Donnerstag, 17. Juli 2025
Ein paar Plaudereien zum Thema Handys
che2001, 18:24h
Es gibt den Mythos, das Wort Handy existiere im Englischen nicht. Das ist grundfalsch, es bedeutet nur etwas Anderes als der neudeutsche Begriff. Ein Funktelefon im Taschenformat heißt im Englischen mobile oder cellphone. Handy ist erstens ein Adjektiv und bedeutet praktisch, kann auch umgänglich bedeuten (Yankee Doodle, "with the girls be handy"), zum anderen ein selten gebräuchliches Substantiv mit der Bedeutung Papiertaschentuch, Kurzform von handkerchive.
Hinsichtlich der Technikgeschichte der Handyphonie gibt es interessante Details, die sich zumindest im Internet nicht finden lassen. Wenn mensch zum Bleistift bei Wikipedia die Geschichte des EPlusnetzes nachliest findet sich dort nur Langeweile, nicht aber der technisch sehr faszinierende Hintergrund.
Anfang der Neunziger Jahre war die mobile Digitaltelefonie Satellitentelefonie. Nicht in dem Sinne wie die Satellitendirekthandys wie Iridium oder Inmarsat, sondern indirekt. Das heutige dichte Netz an Funkzellen mit Sendeantennen auf Dächern, die oftmals nicht größer sind als frühere analoge Fernsehantennen existierte noch nicht. Die Distribution des Mobilfunks erfolgte über Sendemasten in Fernsehturmgröße, die in weiter Streuung oft hundert Kilometer weit funkten. Oft waren das frühere Funk- oder Fernsehtürme oder es fand Dual Use statt. Ein Exemplar davon befindet sich im Osten von Hannover in der Nähe der MHH und ist noch immer im Betrieb. Die Handykommunikation über weite Entfernungen hingegen erfolgte zwischen den Großfunktürmen via Satellit. Anfang der 90er, das muss so 1992 - 94 gewesen sein, wurde einer davon beschädigt und musste gewartet werden. Das geschah vom Spaceshuttle aus, der Satellit wurde mit dem Manipulatorarm in eine Ladebucht geholt und von Nutzlastexperten repariert. Hinterher war er sehr viel leistungsfähiger als zuvor und es wurden zusätzliche Handyfrequenzen frei, die Grundlage des E-Plus-Netzes. Die Dichte der Kommunikation mit immer kleineren Funkzellen und rein terrestrischen Frequenzen erfolgte vor dem Hintergrund der Massenverbreitung der Handys, bis Mitte der Neunziger waren es hauptsächlich Journalisten, Bauleiter, Unternehmer, Wertpapierhändler und schnöselige Yuppies, die die Dinger nutzten. Zur Bundestagsblockade von 1993 gegen die Abschaffung des Asylrechts verwendeten wir BlockiererInnen noch analoge Funktelefone in Ghettoblastergröße mit Wählscheibe, ich gehörte zu einem der Vorauskommandos die die Dinger nach Bonn brachten - mit Escorte, um eine Beschlagnahme durch die Bullen zu verhindern.
Vor dem Hintergrund der Spaceshuttleoperation und der damaligen Rolle von Übertragungssatelliten erscheinen die aktuellen Kommunikationssatellitenunternehmungen von Musk &Co gar nicht sooo innovativ, sondern eher wie ein "Zurück in die Zukunft".
Hinsichtlich der Technikgeschichte der Handyphonie gibt es interessante Details, die sich zumindest im Internet nicht finden lassen. Wenn mensch zum Bleistift bei Wikipedia die Geschichte des EPlusnetzes nachliest findet sich dort nur Langeweile, nicht aber der technisch sehr faszinierende Hintergrund.
