Freitag, 29. November 2013
Polit-Fiction zum Todestag von JFK
che2001, 00:17h
Im Radio war ein angeblicher Kennedy-Experte zitiert worden, der gesagt hatte, ohne das Attentat wäre Kennedy wiedergewählt und Johnson nicht wieder Vizepräsident und folglich auch nie Präsident geworden. Er ging so weit, Johnson ein Interesse am Tod Kennedys zu unterstellen. Seinen Ausführungen nach hätte Kennedy keinen Einsatz von Bodentruppen in Vietnam angeordnet, und der Vietnamkrieg wäre 1968 zu Ende gewesen. Angenommen, das stimmt.Was wäre daraus gefolgt? Kein Einmarsch der Warschauer-Pakt-Staaten in der CSSR als Deal zum Rückzug der USA aus Vietnam?
Eine von der CSSR auf Ungarn, Jugoslawien und Rumänien ausstrahlende Balkan-Perestroika 15 Jahre vor Gorbatschow und damit verbunden eine Stärkung des Eurokommunismus, möglicherweise eine kommunistische Regierung in Italien?
Helsinki-Akte 1969 ratifiziert, SALT 1 1972, SALT 2 1974, START 1976, kein NATO-Nachrüstungsbeschluss? Wie sähe die Welt heute aus?
Eine von der CSSR auf Ungarn, Jugoslawien und Rumänien ausstrahlende Balkan-Perestroika 15 Jahre vor Gorbatschow und damit verbunden eine Stärkung des Eurokommunismus, möglicherweise eine kommunistische Regierung in Italien?
Helsinki-Akte 1969 ratifiziert, SALT 1 1972, SALT 2 1974, START 1976, kein NATO-Nachrüstungsbeschluss? Wie sähe die Welt heute aus?
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futuretwin,
Freitag, 29. November 2013, 11:39
Das wäre ein guter Ansatz für einen Parallelwelt-Roman. Steh ich ich ja, auf sowas....
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willy56,
Freitag, 29. November 2013, 15:05
Ich habe das auch gehört, ich glaube es gibt da einen Roman in dem das so dargestellt wird, was passiert wäre, wenn Kennedy nicht 1963 gestorben wäre. Es hieß da meiner Erinnerung nach, er hätte wohl den Vietnamkrieg nicht eskalieren lassen, wäre aber dafür im Gegenzug den Konservativen bei den Bürgerrechte für Schwarze entgegengekommen.
Wie überhaupt Lyndon B. Johnson als einer der sozialsten und liberalsten US-Präsidenten gilt, was die Innenpolitik betrifft.
Wie überhaupt Lyndon B. Johnson als einer der sozialsten und liberalsten US-Präsidenten gilt, was die Innenpolitik betrifft.
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fraualin,
Freitag, 29. November 2013, 17:18
Die Frage, ob Kennedy wirklich den Vietnamkrieg nicht eskaliert hätte (den er ja schließlich für die USA begonnen hat), wird immer noch sehr kontrovers diskutiert, zum Beispiel hier: http://www.thenation.com/blog/177316/kennedy-week-jfks-uncertain-path-vietnam
Der Mythos aber (und es ist ein Mythos), dass der Tod Kennedies eine epochale Katastrophe für die USA war, und er es geschafft hätte einen liberalen Konsens durchzusetzen und die Gewalt und die Konflikte der 60er Jahre zu vermeiden, ist insgesamt sehr merkwürdig. Kennedy war definitv kein Kriegsgegner, kein "Linker", völlig opportunistisch was Bürgerrechte angeht und außerdem noch auf eine geradezu monströse Weise sexistisch. Dass er immer noch als eine progressive Lichtgestalt gesehen wird... ich denke genauso wie Obama war er sehr gut in liberaler Rhetorik und PR. Die beiden haben auch noch gemein, dass sie von der Rechten gehasst wurden/werden wie der Antichrist: https://twitter.com/Mobute/status/403962513152147456/photo/1.
Johnson kann man vieles vorwerfen, aber wenigstens hat er wirklich an Bürgerrechte und Sozialpolitik geglaubt, bzw. hat es geschafft sie durchzusetzen. Und wenn man schon aus der Ermordung eines einzelnen Politikers eine Zeitenwende machen will, dann bitte Martin Luther King. Das war eine echte Tragödie.
