Freitag, 23. Dezember 2022
Lesetipps zu Weihnachten
che2001, 23:12h
Zugegeben, für den Gabentisch ist es zu spät. Dennoch möchte ich meinem geneigten Publikum zwei äußerst lesenswerte Bücher nicht vorenthalten.
Da ist zum Einen "Olaf Schubert bewertet die Schöpfung. Von Abba bis Zyankali" von jenem Olaf Schubert, den wir aus der Heute-Show kennen. Mit viel Hinter- und Vordergrundwissen ergeht sich der Autor darüber, dass das Rad eine runde Sache sei und es in Sachen der Radiation, des Radieschens und des Ersatzrads nichts Besseres gäbe, und auch Albert Einstein, der Geldschnabelsturmtaucher und die Leberwurst werden auf ihren Gebrauchswert hin getestet. Seit "Die großen Weltreligionen im Leistungsvergleich" in der Titanic ist selten etwas dermaßen brüllend Komisches publiziert worden.
Äußerst ernst und politisch absolut notwendig ist hingegen "Welt der Autokraten" von Gideon Rachman.
An den Beispielen Wladimir Putin, Recep Tayyip Erdogan, Xi Jinping, Narendra Modi, Viktor Orban, Jarolslaw Kaczynski, Boris Johnson, Donald Trump, Rodrigo Duterte, Mohammed bin Salman, Benjamin Netanyahu, Jair Bolsonaro und Abiy Ahmed stellt der Autor da, wie Autokraten bzw. zur Autokratie hin tendierende oder nach autokratischer Macht strebende populistische Staatschefs die Demokratie gefährden. Ihnen werden Angela Merkel und Emmanuel Macron als rationale, liberal-demokratische Staatschefs gegenübergestellt. An den Beispielen George Soros und Steve Bannon wird herausgearbeitet, welche Rolle Verschwörungstheorien hierbei spielen.
Keine Überraschung - sie spielen genau die, die Michael Butter und Bersarin beschrieben hatten.
"Verschwörungserzählungen über Soros versorgen Autokraten nicht bloß mit einem einfachen Sündenbock für billige Rhetorik. Mancherorts wurden sie als Mittel genutzt, um Individuen und Organisationen zu schikanieren, die einer aufkommenden Diktatur im Wege stehen. Das übelste Beispiel dafür ist womöglich die Verhaftung Osman Kavalas, eines liberalen türkischen Geschäftsmanns, der einmal Vorstandsmitglied der Open Society-Foundation war. Die Erdogan-Regierung ist für die Inhaftierung Kavalas verantwortlich, den Erdogan selbst explizit bezichtigte, Teil einer von Soros geführten Verschwörung gegen den türkische Staat zu sein. "Wer steht hinter ihm?", fragte Erdogan rhetorisch. "Es ist der berühmte ungarische Jude George Soros. Dies ist ein Mann, der die Aufgabe hat, Nationen zu spalten und zu zerschmettern - er hat so viel Geld.""
----- Das ist nichts Anderes als die Sichtweise der "Protokolle der Weisen von Zion". Auch der Einfluss Alexander Dugins, die Corona-Verschwörungstheorien und die paranoiden Replacements-Szenarien der Alt Rights bzw. der französischen Rechtsextremisten sowie die AfD werden thematisiert, neben einer ganz anderen Gefahr: Dem chinesischen Polizeistaat-Export.
Während der 1990er Jahre waren Demokratien weltweit auf dem Vormarsch, besonders in Lateinamerika und Afrika, wo sie Militärdikaturen und neokolonialistische Kleptokratenregime abgelöst haben. In dem Maße, in dem sich Europa seit 2000 in Afrika desengagierte hat China seine Stellung mit Entwicklungs- und Infrastrukturprojekten ausgebaut - nicht wie der Westen mit Forderung nach Liberalisierung verknüpft (deren hochproblematische Seiten zu thematisieren auf einem anderen Blatt steht, gerade hier setzt ja der Neue Antiimperalismus an) - sondern vielmehr mit dem Export von Überwachungstechnologien und Disziplinierungssystemen.
