rettungsflügen sollen nun Abschiebeflüge werden. Nach Kabul sollen ab sofort regelmäßige Abschiebeflüge stattfinden – möglich wird das absehbar nur durch die Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit dem Taliban-Regime. Es heißt, dass die Abschiebungen beginnend mit Straftätern und Gefährdern durchgeführt werden sollen. Das Wort „beginnend“ zeigt offen: Perspektivisch sollen sich nicht nur Straftäter und Gefährder, sondern alle mit prekärem Aufenthaltsstatus nicht mehr sicher fühlen. Ein gezieltes Angst- und Verunsicherungsprogramm für die große afghanische und syrische Community in Deutschland. Dass die Sondierer*innen zudem auf Abschiebungen nach Syrien insistieren, ist zynisch und realitätsfern. In Syrien fand gerade das größte Massaker der letzten Jahre statt.
Faire und vorurteilsfreie Asylverfahren statt neue, vermeintlich sichere Herkunftsländer!
Die Einstufung von Staaten als „sichere Herkunftsländer“ bedeutet, dass Asylanträge von Menschen aus diesen Ländern pauschal als unbegründet betrachtet werden und es äußerst schwierig für sie ist, mit ihrer individuellen Verfolgungsgeschichte diese Vermutung zu widerlegen. Dies widerspricht dem individuellen Recht auf Asyl. Statt der nun geplanten Ausweitung der Liste muss eine echte Einzelfallprüfung gewährleistet werden, die der tatsächlichen Gefahrenlage der Menschen angemessen ist.
Statt bundesweiter Durchsetzung der Bezahlkarte brauchen Schutzsuchende Sicherheit, Perspektiven und Rechte!
Die stigmatisierende Bezahlkarte soll flächendeckend durchgesetzt werden. „Umgehungen sollen unterbunden werden”. Das klingt wie eine Warnung an die Zivilgesellschaft – es droht möglicherweise eine Kriminalisierung humanitärer Tausch-Initiativen.
Wiederabschaffung der anwaltlichen Vertretung in Abschiebungshaftfällen: Keine Freiheitsentziehung ohne Rechtsschutz!
Das Recht auf anwaltliche Unterstützung in Abschiebungshaftfällen soll nun wieder abgeschafft werden – obwohl sich bei juristischen Überprüfungen rund 50 Prozent aller Haftbeschlüsse als rechtswidrig erweisen.
Vom „Amtsermittlungs- zum Beibringungsgrundsatz“: Asylverfahren müssen fair bleiben!
Der Amtsermittlungsgrundsatz bedeutet, dass Behörden im Asylverfahren von sich aus alle relevanten Tatsachen ermitteln müssen, um eine faire Entscheidung zu treffen. Das sieht auch das Europarecht vor: Die Asylbehörden müssen relevante Herkunftslandinformationen einholen und berücksichtigen, jeder Antrag muss objektiv und unparteiisch geprüft werden. Sie sind verpflichtet, aktiv nach Beweisen für die Schutzbedürftigkeit einer Person zu suchen. Schon jetzt haben Asylsuchende aber umfassende Mitwirkungspflichten, der Amtsermittlungsgrundsatz ist also bereits stark eingeschränkt. Der Beibringungsgrundsatz hingegen würde bedeuten, dass Asylsuchende selbst alle notwendigen Beweise für ihre Verfolgung vorlegen müssen. Die Beweislast läge damit allein bei den Schutzsuchenden – eine gravierende und potenziell europarechtswidrige Verschärfung.
„Die Ergebnisse der Sondierungsgespräche zeigen: In der künftigen Koalition drohen Menschenwürde, Menschlichkeit und Menschenrechte unter die Räder zu kommen. Recht wird zur Seite geschoben, absehbare Rechtsbrüche werden teils mit Formelkompromissen kaschiert”, kommentiert Karl Kopp, Geschäftsführer von PRO ASYL.
Europarecht einhalten, Rechtsstaat achten: Keine Zurückweisungen an deutschen Grenzen!
Künftig sollen auch Asylsuchende an den bundesdeutschen Grenzen zurückgewiesen werden, wohl in Absprache mit den Nachbarstaaten. Laut Europarecht dürfen Asylsuchende aber nicht an den Binnengrenzen zurückgewiesen werden. Das geplante Vorgehen unterläuft damit den Rechtsstaat, in dem sich Politik an geltendes Recht hält – obwohl im Sondierungspapier selbst formelhaft betont wird, dass man nur „rechtsstaatliche Mittel” nutzen wolle, um die Migration zu reduzieren. Der Formelkompromiss der Sondierenden wird in der Praxis zu mehr rechtswidrigen Zurückweisungen führen. Im zweiten Schritt besteht die Gefahr, dass diese rechtswidrige Praxis europaweit ausgeweitet wird. Der letzte Streitpunkt ist aktuell nur noch, ob dies im nationalen Alleingang oder auf europäisch koordinierte Weise geschieht.
Recht auf Familie für Menschen mit subsidiärem Schutz: Familien dürfen nicht getrennt werden!
