Sonntag, 26. Juli 2009
Bossnapping
che2001, 20:47h
In Frankreich gibt es eine neue Aktionsform der Linken: Bossnapping. Bossnapping bedeutet, dass in Phasen verschärfter Arbeitskämpfe, vor allem aber bei Insolvenzen oder Massenentlassungen, wenn die Belegschaften alles zu verlieren haben, streikende Arbeiter oder Angestellte bzw. Verhandlungen führende Vertrauensleute ihre Chefs gefangennehmen und für ein paar Tage im Büro einsperren, um bessere Sozialpläne oder höhere Abfindungen zu erzwingen. Während die deutsche Presse das Thema totschweigt oder aber hysterisch in die Nähe von Terrorismus rückt, wird in der französischen Presse offen darüber diskutiert, ob es sich um eine legitime Form von proletarischer Gegenwehr handle. Die Justiz reagiert hart und stellt Bossnapping als Verbrechen unter Anklage, das vor den traditionell arbeitnehmerfeindlichen und etatistischen Geschworenengerichten verhandelt wird. Dass im Geburtsland der Revolution aber überhaupt öffentlich, bis in die bürgerliche Presse hinein über die Legitimität solcher Aktionen diskutiert wird und in Deutschland noch nicht mal in kleinen linken Zirkeln sagt mal wieder sehr viel aus.
Ganz professionell verhalten sich die Coaches und Unternehmensberatungen: Sie bieten Seminare für Chefs an, wie man mit Bossnapping psychisch fertig wird.
Edit: Ursprünglich hatte hier irrtümlich Bossing gestanden. Stefanolix hatte darauf hingewiesen, dass Bossing etwas ganz anderes, nämlich Mobbing seitens der Geschäftsführung beinhaltet. Ich hatte erst angenommen, in Frankreich würde diese Aktionsform wirklich Bossing genannt, wurde nach nochmaliger Lektüre eines Beitrags zum Thema aber eines besseren belehrt.
Ganz professionell verhalten sich die Coaches und Unternehmensberatungen: Sie bieten Seminare für Chefs an, wie man mit Bossnapping psychisch fertig wird.
Edit: Ursprünglich hatte hier irrtümlich Bossing gestanden. Stefanolix hatte darauf hingewiesen, dass Bossing etwas ganz anderes, nämlich Mobbing seitens der Geschäftsführung beinhaltet. Ich hatte erst angenommen, in Frankreich würde diese Aktionsform wirklich Bossing genannt, wurde nach nochmaliger Lektüre eines Beitrags zum Thema aber eines besseren belehrt.
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first_dr.dean,
Sonntag, 26. Juli 2009, 21:28
my 2 cent
Die Ausübung von Gewalt zur Durchsetzung wirtschaftlicher Ziele halte ich der Tendenz nach eher für ein typisch faschistisches Vorgehen.
Das böse F-Wort also. Aber genau in der Neigung zur Ausübung von Gewalt in politisch-ökonomischen Prozessen sehe ich ein faschistisches Element.
Nun mag man sagen, dass mit "Bossing" die Assymetrie des Verhältnisses zwischen Arbeitnehmern und Managern überwunden werden würde. Der wirtschaftlichen Gewalt wird - quasi ausgleichend - körperliche Gewalt entgegen gestellt.
In einzelnen Notfällen mag das sogar angehen, finde ich. Je nachdem, wie die Verhältnisse liegen und wie unfair die Belegschaft bislang behandelt wurde. Insgesamt ist neben der durch Bossing ausgelösten Gewaltdynamik - was für mich als Gegenargument schon völlig ausreichend ist - aber u.a. fraglich, welchen Wert ein "Verhandlungs"ergebnis haben soll, bei dem der eine Verhandlungspartner den anderen mit Übermacht, Gewalt oder gar Folter bedroht.
"Bossing" kann strukturell nichts taugen.
Nebenbei: wäre es nicht irgendwie etwas merkwürdig, die Folter für "notwendig" haltenden Neoconnards wegen ihrer zutiefst dümmlichen und amoralischen Haltung zu kritisieren - wenn man selbst ein zujubelnder Freund von Bossing ist?
Berichte über Bossing mögen allenfalls dafür taugen, revolutionäres Wetterleuchten in die Augen zu kurz denkender Linker, Sozialisten und Linksextremisten zu zaubern.
Bevor mitlesende Pseudoliberale sich über diese Argumentation übermäßig freuen: Meine Argumentation richtet sich im Umkehrschluss auch gegen wirtschaftliche Übermacht (und die sich genau daran aufgeilenden Netzliberalen). Meine Argumentation richtet sich allgemein dagegen, Vertragsergebnisse, die in der Situation einseitiger Übermacht zustande kamen (und sich oft gegen die Vertragsschwächeren richten), für legitim zu halten.
Übermacht erzeugt illegitime Vertragsergebnisse - beziehungsweise: Mit Gewalt, massiv wirksamer struktureller Gewalt bzw. angewendeter Übermacht löst sich die Idee von Vertrags"freiheit" im Nichts auf.
Auch aus diesem Gründen ist also weder Konzernübermacht (z.B. die Beauftragung von Detekteien zwecks Unterdrucksetzung von Kritikern) noch Bossing akzeptabel. In beiden Fällen ist die Staatsgewalt gefordert, die dafür Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Es muss darum gehen, die Freiheit der Akteure zu schützen, und besonders die Freiheit derjenigen, die als schwach einzustufen sind.
