Mittwoch, 28. Juni 2023
Lauterbach plant Gesundheitskioske als Maßnahme gegen Ärztemangel – Kommunen sollen sich stärker engagieren. Hausärzte sauer
che2001, 17:31h
Christian Beneker, Medscape
Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach (SPD) will die Einrichtung von Gesundheitskiosken in ein neues Gesetz gießen, dessen Referentenentwurf Medscape vorliegt. Dieses Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG) gibt den Startschuss für eine Versorgung, die die Kommunen stärker ins Boot holen soll. So sollen Gesundheitskioske in sozial herausfordernden Stadtteilen ihre Türen öffnen. Und auf dem oft schlecht versorgten Land sollen kommunale primärmedizinische Versorgungszentren die Löcher im Versorgungsnetz stopfen.
Darüber hinaus erhalten Kommunen und Krankenkassen die Möglichkeit, so genannte Gesundheitsregionen zu bilden. Ein Modell, das zum Beispiel in Niedersachsen bereits seit vielen Jahren gut funktioniert.
Außerdem will Lauterbach den Stimmen der Patientinnen und Patienten im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) mehr Geltung verschaffen, indem auch die Patientenvertretung und die Pflege in den G-BA aufgenommen werden.
Kritik an dem Gesetz kommt vom Deutschen Hausärzteverband und vom Koalitionspartner von Lauterbachs Partei – von der FDP-Bundestagsfraktion.
400.000 Euro im Jahr pro Gesundheitskiosk
Kassen und Kommunen sollen künftig „einen Vertrag über die Einrichtung einer oder mehrerer Einrichtungen in sozial benachteiligten Regionen“ abschließen – über die Gesundheitskioske. Sie sollen „über medizinische Behandlungsmöglichkeiten, Prävention und Gesundheitsförderung sowie soziale Versorgungsangebote beraten“, heißt es in dem Gesetzentwurf. Das Initiativrecht liegt bei den Kommunen.
Zu den Aufgaben der Kioske gehört es unter anderem, medizinische Netzwerke zu bilden, die Patientinnen und Patienten zu beraten sowie medizinische Routineaufgaben „im Rahmen ärztlicher Delegation“ zu übernehmen oder gesundheitliche oder soziale Angelegenheiten der Patienten zu klären. Ziel der Kioske ist es, die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung zu stärken, besonders bei Menschen mit erhöhtem Unterstützungsbedarf.
400.000 Euro pro Jahr fallen pro Gesundheitskiosk an. Geld, das zum Löwenanteil von 74,5% von den gesetzlichen Krankenkassen gezahlt werden soll, 20% kommen von den Kommunen und 5,5% von den privaten Krankenkassen, so der Gesetzentwurf.
Diese geplanten Primärversorgungszentren sollen den Patienten „ein besonderes hausärztliches Versorgungsangebot“ machen, wie es in dem Gesetzestext heißt. Und zwar überall dort, wo für den hausärztlichen Bereich eine drohende oder tatsächliche Unterversorgung festgestellt wurde. Die Zentren sind dann verpflichtet, mit den Gesundheitskiosken zu kooperieren und einen entsprechenden Vertrag abzuschließen – so es denn einen Kiosk in der jeweiligen Kommune oder dem Landkreis gibt. Die Zentren können von Ärzten und ärztlichen Berufsausübungsgemeinschaften errichtet werden.
Kritik vom Hausärzteverband und der FDP
Scharfe Kritik an dem Gesetzentwurf kommt vom Deutschen Hausärzteverband. Er kritisiert, dass die versprochene Entbudgetierung hausärztlicher Leistungen nicht Teil des Gesetzes ist. „Sowohl im Koalitionsvertrag als auch in unzähligen Gesprächen hat die Ampelkoalition den Hausärztinnen und Hausärzten klipp und klar zugesichert, dass die Entbudgetierung der hausärztlichen Leistungen so schnell wie möglich umgesetzt wird. Dass dies nun nach aktuellem Stand nicht Teil des GVSG sein soll, ist extrem enttäuschend“, kommentierte Dr. Markus Beier, Bundesvorsitzender des Verbandes, in einer Mitteilung.
