Mittwoch, 20. November 2013
Offener Brief An die Nordkirche und die christlichen Gemeinden
che2001, 15:18h
Die Gruppe der libyschen Kriegsflüchtlinge „Lampedusa Hamburg"
13.11.2013
Ansprechpartner:
Asuquo Udo: 0152-146 725 37
Friday Emitola: 0152 170 052 71
Kofi Anane Mark: 0152 170 045 94
Ahmed Ali: 0152 13239181
Offener Brief An die Nordkirche und die christlichen Gemeinden
Wir bedanken uns sehr für die große Unterstützung aus den christlichen Gemeinden in Hamburg. Insbesondere die Unterbringung und Versorgung in
St.Pauli aber auch in vielen anderen Stadtteilen. Besonders danken wir der afrikanischen Gemeinde der Erlöserkirche Borgfelde, die uns jede Woche
zweimal mit warmem Essens versorgt und stets den Kirchraum für unsere Versammlungen offen hielten.
Wir schätzen es so hoch wie ihr alle seit Monaten uns helft zu überleben und wie viele von Euch mit uns zusammen für unser Aufenthaltsrecht protestieren.
Auch deswegen konnten wir in unserem offenen Brief an den Senat sogar vorschlagen, dass eine Anwendung des § 23 – Gruppenanerkennung – auch
unter Ausschluss von Sozialleistungen für uns vorstellbar wäre. Viele von uns würden längst arbeiten, viele lernen seit Monaten die Sprache, die
jungen unter uns könnten Ausbildungen machen. Zusammen mit den vielen Menschen an unserer Seite könnten wir, diejenigen von uns, für die es
schwierig sein kann, Arbeit zu finden, weitere Zeit unterstützen. Dass dies möglich ist, hat uns die breite und andauernde Solidarität der letzten Monate gezeigt.
Aber es geht um alle von uns, es geht um eine Gruppenanerkennung. Wir haben alle eine gleiche traumatische Geschichte in gleicher Zeit, die von
Libyen nach Lampedusa und Italien geführt hat. Dort wurde dies bereits anerkannt. Wir sind Europas anerkannte Flüchtlinge und brauchen das Recht,
leben und arbeiten zu können. Seit fast 3 Jahren sind nicht nur wir, sondern auch unsere Familien in großer Not. Wir kämpfen für unser Recht,
unser Leben neu aufzubauen.
Dafür steht unsere Gruppe der libyschen Kriegsflüchtlinge „Lampedusa in Hamburg“.
Das haben wir immer gesagt. Wir haben auch gesagt, dass jede Hilfe, Unterstützung und Rat willkommen ist. Aber wir mussten auch immer wieder
klar stellen, dass wir selbst über unser Schicksal und unsere Zukunft entscheiden, dass wir Opfer der Ungerechtigkeit und Kämpfer für Gerechtigkeit sind.
Immer mehr Menschen in der Stadt und darüber hinaus fordern mit uns das Aufenthalts- und Arbeitsrecht für alle. Die politische Führung der Stadt
will keine Lösung unseres Problems.
Der Senat setzte Polizeikontrollen gegen schwarze Menschen in Gang und hielt Menschen unserer Gruppe für Stunden in Polizeigewahrsam und erzwang
die Abnahme von Fingerabdrücken. Gleichzeitig erhielten wir über die Bischofskanzlei die Vorschläge des Senats mit der Ankündigung bei Annahme
der Bedingungen die Kontrollen einzustellen.
Die Vorschläge des Senats bedeuten für uns weitere Monate und Jahre der Unsicherheit. Wir sollen uns in individuelle Aufenthaltsverfahren begeben.
Unser von Italien anerkannter Flüchtlingsstatus wird gegen eine Duldung eingetauscht. Der Senat betont auch weiterhin, dass unsere Aufenthaltsgründe nicht anerkannt werden und dass wir dann gerichtliche
Klageverfahren betreiben können. Bis zum Abschluss dieser Verfahren sollen wir dann nicht abgeschoben werden. Und danach? Wir betrachten dies als
keine konstruktive Lösung, sondern als ein Spiel auf Zeit, um uns später einzeln abzufertigen. Eine faire und sinnvolle Lösung sieht anders aus.