(Nebenbei: Auch staatliche Übermacht ist auf diese Weise kritisierbar - denn wenn eine Hauptaufgabe des Staates darin liegt, private Übermacht zu beschränken bzw. auszugleichen, dann kann nur ein Staat legitim sein, der wiederum selbst nicht durch Übermacht im Umgang mit dem Individuum geprägt ist.)
Wenn allerdings ein Staat so beschaffen ist, dass derartige Fouls seitens von Konzernen und wirtschaftlichen Übermächtigen unbehelligt und straffrei bleiben - und diesem Zustand sind wir in unserem Land m.E. gefährlich nahe - dann wird Bossing zur Option.
Aber auch, wenn eine üble und die Mitarbeiter benachteiligende Machtassymetrie über Bossing ausgeglichen werden könnte - und dann in voller Abwägung der Vorgeschichte geschieht, in Abwägung anderer Machtoptionen sowie der Funktion bzw. Nichtfunktion des Staates als Schützer der Schwächeren usw. usf.:
Zunächst müssen andere, gewaltärmere Wege zur Erreichung eines fairen Interessenausgleiches beschritten werden.
Im Übrigen befinden wir uns eben nicht in Südamerika - wo ich derartige Praktiken wie Bossing, als Gegenwehr gegen illegitimen Besitz und die davon abgeleitete Macht - positiver bewerte.
Das böse F-Wort also. Aber genau in der Neigung zur Ausübung von Gewalt in politisch-ökonomischen Prozessen sehe ich ein faschistisches Element.
Nun mag man sagen, dass mit "Bossing" die Assymetrie des Verhältnisses zwischen Arbeitnehmern und Managern überwunden werden würde. Der wirtschaftlichen Gewalt wird - quasi ausgleichend - körperliche Gewalt entgegen gestellt.
In einzelnen Notfällen mag das sogar angehen, finde ich. Je nachdem, wie die Verhältnisse liegen und wie unfair die Belegschaft bislang behandelt wurde. Insgesamt ist neben der durch Bossing ausgelösten Gewaltdynamik - was für mich als Gegenargument schon völlig ausreichend ist - aber u.a. fraglich, welchen Wert ein "Verhandlungs"ergebnis haben soll, bei dem der eine Verhandlungspartner den anderen mit Übermacht, Gewalt oder gar Folter bedroht.
"Bossing" kann strukturell nichts taugen.
Nebenbei: wäre es nicht irgendwie etwas merkwürdig, die Folter für "notwendig" haltenden Neoconnards wegen ihrer zutiefst dümmlichen und amoralischen Haltung zu kritisieren - wenn man selbst ein zujubelnder Freund von Bossing ist?
Berichte über Bossing mögen allenfalls dafür taugen, revolutionäres Wetterleuchten in die Augen zu kurz denkender Linker, Sozialisten und Linksextremisten zu zaubern.
Bevor mitlesende Pseudoliberale sich über diese Argumentation übermäßig freuen: Meine Argumentation richtet sich im Umkehrschluss auch gegen wirtschaftliche Übermacht (und die sich genau daran aufgeilenden Netzliberalen). Meine Argumentation richtet sich allgemein dagegen, Vertragsergebnisse, die in der Situation einseitiger Übermacht zustande kamen (und sich oft gegen die Vertragsschwächeren richten), für legitim zu halten.
Übermacht erzeugt illegitime Vertragsergebnisse - beziehungsweise: Mit Gewalt, massiv wirksamer struktureller Gewalt bzw. angewendeter Übermacht löst sich die Idee von Vertrags"freiheit" im Nichts auf.
Auch aus diesem Gründen ist also weder Konzernübermacht (z.B. die Beauftragung von Detekteien zwecks Unterdrucksetzung von Kritikern) noch Bossing akzeptabel. In beiden Fällen ist die Staatsgewalt gefordert, die dafür Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Es muss darum gehen, die Freiheit der Akteure zu schützen, und besonders die Freiheit derjenigen, die als schwach einzustufen sind.
(Nebenbei: Auch staatliche Übermacht ist auf diese Weise kritisierbar - denn wenn eine Hauptaufgabe des Staates darin liegt, private Übermacht zu beschränken bzw. auszugleichen, dann kann nur ein Staat legitim sein, der wiederum selbst nicht durch Übermacht im Umgang mit dem Individuum geprägt ist.)
Wenn allerdings ein Staat so beschaffen ist, dass derartige Fouls seitens von Konzernen und wirtschaftlichen Übermächtigen unbehelligt und straffrei bleiben - und diesem Zustand sind wir in unserem Land m.E. gefährlich nahe - dann wird Bossing zur Option.
Aber auch, wenn eine üble und die Mitarbeiter benachteiligende Machtassymetrie über Bossing ausgeglichen werden könnte - und dann in voller Abwägung der Vorgeschichte geschieht, in Abwägung anderer Machtoptionen sowie der Funktion bzw. Nichtfunktion des Staates als Schützer der Schwächeren usw. usf.:
Zunächst müssen andere, gewaltärmere Wege zur Erreichung eines fairen Interessenausgleiches beschritten werden.
Im Übrigen befinden wir uns eben nicht in Südamerika - wo ich derartige Praktiken wie Bossing, als Gegenwehr gegen illegitimen Besitz und die davon abgeleitete Macht - positiver bewerte.
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noergler,
Montag, 27. Juli 2009, 01:56
Wenn die Ausübung von Gewalt zur Durchsetzung wirtschaftlicher Ziele ein faschistisches Vorgehen ist, dann kommen wir aber der seeehr holzschnittartigen These nahe, dass halt der ganze Kapitalismus sowieso faschistisch ist. –
Gefoltert wurde übrigens niemand.