Der Mythos aber (und es ist ein Mythos), dass der Tod Kennedies eine epochale Katastrophe für die USA war, und er es geschafft hätte einen liberalen Konsens durchzusetzen und die Gewalt und die Konflikte der 60er Jahre zu vermeiden, ist insgesamt sehr merkwürdig. Kennedy war definitv kein Kriegsgegner, kein "Linker", völlig opportunistisch was Bürgerrechte angeht und außerdem noch auf eine geradezu monströse Weise sexistisch. Dass er immer noch als eine progressive Lichtgestalt gesehen wird... ich denke genauso wie Obama war er sehr gut in liberaler Rhetorik und PR. Die beiden haben auch noch gemein, dass sie von der Rechten gehasst wurden/werden wie der Antichrist: https://twitter.com/Mobute/status/403962513152147456/photo/1.
Johnson kann man vieles vorwerfen, aber wenigstens hat er wirklich an Bürgerrechte und Sozialpolitik geglaubt, bzw. hat es geschafft sie durchzusetzen. Und wenn man schon aus der Ermordung eines einzelnen Politikers eine Zeitenwende machen will, dann bitte Martin Luther King. Das war eine echte Tragödie.
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fraualin,
Freitag, 29. November 2013, 17:25
"Kein Einmarsch der Warschauer-Pakt-Staaten in der CSSR als Deal zum Rückzug der USA aus Vietnam?"
Moment mal - das ist doch hier nur deine Spekulation, oder? Oder hätte so eine Möglichkeit wirklich bestanden?
Ich glaube ehrlich gesagt, dass wenn nicht in Vietnam, die USA bestimmt einen anderen Kriegsschauplatz gefunden hätten. Die freie Welt kann schließlich überall verteidigt werden. Zur Not halt in Afghanistan.
Moment mal - das ist doch hier nur deine Spekulation, oder? Oder hätte so eine Möglichkeit wirklich bestanden?
Ich glaube ehrlich gesagt, dass wenn nicht in Vietnam, die USA bestimmt einen anderen Kriegsschauplatz gefunden hätten. Die freie Welt kann schließlich überall verteidigt werden. Zur Not halt in Afghanistan.
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first_dr.dean,
Freitag, 29. November 2013, 20:20
Ich glaube, dass eine Geschichtsschreibung, die das Wirken "großer Männer" hervor hebt, die tatsächlich wirkenden Prozesse nicht ausreichend berücksichtigt.
Die besondere, bis heute anhaltende Strahlkraft Kennedys beruht m.E. auch weniger auf seine tatsächlichen politischen Verdienste, sondern mehr darauf, wie er sich - zusammen mit seiner glamourösen Frau - in der Öffentlichkeit zu verkaufen wusste.
Er war nicht unabhängig vom Apparat, der ihn umgab - und folgte in "seinen" Entscheidungen vielfach den Vorgaben/Expertisen seiner Administration. Meiner Einschätzung nach war Kennedy in außenpolitischen Fragen ein eher unvorsichtiger - und auf Eskalationen zusteuernder Präsident. Vielleicht bestand die Ursache dafür in der tief in ihm verwurzelten Angst, als Schwächling wahr genommen zu werden. Obendrein war er ,auf eine sehr undurchsichtige Weise, mit Mafia-Größen verbandelt, die ihm u.a. eine gewisse M. Monroe auf dem Präsentierteller verschafften.
Vielleicht war es eher so: Kennedy ein eher unterdurchschnittlicher Präsident, der dem Zeitgeist folgte, der oft genug kurz vor dem Zusammenbruch stand - und seine Frau eine blasierte Schickse aus höherem Hause...
Die besondere, bis heute anhaltende Strahlkraft Kennedys beruht m.E. auch weniger auf seine tatsächlichen politischen Verdienste, sondern mehr darauf, wie er sich - zusammen mit seiner glamourösen Frau - in der Öffentlichkeit zu verkaufen wusste.
Er war nicht unabhängig vom Apparat, der ihn umgab - und folgte in "seinen" Entscheidungen vielfach den Vorgaben/Expertisen seiner Administration. Meiner Einschätzung nach war Kennedy in außenpolitischen Fragen ein eher unvorsichtiger - und auf Eskalationen zusteuernder Präsident. Vielleicht bestand die Ursache dafür in der tief in ihm verwurzelten Angst, als Schwächling wahr genommen zu werden. Obendrein war er ,auf eine sehr undurchsichtige Weise, mit Mafia-Größen verbandelt, die ihm u.a. eine gewisse M. Monroe auf dem Präsentierteller verschafften.
