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Mittwoch, 20. Juni 2012
Asylbewerber stopfen Haushaltslöcher
che2001, 19:09h
Thüringer Landkreise verdienen an Flüchtlingen
Vier Landkreise in Thüringen haben jahrelang für Asylbewerber gedachte
Landesmittel zweckentfremdet. Nach Recherchen des MDR wurden insgesamt mehr
als eine Million Euro abgezweigt, die eigentlich zur Unterbringung und
Versorgung von Flüchtlingen gedacht waren.
Ein extremes Beispiel ist der Wartburgkreis, wo mit der Aufnahme von
Flüchtlingen rund 850.000 Euro Gewinn erzielt wurden. Begünstigt wurden die
finanziellen Mauscheleien durch unklare Vorgaben. Die Thüringer
Landesregierung zahlt für die Unterbringung und Versorgung ausländischer
Flüchtlinge Pauschalen an die Landkreise und kreisfreien Städte. Dabei wird
den Kommunen freie Hand gelassen bei der Verwendung der Gelder. Überschüsse
müssen nicht zurückgezahlt werden.
Mindestbedingungen nicht erfüllt
Der Wartburgkreis sparte kräftig bei den Ausgaben für Unterbringung,
soziale Betreuung und soziale Leistungen und erwirtschaftete so erhebliche
Überschüsse - nach Daten des Landesverwaltungsamtes Thüringen rund 850.000
Euro in den Jahren 2004 bis 2007. Erschwerend kommt hinzu, dass der
Wartburgkreis nachweislich die vorgeschriebenen Mindeststandards für den
Betrieb seines einzigen Asylbewerberheims im Wartburgkreis in Gerstungen
nicht erfüllte. Das Landesverwaltungsamt monierte "grobe Verstöße" beim
baulichen sowie brandschutztechnischen Zustand.
Flüchtlingsräte, Kirchenvertreter und Politiker kritisierten, hier werde
unmoralisch abkassiert. Die Sozialdezernentin und stellvertretende
Landrätin im Wartburgkreis, Nicole Gehret, kündigte an, die Vorwürfe zu
prüfen. Erst danach könne sie sich dazu äußern. Die parteilose Politikerin
verwies zugleich auf die bisher erbrachten Investitionen des
Wartburgkreises in die Gemeinschaftsunterkunft.
Wartburgkreis kein Einzelfall
Auch andere Thüringer Landkreise, wie das Altenburger Land, der
Kyffhäuserkreis und der Unstrut-Hainich-Kreis haben nach den Zahlen des
Landesverwaltungsamtes mit Asylbewerbern gute Geschäfte gemacht. Auf die
Recherchen des MDR reagierten die Kreise unterschiedlich: Während das
Altenburger Land keine Angaben machte, bestätigte der Kyffhäuserkreis, dass
er in den Jahren 2005, 2006, 2008 und 2010 insgesamt ein positives Saldo
von 170.000 Euro erzielt habe. Auch der Unstrut-Hainich-Kreis
erwirtschaftete nach eigenen Angaben in den Jahren 2004 bis 2010 insgesamt
rund 165.000 Euro Gewinn mit der Aufnahme von Flüchtlingen.
Migrationsbeauftragte Albert: Das wäre ein Skandal
Die Migrationsbeauftragte der Evangelischen Kirche Mitteldeutschland, Petra
Albert, reagierte mit klaren Worten auf die Recherchen des MDR: "Falls sich
der Verdacht gegenüber den Landkreisen bestätigen sollte, halte ich das für
einen unglaublichen Missstand. Menschen, die aus Kriegs- und Krisengebieten
zu uns kommen, sind traumatisiert und gebeutelt von Armut, Flucht und
Elend. Flüchtlinge brauchen deshalb unsere größtmögliche Aufmerksamkeit und
Hilfe. Auf ihrem Rücken dürfen die Landkreise nicht noch ihre
Haushaltslöcher stopfen."
MDR INFO
Sparen Landkreise auf Kosten von Asylbewerbern?Steht Thüringen vor einem
Finanzskandal? Nach MDR-Informationen haben mehrere Landkreise Geld, das
für Flüchtlinge gedacht war, zur Haushaltskonsolidierung benutzt.
