Dienstag, 15. April 2008
Der proletarische Abend
In den 90ern war Topact unter unseren internen Veranstaltungen der vierteljährlich ausgerichtete “proletarische Abend”, der zeitweise gerüchteumwittert war und zu dem viele Leute gerne eingeladen werden wollten. Im Kern ging es dabei darum: Ein Mitglied unseres Freundeskreises gab einen bunten Abend, zu dem ein Gericht gekocht wurde, das gehaltvoll und bodenständig sein musste. Vor oder bei der Zubereitung wurde vom Gastgeber, bei uns Ghostgiver genannt, ein Referat im Stil eines volkskundlichen Vortrags zu den historischen und sozialen Hintergründen dieser Speise gehalten, dann wurden drei Videos mit Filmen rebellischen Inhalts geguckt und sich dabei die Kante gegeben. Eingeladen wurde zu dieser Veranstaltung mit Briefen oder später emails, die im Sprachstil von Guerrilla-Kommandoerklärungen zum “Proletarischen Abend” der Proletarischen Front/Gruppe Internationaler Befreiungskampf/Sektion Proletarischer Abend/Untersektion Pongi-Pongi (Pongi-Pongi ist das traditionelle Männerpalaver in Polynesien) aufriefen. Ein alter Genosse erzählte davon kürzlich einem Jung-Autonomen in Linden, der sich das alles nicht vorstellen konnte und fragte, was daran witzig sein sollte, worauf mein Freund erwiderte: “Na, alles!” Für Jemanden, der schon nichts mehr damit anfangen kann, dass man politische Aktionen aus Theorien herleitet und sich andererseits über theoretische Selbstverständnisse lustig macht war das überhaupt nicht mehr nachvollziehbar. Ers tellte dann in Frage, dass das überhaupt stattgefunden hätte und telefonierte dann in der GÖ-Szene rum, mit dem Resultat, dass niemand davon etwas wusste. Als mein Freund sagte, logen, Deine Freunde sind Anfang 20, diejenigen, um die es hier geht, aber 40 +, wollte er die Namen wissen. Als mein Genosse drauf antwortete “Anna und Artur halten´s Maul”, wusste er auch damit nichts anzufangen. Oh diese Jugend!

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Klingt aber eher schon ziemlich begriffsstutzig. Wie kann man es denn NICHT lustig finden, sich mit Freunden zu treffen, zu essen, zu trinken und das ganze mit einem politisch/historischen Hintergrund ein wenig aufzuarbeiten und zu untermalen?

Ich bin selbst anfang 19 und kann mir zumindest halbwegs die Abende (und den Spaß dabei) bildlich vorstellen.

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Vielleicht ist das eher eine Frage von Fantasie und ein bestimmtes Lebensgefühl haben oder nicht haben als eine des Alters....

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erst kürzlich las ich in einem anderen blog hier bei blogger.de, wie in den kommentaren der jugendlichen leserin das wort APO erklärt wurde.

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Und zwar wie?

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das wird ihnen gefallen: als Keimzelle des Terrorismuses in Deutschland (Bader Meinhof) im zusammenhang mit pumuckel und anti-autoritärer erziehung. ersparen sie sich die details

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Ogottogottogott.
Igittigittigittigitt.

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"no brain, no pain"
(nicht ganz im zusammenhang, aber auch ein schönes beispiel für bildung bot mir eine abiturientin die mich fragte: du erzählst die ganze zeit was von einem ural-gebirge, was ist denn ural und warum gibt es da so viel, dass es ein gebirge bildet?")
apo istdochganzklar: anarchistische protest organisation!

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herrjemine. da ist aber jemand ausgesprochen schmerzbefreit.
a) klingt es lustiger als powerpointkaraoke. deutlich!
b) weiß sogar ich, wer anna und arthur sind
- obwohl ich damals nicht mitspielen durfte, weil ich keinen autonomen-mitgliedsausweis hatte. und die falschen klamotten.
die waren vor 15 jahren schon so drauf, kann mir gut vorstellen, dass das noch schlimmer geworden ist, wenn die kulturell so weiter gemacht haben...

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Den Mitgliedsausweis stelle ich posthum aus ;-)

Aber die Nonkonformistenuniform muss dann schon angezogen werden.

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Anzug ohne Krawatte?

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ich frag mich eher, auf wessen ableben sich das "posthum" bezieht - oder gilt es auch für politische biografien?
die scheinen jedoch bei uns beiden noch nicht am ende zu sein...
na gut, vielleicht riecht meine komisch, aber.

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@hllizi: Schwarze Motorradjacke, schwarz-weißes Palituch, Lederhose, Streifenjeans oder Tigerleggins, Springerstiefel oder Dr.Martens.

@vert: Ich gebrauche den Begriff posthum ganz ohne Ableben im Sinne von "im Nachhinein".

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puh. glück gehabt.

nonkonformistenuniform: siehste, da geht's schon los - ich hatte immer nur die skandinavische grünweiß-version.
geht auch streifenleggins? chucks waren nie martialisch genug, oder? hach, die jacke, wie komm ich denn jetzt schnell an eine ranzige...
es ist demo und ich hab nix zum anziehen!

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*kreisch!*


Chucks waren immer OK, sind aber im Fußgemenge unpraktisch.Die schweren Treter wurden ja ursprünglich nicht wegen der Coolness getragen, sondern wegen der Stahl-oder doch zumindest Hartlederkappen über den Zehen.

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danke. soviel ahaus hab ich dann auch noch hinter mir.
heisser tipp aus der proletarischen praxis sind da natürlich einfach: sicherheitsschuhe aus dem arbeitssicherheitszubehörfachgeschäft. die kosten auch nur die hälfte ein drittel ein viertel oder weniger. sind natürlich nicht so stylish.

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Dabei WAREN die Dr.Martens ursprünglich Arbeitsschuhe, von Hafenarbeitern nämlich. Ich trug Original-BGS-Stiefel, was bei Reportageeinsätzen große Vorteile hatte (man wurde nicht von den Demonstranten, sondern von den Bullen für einen Zivi gehalten und konnte abwechselnd in beiden Lagern mitlaufen) oder Bergstiefel, überhaupt nicht stylish, aber superrobust.

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ja. bis diverse subkulturen sie zum premium-lifestyle-musthave auserkoren hatten...

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