Gefoltert wurde übrigens niemand.
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che2001,
Montag, 27. Juli 2009, 02:03
Faschistisches Vorgehen bedeutet vor allem gegen die Arbeiterklasse gerichteten Klassenkampf von oben durch organisierten staatlichen Terror - machen das französische Arbeiter in existenziellen Bedrohungssituationen? Kein Stück weit. Es stellt sich auch die Frage, wie lange es noch dauert, bis entgarantierte Arbeitsverhältnisse und Deregulierung uns südamerikanischen Verhältnissen entgegenführen.
"Zunächst müssen andere, gewaltärmere Wege zur Erreichung eines fairen Interessenausgleiches beschritten werden." --- Ja klar, aber die werden ja "von oben" zunehmend zugebaut. Was keine pauschale Zustimmung zu Bossing bedeuten soll, aber sowas kommt halt von sowas.
"In einzelnen Notfällen mag das sogar angehen, finde ich." --- Bislang bezieht sich das nur auf einzelne Notfälle.
"Zunächst müssen andere, gewaltärmere Wege zur Erreichung eines fairen Interessenausgleiches beschritten werden." --- Ja klar, aber die werden ja "von oben" zunehmend zugebaut. Was keine pauschale Zustimmung zu Bossing bedeuten soll, aber sowas kommt halt von sowas.
"In einzelnen Notfällen mag das sogar angehen, finde ich." --- Bislang bezieht sich das nur auf einzelne Notfälle.
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gorillaschnitzel,
Montag, 27. Juli 2009, 02:23
Hat er Recht, der Zitter. Wie würde die Linke denn im Umkehrfall reagieren, wenn auf einmal die Unternehmerschaft die Arbeitenden durch den Werkschutz in die Hallen einschließen lassen würden?
Wobei ich finde, dass das hier
http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,637581,00.html
echt was hat.
Wobei ich finde, dass das hier
http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,637581,00.html
echt was hat.
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earendil,
Montag, 27. Juli 2009, 12:53
"Aber genau in der Neigung zur Ausübung von Gewalt in politisch-ökonomischen Prozessen sehe ich ein faschistisches Element."
Sag mal, Dean, rappelt's? Wenn der Herold u.ä. Konsorten so was verzapfen, würde mich das ja wenig überraschen. Klassenkämpfe mit radikalen Mitteln in die Nähe von Faschismus zu rücken, also Zielrichtung und Ausmaß politischer Gewalt zum Zwecke der Denunziation auszublenden, ist ja deren tägliche Übung. Aber von dir hätte ich das so nicht erwartet, nee nee nee...
Und stellst du dir im Ernst Klassenkämpfe als eine Art Fingerhakeln symmetrischer Akteure nach fairen Regeln vor? Merkwürdig nur, dass es der einen Seite um's Mittel ihres Überlebens und der anderen um den Profit geht...
Sozialdemokrat!
(Sorry, bei so was kann mich auch der übelsten Beschimpfungen nicht enthalten.)
"Revolutionäres Wetterleuchten" seh ich auch nicht. Klassenkämpfe, auch mit harten Mitteln geführte, sind ja i.d.R. nicht revolutionär, auch wenn sich da im günstigsten Falle revolutionäres Bewusstsein herausbilden kann, also die Erkenntnis, dass die "Sozialpartner" in Wirklichkeit antagonistische Gegner sind und es für die Arbeiter_innen besser wäre, die Klassenverhältnisse überhaupt zu beseitigen. Derartiges kann ich aber im Moment nicht feststellen.
Sag mal, Dean, rappelt's? Wenn der Herold u.ä. Konsorten so was verzapfen, würde mich das ja wenig überraschen. Klassenkämpfe mit radikalen Mitteln in die Nähe von Faschismus zu rücken, also Zielrichtung und Ausmaß politischer Gewalt zum Zwecke der Denunziation auszublenden, ist ja deren tägliche Übung. Aber von dir hätte ich das so nicht erwartet, nee nee nee...
Und stellst du dir im Ernst Klassenkämpfe als eine Art Fingerhakeln symmetrischer Akteure nach fairen Regeln vor? Merkwürdig nur, dass es der einen Seite um's Mittel ihres Überlebens und der anderen um den Profit geht...
Sozialdemokrat!
(Sorry, bei so was kann mich auch der übelsten Beschimpfungen nicht enthalten.)
"Revolutionäres Wetterleuchten" seh ich auch nicht. Klassenkämpfe, auch mit harten Mitteln geführte, sind ja i.d.R. nicht revolutionär, auch wenn sich da im günstigsten Falle revolutionäres Bewusstsein herausbilden kann, also die Erkenntnis, dass die "Sozialpartner" in Wirklichkeit antagonistische Gegner sind und es für die Arbeiter_innen besser wäre, die Klassenverhältnisse überhaupt zu beseitigen. Derartiges kann ich aber im Moment nicht feststellen.
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stefanolix,
Montag, 27. Juli 2009, 13:11
Ich kann mich noch nicht entscheiden, ob die Bezeichnung als »Sozialdemokrat« nun Dean oder die SPD härter trifft ;-)
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saltoftheearth,
Montag, 27. Juli 2009, 13:27
Es stellt sich auch die Frage, wie lange es noch dauert, bis entgarantierte Arbeitsverhältnisse und Deregulierung uns südamerikanischen Verhältnissen entgegenführen.No fair.
"Südamerika" besteht aus ökonomisch total unterschiedlichen Gesellschaften. Arbeitnehmerrechte haben vor allem in Uruguay und Argentinien eine sehr lange Tradition.
