Freitag, 15. Mai 2015
Von Nichtrauchern und Lodderbasten - zur Archäologie ausgestorbener Begriffe
Es ist immer wieder schön und aufschlussreich, sich mit Vater über alte Zeiten zu unterhalten. So berichtete er, dass meine Mutter, als beide frisch verliebt und noch nicht verlobt waren, ihm im Hungerjahr 1946 auf dem Fahrradgepäckträger einen Nichtraucher vorbeibrachte - so nannte man damals Ferkel, die kein Fett ansetzten. Der Schwiegervater, also mein Opa und sein Sohn waren Viehhändler, und sie pflegten sich beim Essen im Familienkreis über geschäftliche Dinge zu unterhalten. Da da auch Geschäftsgeheimnisse dazugehörten taten sie das auf hebräisch, damit außer ihnen niemand etwas verstand. Ansonsten wurde plattdeutsch gesprochen. Als das Essen dem Opa einmal nicht warm genug war beklagte der sich darüber, und die Dienstspritze, die das Essen zubereitet hatte wandte ein, dass die Speise aber dampfe. Darauf erwiderte Opa: "Perschiet dampet ok!" (Pferdescheiße dampft auch). Das ist der Umgangston, mit dem ich aufgewachsen bin und erklärt vielleicht, dass ich mit dem Moral-Betroffenheitstonfall, der seit 30 Jahren in grün-alternativen Kreisen und aktuell ganz verstärkt in queerfeministischen Bloggermilieus herrscht so gar nichts anfangen kann. Selber bekam ich oft zu hören, dass ich ein "Lodderbast" sei, was so etwas wie einen unordentlichen Menschen oder auch das männliche Gegenstück einer Schlampe bezeichnet. Als mein Onkel mal einen Brief aus den USA bekam, der mit "To Mister <Name meines Onkels> betitelt war meinte eine Tochter, das wäre sehr unhöflich, der Farmer hätte statt Mister auch Schweinezüchter schreiben können;-)

Er selbst war übrigens ein berüchtigter "Geher", worunter damals ein Mann verstanden wurde der jede Frau anbaggert.

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