Darüber wollen wir nach wie vor direkte Gespräche mit dem Senat führen.
Dies haben wir zuletzt in unserem offenen Brief an den Senat vom 28.10.2013 und auf der Pressekonferenz einen Tag später vorgestellt.
Gleichzeitig hat die Führung der Nordkirche über unsere Köpfe hinweg den Senatsvorschlag akzeptiert und in der Öffentlichkeit beworben. Der evangelische Pressedienst veröffentlichte die falsche Information, dass die 80 von uns in der St.Pauli Kirche bei der Behörde eine Duldung beantragen werden. Das hat viel Konfusion und Misstrauen erzeugt.
Wurde von Seite der Kirche immer wieder betont, dass sie in erster Linie rein humanitäre Hilfe leistet, heißt es jetzt, dass die Bischöfin der Nordkirche und der Innensenator Hamburgs eine Lösung besprochen haben, die ein faires Verfahren für alle darstellen würde. Dies sehen wir völlig anders und auch Vertreter_innen der Nordkirche haben uns gegenüber
wiederholt geäußert, dass mit dem vorgeschlagenen Verfahren nur einige wenige eine Chance haben werden.
Die Nordkirche mag ihre Gründe haben – wir haben oft gehört: der Druck des Senats auf die Bischöfin ist zu groß, der Druck auf die Pastoren der St.
Pauli ist zu groß. Aber dann wäre es fair und anständig dieses auch so zu sagen, anstatt einige der Gruppe zu überreden, dem zweifelhaften Vorschlag
zu folgen und der Gruppe damit in den Rücken zu fallen. Der ehemalige Sprecher der Schlafgruppe der St.Pauli Kirche sagte uns im Nachhinein, er
habe das Angebot angenommen, weil der Druck auf die Kirche zu groß war.
Einige andere haben eine Duldung beantragt, weil ihnen gesagt wurde, es gäbe keine Alternative.
Die absolute Mehrheit von uns lehnt diesen Weg aufgrund seiner Unsicherheit und aufgrund der gleichen ablehnenden Haltung des Senats ab.
Wir sind enttäuscht und verärgert über die Erklärung der Bischofskanzlei, mit dem Senat einen gangbaren Weg vereinbart zu haben.
Wir sollen diesen Weg gehen, aber wir wurden nicht in die Verhandlungen einbezogen. Wir haben niemanden beauftragt, in unserem Namen zu
verhandeln. Wir haben immer direkte Gespräche gefordert. Warum kann dies, was das normalste und natürlichste ist, nicht respektiert werden? Warum
entscheidet sich die Kirchenführung in einem Moment, wo eine riesige Solidarität mit uns entsteht, für eine Zusammenarbeit mit dem Senat gegen
unsere Interessen? Warum wird nicht akzeptiert, dass wir für unser Leben entscheiden? Warum ist es für die Kirchenführung nicht möglich, uns als
gleichwertige Subjekte zu sehen?
Warum wird eine Gruppenlösung von der Nordkirche nicht unterstützt? Warum soll die Solidarität zwischen uns, die aus unserer gemeinsamen traumatischen Geschichte rührt, gebrochen werden?
Wir haben alle das Gleiche erlitten und wir brauchen alle das Gleiche. Wie könnten wir Unterschiede zwischen uns machen?
Wir hoffen Ihr könnt uns verstehen – versucht Euch in unsere Lage zu versetzen und fragt Euch wie ihr handeln würdet. Wir sind jeder und jedem
dankbar, die/der uns aufrichtig unterstützt und akzeptiert, dass wir die Entscheidungen über unsere Zukunft treffen.
Wir wünschen allen eine schöne und glückliche Vorweihnachtszeit.