Aktuell weiss ich für z.B. Chile, dass dort schon vieles geregelt ist. Abfindungen sind auch für Niedrigverdiener stärker verbreitet als mittlerweile in Deutschland. Kenn persönlich Fälle, in denen sich Unternehmen bei der Akzeptanz von Krankmeldungen sehr kooperativ verhalten haben. Wurde etwa in einem konkreten Fall "Krankheit der Mutter" deutlich länger gewährt als eigentlich gesetzlich vorgeschrieben.
Nichtsdestotrotz sind auch die Lohnunterschiede nicht nur in reinen Entwicklungsländern sondern auch in Schwellenländern nach wie vor ausgeprägter als in Europa. Infolge der real existierenden Globalisierung übt diese stärkere Lohnspreizung in Schwellenländern selbstverständlich neben der sowieso geringen Einkommenserwartungen einen zusätzlichen Druck auf unser Sozialsystem aus.
In Chile nahm bei starken Wachstum, von niedrigen Niveaus deutlich ausgeweiteten Sozialleistungen und Senkung der Armut die - aus meiner Sicht - katastrophalen Einkommensunterschiede in den letzten 25 Jahren nicht ab. Dies ist aber inzwischen ein wirklich beherrschende Thema des chilenischen Politikdiskurses. Auch rechte Parteien commiten sich auf das Ziel der Stärkung der Einkommen der unteren Einkommensgruppen. Leider trauen die chilenischen Wähler zur Zeit deren Argumentation eher als ich.
So etwas wie ausgeglichene Verhandlungspositionen kann es in marktwirtschaftlichen Systemen überhaupt nicht geben, bzw. es kann nur künstlich mit staatlichen Maßnahmen austariert werden. Das schwankt immer mit den Erwartungen. Letzten Oktober riefen bei mir in 2-Tages-Rhytmus IT-Kontakter (lehn den Begriff headhunter ab) an. Das hat nun deutlich abgenommen.
Die Zahl der möglichen Anbieter von billiger Arbeit nimmt halt durch politische, technologische und organisatorische Änderungen zu.
Damit haben die europäischen Arbeiter und Angestellte einfach einen Teil ihrer Verhandlungsmacht eingebüßt. Nun holen die Lohnforderungen der anderen aber tendentiell auf. Die Initiative liegt also nun eher in China, Brasilien und Osteuropa. Angesichts der chilenischen Entwicklung wie ich sie wahrnehme, bin ich recht optimistisch, dass dort sozialpolitische Ideen an Gewicht gewinnen, sobald die gröbste Armut erst einmal beseitigt ist. Bin aber inzwischen der Meinung, dass dieser Trend von europäischen Gesellschaften unterstützt werden sollte. Der trickle down Effekt reicht nicht aus, aber die überzogen neoliberale Lufthoheit scheint im VWL-Diskurs ohnehin beendet zu sein. Und zwar schon vor der Krise.
Übrigens gibt es eine Menge Studien zu Ländern mit äußerst klassenkämpferisch auftretenden Regierungen, die nahelegen, dass die dort erreichten Verbesserungen für die Armen
a) höchst punktuell
b) die untersten 20% überhaupt nicht erreichen
c) nicht nachhaltig
sind.
Dies führt mich zu der Überzeugung, dass ein sozialdemokratisch konsensuales Vorgehen den besseren Weg darstellt als Klassenkampf.
Nach dieser Finanzkrise kann man eine Überlegenheiten des Weißen Mannes in Sachen Planung und Durchsetzung von Regulierungen grundsätzlich ohnehin nicht mehr vertreten. Lateinamerikanische und asiatische Staaten besaßen im Finanzsektor eine effektive Regulierung.
Warum sollen sie dann nicht in der Lage sein, im Sozialbereich aufzuholen?
Einkommensunterschiede, Absicherungslücken, etc. in Schwellenländern sind ein ernstes Thema. Wenn beim A-team eine Frohnatur davon faselt, dass die niedrig Verdienenden damit vielleicht ganz glücklich sind, würd ich am liebsten in den Bildschirm beißen. Aber die Armut wird in Schwellenländern zweifellos gelindert. Es sollte halt nur stärker gelindert werden, indem innerhalb dieser Gesellschaften mehr Mittel von reich nach arm transferiert werden. Ich bin bezüglich eines entsprechenden polititischen Prozesses wie gesagt nicht hoffnungslos.
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earendil,
Montag, 27. Juli 2009, 13:49
@Stefanolix: Die SPD trifft doch nix mehr. Ist der Ruf erst ruiniert...
@Mt 5, 13: Klassenkämpfe können so eine Sozialdemokratisierung ja auch befördern. In Westeuropa und den USA war die Sozialpolitik ja im Wesentlichen eine Reaktion auf Klassenkämpfe, Arbeiterbewegung und kommunistische Herausforderung. Da sehe ich - teils mit Bedauern, teils mit Freude - keinen Widerspruch.
"Weißer Mann": Wenn ich mich nicht irre, sind es doch in Lateinamerika auch größtenteils weiße Männer (in Chile und Argentinien auch weiße Frauen), die die politische Klasse bilden, während Indigene und Schwarze eher marginalisiert sind. Oder täusche ich mich da?
@Mt 5, 13: Klassenkämpfe können so eine Sozialdemokratisierung ja auch befördern. In Westeuropa und den USA war die Sozialpolitik ja im Wesentlichen eine Reaktion auf Klassenkämpfe, Arbeiterbewegung und kommunistische Herausforderung. Da sehe ich - teils mit Bedauern, teils mit Freude - keinen Widerspruch.