Vielleicht war es eher so: Kennedy ein eher unterdurchschnittlicher Präsident, der dem Zeitgeist folgte, der oft genug kurz vor dem Zusammenbruch stand - und seine Frau eine blasierte Schickse aus höherem Hause...
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che2001,
Freitag, 29. November 2013, 22:52
@"Ich glaube, dass eine Geschichtsschreibung, die das Wirken "großer Männer" hervor hebt, die tatsächlich wirkenden Prozesse nicht ausreichend berücksichtigt.
Die besondere, bis heute anhaltende Strahlkraft Kennedys beruht m.E. auch weniger auf seine tatsächlichen politischen Verdienste, sondern mehr darauf, wie er sich - zusammen mit seiner glamourösen Frau - in der Öffentlichkeit zu verkaufen wusste." --- Da stimme ich Dir völlig zu, aber nicht hier: "Er war nicht unabhängig vom Apparat, der ihn umgab - und folgte in "seinen" Entscheidungen vielfach den Vorgaben/Expertisen seiner Administration. Meiner Einschätzung nach war Kennedy in außenpolitischen Fragen ein eher unvorsichtiger - und auf Eskalationen zusteuernder Präsident." In der Kuba-Krise war er eben nicht seinen Beratern gefolgt, sondern hatte sich gegen die Militärs verhalten, die den Enthauptungsschlag gegen Kuba wollten und sich mit Chruschtschow verständigt. Möglicherweise hätte er wie Johnson gehandelt, wäre wie dieser als Völkermörder in die Geschichte eingegangen und nach der Wahl Nixons kläglich unter seiner Krankheit zusammengebrochen. Aber eben vielleicht auch nicht. Wir werden es nie erfahren.
Die besondere, bis heute anhaltende Strahlkraft Kennedys beruht m.E. auch weniger auf seine tatsächlichen politischen Verdienste, sondern mehr darauf, wie er sich - zusammen mit seiner glamourösen Frau - in der Öffentlichkeit zu verkaufen wusste." --- Da stimme ich Dir völlig zu, aber nicht hier: "Er war nicht unabhängig vom Apparat, der ihn umgab - und folgte in "seinen" Entscheidungen vielfach den Vorgaben/Expertisen seiner Administration. Meiner Einschätzung nach war Kennedy in außenpolitischen Fragen ein eher unvorsichtiger - und auf Eskalationen zusteuernder Präsident." In der Kuba-Krise war er eben nicht seinen Beratern gefolgt, sondern hatte sich gegen die Militärs verhalten, die den Enthauptungsschlag gegen Kuba wollten und sich mit Chruschtschow verständigt. Möglicherweise hätte er wie Johnson gehandelt, wäre wie dieser als Völkermörder in die Geschichte eingegangen und nach der Wahl Nixons kläglich unter seiner Krankheit zusammengebrochen. Aber eben vielleicht auch nicht. Wir werden es nie erfahren.
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che2001,
Samstag, 30. November 2013, 19:51
Als fantasievoller Historiker stehe ich ja auf alternate history. Interessant wäre auch folgendes Szenario: Das Deutsche Reich unterstützt 1914 Österreich-Ungarn mit Kriegskrediten, Waffenlieferungen, Verpachten von Kriegsschiffen, Zeppelinen und Panzerzügen sowie Freiwilligenverbänden unter österreichischem Kommando, erklärt aber selber Russland nicht den Krieg. Zwar bricht Russland die diplomatischen Beziehungen zum Reich ab, der "Große Europäische Krieg" spielt sich aber zunächst nur zwischen Österreich-Ungarn und Serbien sowie Russland ab, später auch als Zweifrontenkrieg Österreich-Italien sowie Osmanisches Reich-Russland/Großbritannien. Der Krieg endet mit der österreichischen Kapitulation, das Habsburger Imperium wird aufgelöst und Österreich ans Deutsche Reich angeschlossen. Als Ausgleich dafür übernimmt das Reich die österreichischen Kriegsschulden in Form eines Abtretens seiner Kolonien. In Russland findet die Revolution statt, ohne Lenin, aber mit Trotzki. Ein durch den Krieg massenweise verarmtes Kleinbürgertum, die zentrale soziale Basis der Nazis, gibt es im Deutschen Reich nicht. Spannendes Szenario, oder?
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first_dr.dean,
Sonntag, 1. Dezember 2013, 13:14
Bei der Kubakrise mag es eventuell so gewesen sein (ich sehe das allerdings ganz anders, siehe unten), in anderen Fällen verhielt es sich jedoch sehr eindeutig so: Da war Kenndy der Eskalateur. Die Frage ist auch, warum Kennedy Militärberater um sich versammelt hatte, die eher in die Rubrik "Abenteurer" einzusortieren waren.