Anfang der Neunziger Jahre war die mobile Digitaltelefonie Satellitentelefonie. Nicht in dem Sinne wie die Satellitendirekthandys wie Iridium oder Inmarsat, sondern indirekt. Das heutige dichte Netz an Funkzellen mit Sendeantennen auf Dächern, die oftmals nicht größer sind als frühere analoge Fernsehantennen existierte noch nicht. Die Distribution des Mobilfunks erfolgte über Sendemasten in Fernsehturmgröße, die in weiter Streuung oft hundert Kilometer weit funkten. Oft waren das frühere Funk- oder Fernsehtürme oder es fand Dual Use statt. Ein Exemplar davon befindet sich im Osten von Hannover in der Nähe der MHH und ist noch immer im Betrieb. Die Handykommunikation über weite Entfernungen hingegen erfolgte zwischen den Großfunktürmen via Satellit. Anfang der 90er, das muss so 1992 - 94 gewesen sein, wurde einer davon beschädigt und musste gewartet werden. Das geschah vom Spaceshuttle aus, der Satellit wurde mit dem Manipulatorarm in eine Ladebucht geholt und von Nutzlastexperten repariert. Hinterher war er sehr viel leistungsfähiger als zuvor und es wurden zusätzliche Handyfrequenzen frei, die Grundlage des E-Plus-Netzes. Die Dichte der Kommunikation mit immer kleineren Funkzellen und rein terrestrischen Frequenzen erfolgte vor dem Hintergrund der Massenverbreitung der Handys, bis Mitte der Neunziger waren es hauptsächlich Journalisten, Bauleiter, Unternehmer, Wertpapierhändler und schnöselige Yuppies, die die Dinger nutzten. Zur Bundestagsblockade von 1993 gegen die Abschaffung des Asylrechts verwendeten wir BlockiererInnen noch analoge Funktelefone in Ghettoblastergröße mit Wählscheibe, ich gehörte zu einem der Vorauskommandos die die Dinger nach Bonn brachten - mit Escorte, um eine Beschlagnahme durch die Bullen zu verhindern.
Vor dem Hintergrund der Spaceshuttleoperation und der damaligen Rolle von Übertragungssatelliten erscheinen die aktuellen Kommunikationssatellitenunternehmungen von Musk &Co gar nicht sooo innovativ, sondern eher wie ein "Zurück in die Zukunft".
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wuerg,
Donnerstag, 17. Juli 2025, 22:27
Damit Blogger nicht ganz in der Sprachlosigkeit versinkt, darf ich bemerken: Ich habe schon oft vernommen, daß Amerikaner Mobiltelefone nicht Handy nennen, noch nie aber, es gäbe das Wort handy in der englischen Sprache nicht. Tatsächlich kommt das Wort Handy aus dem Schwäbischen: Hän die kei Schnur?
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che2001,
Freitag, 18. Juli 2025, 10:41
Das wäre jetzt die korrekte Antwort auf: "Gänsefleisch ma sage wie das mit die Mobilgommunigation angefange hat?".
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koogleschreiber,
Samstag, 19. Juli 2025, 18:45
So weit ist der Fortschritt schon gediehen? Unglaublich! Sollte ich nun den Leasingvertrag für meinen Anrufbeantworter kündigen?
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wuerg,
Montag, 21. Juli 2025, 20:17
Sie sollten den Anrufbeantworter behalten, denn er könnte im Krieg gegen Rußland an der Front noch gute Dieste leisten, gleich den kampferprobten Funktelefonen mit Wählscheibe im Jahre 1993, da es bereits das Siemens-C4-Tasten-Funktelefon zu 650 Gramm gab.
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koogleschreiber,
Dienstag, 22. Juli 2025, 19:57
Ich weiß sowieso nicht, wie man den kündigt. Habe vergessen, über welchen Dialer der Vertrag zustande gekommen ist.