20.06.2012, 06:00 Uhr | 03:31 min
http://www.mdr.de/dabei-ab-zwei/asylbewerber104_zc-f8e08636_zs-2346b3c0.html
--
Linke im Wartburgkreis wollen Asylbewerberheim in Gerstungen auflösen
Geht es nach dem Willen der Linken im Wartburgkreis, wird das
Asylbewerberheim in Gerstungen geschlossen. Foto: Rita Specht Geht es
nach dem Willen der Linken im Wartburgkreis, wird das Asylbewerberheim
in Gerstungen geschlossen. Die Kreistagsfraktion der Linken fordert die Unterbringung von
Asylbewerbern in Wohnungen, scheitert damit aber im Kreistag. Landrat und
Verwaltung möchten hingegen die Gemeinschaftsunterkunft in Gerstungen
beibehalten.
Wartburgkreis. Asylsuchende und geduldete Flüchtlinge sollten künftig in
Einzelunterkünften statt in einem Heim untergebracht werden. So wünschen
es sich die Linken.
Deshalb hatte deren Fraktionschef Hans-Jörg Lessig im jüngsten Kreistag
einen Dringlichkeitsantrag zu diesem Thema einbringen wollen. Mit der
Forderung: Die Gemeinschaftsunterkunft in Gerstungen möge aufgelöst
werden, Flüchtlinge sollten einzelne Wohnungen beziehen dürfen. Diskutiert
wurde das Thema nicht.
Der Antrag kam gar nicht erst auf die Tagesordnung. Die Vorsitzende des
Kreistags, Karola Hunstock (CDU), lehnte ihn ab. Es handele sich dabei um
eine Angelegenheit des sogenannten übertragenen Wirkungskreises, sprich
der Kreistag sei nicht zuständig. Lessig wollte trotzdem dazu sprechen,
das wurde aber untersagt. Darüber war er sehr verärgert, schließlich seien
alle Fraktionen aufgefordert worden, Sparpotenziale zu suchen.
Die Linken hätten ähnlich wie die Verwaltung selbst und die Freien Wähler
Vorschläge in zwei Änderungsanträgen unterbreitet. "Solange wir einen
Sachverhalt des Kreises im Haushalt mit Geldausgaben wiederfinden, solange
ist es in unserem Demokratieverständnis normal, dass wir darüber befinden
können", erklärte Lessig.
Die Kreisverwaltung sieht das anders. Der Landrat sei zuständig, nicht
aber der Kreistag. Deshalb entscheide der Landrat über die Auflösung oder
Nichtauflösung in Gerstungen.
Im Regelfall, so Vizelandrat Friedrich Krauser (CDU), sei per Gesetz
vorgeschrieben, die Flüchtlinge in Gemeinschaftsunterkünften
unterzubringen. "Nur ein besonders gelagerter Einzelfall kann das
Abweichen von dieser Regel gestatten", erklärte der Vizelandrat. Sollten
der Öffentlichkeit keine Mehrkosten entstehen, können Asylbewerber, die
mehr als zwölf Monate in einer Gemeinschaftsunterkunft waren, in einzelnen
Unterkünften leben. Das trifft laut Krauser auf bereits gut 30 Prozent der
Asylbewerber und Flüchtlinge im Wartburgkreis zu.
Aus Sicht des Kreises ergebe die Auflösung des Gerstunger Heims auch kein
Einsparpotenzial. Das sieht die Linke anders. Laut ihr leben derzeit 92
Menschen, darunter elf Kinder, in der Gemeinschaftsunterkunft. Eine
eigenverantwortliche Lebensgestaltung sei hier unmöglich, monieren sie.
Nach ihren Berechnungen würden 25 Wohnungen für die 92 Personen benötigt.
Lessig sieht hier erhebliche Einsparpotenziale für den Kreis und nennt
Summen von bis zu 150.000 Euro .
Die Stadt Eisenach hat seit Dezember 2008 ihre Asylsuchenden und
geduldenden Flüchtlinge in Einzelunterkünften untergebracht. Derzeit leben
68 Personen in 22 Wohnungen, so eine städtische Sprecherin auf Anfrage
unserer Zeitung.
