Montag, 4. Januar 2016
Zurück zu Klassikern
Bei der Lektüre des alten Nietzsche fand ich einen Satz, der all den BlogaufregerInnen, RadikaltwitterInnen, Tofufurien, Mäma und Momo ins Stammbuch geschrieben gehört: "Wer seine Gedanken nicht aufs Eis zu legen versteht, soll sich nicht in die Hitze des Streites begeben."

Und zum ganzen Komplex um die neu entfachten Religionskriege meinte Kalle Marx: "Das religiöse Elend ist in einem der Ausdruck des wirklichen Elends und in einem die Protestation gegen das wirkliche Elend. Die Kritik der Religion ist also im Keim die Kritik des Jammertales, dessen Heiligenschein die Religion ist."

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Genau auf den Punkt! Nietzsche wie Marx. Ich frage mich immer wieder, wie all die von Dir Aufgezählten (und viele mehr), die beim kleinsten Anlaß ins größte Mimimi ausbrechen, eigentlich bei realen sozialen Kämpfen sich verhalten mögen: wenn wirkliche Faschisten im Anmarsch sind, wenn Bullen mit meterlangen Holzknüppeln anstürmen, weil Staatsstreich von rechts und Ausnahmezustand angesagt sind. (Der in France de facto bereits vorliegt.) Wahrscheinlich eine Triggerwarnung aussprechen. Aber das mag überzeichnet sein. Viel schlimmer ist, daß diese Typinnen und Typen jene Gedanken in den Diskursen kaum aushalten, die nicht ihren eigenen gleichen. Was wiederum dazu führt, daß in Diskussionen nicht mehr die Sache und Argumente im Vordergrund stehen, mithin man sich des Denkens befleißigte und versuchte, die Sache zu durchdringen, sondern es wird gelabelt und in Schubladen gesteckt. Mit der Aufforderung zudem, die eigenen Privilegien zu checken. Auch auf diese Gestalten trifft übrigens der Marx-Satz zu, weil hier in den säkularen Zeiten gleichsam eine neue Religion installiert wird, die mich sehr an die US-Evangelikalen erinnert. Wie auch an ein bestimmtes linkes Sektierertum: der „Such den Renegaten“-Kindergarten. Mit solchen Leuten sehe ich nicht einmal in den öffentlichen Diskursen eine Möglichkeit für eine aufgeklärte linke Gegenöffentlichkeit, die weder lustfeindlich noch moralisierend auftrumpft. Von anderen Anlässen ganz zu schweigen.

Vielleicht ist es doch wieder Zeit, zu Lenin zurückzukehren? Ist ja auch ein Klassiker.

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@"Viel schlimmer ist, daß diese Typinnen und Typen jene Gedanken in den Diskursen kaum aushalten, die nicht ihren eigenen gleichen. Was wiederum dazu führt, daß in Diskussionen nicht mehr die Sache und Argumente im Vordergrund stehen, mithin man sich des Denkens befleißigte und versuchte, die Sache zu durchdringen, sondern es wird gelabelt und in Schubladen gesteckt." --- Richtig, und das führt dann regelmäßig dazu, das solidarisch gemeinte sachliche und konstruktive Kritik bereits als feindlicher Angriff wahrgenommen wird und aufrechte Linksradikale die die Gender * '# Sprache nicht für sinnvoll halten oder Klassenkampf und Wertkritik für wichtiger und relevanter halten als individualisiertes Privilegienchecking mit Fleischhauer, Poschardt und Martenstein gleichgesetzt werden - die im Übrigen wenig miteinander zu tun haben und nur aus einer ganz bestimmten Betrachtungsebene einander ähneln.

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