Es sei den Hausärztinnen und Hausärzten nicht mehr zu erklären, weshalb die Bundesregierung Milliarden von Euro in Gesundheitskioske stecke, aber keines in die hausärztliche Versorgung, ergänzte Verbands-Vize Prof. Nicola Buhlinger-Göpfarth. Ständig neue Leuchtturmprojekte führten zu immer mehr Frustration, sagte die zweite Vorsitzende: „Sollte die zugesagte Entbudgetierung der hausärztlichen Leistungen nicht zeitnah umgesetzt werden, wird sich die Situation an der Basis weiter zuspitzen.“
Sollte die zugesagte Entbudgetierung der hausärztlichen Leistungen nicht zeitnah umgesetzt werden, wird sich die Situation an der Basis weiter zuspitzen. Prof. Nicola Buhlinger-Göpfarth
Auch aus der Berliner Regierungskoalition kommen kritische Töne gegen Lauterbachs Gesetz. Der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion Andrew Ullmann ließ sich nach Anfrage von Medscapezitieren: Lauterbach verlasse mit seinem Gesetzentwurf die Linie, Sektorengrenzen zu überwinden. „Den nicht abgestimmten Entwurf zum Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG) sehe ich sehr kritisch. Der Vorschlag entfernt sich von unserer Linie, Sektorengrenzen zu überwinden“, sagte Ullmann wörtlich.
„Zudem ist es in der jetzigen finanziellen Situation fragwürdig, neue Projekte einzuführen, deren Nutzen nicht nachgewiesen ist. Im Gegensatz dazu wird der klare, notwendige und vereinbarte Schritt zur Entbudgetierung der Hausärzte vergessen. Die Richtung, dass man eine gute Gesundheitsversorgung am Kiosk kauft und die Ärztinnen und Ärzte mit sauren Drops bezahlt, ist nicht richtig“, so Ullmann weiter.
https://deutsch.medscape.com/artikelansicht/4912626?ecd=WNL_mdplsfeat_230628_mscpedit_de_etid5578085&uac=389796AZ&impID=5578085
Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach (SPD) will die Einrichtung von Gesundheitskiosken in ein neues Gesetz gießen, dessen Referentenentwurf Medscape vorliegt. Dieses Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG) gibt den Startschuss für eine Versorgung, die die Kommunen stärker ins Boot holen soll. So sollen Gesundheitskioske in sozial herausfordernden Stadtteilen ihre Türen öffnen. Und auf dem oft schlecht versorgten Land sollen kommunale primärmedizinische Versorgungszentren die Löcher im Versorgungsnetz stopfen.
Darüber hinaus erhalten Kommunen und Krankenkassen die Möglichkeit, so genannte Gesundheitsregionen zu bilden. Ein Modell, das zum Beispiel in Niedersachsen bereits seit vielen Jahren gut funktioniert.
Außerdem will Lauterbach den Stimmen der Patientinnen und Patienten im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) mehr Geltung verschaffen, indem auch die Patientenvertretung und die Pflege in den G-BA aufgenommen werden.
Kritik an dem Gesetz kommt vom Deutschen Hausärzteverband und vom Koalitionspartner von Lauterbachs Partei – von der FDP-Bundestagsfraktion.
400.000 Euro im Jahr pro Gesundheitskiosk
Kassen und Kommunen sollen künftig „einen Vertrag über die Einrichtung einer oder mehrerer Einrichtungen in sozial benachteiligten Regionen“ abschließen – über die Gesundheitskioske. Sie sollen „über medizinische Behandlungsmöglichkeiten, Prävention und Gesundheitsförderung sowie soziale Versorgungsangebote beraten“, heißt es in dem Gesetzentwurf. Das Initiativrecht liegt bei den Kommunen.
Zu den Aufgaben der Kioske gehört es unter anderem, medizinische Netzwerke zu bilden, die Patientinnen und Patienten zu beraten sowie medizinische Routineaufgaben „im Rahmen ärztlicher Delegation“ zu übernehmen oder gesundheitliche oder soziale Angelegenheiten der Patienten zu klären. Ziel der Kioske ist es, die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung zu stärken, besonders bei Menschen mit erhöhtem Unterstützungsbedarf.