"Damit haben sich die Lebensbedingungen für die Menschen deutlich
verbessert", heißt es. Gespart habe die Stadt aber nicht. Durch die
Einzelwohnungen entstünden mehr Betriebskosten, so die Stadt.
Katja Schmidtberger, Thüringer Allgemeine
Vier Landkreise in Thüringen haben jahrelang für Asylbewerber gedachte
Landesmittel zweckentfremdet. Nach Recherchen des MDR wurden insgesamt mehr
als eine Million Euro abgezweigt, die eigentlich zur Unterbringung und
Versorgung von Flüchtlingen gedacht waren.
Ein extremes Beispiel ist der Wartburgkreis, wo mit der Aufnahme von
Flüchtlingen rund 850.000 Euro Gewinn erzielt wurden. Begünstigt wurden die
finanziellen Mauscheleien durch unklare Vorgaben. Die Thüringer
Landesregierung zahlt für die Unterbringung und Versorgung ausländischer
Flüchtlinge Pauschalen an die Landkreise und kreisfreien Städte. Dabei wird
den Kommunen freie Hand gelassen bei der Verwendung der Gelder. Überschüsse
müssen nicht zurückgezahlt werden.
Mindestbedingungen nicht erfüllt
Der Wartburgkreis sparte kräftig bei den Ausgaben für Unterbringung,
soziale Betreuung und soziale Leistungen und erwirtschaftete so erhebliche
Überschüsse - nach Daten des Landesverwaltungsamtes Thüringen rund 850.000
Euro in den Jahren 2004 bis 2007. Erschwerend kommt hinzu, dass der
Wartburgkreis nachweislich die vorgeschriebenen Mindeststandards für den
Betrieb seines einzigen Asylbewerberheims im Wartburgkreis in Gerstungen
nicht erfüllte. Das Landesverwaltungsamt monierte "grobe Verstöße" beim
baulichen sowie brandschutztechnischen Zustand.
Flüchtlingsräte, Kirchenvertreter und Politiker kritisierten, hier werde
unmoralisch abkassiert. Die Sozialdezernentin und stellvertretende
Landrätin im Wartburgkreis, Nicole Gehret, kündigte an, die Vorwürfe zu
prüfen. Erst danach könne sie sich dazu äußern. Die parteilose Politikerin
verwies zugleich auf die bisher erbrachten Investitionen des
Wartburgkreises in die Gemeinschaftsunterkunft.
Wartburgkreis kein Einzelfall
Auch andere Thüringer Landkreise, wie das Altenburger Land, der
Kyffhäuserkreis und der Unstrut-Hainich-Kreis haben nach den Zahlen des
Landesverwaltungsamtes mit Asylbewerbern gute Geschäfte gemacht. Auf die
Recherchen des MDR reagierten die Kreise unterschiedlich: Während das
Altenburger Land keine Angaben machte, bestätigte der Kyffhäuserkreis, dass
er in den Jahren 2005, 2006, 2008 und 2010 insgesamt ein positives Saldo
von 170.000 Euro erzielt habe. Auch der Unstrut-Hainich-Kreis
erwirtschaftete nach eigenen Angaben in den Jahren 2004 bis 2010 insgesamt
rund 165.000 Euro Gewinn mit der Aufnahme von Flüchtlingen.
Migrationsbeauftragte Albert: Das wäre ein Skandal
Die Migrationsbeauftragte der Evangelischen Kirche Mitteldeutschland, Petra
Albert, reagierte mit klaren Worten auf die Recherchen des MDR: "Falls sich
der Verdacht gegenüber den Landkreisen bestätigen sollte, halte ich das für
einen unglaublichen Missstand. Menschen, die aus Kriegs- und Krisengebieten
zu uns kommen, sind traumatisiert und gebeutelt von Armut, Flucht und
Elend. Flüchtlinge brauchen deshalb unsere größtmögliche Aufmerksamkeit und
Hilfe. Auf ihrem Rücken dürfen die Landkreise nicht noch ihre
Haushaltslöcher stopfen."