"Weißer Mann": Wenn ich mich nicht irre, sind es doch in Lateinamerika auch größtenteils weiße Männer (in Chile und Argentinien auch weiße Frauen), die die politische Klasse bilden, während Indigene und Schwarze eher marginalisiert sind. Oder täusche ich mich da?
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saltoftheearth,
Montag, 27. Juli 2009, 15:06
@earendil: Afrikanische Gene sind in Chile sehr, sehr selten, aber vorhanden.
Die meisten sind, anders als in Argentinien, mestizisch. Natürlich auch viele Politiker in den Regierungsparteien und auch in der Wirtschaftselite. Der Rassismus ist vorhanden, nimmt aber ab (es sei denn, er richtet sich gegen Bolivianer und Peruaner).
So eindeutig ist das nicht. In dem Clan, den ich gut kenne, hat der wirtschaflich erfolgversprechenste Cousin eine sehr indianisch aussehende Frau geheiratet, die aus armen Verhältnissen kommend eine BWL-Ausbildung bei einer guten Uni abgeschlossen hat. Der von der Hand in den Mund lebende linksextreme Cousin lebt mit einer Frau mit deutschen Vorfahren zusammen. Die überzeugtesten Pin8tistas, die ich je kennengelernt habe, war eine sehr indianisch aussehende Familie. Kenne nicht wenige ärmerer Leute mit deutlich dominierenden Anteil europäischer Vorfahren.
Die meisten sind, anders als in Argentinien, mestizisch. Natürlich auch viele Politiker in den Regierungsparteien und auch in der Wirtschaftselite. Der Rassismus ist vorhanden, nimmt aber ab (es sei denn, er richtet sich gegen Bolivianer und Peruaner).
So eindeutig ist das nicht. In dem Clan, den ich gut kenne, hat der wirtschaflich erfolgversprechenste Cousin eine sehr indianisch aussehende Frau geheiratet, die aus armen Verhältnissen kommend eine BWL-Ausbildung bei einer guten Uni abgeschlossen hat. Der von der Hand in den Mund lebende linksextreme Cousin lebt mit einer Frau mit deutschen Vorfahren zusammen. Die überzeugtesten Pin8tistas, die ich je kennengelernt habe, war eine sehr indianisch aussehende Familie. Kenne nicht wenige ärmerer Leute mit deutlich dominierenden Anteil europäischer Vorfahren.
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che2001,
Montag, 27. Juli 2009, 15:40
Es gibt nicht dieses Südamerika
Die sozialen Verhältnisse, die Dean ansprach, finden sich wohl mehr in Kolumbien, Equador, Nordostbrasilien oder in Ländern wie Honduras und Belize (Mittelamerika).
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lebemann,
Montag, 27. Juli 2009, 17:35
völker höret das banale.
@ ziwo
Verehrter Ziwo,
hier liegt ein Missverständnis vor. Es geht nicht um Sinnhaftigkeit, es geht um ""proletarische" Gegenwehr". Also um "Zeichen Setzten".
Im Vergleich mit dem französichen Arbeitsrecht ist das deutsche Arbeitsrecht als neoliberal bis raubtierkapitalistisch einzustufen. Ferner hängen dort überdurchschnitlich viele Grossbetriebe an der staatlichen Zitze, was in einem zentralistischen KollusivStaMokapitalismus nicht weiter verwunderlich ist. Mittel- und Kleinbetriebe haben es dort eher schwer.
Faszinierend ist das bei den Froschfressern bei der enormen Jugendarbeitslosigkeit - auch bei gut gebildeten und qualifizierten jungen Erwachsenen - noch keine Fälle vom "Ministerialen-Napping" auftraten.
Dennoch halte ich die neuen Saison-Modelle der tarifpartenerschftlichen Haute Couture für äusserst unterhaltsam und warte darauf das die zB die Opelaner endlich mal deren Treuhänder ähnliches angedeihen lassen.
Selbstverständlich müsste man auch den renitenten Verbraucher mit sanfter Gewalt zum Glücke des Kaufes der verschmähten Produkte zwingen. Das könnte dann so ähnlich aussehen: http://davemark.com/images/lampoon.jpg
Verehrter Ziwo,
hier liegt ein Missverständnis vor. Es geht nicht um Sinnhaftigkeit, es geht um ""proletarische" Gegenwehr". Also um "Zeichen Setzten".
Im Vergleich mit dem französichen Arbeitsrecht ist das deutsche Arbeitsrecht als neoliberal bis raubtierkapitalistisch einzustufen. Ferner hängen dort überdurchschnitlich viele Grossbetriebe an der staatlichen Zitze, was in einem zentralistischen KollusivStaMokapitalismus nicht weiter verwunderlich ist. Mittel- und Kleinbetriebe haben es dort eher schwer.
Faszinierend ist das bei den Froschfressern bei der enormen Jugendarbeitslosigkeit - auch bei gut gebildeten und qualifizierten jungen Erwachsenen - noch keine Fälle vom "Ministerialen-Napping" auftraten.
Dennoch halte ich die neuen Saison-Modelle der tarifpartenerschftlichen Haute Couture für äusserst unterhaltsam und warte darauf das die zB die Opelaner endlich mal deren Treuhänder ähnliches angedeihen lassen.