Grundsätzlich, das ist ein kleines Stück Lebenserfahrung, misstraue ich den Erzählungen großer Narzissten. Für Kennedy wäre es ein "erzählerisches Debakel" gewesen, wenn er den gleichermaßen kriminellen wie militärischen Fehlschlag in Kuba uneingeschränkt als sein eigenes Projekt dargestellt hätte. Wie viel schöner wirkt es dann, wenn er sich als Opfer kriegswütiger Militaristen darstellt!
Tatsache jedenfall ist, dass Kennedys Vorgänger einen Weg für eine Invasion Kubas gesucht hatte - und Kennedy 1961 ebenfalls Planungen in diese Richtung voran trieb. Er war bei diesem Debakel als Präsident derjenige, der die grundsätzliche Idee, eine Kubainvasion, mit hohem Tempo voran trieb - und sich hier sogar noch mit kleineren Details befasste. Das gilt auch für den perfiden Plan, kurz nach der Invasion eine Marionetten-Exilregierung einfliegen zu lassen, damit diese dann umgehend einen "Hilferuf" nach Amerika sendet, zur Auslösung eines offiziellen Eingreifens des US-Miltärs - doch dieser Plan Kennedys ging schief.
Durchaus recht knapp, wie ich meine.
Nach dem Debakel dann gab er sich in der Öffentlichkeit ganz anders, nicht zuletzt auch getrieben von den Reaktionen der Weltöffentlichkeit und den abweisenden Reaktionen der Amerikaner, die sich fragten, warum ihr Präsident derartige Angriffsoperationen zuließ - zumal er in seinen öffentlichen Erklärungen zuvor das exakte Gegenteil verkünden ließ.
Ich bin geneigt, einfach von der Persönlichkeitsstruktur her, diesen Kennedy für einen geborenen Lügner zu halten.
Grundsätzlich, das ist ein kleines Stück Lebenserfahrung, misstraue ich den Erzählungen großer Narzissten. Für Kennedy wäre es ein "erzählerisches Debakel" gewesen, wenn er den gleichermaßen kriminellen wie militärischen Fehlschlag in Kuba uneingeschränkt als sein eigenes Projekt dargestellt hätte. Wie viel schöner wirkt es dann, wenn er sich als Opfer kriegswütiger Militaristen darstellt!
Tatsache jedenfall ist, dass Kennedys Vorgänger einen Weg für eine Invasion Kubas gesucht hatte - und Kennedy 1961 ebenfalls Planungen in diese Richtung voran trieb. Er war bei diesem Debakel als Präsident derjenige, der die grundsätzliche Idee, eine Kubainvasion, mit hohem Tempo voran trieb - und sich hier sogar noch mit kleineren Details befasste. Das gilt auch für den perfiden Plan, kurz nach der Invasion eine Marionetten-Exilregierung einfliegen zu lassen, damit diese dann umgehend einen "Hilferuf" nach Amerika sendet, zur Auslösung eines offiziellen Eingreifens des US-Miltärs - doch dieser Plan Kennedys ging schief.
Durchaus recht knapp, wie ich meine.
Nach dem Debakel dann gab er sich in der Öffentlichkeit ganz anders, nicht zuletzt auch getrieben von den Reaktionen der Weltöffentlichkeit und den abweisenden Reaktionen der Amerikaner, die sich fragten, warum ihr Präsident derartige Angriffsoperationen zuließ - zumal er in seinen öffentlichen Erklärungen zuvor das exakte Gegenteil verkünden ließ.
Ich bin geneigt, einfach von der Persönlichkeitsstruktur her, diesen Kennedy für einen geborenen Lügner zu halten.
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willy56,
Sonntag, 1. Dezember 2013, 23:11
ich dachte an das hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Great_Society
Geht entschieden weiter als Obama, finde ich.
Geht entschieden weiter als Obama, finde ich.
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avantgarde,
Samstag, 30. November 2013, 13:18
Die größere Zäsur
war nicht die Ermordung von J.F., sondern die seines Bruders.
Das wäre ein anderes Amerika geworden.
Das wäre ein anderes Amerika geworden.
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futuretwin,
Montag, 2. Dezember 2013, 16:02
Ich bin geneigt, Dean zuzustimmen, dass es nicht zwingend die "Großen Männer" oder Frauen sind, deren Leben und Sterben die Geschichte stark verändert hätte.
