Sonntag, 16. August 2015
Burka für alle! Die Awarenessfront hat wieder zugeschlagen
Es ist ja zum Fremdschämen, was für ein hanebüchener Unsinn so unter "links" gelabelt wird. Der Alte Bolschewik hat eine besondere Absurdität aufgegabelt:

https://shiftingreality.wordpress.com/2015/08/14/burka-fuer-alle/

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Läuft das Ganze nicht schon in einigen Autonomen Zentren unter dem Label No-Shirt-Policy ?

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Unter dem Begriff kenne ich nur das Auftreten von BodybuilderInnen in Australien mit nacktem Oberkörper bei Open-Air-Konzerten.

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groovex' berüchtigte zeitformel: früher war selbst früher war alles besser besser.

nichtsdestotrotz war das wir der nacktbadenden baggerseebesucher auch nur ein kleines häufchen, das sich woodstock unbedingt in die peripherie der piefigen unistädte wünschte. ich nenne es mal ein winzwir, dessen ende sich mit der ersten ungewollten schwangerschaft unter den frühsemestern ankündigte. die nächste stufe hieß salatparty.

als ob es dort nicht die gleichen verklemmungen gegeben hätte! sitz doch mal mit nem ständer neben der freundin des alphatiers, wenn du die soziale hierarchie auf den handtüchern nicht kennst! darum, bitte, erzählt mir nichts von früher.

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Nun, dieses Winzwir bestand da wo es mich betraf aus Tausenden Leuten in einer Stadt, die entspechende Lebensphase dauerte bei mir 16 Jahre. Und bestimmte Verklemmungen gab es tatsächlich nicht.

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hey, darum ging es mir nicht. es war ja auch nicht dein text. natürlich gab es diese inseln. aber es waren inseln. heute sind es eben andere.

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@ groovex: word!

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Was ich sagen wollte ist dass diese Inseln mitunter groß genug waren um von den auf ihnen Lebenden für die eigentliche gesellschaftliche Realität gehalten zu werden. Ich kenne genug Leute für die die sehr speziellen Werte und Maßstäbe der autonomen Subkultur tatsächlich die gesellschaftlichen Normen darstellten.

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Wobei dann die Frage wäre, ob sich die Betreffenden dessen noch bewusst waren, auf einer Insel zu sen - oder ob sie dem Irrtum erlagen, das wäre der ganze Kontinent.

Denn so nachvollziehbar es sein mag, dass eins die Normen und Gebräuche eines solchen Umfelds verinnerlicht, so schwer tue ich mich damit zu verstehen, wie man das für die "eigentliche gesellschaftliche Realität" halten und das ganze anders tickende Drumherum ausblenden kann. Spätestens da sehe ich ähnliche Mechanismen walten wie im Sektenwesen.

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Na ja, wenn Drei Viertel des eigenen persönlichen Umgangs zu dieser Szene gehören wird der Blick ganz schön tunnelig. Wahrnehmungen wieder "jeder Schlipsträger ist ein Klassenfeind" oder "Mittelschicht beginnt ab 2.500 DM netto, und da fängt auch die gesellschaftliche Korruption schon an" oder "indirekte Beleuchtung, vom Maler professionell durchgeführte Innenanstriche, Parkettfußboden und Marmorfliesen sind Symbole der Macht, und wer das in der eigenen Wohnung hat steht auf der anderen Seite", "Dass Du Dir unter Luxus eine private Sauna vorstellst liegt an Deiner bürgerlichen Sozialisation, andere würden gar nicht auf diese Idee kommen", "Als Sozialhilfeempfänger bin ich reich, meine Vorstellung von Wohlstand schließt die Verhältnisse in Ländern wie Pakistan mit ein, das ist mein Maßstab" waren da Legion, normal handelsübliche Standpunkte wären da als exotisch oder gleich als moralische Entgleisung wahrgenommen worden.