MDR INFO
Sparen Landkreise auf Kosten von Asylbewerbern?Steht Thüringen vor einem
Finanzskandal? Nach MDR-Informationen haben mehrere Landkreise Geld, das
für Flüchtlinge gedacht war, zur Haushaltskonsolidierung benutzt.
20.06.2012, 06:00 Uhr | 03:31 min
http://www.mdr.de/dabei-ab-zwei/asylbewerber104_zc-f8e08636_zs-2346b3c0.html
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Linke im Wartburgkreis wollen Asylbewerberheim in Gerstungen auflösen
Geht es nach dem Willen der Linken im Wartburgkreis, wird das
Asylbewerberheim in Gerstungen geschlossen. Foto: Rita Specht Geht es
nach dem Willen der Linken im Wartburgkreis, wird das Asylbewerberheim
in Gerstungen geschlossen. Die Kreistagsfraktion der Linken fordert die Unterbringung von
Asylbewerbern in Wohnungen, scheitert damit aber im Kreistag. Landrat und
Verwaltung möchten hingegen die Gemeinschaftsunterkunft in Gerstungen
beibehalten.
Wartburgkreis. Asylsuchende und geduldete Flüchtlinge sollten künftig in
Einzelunterkünften statt in einem Heim untergebracht werden. So wünschen
es sich die Linken.
Deshalb hatte deren Fraktionschef Hans-Jörg Lessig im jüngsten Kreistag
einen Dringlichkeitsantrag zu diesem Thema einbringen wollen. Mit der
Forderung: Die Gemeinschaftsunterkunft in Gerstungen möge aufgelöst
werden, Flüchtlinge sollten einzelne Wohnungen beziehen dürfen. Diskutiert
wurde das Thema nicht.
Der Antrag kam gar nicht erst auf die Tagesordnung. Die Vorsitzende des
Kreistags, Karola Hunstock (CDU), lehnte ihn ab. Es handele sich dabei um
eine Angelegenheit des sogenannten übertragenen Wirkungskreises, sprich
der Kreistag sei nicht zuständig. Lessig wollte trotzdem dazu sprechen,
das wurde aber untersagt. Darüber war er sehr verärgert, schließlich seien
alle Fraktionen aufgefordert worden, Sparpotenziale zu suchen.
Die Linken hätten ähnlich wie die Verwaltung selbst und die Freien Wähler
Vorschläge in zwei Änderungsanträgen unterbreitet. "Solange wir einen
Sachverhalt des Kreises im Haushalt mit Geldausgaben wiederfinden, solange
ist es in unserem Demokratieverständnis normal, dass wir darüber befinden
können", erklärte Lessig.
Die Kreisverwaltung sieht das anders. Der Landrat sei zuständig, nicht
aber der Kreistag. Deshalb entscheide der Landrat über die Auflösung oder
Nichtauflösung in Gerstungen.
Im Regelfall, so Vizelandrat Friedrich Krauser (CDU), sei per Gesetz
vorgeschrieben, die Flüchtlinge in Gemeinschaftsunterkünften
unterzubringen. "Nur ein besonders gelagerter Einzelfall kann das
Abweichen von dieser Regel gestatten", erklärte der Vizelandrat. Sollten
der Öffentlichkeit keine Mehrkosten entstehen, können Asylbewerber, die
mehr als zwölf Monate in einer Gemeinschaftsunterkunft waren, in einzelnen
Unterkünften leben. Das trifft laut Krauser auf bereits gut 30 Prozent der
Asylbewerber und Flüchtlinge im Wartburgkreis zu.
Aus Sicht des Kreises ergebe die Auflösung des Gerstunger Heims auch kein
Einsparpotenzial. Das sieht die Linke anders. Laut ihr leben derzeit 92
Menschen, darunter elf Kinder, in der Gemeinschaftsunterkunft. Eine
eigenverantwortliche Lebensgestaltung sei hier unmöglich, monieren sie.
Nach ihren Berechnungen würden 25 Wohnungen für die 92 Personen benötigt.