Selbstverständlich müsste man auch den renitenten Verbraucher mit sanfter Gewalt zum Glücke des Kaufes der verschmähten Produkte zwingen. Das könnte dann so ähnlich aussehen: http://davemark.com/images/lampoon.jpg
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che2001,
Montag, 27. Juli 2009, 17:56
Damit hat jahrelang die Titanic Abonnentenwerbung gemacht, um dann umzustellen auf "wer zwei Nieren hat, mache eine davon zu Geld und leiste sich ein Titanic-Abo."
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lebemann,
Montag, 27. Juli 2009, 18:27
Das unterstreicht die Richtigkeit dieses Vorgehens.
"Napping" kommt ja endlich bei uns auch auf, wird aber viel zu selten gewürdigt:
http://nachrichten.t-online.de/c/19/18/65/24/19186524.html
Über dieses leuchtende Beispiel sollten wir nachdenken, imho.
"Bankster-Napping" sollte vom Gesetzgeber aus aktuellen Anlässen zukünftig als Ordnungswidrigkeit behandelt werden. Auch die Energie von jugendlichen Intensivtätern könnte auf diese Weise in gesellschaftlich akzeptable Bahnen gelenkt werden, man muss nur wollen.
"Napping" kommt ja endlich bei uns auch auf, wird aber viel zu selten gewürdigt:
http://nachrichten.t-online.de/c/19/18/65/24/19186524.html
Über dieses leuchtende Beispiel sollten wir nachdenken, imho.
"Bankster-Napping" sollte vom Gesetzgeber aus aktuellen Anlässen zukünftig als Ordnungswidrigkeit behandelt werden. Auch die Energie von jugendlichen Intensivtätern könnte auf diese Weise in gesellschaftlich akzeptable Bahnen gelenkt werden, man muss nur wollen.
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workingclasshero,
Montag, 27. Juli 2009, 02:16
Kaum ist mal von militanter Gegenwehr die Rede, geht das Gekreische los - und sonst beklagt man sich darüber, dass die Linke inaktiv sei und die Klassenfrage sowieso nicht formuliert werde. Also wie denn nu? Finde, Che, übrigens Klasse, dass Du für die Arranca schreibst.
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stefanolix,
Montag, 27. Juli 2009, 12:17
Bossing ist es jedenfalls nicht. Der Begriff wird in der Literatur im Sinne des »Mobbing von oben« erklärt. Es geht also darum, dass Bosse das Mobbing der Angestellten unterstützen oder selbst mobben.
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che2001,
Montag, 27. Juli 2009, 12:27
Da ist der französische Sprachgebrauch ein anderer als der deutsche. Aber danke, Stefanolix, für diese Vorlage, sie gibt mir nämlich Gelegenheit zu einer Seite zu verlinken, die mir in diesem Kontext interessant erscheint:
http://www.mobbing-gegner.de/entry/2009/jun/12/mobbing---bericht-eines-mehrfachen-opfers/
http://www.mobbing-gegner.de/entry/2009/jun/12/mobbing---bericht-eines-mehrfachen-opfers/
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stefanolix,
Montag, 27. Juli 2009, 12:32
Ich weiß, dass da mehr steht als das »Lorem ipsum dolor sit amet, consetetur …«, aber die Seite kommt mir wirklich noch sehr unfertig vor.
Wir haben in Deutschland ein sehr umfangreiches Arbeitsrecht und ich würde es nicht gerade als arbeitnehmerfeindlich bezeichnen. Solche Fälle wie der verlinkte oder wie das Mobbing in Wolfsburg (das Du früher mal verlinkt hast) sollten eigentlich damit geklärt werden können.
Wir haben in Deutschland ein sehr umfangreiches Arbeitsrecht und ich würde es nicht gerade als arbeitnehmerfeindlich bezeichnen. Solche Fälle wie der verlinkte oder wie das Mobbing in Wolfsburg (das Du früher mal verlinkt hast) sollten eigentlich damit geklärt werden können.
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saltoftheearth,
Montag, 27. Juli 2009, 13:34
Wie überzeugend wirken diese französischen Aktivitäten bitte auf malayische Arbeiter?
Die nehmen eine permanente Verbesserung ihrer Lebensverhältnisse und der Chancen ihrer Kinder wahr.
Nun gibts da ein hochverschuldetes Frankreich, dass sich erst Jahre später von den Auswirkungen der Krise erholen wird als ihre Wirtschaft. Mit Banken, die mühsam subventioniert werden müssen, damit ihnen nicht direkt der ganze Laden um die Luft fliegt. Und dann werden da noch Arbeitgeber verhauen. Glaubt ihr echt, dass dies auf einen malayischen Familienvater besonders attraktiv wirkt?
Die nehmen eine permanente Verbesserung ihrer Lebensverhältnisse und der Chancen ihrer Kinder wahr.
Nun gibts da ein hochverschuldetes Frankreich, dass sich erst Jahre später von den Auswirkungen der Krise erholen wird als ihre Wirtschaft. Mit Banken, die mühsam subventioniert werden müssen, damit ihnen nicht direkt der ganze Laden um die Luft fliegt. Und dann werden da noch Arbeitgeber verhauen. Glaubt ihr echt, dass dies auf einen malayischen Familienvater besonders attraktiv wirkt?
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stefanolix,
Montag, 27. Juli 2009, 14:45
@saltoftheearth: Auch wenn die Bemerkung jetzt komplett OT ist — ich muss jetzt einfach mal sagen, dass Deine Kommentare für mich oft eine Horizonterweiterung und ein Lichtblick in solchen politischen Diskussionen sind.
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first_dr.dean,
Mittwoch, 29. Juli 2009, 00:56
@ salt
Wo wir grad am kollektiven Kuscheln sind, mag ich nicht hinterm Berg halten: Auch ich freue mich hier immer, wenn ich von Dir Beiträge lese.