400.000 Euro pro Jahr fallen pro Gesundheitskiosk an. Geld, das zum Löwenanteil von 74,5% von den gesetzlichen Krankenkassen gezahlt werden soll, 20% kommen von den Kommunen und 5,5% von den privaten Krankenkassen, so der Gesetzentwurf.
Diese geplanten Primärversorgungszentren sollen den Patienten „ein besonderes hausärztliches Versorgungsangebot“ machen, wie es in dem Gesetzestext heißt. Und zwar überall dort, wo für den hausärztlichen Bereich eine drohende oder tatsächliche Unterversorgung festgestellt wurde. Die Zentren sind dann verpflichtet, mit den Gesundheitskiosken zu kooperieren und einen entsprechenden Vertrag abzuschließen – so es denn einen Kiosk in der jeweiligen Kommune oder dem Landkreis gibt. Die Zentren können von Ärzten und ärztlichen Berufsausübungsgemeinschaften errichtet werden.
Kritik vom Hausärzteverband und der FDP
Scharfe Kritik an dem Gesetzentwurf kommt vom Deutschen Hausärzteverband. Er kritisiert, dass die versprochene Entbudgetierung hausärztlicher Leistungen nicht Teil des Gesetzes ist. „Sowohl im Koalitionsvertrag als auch in unzähligen Gesprächen hat die Ampelkoalition den Hausärztinnen und Hausärzten klipp und klar zugesichert, dass die Entbudgetierung der hausärztlichen Leistungen so schnell wie möglich umgesetzt wird. Dass dies nun nach aktuellem Stand nicht Teil des GVSG sein soll, ist extrem enttäuschend“, kommentierte Dr. Markus Beier, Bundesvorsitzender des Verbandes, in einer Mitteilung.
Es sei den Hausärztinnen und Hausärzten nicht mehr zu erklären, weshalb die Bundesregierung Milliarden von Euro in Gesundheitskioske stecke, aber keines in die hausärztliche Versorgung, ergänzte Verbands-Vize Prof. Nicola Buhlinger-Göpfarth. Ständig neue Leuchtturmprojekte führten zu immer mehr Frustration, sagte die zweite Vorsitzende: „Sollte die zugesagte Entbudgetierung der hausärztlichen Leistungen nicht zeitnah umgesetzt werden, wird sich die Situation an der Basis weiter zuspitzen.“
Sollte die zugesagte Entbudgetierung der hausärztlichen Leistungen nicht zeitnah umgesetzt werden, wird sich die Situation an der Basis weiter zuspitzen. Prof. Nicola Buhlinger-Göpfarth
Auch aus der Berliner Regierungskoalition kommen kritische Töne gegen Lauterbachs Gesetz. Der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion Andrew Ullmann ließ sich nach Anfrage von Medscapezitieren: Lauterbach verlasse mit seinem Gesetzentwurf die Linie, Sektorengrenzen zu überwinden. „Den nicht abgestimmten Entwurf zum Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG) sehe ich sehr kritisch. Der Vorschlag entfernt sich von unserer Linie, Sektorengrenzen zu überwinden“, sagte Ullmann wörtlich.
„Zudem ist es in der jetzigen finanziellen Situation fragwürdig, neue Projekte einzuführen, deren Nutzen nicht nachgewiesen ist. Im Gegensatz dazu wird der klare, notwendige und vereinbarte Schritt zur Entbudgetierung der Hausärzte vergessen. Die Richtung, dass man eine gute Gesundheitsversorgung am Kiosk kauft und die Ärztinnen und Ärzte mit sauren Drops bezahlt, ist nicht richtig“, so Ullmann weiter.
https://deutsch.medscape.com/artikelansicht/4912626?ecd=WNL_mdplsfeat_230628_mscpedit_de_etid5578085&uac=389796AZ&impID=5578085
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che2001,
Mittwoch, 28. Juni 2023, 17:38
Was mir dazu spontan einfällt: Barfußdoktoren für Deutschland! Es lebe die Dritte Welt in der Ersten!
Oder auch: Die Verkommenheit unseres Sozial- und Gesundheitssystem weiter vorantreiben, Hallelujah!
Oder auch: Die Verkommenheit unseres Sozial- und Gesundheitssystem weiter vorantreiben, Hallelujah!
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