Spannendere Szenarien ergeben sich manchmal, wenn andere Ereignisse weitergedacht werden, wie etwa einen extrem größeren Tunguska-Einschlag bei Krachts "Ich werde da sein....". In diesem Buch wurde Russsland 1908 verheert, woraufhin Lenin die Revolution in der Schweiz initiiert. Das Buch ist aber kein lupenreines Alternate History, sondern eher eine Mischung aus AH, Popliteratur und Steampunk.
Wobei grundsätzlich schon interessant wäre sich zu überlegen, was ein langes Leben eines "Alexanders des Großen" oder ein früher Tod eines Stalin für die Geschichte bedeutet hätten.
Auch interessant das Buch "Making History" von Stephen Fry, in dem durch eine Zeitkorrektur Hiters Geburt verhindert wird, wodurch jedoch ein noch perfiderer Diktator in Deutschland aufsteigt, was (wenn ich es recht erinnere) die Shoa weitgehend unverändert eintreten lässt, den Vernichtungskrieg jedoch nicht in den realen Dimensionen, so dass das 3. Reich weiter bestehen bleibt. Aber auch das Buch ist keine lupenreine Alternate History.....
Spannendere Szenarien ergeben sich manchmal, wenn andere Ereignisse weitergedacht werden, wie etwa einen extrem größeren Tunguska-Einschlag bei Krachts "Ich werde da sein....". In diesem Buch wurde Russsland 1908 verheert, woraufhin Lenin die Revolution in der Schweiz initiiert. Das Buch ist aber kein lupenreines Alternate History, sondern eher eine Mischung aus AH, Popliteratur und Steampunk.
Wobei grundsätzlich schon interessant wäre sich zu überlegen, was ein langes Leben eines "Alexanders des Großen" oder ein früher Tod eines Stalin für die Geschichte bedeutet hätten.
Auch interessant das Buch "Making History" von Stephen Fry, in dem durch eine Zeitkorrektur Hiters Geburt verhindert wird, wodurch jedoch ein noch perfiderer Diktator in Deutschland aufsteigt, was (wenn ich es recht erinnere) die Shoa weitgehend unverändert eintreten lässt, den Vernichtungskrieg jedoch nicht in den realen Dimensionen, so dass das 3. Reich weiter bestehen bleibt. Aber auch das Buch ist keine lupenreine Alternate History.....
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che2001,
Dienstag, 3. Dezember 2013, 00:52
Also bitte, wo sind wir hier?
Ich bin ein Alltagshistoriker, der aus der Geschichte-von-unten-Ecke kommt. Dass ich nicht der Auffassung bin, Große Männer machten Geschichte versteht sich doch wohl von selbst. Das Anliegen zu fragen, wie Geschichte hätte anders laufen können ist für mich immer rückgekoppelt mit der Frage, wie Basisbewegungen sich anders hätten entfalten können. Die Black Power- und die Frauen- und Yippieh-Bewegungen hätten in einem Kennedy-Amerika (durchaus: Gegen diesesd) andere Möglichkeiten gehabt als unter Nixon, that´s the point.
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che2001,
Dienstag, 3. Dezember 2013, 11:37
Alexander Demand ist immer interessant zu lesen.Ich habe von ihm "Mit Fremden leben", eine Geschichte der Multiethnizität vom alten Griechenland bis heute. Das von Dir oben angeführte Buch kriege ich zu Weihnachten.
Btw: Was wäre, wenn es keinen Sieg der Cherusker bei Kalkriese gegeben hätte und auch keinen bloßen Limes, sondern längs der Elbe von der Nordseeküste bis zum Elbsandsteingebirge die Große Römische Mauer errichtet worden wäre?
Btw: Was wäre, wenn es keinen Sieg der Cherusker bei Kalkriese gegeben hätte und auch keinen bloßen Limes, sondern längs der Elbe von der Nordseeküste bis zum Elbsandsteingebirge die Große Römische Mauer errichtet worden wäre?
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futuretwin,
Dienstag, 3. Dezember 2013, 17:03
So wie der Hadrianswall?
Warum der eigentlich? Warum wurde die Option aufgegeben, nördlichere Gefielde von Brittanien zu erobern? Ich hab mal die These gelesen, dass die Straßen (über die die Legionen marschierten) eine Stärke des Imperiums waren. Gebiete, in die (mit damaligen Mitteln) keine Straßen gebaut werden konnten bzw. wo nicht schon Wege waren, die ausgebaut werden konnten, stellten natürliche Grenzen dar.