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jetzt machst du es sehr weit auf. mir ging es eigentlich nur um nacktheit & verklemmtheit, sexualität & macht und die daraus resultierenden folgen - wie in dem von dir verlinkten rant. ach ja, und um meine beobachtungen dazu. die, das behaupte ich jetzt einfach mal, sind ziemlich umfangreich.

das andere wurde ja eh beizeiten grob aufgelöst. du bist jetzt mittelschicht, die nagelprobe 'wie hältst du's mit der raf' wird nicht gemacht, das feld ist bestellt.

verklärung und klarheit sind 2 paar stiefel. und da ist jetzt was, das verwundert mich. wenn ich dich so, relativ regelmäßig, lese, nehme ich dich als analytischen kopf wahr. in deinen antworten hier (also hier) vermeidest du die eindeutige identifikation mit 'deiner' subkultur. und doch scheinst du sie zu verklären als etwas, das sie in meinen augen und mit meinem wissen nie wirklich war. selbstverständlich ist 'subkultur' ein immer wieder neu zu unternehmender versuch, keine frage, aber immer mit den mitteln der zeit und der leute, die ihn unternehmen. du bist das nicht, ich auch nicht. unsere versuche müssen jetzt anderen orts unternommen werden.

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Deine sehr umfangreichen Beobachtungen mit mir zu teilen lade ich Dich ein. Spannendes Thema! Meine frühere Subkultur verkläre ich (so bilde ich es mir ein) gar nicht, sondern versuche sie im Nachhinein zu analysieren. Dass allerdings analytisch, lebensweltlich und praktisch die linke Szene sich in den letzten 15 Jahren rückwärts entwickelt hat, davon gehe ich aus.

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No-Shirt-Policy
Kucktihrhier: https://www.facebook.com/lacasahellersdorf/posts/745531095522083


*Kicher* Versuche gerade, das mit Slutwalk zusammenzudenken.

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"Du bist jetzt Mittelschicht" und "Das Feld ist bestellt" trifft nicht so ganz zu. Letztendlich bin ich auch im dritten Jahrzehnt der Berufstätigkeit - Studienjahre zählen nicht - noch nicht wirklich angekommen, oder komme erst gerade an, in einem wendungsreichen Leben, in dem ich nie genug verdient habe um Vermögen zu bilden, bzw. nach zwischenzeitiger Krise das Angesparte aufbrauchen musste. Unter diesem Gesichtspunkt sind mir die subkulturellen jungen Leute emotional gesehen näher als meine eigene Alterskohorte.


Btw. und dann stellt sich mir die Frage nach dem Faktor "Subkultur" heute. Momentan ist es ja ungeheuer verbreitet, dass junge Menschen, vor allem in Kunst- und IT-Umfeldern, unter Studierenden und in der Umgebung der Piratenpartei in hippiesken Outfits herumlaufen, wie sie in den 1970ern Jahren mal up to date waren. Korrespondiert da das Äußere mit einer politisch-weltanschaulichen Haltung oder ist das reine Mode? Hat die Verbreitung von Mehrfachtätowierungen und Piercings noch oder wieder einen subkulturellen Stellenwert oder gibt es den nicht mehr? Solche Fragen sind für mich offen. Sie beantworten sich mir auch nicht aus meiner Peergroup.

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ich denke mal, du hast einen weg der existenzsicherung gefunden, der dich von der unterschicht abgrenzt. der bausparvertrag ist ein - für mich - obsoletes symbol der mittelschicht. ich habe das auch eher wegen der von dir verwendeten zitate geschrieben, mit denen du deine bezugsgruppe definiert hast. das ist nicht wirklich wichtig, also für mich.

schwieriger wird es mit deinem zweiten absatz. so wie ich die politisch aktiven jungen leute heute, also in den vergangenen zehn jahren, erlebe, sind die alle nicht das, was ich als subkultur kennengelernt habe. das materielle, das haben, der besitz bestimmter symbole, die alle durchweg nicht preiswert sind, hat für die meisten leute einen enormen stellenwert. also was früher mal beispielsweise über den musikgeschmack differenziert wurde, geht heute über das tragen der richtigen schuhmarke und gadgets. converse ist pflicht. heino geht immer, wenn man gleich drauf hering in tomatensauce abspielt, ach ne, die heißen anders. eine wirklich ernst gemeinte und gelebte ablehnung des establishments kann ich nirgendwo mehr erkennen, jedenfalls nicht als bundesweite bewegung. winzige inseln gibt es noch.

alles imho, ohne anspruch auf gültigkeit.

aber was erzähl ich dir da...