Dieses Buch bringt die wirkmächtigsten weltpolitischen und ideologischen Konflikte auf den Punkt.
Lesebefehl!
Da ist zum Einen "Olaf Schubert bewertet die Schöpfung. Von Abba bis Zyankali" von jenem Olaf Schubert, den wir aus der Heute-Show kennen. Mit viel Hinter- und Vordergrundwissen ergeht sich der Autor darüber, dass das Rad eine runde Sache sei und es in Sachen der Radiation, des Radieschens und des Ersatzrads nichts Besseres gäbe, und auch Albert Einstein, der Geldschnabelsturmtaucher und die Leberwurst werden auf ihren Gebrauchswert hin getestet. Seit "Die großen Weltreligionen im Leistungsvergleich" in der Titanic ist selten etwas dermaßen brüllend Komisches publiziert worden.
Äußerst ernst und politisch absolut notwendig ist hingegen "Welt der Autokraten" von Gideon Rachman.
An den Beispielen Wladimir Putin, Recep Tayyip Erdogan, Xi Jinping, Narendra Modi, Viktor Orban, Jarolslaw Kaczynski, Boris Johnson, Donald Trump, Rodrigo Duterte, Mohammed bin Salman, Benjamin Netanyahu, Jair Bolsonaro und Abiy Ahmed stellt der Autor da, wie Autokraten bzw. zur Autokratie hin tendierende oder nach autokratischer Macht strebende populistische Staatschefs die Demokratie gefährden. Ihnen werden Angela Merkel und Emmanuel Macron als rationale, liberal-demokratische Staatschefs gegenübergestellt. An den Beispielen George Soros und Steve Bannon wird herausgearbeitet, welche Rolle Verschwörungstheorien hierbei spielen.
Keine Überraschung - sie spielen genau die, die Michael Butter und Bersarin beschrieben hatten.
"Verschwörungserzählungen über Soros versorgen Autokraten nicht bloß mit einem einfachen Sündenbock für billige Rhetorik. Mancherorts wurden sie als Mittel genutzt, um Individuen und Organisationen zu schikanieren, die einer aufkommenden Diktatur im Wege stehen. Das übelste Beispiel dafür ist womöglich die Verhaftung Osman Kavalas, eines liberalen türkischen Geschäftsmanns, der einmal Vorstandsmitglied der Open Society-Foundation war. Die Erdogan-Regierung ist für die Inhaftierung Kavalas verantwortlich, den Erdogan selbst explizit bezichtigte, Teil einer von Soros geführten Verschwörung gegen den türkische Staat zu sein. "Wer steht hinter ihm?", fragte Erdogan rhetorisch. "Es ist der berühmte ungarische Jude George Soros. Dies ist ein Mann, der die Aufgabe hat, Nationen zu spalten und zu zerschmettern - er hat so viel Geld.""
----- Das ist nichts Anderes als die Sichtweise der "Protokolle der Weisen von Zion". Auch der Einfluss Alexander Dugins, die Corona-Verschwörungstheorien und die paranoiden Replacements-Szenarien der Alt Rights bzw. der französischen Rechtsextremisten sowie die AfD werden thematisiert, neben einer ganz anderen Gefahr: Dem chinesischen Polizeistaat-Export.
Während der 1990er Jahre waren Demokratien weltweit auf dem Vormarsch, besonders in Lateinamerika und Afrika, wo sie Militärdikaturen und neokolonialistische Kleptokratenregime abgelöst haben. In dem Maße, in dem sich Europa seit 2000 in Afrika desengagierte hat China seine Stellung mit Entwicklungs- und Infrastrukturprojekten ausgebaut - nicht wie der Westen mit Forderung nach Liberalisierung verknüpft (deren hochproblematische Seiten zu thematisieren auf einem anderen Blatt steht, gerade hier setzt ja der Neue Antiimperalismus an) - sondern vielmehr mit dem Export von Überwachungstechnologien und Disziplinierungssystemen.
Dieses Buch bringt die wirkmächtigsten weltpolitischen und ideologischen Konflikte auf den Punkt.
Lesebefehl!
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