Aber zu deiner Frage: Dann wären die Hunnen mehr oder weniger direkt auf das Römische Reich getroffen. Keine Völkerwanderung. Wir würden eine romanische Sprache sprechen. So in die Richtung?
Warum der eigentlich? Warum wurde die Option aufgegeben, nördlichere Gefielde von Brittanien zu erobern? Ich hab mal die These gelesen, dass die Straßen (über die die Legionen marschierten) eine Stärke des Imperiums waren. Gebiete, in die (mit damaligen Mitteln) keine Straßen gebaut werden konnten bzw. wo nicht schon Wege waren, die ausgebaut werden konnten, stellten natürliche Grenzen dar.
Aber zu deiner Frage: Dann wären die Hunnen mehr oder weniger direkt auf das Römische Reich getroffen. Keine Völkerwanderung. Wir würden eine romanische Sprache sprechen. So in die Richtung?
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che2001,
Dienstag, 3. Dezember 2013, 17:50
Warum der Hadrianswall? In der Tat war das Land für die römischen Legionen zu unwegsam, die Pikten galten als unbezähmbare Barbaren, und es war da oben auch nichts zu holen - Steinkohle förderte man noch nicht, Whisky gab es noch nicht. Legionen, die in voller Rüstung zu Fuß marschierten in einer Moorlandschaft, das war suboptimal. Vielleicht hätte sich auch eine andere Völkerwanderung abgespielt, bei der z.B. die Sarmaten nach auf den Balkan vorgedrungen wären, wo man heute eine iranische Sprache sprechen würde. Und was wäre geschehen, wenn das Imperium Kontakte zum Kuschanreich oder zu China aufgenommen hätte? Bis Indien fuhren ja Corbita im Linienverkehr, wenn auch mit nabatäischen Besatzungen; die Makamen des Al Haririri zeigten in frühislamischer Zeit schon solche mit Heckruder, die Übergangsform zur Dhau.
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futuretwin,
Mittwoch, 4. Dezember 2013, 09:54
Die Germanen galten doch auch als unbezähmbar und war das Gelände hier wegsamer?
"Und was wäre geschehen, wenn das Imperium Kontakte zum Kuschanreich oder zu China aufgenommen hätte?"
Hätte nicht soo viel geändert, oder?
Aber Kuschan finde ich schon interessant. Das Reich soll ja angeblich von den Yüe-Zhi bzw. Tocharern gegründet worden sein, die (wiederum angeblich) eine indoeuropäische Sprache gesprochen haben, die "östlichste" überhaupt. In dieser Region gab es wahrscheinlich mehr Austausch zwischen Europa und Fernost, als mensch heute so glaubt. M.W. gab es in Kuschan auch noch lange graeco-baktrische Einflüsse aus der Alexander-Zeit.
Edith: Die Geschichte ist eine Geschichte voller Missverständnisse. :-) So hatte ich auch deine Frage falsch gelesen. Egal.
Der Unterschied zwischen Limes und Wall ist ja das "bis hierher und nicht weiter"-Denken. Ein Limes lässt sich verschieben.
"Und was wäre geschehen, wenn das Imperium Kontakte zum Kuschanreich oder zu China aufgenommen hätte?"
Hätte nicht soo viel geändert, oder?
Aber Kuschan finde ich schon interessant. Das Reich soll ja angeblich von den Yüe-Zhi bzw. Tocharern gegründet worden sein, die (wiederum angeblich) eine indoeuropäische Sprache gesprochen haben, die "östlichste" überhaupt. In dieser Region gab es wahrscheinlich mehr Austausch zwischen Europa und Fernost, als mensch heute so glaubt. M.W. gab es in Kuschan auch noch lange graeco-baktrische Einflüsse aus der Alexander-Zeit.
Edith: Die Geschichte ist eine Geschichte voller Missverständnisse. :-) So hatte ich auch deine Frage falsch gelesen. Egal.
Der Unterschied zwischen Limes und Wall ist ja das "bis hierher und nicht weiter"-Denken. Ein Limes lässt sich verschieben.
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che2001,
Mittwoch, 4. Dezember 2013, 12:26
Also wegsamer als die Highlands schon. Außerdem wurden die Flussniederungen an Rhein, Mosel und Donau ja eben durch den Limes eingezäunt - der im Gegensatz zum Hadrianswall als "elastische" Grenze gedacht war.