Lessig sieht hier erhebliche Einsparpotenziale für den Kreis und nennt
Summen von bis zu 150.000 Euro .
Die Stadt Eisenach hat seit Dezember 2008 ihre Asylsuchenden und
geduldenden Flüchtlinge in Einzelunterkünften untergebracht. Derzeit leben
68 Personen in 22 Wohnungen, so eine städtische Sprecherin auf Anfrage
unserer Zeitung.
"Damit haben sich die Lebensbedingungen für die Menschen deutlich
verbessert", heißt es. Gespart habe die Stadt aber nicht. Durch die
Einzelwohnungen entstünden mehr Betriebskosten, so die Stadt.
Katja Schmidtberger, Thüringer Allgemeine
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Abschiebemeister Niedersachsen legt zu im Qualifying für den Deportation Cup
che2001, 16:29h
HAZ 20.06.2012: Abschiebung – trotz Arbeit
Wolfsburg. Drei DIN-A4-Seiten umfasst die Unterschriftenliste aus dem Volkswagenwerk Wolfsburg: Alle Kollegen, rund 120 insgesamt, haben
unterschrieben, damit Sefer Bajrami nicht in ein Land abgeschoben werden muss, das seit Jahrzehnten nicht mehr seine Heimat ist. Vor 17 Jahren
haben er und seine Frau Nedjima, beide damals 21 Jahre alt, den Kosovo verlassen. Jetzt soll die Roma-Familie dorthin zwangsweise wieder zurück.
Ihr Anwalt Dietrich Wollschlaeger nennt das „Vertreibung aus der Heimat“. Dabei beziehe die Familie keinerlei Staatsleistungen, komme selbst für ihr Leben auf und sei bestens integriert. Vater Sefer hat eine unbefristete Stelle bei VW, verdient rund 3500 Euro brutto im Monat. Seine Frau Nedjima hat jahrelang – trotz stechender Gelenk- und
Rheumaschmerzen – bei einem Gebäudereinigungsunternehmen gearbeitet.
Dann hatte sie einen Bandscheibenvorfall, vor drei Monaten wurde sie
operiert. „Ich habe immer gearbeitet, mit der Hoffnung, dann kann ich in
Deutschland bleiben“, sagt sie.
Wegen der Krankheit der Frau wurde die geplante Abschiebung im Januar
gerade noch verhindert. Ein Amtsarzt bescheinigte ihr damals, nicht
reisefähig zu sein. Aber ein neuer Termin könnte jederzeit angesetzt
werden. Dann sollen auch die beiden minderjährigen Kinder Samela (17)
und Severdan (13) umziehen in ein Land, in dem sie noch nie waren. Beide
sind in Wolfsburg geboren und sprechen überhaupt kein Albanisch. Samela
besucht eine Berufsschule und will Friseurin werden. Ihr Bruder geht in
die 6. Klasse der Hauptschule Fallersleben. Im Kosovo, in dem sie nichts
verstehen und keine Freunde haben, möchten sie nicht leben. Auch Samelas
und Severdans Mitschüler haben Unterschriften gesammelt, so wie die
VW-Kollegen ihres Vaters.
„Ich empfinde die Abschiebung in diesem Fall, aber auch generell, als
einen Akt der Unmenschlichkeit“, sagt Holger Wille, Diakon der
katholischen St.-Christophorus-Gemeinde in Wolfsburg. „Den Bajramis
werden einfach die Wurzeln gekappt.“ Noch bleibt die Hoffnung auf die
Härtefallkommission, obwohl ein erster Antrag vom Oktober 2011 dort aus
formalen Gründen abgelehnt worden war, weil Papiere fehlten, wie
Kommissionsvorsitzende Martina Schaffer sagt. Ein zweiter Antrag – im
Januar 2012 – scheiterte, weil damals bereits ein konkreter
Abschiebetermin feststand.