Die Gruppe der libyschen Kriegsflüchtlinge „Lampedusa in Hamburg“ 13.11.2013
http://lampedusa-in-hamburg.tk/
13.11.2013
Ansprechpartner:
Asuquo Udo: 0152-146 725 37
Friday Emitola: 0152 170 052 71
Kofi Anane Mark: 0152 170 045 94
Ahmed Ali: 0152 13239181
Offener Brief An die Nordkirche und die christlichen Gemeinden
Wir bedanken uns sehr für die große Unterstützung aus den christlichen Gemeinden in Hamburg. Insbesondere die Unterbringung und Versorgung in
St.Pauli aber auch in vielen anderen Stadtteilen. Besonders danken wir der afrikanischen Gemeinde der Erlöserkirche Borgfelde, die uns jede Woche
zweimal mit warmem Essens versorgt und stets den Kirchraum für unsere Versammlungen offen hielten.
Wir schätzen es so hoch wie ihr alle seit Monaten uns helft zu überleben und wie viele von Euch mit uns zusammen für unser Aufenthaltsrecht protestieren.
Auch deswegen konnten wir in unserem offenen Brief an den Senat sogar vorschlagen, dass eine Anwendung des § 23 – Gruppenanerkennung – auch
unter Ausschluss von Sozialleistungen für uns vorstellbar wäre. Viele von uns würden längst arbeiten, viele lernen seit Monaten die Sprache, die
jungen unter uns könnten Ausbildungen machen. Zusammen mit den vielen Menschen an unserer Seite könnten wir, diejenigen von uns, für die es
schwierig sein kann, Arbeit zu finden, weitere Zeit unterstützen. Dass dies möglich ist, hat uns die breite und andauernde Solidarität der letzten Monate gezeigt.
Aber es geht um alle von uns, es geht um eine Gruppenanerkennung. Wir haben alle eine gleiche traumatische Geschichte in gleicher Zeit, die von
Libyen nach Lampedusa und Italien geführt hat. Dort wurde dies bereits anerkannt. Wir sind Europas anerkannte Flüchtlinge und brauchen das Recht,
leben und arbeiten zu können. Seit fast 3 Jahren sind nicht nur wir, sondern auch unsere Familien in großer Not. Wir kämpfen für unser Recht,
unser Leben neu aufzubauen.
Dafür steht unsere Gruppe der libyschen Kriegsflüchtlinge „Lampedusa in Hamburg“.
Das haben wir immer gesagt. Wir haben auch gesagt, dass jede Hilfe, Unterstützung und Rat willkommen ist. Aber wir mussten auch immer wieder
klar stellen, dass wir selbst über unser Schicksal und unsere Zukunft entscheiden, dass wir Opfer der Ungerechtigkeit und Kämpfer für Gerechtigkeit sind.
Immer mehr Menschen in der Stadt und darüber hinaus fordern mit uns das Aufenthalts- und Arbeitsrecht für alle. Die politische Führung der Stadt
will keine Lösung unseres Problems.
Der Senat setzte Polizeikontrollen gegen schwarze Menschen in Gang und hielt Menschen unserer Gruppe für Stunden in Polizeigewahrsam und erzwang
die Abnahme von Fingerabdrücken. Gleichzeitig erhielten wir über die Bischofskanzlei die Vorschläge des Senats mit der Ankündigung bei Annahme
der Bedingungen die Kontrollen einzustellen.
Die Vorschläge des Senats bedeuten für uns weitere Monate und Jahre der Unsicherheit. Wir sollen uns in individuelle Aufenthaltsverfahren begeben.
Unser von Italien anerkannter Flüchtlingsstatus wird gegen eine Duldung eingetauscht. Der Senat betont auch weiterhin, dass unsere Aufenthaltsgründe nicht anerkannt werden und dass wir dann gerichtliche
Klageverfahren betreiben können. Bis zum Abschluss dieser Verfahren sollen wir dann nicht abgeschoben werden. Und danach? Wir betrachten dies als
keine konstruktive Lösung, sondern als ein Spiel auf Zeit, um uns später einzeln abzufertigen. Eine faire und sinnvolle Lösung sieht anders aus.