@Tocharer: Also erstmal sind die Tocharer und das Kuschanreich nicht identisch. Die Tocharer waren der östlichste mehrerer größerer Stammesverbände, die in der heutigen Ethnographie meist als "Skythen" zusammengefasst wurden, während da früher stärker differenziert wurde in Sarmaten, Skythen, Serer, Saker und Tocharer, die alle indoeuropäische Sprachen hatten und vom ethnischen Erscheinungsbild her auch "Langnasen" waren. Auf jeden Fall waren große Teile Zentralasiens einmal von Reiternomaden besiedelt, die indoeuropäische Sprachen gebrauchten und nicht wie Ostasiaten aussahen. Auch die Hunnen sollen keine ethnischen Mongolen gewesen sein.
Es wird vermutet, dass die Serer, Saker und Tocharer mit den Massageten und Ariomaspen griechischer Überlieferungen identisch waren.
Im Zweiten vorchristlichen Jahrhundert eroberten die Tocharer, die ursprünglich in Nordchina ansässig waren und von dort durch die Hsiung Nu (=Hunnen?) ins Siebenstromland am Balchaschsee vertrieben worden waren erst die Serica (Ferganatal, Zentrum der Seideherstellung) und dann das von einer griechischen Dynastie beherrschte Baktrien (Afghanistan). Das auf diese Weise entstandene Kuschanreich erstreckte sich über Afghanistan, Belutschistan, Tadschikistan, Usbekistan, Teile Kirgistans, Kaschmir und den Punjab und wird, obwohl außerindischer Genese, zu den altindischen Reichen gerechnet. Seine Kultiur war überwiegend hellenistisch geprägt, bemerkenswerter Weise mit dem Buddhismus als Religion. Man vermutet starke Einflüsse auf das frühe Christentum, so wurde ursprünglich Buddha als "guter Hirte" abgebildet.
@Tocharer: Also erstmal sind die Tocharer und das Kuschanreich nicht identisch. Die Tocharer waren der östlichste mehrerer größerer Stammesverbände, die in der heutigen Ethnographie meist als "Skythen" zusammengefasst wurden, während da früher stärker differenziert wurde in Sarmaten, Skythen, Serer, Saker und Tocharer, die alle indoeuropäische Sprachen hatten und vom ethnischen Erscheinungsbild her auch "Langnasen" waren. Auf jeden Fall waren große Teile Zentralasiens einmal von Reiternomaden besiedelt, die indoeuropäische Sprachen gebrauchten und nicht wie Ostasiaten aussahen. Auch die Hunnen sollen keine ethnischen Mongolen gewesen sein.
Es wird vermutet, dass die Serer, Saker und Tocharer mit den Massageten und Ariomaspen griechischer Überlieferungen identisch waren.
Im Zweiten vorchristlichen Jahrhundert eroberten die Tocharer, die ursprünglich in Nordchina ansässig waren und von dort durch die Hsiung Nu (=Hunnen?) ins Siebenstromland am Balchaschsee vertrieben worden waren erst die Serica (Ferganatal, Zentrum der Seideherstellung) und dann das von einer griechischen Dynastie beherrschte Baktrien (Afghanistan). Das auf diese Weise entstandene Kuschanreich erstreckte sich über Afghanistan, Belutschistan, Tadschikistan, Usbekistan, Teile Kirgistans, Kaschmir und den Punjab und wird, obwohl außerindischer Genese, zu den altindischen Reichen gerechnet. Seine Kultiur war überwiegend hellenistisch geprägt, bemerkenswerter Weise mit dem Buddhismus als Religion. Man vermutet starke Einflüsse auf das frühe Christentum, so wurde ursprünglich Buddha als "guter Hirte" abgebildet.
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futuretwin,
Mittwoch, 4. Dezember 2013, 14:49
Ich schrieb, sie gründeten das Kuschana-Reich, nicht, dass sie damit identisch waren (wie immer das gehen soll). ;-)
Die Sarmaten waren übrigens imho genauso wenig ein einheitlicher Volksstamm wie die Skythen.
Hach Geschichte ist schon spannend. Ich hab immer mal wieder irgendwelche Wiki-Flashs und lese dann Sachen nach und komme von Holz auf Stock. Kuschana, Tocharer, Massageten hatte ich auch mal, den Trip.
Hatte gerade auch nochmal über Reitervölker nachgelesen und kam dann wieder auf einen interessanten historischen Trip. Und zwar über den Umweg Kosaken - Kavallerie - .....