Eine Frage an Dich: Gibt es in Chile derartige Aktionsformen wie "Bosnapping"? Falls ja, wie wirken diese, und wie wirken diese auf die Öffentlichkeit? Meine Vermutung geht dahin, dass derartige Aktionsformen das öffentliche Meinungsklima verhärten.
Wo wir grad am kollektiven Kuscheln sind, mag ich nicht hinterm Berg halten: Auch ich freue mich hier immer, wenn ich von Dir Beiträge lese.
Eine Frage an Dich: Gibt es in Chile derartige Aktionsformen wie "Bosnapping"? Falls ja, wie wirken diese, und wie wirken diese auf die Öffentlichkeit? Meine Vermutung geht dahin, dass derartige Aktionsformen das öffentliche Meinungsklima verhärten.
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mark793,
Mittwoch, 29. Juli 2009, 01:04
Und jetzt mal losgelöst
von den ganzen abstrakten Implikationen: Holt man damit bessere Tarifabschlüsse heraus als mit den konventionellen Mitteln des Arbeitskampfes? Verhindert die temporäre Chefkaperung dauerhaft Entlassungen und Umstrukturierungen? Oder geht es nur um Symbolpolitik respektive darum, Zeichen der Verzweiflung zu setzen?
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noergler,
Mittwoch, 29. Juli 2009, 02:14
Die dadurch erstrittenen Abfindungen waren nicht symbolisch, sondern echtes Geld.
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che2001,
Mittwoch, 29. Juli 2009, 13:01
Faustrecht gegen Faustrecht
Ganz recht: Bei den meisten dieser Aktionen handelte es sich darum, Abfindungen durchzusetzen, die die Belegschaften im Prinzip auch hätten einklagen können, wo aber sehr fragwürdig gewesen wäre, ob sie auch nur einen Cent sehen würden - wenn die Verhandlung vor dem Arbeitsgericht ein Jahr nach der Insolvenz eines Unternehmens oder der Schließung und Umfirmierung ins Ausland überhaupt erst beginnt. Hierzu muss gesagt werden, dass die Wirtschaftskrise in Frankreich vielfach als Vorwand dient, um die an sich schon jahrelang geplante, bisher aber politisch nicht durchsetzbare Verlagerung komplexer Produktionsprozesse ins Ausland im Hauruckverfahren durchzusetzen. Mehrfach ist hier von Unternehmerseite geltendes Recht gebrochen worden. Sichtbar wird das zum Beispiel beim Peugeot-Zulieferer Molex, der die Produktion in Frankreich durch billigere Produktion in den USA ersetzen will, obwohl hierzu der Betriebsrat informiert und angehört werden müsste, aber konsequent nicht wird, obwohl eine Klage auf Anhörung seit vier Monaten anhängig ist. Bossnapping fungiert in solchen Fällen als verzweifelter Versuch, das Recht der Belegschaft durchzusetzen, wenn sie vor Gericht kein Recht bekommt und die Unternehmensspitze selber schon ungerügt illegal gehandelt hat. Da diese Aktionen sich meist mit lebhafter Beteiligung der Öffentlichkeit abspielten, mitunter life vom Fernsehen begleitet waren sie bislang im mehreren Fällen überraschend erfolgreich.
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che2001,
Mittwoch, 29. Juli 2009, 13:18
Übrigens zeigen die Reaktionen auf diesen Eintrag, was für eine völlige Ahnungs- und Fantasielosigkeit hierzulande zu herrschen scheint, was passiert, wenn Belegschaften zum Äußersten getrieben werden. Ich erinnere mich lebhaft daran, dass während des britischen Bergarbeiterstreiks (zu dessen, allerdings eher wohlmeinenden als tatkräftigen deutschen Unterstützern ich gehörte) Bergarbeiter sich der Räumung ihrer Mine durch die Polizei mit Dynamitgürteln widersetzten. Ja ganz Recht, wie die Hizbollah, nur dass sie sich nicht sprengten, sondern es nur androhten. Übernommen hatten sie diese Methode von Solidarnosc.
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noergler,
Donnerstag, 30. Juli 2009, 00:57
Bossnapper sind Beschäftigte, die entschieden haben, gleich von vornherein nicht den 'russischen Weg' zu gehen, der nach 3 Jahren ohne Lohn bei gefährlicher Drecksmaloche dann zum stillen Suizid des Bergarbeiters führt.
Gegenüber der hierzulande unter "Liberalen" verbreiteten Auffassung, "sozialer Friede" und "Konsens" seien nur etwas für sozialromantische Weicheier, dürften genappte Frankreich-Bosse eine ganz eigene Meinung entwickelt haben.
Gegenüber der hierzulande unter "Liberalen" verbreiteten Auffassung, "sozialer Friede" und "Konsens" seien nur etwas für sozialromantische Weicheier, dürften genappte Frankreich-Bosse eine ganz eigene Meinung entwickelt haben.
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che2001,
Donnerstag, 30. Juli 2009, 01:49
Dabei ist das für frühere französische Verhältnisse eher soft. Als im lothringischen Longwy 1985 ein Stahlwerk geschlossen werden sollte, brannten die Arbeiter das Gästehaus ihres Konzerns nieder, flexten alle Eisenbahngleise in ihre Region durch und betonierten die Weichen ein. Als die Polizei Wasserwerfer einsetzte, kippten sie die mit Bulldozern um. Die Bischöfe ermunterten die Arbeiter, stark zu sein, und als Bürger vom Fernsehen gefragt wurden, was sie davon hielten, meinten sie: "Das ist gut für die Moral". Top-Hit in den französischen Charts war in dem Jahr: "C èst bien pour le moral."