Diese Regelung hatte dem Innenministerium wiederholt Kritik von Kirchen
und Flüchtlingsverbänden eingebracht. Möglicherweise werde sie schon in
den nächsten Wochen fallen, sagt eine Ministeriumssprecherin. Derzeit
würden die Vorgaben überarbeitet. Heute beschäftigt sich der Landtag mit
dem Thema. Bei der Stadt Wolfsburg heißt es, ob ein unbefristeter
Arbeitsvertrag des Mannes, die Schulpflicht der Kinder oder die
Krankheit der Mutter einen weiteren oder gar dauerhaften Abschiebeschutz
bieten könnten, müsste im Zuge eines erneuten Härtefallantrags der
Bajramis beurteilt werden.
Wolfsburg. Drei DIN-A4-Seiten umfasst die Unterschriftenliste aus dem Volkswagenwerk Wolfsburg: Alle Kollegen, rund 120 insgesamt, haben
unterschrieben, damit Sefer Bajrami nicht in ein Land abgeschoben werden muss, das seit Jahrzehnten nicht mehr seine Heimat ist. Vor 17 Jahren
haben er und seine Frau Nedjima, beide damals 21 Jahre alt, den Kosovo verlassen. Jetzt soll die Roma-Familie dorthin zwangsweise wieder zurück.
Ihr Anwalt Dietrich Wollschlaeger nennt das „Vertreibung aus der Heimat“. Dabei beziehe die Familie keinerlei Staatsleistungen, komme selbst für ihr Leben auf und sei bestens integriert. Vater Sefer hat eine unbefristete Stelle bei VW, verdient rund 3500 Euro brutto im Monat. Seine Frau Nedjima hat jahrelang – trotz stechender Gelenk- und
Rheumaschmerzen – bei einem Gebäudereinigungsunternehmen gearbeitet.
Dann hatte sie einen Bandscheibenvorfall, vor drei Monaten wurde sie
operiert. „Ich habe immer gearbeitet, mit der Hoffnung, dann kann ich in
Deutschland bleiben“, sagt sie.
Wegen der Krankheit der Frau wurde die geplante Abschiebung im Januar
gerade noch verhindert. Ein Amtsarzt bescheinigte ihr damals, nicht
reisefähig zu sein. Aber ein neuer Termin könnte jederzeit angesetzt
werden. Dann sollen auch die beiden minderjährigen Kinder Samela (17)
und Severdan (13) umziehen in ein Land, in dem sie noch nie waren. Beide
sind in Wolfsburg geboren und sprechen überhaupt kein Albanisch. Samela
besucht eine Berufsschule und will Friseurin werden. Ihr Bruder geht in
die 6. Klasse der Hauptschule Fallersleben. Im Kosovo, in dem sie nichts
verstehen und keine Freunde haben, möchten sie nicht leben. Auch Samelas
und Severdans Mitschüler haben Unterschriften gesammelt, so wie die
VW-Kollegen ihres Vaters.
„Ich empfinde die Abschiebung in diesem Fall, aber auch generell, als
einen Akt der Unmenschlichkeit“, sagt Holger Wille, Diakon der
katholischen St.-Christophorus-Gemeinde in Wolfsburg. „Den Bajramis
werden einfach die Wurzeln gekappt.“ Noch bleibt die Hoffnung auf die
Härtefallkommission, obwohl ein erster Antrag vom Oktober 2011 dort aus
formalen Gründen abgelehnt worden war, weil Papiere fehlten, wie
Kommissionsvorsitzende Martina Schaffer sagt. Ein zweiter Antrag – im
Januar 2012 – scheiterte, weil damals bereits ein konkreter
Abschiebetermin feststand.
Diese Regelung hatte dem Innenministerium wiederholt Kritik von Kirchen
und Flüchtlingsverbänden eingebracht. Möglicherweise werde sie schon in
den nächsten Wochen fallen, sagt eine Ministeriumssprecherin. Derzeit
würden die Vorgaben überarbeitet. Heute beschäftigt sich der Landtag mit
dem Thema. Bei der Stadt Wolfsburg heißt es, ob ein unbefristeter
Arbeitsvertrag des Mannes, die Schulpflicht der Kinder oder die
Krankheit der Mutter einen weiteren oder gar dauerhaften Abschiebeschutz
bieten könnten, müsste im Zuge eines erneuten Härtefallantrags der
Bajramis beurteilt werden.
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