SPD und Union wollen den Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte erneut vollständig aussetzen. Schon 2016 hatte die damalige Große Koalition den Familiennachzug für diese Gruppe für zwei Jahre ausgesetzt. Das ist für die Betroffenen dramatisch und menschenrechtlich inakzeptabel, da ein Zusammenleben mit der Familie aufgrund der drohenden Gefahren im Herkunfts- oder einem Drittland meist unmöglich ist. Die Folge: zerrissene Familien. Schutzberechtigte werden über lange Zeiträume von ihren Angehörigen getrennt und ihres Rechts auf Familienleben beraubt.
Aufnahmeprogramme sollen enden: Deutschland darf bedrohte Afghan*innen nicht im Stich lassen!
Damit wird die letzte Rettungslinie für Menschenrechtsverteidiger*innen zum Beispiel aus Afghanistan gekappt – eine schäbige Entscheidung. Denn es gibt außer Aufnahmeprogrammen und dem Familiennachzug faktisch keine sicheren Fluchtmöglichkeiten – beide sollen nun massiv eingeschränkt werden. Das zwingt verfolgte Menschen erst auf die gefährlichen und „irregulären” Wege, die bekämpft werden sollten. Bezeichnenderweise wurde dies den bedrohten Frauen und Mädchen in Afghanistan, die dort aller Rechte beraubt sind, am Weltfrauentag verkündet.
Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien: Deutschland darf sich nicht zu Handlangern von Diktaturen machen!
Aus Rettungsflügen sollen nun Abschiebeflüge werden. Nach Kabul sollen ab sofort regelmäßige Abschiebeflüge stattfinden – möglich wird das absehbar nur durch die Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit dem Taliban-Regime. Es heißt, dass die Abschiebungen beginnend mit Straftätern und Gefährdern durchgeführt werden sollen. Das Wort „beginnend“ zeigt offen: Perspektivisch sollen sich nicht nur Straftäter und Gefährder, sondern alle mit prekärem Aufenthaltsstatus nicht mehr sicher fühlen. Ein gezieltes Angst- und Verunsicherungsprogramm für die große afghanische und syrische Community in Deutschland. Dass die Sondierer*innen zudem auf Abschiebungen nach Syrien insistieren, ist zynisch und realitätsfern. In Syrien fand gerade das größte Massaker der letzten Jahre statt.
Faire und vorurteilsfreie Asylverfahren statt neue, vermeintlich sichere Herkunftsländer!
Die Einstufung von Staaten als „sichere Herkunftsländer“ bedeutet, dass Asylanträge von Menschen aus diesen Ländern pauschal als unbegründet betrachtet werden und es äußerst schwierig für sie ist, mit ihrer individuellen Verfolgungsgeschichte diese Vermutung zu widerlegen. Dies widerspricht dem individuellen Recht auf Asyl. Statt der nun geplanten Ausweitung der Liste muss eine echte Einzelfallprüfung gewährleistet werden, die der tatsächlichen Gefahrenlage der Menschen angemessen ist.
Statt bundesweiter Durchsetzung der Bezahlkarte brauchen Schutzsuchende Sicherheit, Perspektiven und Rechte!
Die stigmatisierende Bezahlkarte soll flächendeckend durchgesetzt werden. „Umgehungen sollen unterbunden werden”. Das klingt wie eine Warnung an die Zivilgesellschaft – es droht möglicherweise eine Kriminalisierung humanitärer Tausch-Initiativen.
Wiederabschaffung der anwaltlichen Vertretung in Abschiebungshaftfällen: Keine Freiheitsentziehung ohne Rechtsschutz!
Das Recht auf anwaltliche Unterstützung in Abschiebungshaftfällen soll nun wieder abgeschafft werden – obwohl sich bei juristischen Überprüfungen rund 50 Prozent aller Haftbeschlüsse als rechtswidrig erweisen.
Vom „Amtsermittlungs- zum Beibringungsgrundsatz“: Asylverfahren müssen fair bleiben!
Der Amtsermittlungsgrundsatz bedeutet, dass Behörden im Asylverfahren von sich aus alle relevanten Tatsachen ermitteln müssen, um eine faire Entscheidung zu treffen. Das sieht auch das Europarecht vor: Die Asylbehörden müssen relevante Herkunftslandinformationen einholen und berücksichtigen, jeder Antrag muss objektiv und unparteiisch geprüft werden. Sie sind verpflichtet, aktiv nach Beweisen für die Schutzbedürftigkeit einer Person zu suchen. Schon jetzt haben Asylsuchende aber umfassende Mitwirkungspflichten, der Amtsermittlungsgrundsatz ist also bereits stark eingeschränkt. Der Beibringungsgrundsatz hingegen würde bedeuten, dass Asylsuchende selbst alle notwendigen Beweise für ihre Verfolgung vorlegen müssen. Die Beweislast läge damit allein bei den Schutzsuchenden – eine gravierende und potenziell europarechtswidrige Verschärfung.
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