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saltoftheearth,
Montag, 3. August 2009, 22:52
@Dean: ich kann ja ab Freitag en persona fragen. Sitz Freitag Nachmittag deutscher Zeit in einem Turbus auf der Panamericana Santiago - Chillán. Falls mich dann irgend ein Mestize für ein Jahr als Progger einstellt, führe ich diese Sitte vielleicht sogar ein. One never knows. Wär das dann Neo-Imperialismus? Oder Arbeiteraufstand? (kleiner Scherz).
Die wirklich Armen befinden sich eher im informellen Sektor: Hausmädchen, einfache Verkäuferinnen, Sammeltaxi-Fahrer, Security-Jungs... . Außerdem wird in der Provinz oft viel schlechter bezahlt als in der 6 Mio Stadt Santiago.
Wer bei einer größeren Firma angestellt ist, gehts in der Regel ein wenig besser. Viele Lehrer sind zwar besser als vor 10 Jahren aber nach wie vor schlecht bezahlt. In der Provinz gelten 1.000 € für eine Lehrerin mit guten Noten bei einer Privatschule als vergleichsweise gut.
Die Assoziation zur als mehrheitlich eher unseeligen Zeit der Unidad Popular wäre schnell hergestellt.
Ich kenn Leute, die sagen dir in einem Satz, dass die Gier nach übertriebenen Profiten/niedrigen Löhnen das Grundübel des Landes seien UND das Gewerkschaften das Ende jedes Unternehmens seien (ein Informatik-Studierter unterer Manager in der Forstwirtschaft).
Die Jahre zwischen 2001 und 2008 wurden deutlich eher als Aufschwung wahrgenommen. Nun sind die makroökonomischen Zahlen eigentlich in den meisten Bereichen vergleichsweise positiv. Trotzdem gabs eine Lohnkürzungswelle und die Zahl der Arbeitslosen steigt. Das wird von verschiedenen Gruppen zunehmend als Problem wahrgenommen. Heute hast du in den Medien mehr Berichte über Unternehmen, die sich nicht an die Spielregeln halten. Zur Zeit wären aber solche Frankreich-mässigen Aktionen einfach undenkbar. In den letzten 20 Jahren hat es - und das ist vielen Europäern nicht bewußt- in den Nachbarländern wirtschaftspolitisch dramatisch gescheiterte linke Regierungen gegeben (Argentinien unter Alfonsin, Peru unter Alan Garcia und in Bolivien vor dem Neoliberalismus). Das hat unter den Chilenen zu einem gewissen Nationalstolz für ihr eher marktwirtschaftliches Modell geführt. Inzwischen sucht man aber nach gemäßigten Wegen, die eklatante Ungleichheit zu verringern. Auf der anderen Seite ist das aber nach wie vor tief in den Köpfen verankert. Vielleicht unterschätzen wir, dass die Weltkriege in Europa zu einer Senkung von Klassenschranken in den Köpfen geführt hat.
Die wirklich Armen befinden sich eher im informellen Sektor: Hausmädchen, einfache Verkäuferinnen, Sammeltaxi-Fahrer, Security-Jungs... . Außerdem wird in der Provinz oft viel schlechter bezahlt als in der 6 Mio Stadt Santiago.
Wer bei einer größeren Firma angestellt ist, gehts in der Regel ein wenig besser. Viele Lehrer sind zwar besser als vor 10 Jahren aber nach wie vor schlecht bezahlt. In der Provinz gelten 1.000 € für eine Lehrerin mit guten Noten bei einer Privatschule als vergleichsweise gut.
Die Assoziation zur als mehrheitlich eher unseeligen Zeit der Unidad Popular wäre schnell hergestellt.
Ich kenn Leute, die sagen dir in einem Satz, dass die Gier nach übertriebenen Profiten/niedrigen Löhnen das Grundübel des Landes seien UND das Gewerkschaften das Ende jedes Unternehmens seien (ein Informatik-Studierter unterer Manager in der Forstwirtschaft).
Die Jahre zwischen 2001 und 2008 wurden deutlich eher als Aufschwung wahrgenommen. Nun sind die makroökonomischen Zahlen eigentlich in den meisten Bereichen vergleichsweise positiv. Trotzdem gabs eine Lohnkürzungswelle und die Zahl der Arbeitslosen steigt. Das wird von verschiedenen Gruppen zunehmend als Problem wahrgenommen. Heute hast du in den Medien mehr Berichte über Unternehmen, die sich nicht an die Spielregeln halten. Zur Zeit wären aber solche Frankreich-mässigen Aktionen einfach undenkbar. In den letzten 20 Jahren hat es - und das ist vielen Europäern nicht bewußt- in den Nachbarländern wirtschaftspolitisch dramatisch gescheiterte linke Regierungen gegeben (Argentinien unter Alfonsin, Peru unter Alan Garcia und in Bolivien vor dem Neoliberalismus). Das hat unter den Chilenen zu einem gewissen Nationalstolz für ihr eher marktwirtschaftliches Modell geführt. Inzwischen sucht man aber nach gemäßigten Wegen, die eklatante Ungleichheit zu verringern. Auf der anderen Seite ist das aber nach wie vor tief in den Köpfen verankert. Vielleicht unterschätzen wir, dass die Weltkriege in Europa zu einer Senkung von Klassenschranken in den Köpfen geführt hat.
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