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netbitch,
Mittwoch, 23. Juli 2025, 18:06
Das Siemens C4 wurde von 1990 bis 1994 hergestellt, aber die linke Szene hinkte technologisch stets hinterher. Zu der Zeit wurden noch Magisterarbeiten mit C64ern oder Composern, d.h. reinen Textsystemen mit fest eingebautem Drucker bzw. Kugelkopf- oder Typenradschreibmaschinen mit Monitor und Diskettenlaufwerk geschrieben.
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wuerg,
Mittwoch, 23. Juli 2025, 18:14
Netbitch, ich hatte mir eine Anspielung darauf verkniffen. Da Sie aber nun die technische Rückständigkeit ansprechen: Waren die 1993 eingesetzten Funktelefone mit Wählscheibe Erbstücke der RAF?
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netbitch,
Mittwoch, 23. Juli 2025, 18:18
Eher Erbstücke von Handelsvertretern, die die Papis der Blockierer waren.
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che2001,
Mittwoch, 23. Juli 2025, 18:23
Ich kann mich daran erinnern, dass ich mich noch 2000 vor einer Szenefrau dafür rechtfertigen musste, dass ich ein D2-Handy besaß. Das galt als Yuppie-Attribut. Als ich 1994 in einem besetzten Haus ein Interview mittels eines Notebooks (386er) führte sagte man mir: "Das lass hier aber nicht liegen, sonst verhökern wir das oder machen es kaputt".
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wuerg,
Mittwoch, 23. Juli 2025, 20:09
In die Vergangenheit blickend verklärt sich so manches. Nach Studium einiger Unterlagen muß ich sagen: Schon kurz nach 1980 hatte ich Wordstar unter CP/M zur Textverarbeitung. Um 1985 integrierte ich einen Laserdrucker, und Sekretärinnen arbeiteten mit freundlicheren Systemen als ed und vi. Ab 1990 fielen mir griechische Fußnoten mit Akzenten in der Examensarbeit meiner Frau mittels Signum! 2 auf Atari STE zu. Da hatte ich bei der Arbeit Wordperfect schon hinter mir, und Word drohte am Horizont.
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wuerg,
Mittwoch, 23. Juli 2025, 21:23
Jetzt bin ich zum Schwanzvergleich extra in den Keller, um mein Siemens S4 (D‑Netz, GSM) mit ausziehbarer Antenne hervorzukramen. Leider fand ich die Ladestation nicht. Das war die Zeit, da man seine Telefone auf die Fensterbank legte und guckte, wer den besseren Empfang hat, also kurz vor dem Zeitalter des monophonen Klingeltonvergleiches.
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che2001,
Donnerstag, 24. Juli 2025, 12:47
Wir layouteten unsere linksradikalen Kleinmagazine mit Fixogum und Letraset. DTP kam erst 1995, dann aber richtig professionell mit QuarkXpress und Photoshop.
Ich erinnere mich, dass die streikenden Studis in Frankreich schon 1988 eine DTP-Software namens Journaliste einsetzten.
Ich erinnere mich, dass die streikenden Studis in Frankreich schon 1988 eine DTP-Software namens Journaliste einsetzten.
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che2001,
Donnerstag, 24. Juli 2025, 12:56
Wordstar kenne ich als Redaktionssystem von Zeitungen aus der gerade erst übernommenen DDR wie z.B. der Thüringer Allgemeinen, wo es meines Wissens auf Robotron EC 1835 Rechnern mit einer Windows-Netzwerkumgebung lief.
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wuerg,
Freitag, 25. Juli 2025, 01:28
Also gut, ich habe nur eine einzige revolutionäre Schrift verfaßt, und zwar als Lehrling mit meiner Reiseschreibmaschine auf einer Wachsmatrize, die ich dann beim SDS Frankfurt habe vervielfältigen lassen. Die haben sich gefreut über den Kontakt zur Arbeiterklasse.
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che2001,
Freitag, 25. Juli 2025, 11:06
Zu dem Zeitpunkt konnte ich weder lesen noch schreiben oder mir die Schuhe zubinden.
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