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Die Frage ist, was ist heute noch Unterschicht?
Die Hartzer ganz sicher. Die IndustriearbeiterInnen, die ich in meinen Seminaren unterrichte und die alle viel mehr verdienen als ich ganz sicher nicht. Mein Job setzt eine akademische Ausbildung voraus, ist aber nicht gut bezahlt. Karl Heinz Roth formulierte ja mal das Modell der sich permanent neu zusammensetzenden Klasse, in dem dann auch ZeitarbeiterInnen, kleine prekäre Selbstständige, working poor und z.B. Call-Center-Leute zum neuen Proletariat gehören würden, das aber kein gemeinsames Klassenbewusstsein hat, mit dem Desiderat, dass dieses entwickelt werden müsste.


Zur zweiten Hälfte: Politisch sein heißt Marke tragen, Carhartt rules, während ich noch eine Zeit kannte, in der Linke ihre Klamotten nach Gewicht bezahlt im Second-Hand-Markt kauften - Bedürfnislosigkeit als Style. Auch in meinem aktuellen politischen Umfeld gibt es Leute, die "containern", d.h. Müllcontainer nach Brauchbarem durchsuchen. Die sind allerdings nicht unter 30. Heino und Fishmob, die Combi ist mir neu.

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auch wenn du das alles kennst
hier mal jemand, der sich darüber auch so seine gedanken gemacht hat:

https://www.anarchismus.at/arbeit/arbeiterinnenklasse/415-torsten-bewernitz-die-klasse-in-der-krise-klassismus-habitus-oder-proletariat

es fehlt, das scheitern der bewegung zu erklären, auch das der sexuellen befreiung. für mich sieht das so aus, dass die bewegung eine art feld war, in welchem sich alle einer harmonisierten illusion hingaben, solange sie nicht mit der von außen auf sie einwirkenden sozialen realität in konflikt geriet. es gab immer menschen, die sich dieser komplett entzogen oder ihrer beraubt waren, die 'letzten opfer'. doch diese waren naturgemäß nicht imstande, für alle anderen die illusion aufrechtzuerhalten.

und dann gibt es noch die volle härte des rechtsstaats. aber das weiss man doch als erstes - eigentlich.

die meisten progressiven des trikont, die lange genug hier waren, durchschauten das ziemlich klar. einige nutzten diese ressource rücksichtslos und zynisch. es sei ihnen gegönnt. die sind ja nicht hierher gekommen, um auf bürgerliche verwüstungen rücksicht zu nehmen. andererseits ging natürlich viel solidarität über den deister, und auf die vertrauensseligen zeiten folgten märchenprinztode, verhärtungen, misstrauen, abgrenzung und all der andere zersplitternde krampf.

ganz ehrlich, ich führe solche diskussionen nur ungern. am ende werde ich das gefühl nicht los, damit (bei mir) nur narzisstische bedürfnisse zu befriedigen. viel lieber sitze ich in der cafete und streite mich mit leuten, deren weltbild von rtl und facebook bestimmt wird, weil dort die kleinen schritte notwendig sind, die ganz kleinen.

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Ja, kennen tue ich das alles natürlich. Nur bin ich mir da nicht so sicher, dass es die subversiven Subkulturen, in die junge Leute reinsozialisiert werden nicht mehr gibt (der Schwarze Block ist das angesagteste Event der Gewerkschaftsjugend, ihre Forderungen sind so klassisch arbeiterbewegt wie ich es von den Demos der Achtziger NICHT MEHR kannte), Distinktionsgeilheit hin oder her. Zwar folge ich auch nicht Roth und Hartmann in ihrer unverzagten Hoffnung auf die Revolte, bei denen ich manchmal denke, 1989 hätte für sie nicht stattgefunden, aber dass den aktuellen sozioökonomischen Verhältnissen die Möglichkeit zur Auflehnung und das Potenzial zum Großen Knall innewohnt denke ich schon.

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