Es gab im 2. Weltkrieg noch Kavalleriegefechte: das wusste ich bisher gar nicht. Vor allem die Polen waren da wohl ziemlich fit!
Und dann kam ich wiederum auf die ukrainischen Anarchisten um Nestor Machno, die quasi die beste Kavallerie der Russischen Bürgerkriegs hatte. Bis Trotzki sie verraten hat. Spannend, spannend!
Die Sarmaten waren übrigens imho genauso wenig ein einheitlicher Volksstamm wie die Skythen.
Hach Geschichte ist schon spannend. Ich hab immer mal wieder irgendwelche Wiki-Flashs und lese dann Sachen nach und komme von Holz auf Stock. Kuschana, Tocharer, Massageten hatte ich auch mal, den Trip.
Hatte gerade auch nochmal über Reitervölker nachgelesen und kam dann wieder auf einen interessanten historischen Trip. Und zwar über den Umweg Kosaken - Kavallerie - .....
Es gab im 2. Weltkrieg noch Kavalleriegefechte: das wusste ich bisher gar nicht. Vor allem die Polen waren da wohl ziemlich fit!
Und dann kam ich wiederum auf die ukrainischen Anarchisten um Nestor Machno, die quasi die beste Kavallerie der Russischen Bürgerkriegs hatte. Bis Trotzki sie verraten hat. Spannend, spannend!
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che2001,
Mittwoch, 4. Dezember 2013, 16:27
Ausgerechnet Arschinows Machnotschina war für mich der Einstieg in die russische Geschichte. Habe ich konsequenterweise später als Lehrer in meinen Geschichtsunterricht eingebaut. @Sarmaten: Die gliederten sich in drei große Stammesverbände, die Alanen, Jazygen und Roxolanen. In vorklassischer Zeit waren die Geschlechter bei denen gleichgestellt, und ihre Kriegerinnen lieferten die Vorlage für die Amazonen.Patriarchal wurde ihre Gesellschaft in dem augenblick, in dem der technische Fortschritt sie in die Lage versetzte, den ganzen Körper bedeckende Rüstungen herzustellen, was zur Herausbildung einer neuen Klasse von Kriegern, den Kataphrakten (griech. cataphractos-der mit Eisen Beworfene) führte, die als gepanzerte Lanzenreiter Männer sein mussten. Die Alanen, ursprünglich zwischen Dnjepr und Don ansässig, flohen später zusammen mit den Westgoten nach Katalonien, das nach ihnen benannt ist (Gotalanien). In Britannien hatten die Römer eine alanische Kataphraktabteilung stationiert, die nach denm Abzug der Legionen zurückblieb und noch gegen die Sachsen gekämpft haben soll. Es gibt Vermutungen, dass darauf die Artussage beruht. Der letzte Befehlshaber dieser Alanentruppe hätte demzufolge Artus Pendragon geheißen. Der englische Vorname Alan soll auch auf diese Alanen zurückgehen.
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futuretwin,
Mittwoch, 4. Dezember 2013, 16:44
Ein Teil der Alanen wurden von den Hunnen unterworfen und zog mit ihnen. So kämpften dann z. T. auf beiden Seiten Alanen: bei den Hunnen und bei den Goten.
" Es gibt Vermutungen, dass darauf die Artussage beruht."
In der neueren Arthur-Verfilmung wurde das ja aufgegriffen, da sind die Ritter Sarmaten und Artur Römer.
" Es gibt Vermutungen, dass darauf die Artussage beruht."
In der neueren Arthur-Verfilmung wurde das ja aufgegriffen, da sind die Ritter Sarmaten und Artur Römer.
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che2001,
Donnerstag, 5. Dezember 2013, 00:22
@"Ein Teil der Alanen wurden von den Hunnen unterworfen und zog mit ihnen. So kämpften dann z. T. auf beiden Seiten Alanen: bei den Hunnen und bei den Goten." --- War das so? Ich habe da etwas Anderes im Kopf, nämlich, dass die Alanen zunächst als Zwangsverbündete der Hunnen mit diesen zogen und sich dann, nach der Schlacht auf den Katalaunischen Feldern den Westgoten anschlossen. Wobei das nicht "die" Alanen waren, sondern lediglich Kriegerverbände, ein Heer. Bin mir da aber nicht ganz sicher. Die Nachkommen der verschiedenen Sarmatenstäme wurden meines Wissens später zu den Vorfahren der heutigen Tscherkessen und Tschetschenen.
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