Darüber wollen wir nach wie vor direkte Gespräche mit dem Senat führen.
Dies haben wir zuletzt in unserem offenen Brief an den Senat vom 28.10.2013 und auf der Pressekonferenz einen Tag später vorgestellt.
Gleichzeitig hat die Führung der Nordkirche über unsere Köpfe hinweg den Senatsvorschlag akzeptiert und in der Öffentlichkeit beworben. Der evangelische Pressedienst veröffentlichte die falsche Information, dass die 80 von uns in der St.Pauli Kirche bei der Behörde eine Duldung beantragen werden. Das hat viel Konfusion und Misstrauen erzeugt.
Wurde von Seite der Kirche immer wieder betont, dass sie in erster Linie rein humanitäre Hilfe leistet, heißt es jetzt, dass die Bischöfin der Nordkirche und der Innensenator Hamburgs eine Lösung besprochen haben, die ein faires Verfahren für alle darstellen würde. Dies sehen wir völlig anders und auch Vertreter_innen der Nordkirche haben uns gegenüber
wiederholt geäußert, dass mit dem vorgeschlagenen Verfahren nur einige wenige eine Chance haben werden.
Die Nordkirche mag ihre Gründe haben – wir haben oft gehört: der Druck des Senats auf die Bischöfin ist zu groß, der Druck auf die Pastoren der St.
Pauli ist zu groß. Aber dann wäre es fair und anständig dieses auch so zu sagen, anstatt einige der Gruppe zu überreden, dem zweifelhaften Vorschlag
zu folgen und der Gruppe damit in den Rücken zu fallen. Der ehemalige Sprecher der Schlafgruppe der St.Pauli Kirche sagte uns im Nachhinein, er
habe das Angebot angenommen, weil der Druck auf die Kirche zu groß war.
Einige andere haben eine Duldung beantragt, weil ihnen gesagt wurde, es gäbe keine Alternative.
Die absolute Mehrheit von uns lehnt diesen Weg aufgrund seiner Unsicherheit und aufgrund der gleichen ablehnenden Haltung des Senats ab.
Wir sind enttäuscht und verärgert über die Erklärung der Bischofskanzlei, mit dem Senat einen gangbaren Weg vereinbart zu haben.
Wir sollen diesen Weg gehen, aber wir wurden nicht in die Verhandlungen einbezogen. Wir haben niemanden beauftragt, in unserem Namen zu
verhandeln. Wir haben immer direkte Gespräche gefordert. Warum kann dies, was das normalste und natürlichste ist, nicht respektiert werden? Warum
entscheidet sich die Kirchenführung in einem Moment, wo eine riesige Solidarität mit uns entsteht, für eine Zusammenarbeit mit dem Senat gegen
unsere Interessen? Warum wird nicht akzeptiert, dass wir für unser Leben entscheiden? Warum ist es für die Kirchenführung nicht möglich, uns als
gleichwertige Subjekte zu sehen?
Warum wird eine Gruppenlösung von der Nordkirche nicht unterstützt? Warum soll die Solidarität zwischen uns, die aus unserer gemeinsamen traumatischen Geschichte rührt, gebrochen werden?
Wir haben alle das Gleiche erlitten und wir brauchen alle das Gleiche. Wie könnten wir Unterschiede zwischen uns machen?
Wir hoffen Ihr könnt uns verstehen – versucht Euch in unsere Lage zu versetzen und fragt Euch wie ihr handeln würdet. Wir sind jeder und jedem
dankbar, die/der uns aufrichtig unterstützt und akzeptiert, dass wir die Entscheidungen über unsere Zukunft treffen.
Wir wünschen allen eine schöne und glückliche Vorweihnachtszeit.
Die Gruppe der libyschen Kriegsflüchtlinge „Lampedusa in Hamburg“ 13.11.2013
http://lampedusa-in-hamburg.tk/
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