Mittwoch, 18. Juli 2012
Knast, aber bitte kindgerecht!
In Rumänien sind mit EU-Geldern "Erstaufnahmeeinrichtungen" für Asylsuchende geschaffen worden, die vom Standard her 2-und3-Sterne Hotels entsprechen. Die sind aber völlig ungenutzt, es wird sogar überlegt, sie tatsächlich als Hotels zu verwenden. Stattdessen landen Asylsuchende von außerhalb Europas dort gleich in Abschiebeknästen. Da das oft komplette Familien sind, überlegt man sich in EU-Kommissionen, wie dort "kindgerechte" Bedingungen geschaffen werden könnten, also Spielzellen, Klettergerüste auf dem Gefängnishof usw. Das kann, wenn es entwickelt ist, sehr wohl auch auf Abschiebeknäste in der ganzen EU übertragen werden. Echt ein Fortschritt. Wann kommt die kindgerechte Folterkammer?

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Der Verfaschungsschutz wirkt in die Asylverfahren hinein
Während die Rolle der Stasi West in Bezug auf Neonazigruppen immerhin schonmal öffentlich beleuchtet wurde - als Gerichtsreporter hatte ich vor 14 Jahren über so etwas berichtet, ohne dass es andere Medien als Junge Welt und taz groß interessiert hätte - bleibt eine andere Funktion des Inlandsgeheimdienstes chronisch unbeachtet: Der Verfassungsschutz wird konsultierend herangezogen, wenn es um die Bearbeitung von Asylanträgen geht. Die Frage, ob jemand als politischer Flüchtling anerkannt wird ist u.a. davon abhängig, ob der V-Schutz über diese Person eine Akte führt. Dabei geht es nicht etwa nur um z.B. aktuelles aktives Engagement in militant islamistischen Gruppen, sondern um Alles, was jemand in der Vergangenheit mal gemacht hat und beim V-Schutz aktenkundig wurde. Und nicht nur im Asylverfahren - Der kurdische Autohändler Ibrahim Turan z.B. (Name geändert), anerkannter Asylbewerber seit 1980, hat einen Antrag auf Einbürgerung gestellt. Und jetzt zittert er, weil er 1984 die Überführung der Hannoveraner Ortsgruppe (Name der Stadt geändert) der Devrimci Yol

http://de.wikipedia.org/wiki/Devrimci_Yol

in die PKK bewirkt hatte. Neonazis schützen, linke oder auch nur Ex-Linke MigrantInnen quälen - das ist Praxis des Verfaschungsschutzes, den ich deshalb auch stets in dieser Schreibweise behandle.

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Aktiv werden gegen Abschiebungen - morgen ist Aktionstag
Von Miloud El Cherif

Es zählt nicht, wer betreibt

In Bezug auf die jüngsten Entwicklungen im Flüchtlingslager Zella-Mehlis,
die entweder eine neue Betreiberfirma oder die Übernahme der Verantwortung
durch den Landkreis vorsehen, lässt sich folgendes konstatieren: Ein Lager
ist ein Lager, ein von der Stadt isoliertes Gebäude, in dem Flüchtlinge
zwangsweise leben. Wir haben keine Wahl, wo wir leben möchten und wir
waren und sind gezwungen, in diesem Lager zu leben. Es ist ein Ort, der
Flüchtlinge gesammelt unterbringt, um sie zu kontrollieren. Hier wird
ihnen ihre Würde genommen, was sich auch durch eine andere Firma oder die
Ausländerbehörde, die Urheberin der ganzen Situation, nicht ändert.


Es interessiert uns nicht, wieviel Geld die Ausländerbehörde für die
Renovierung des Lagers ausgeben will. Das war von Beginn an unsere
Position. Ich werde nicht bautechnisch argumentieren, da genau darüber
alle am liebsten sprechen: Über neue Türen, neue Fenster, neue Farben an
der Wand. Und danach sei alles bestens. Bisher hat niemand über Sicherheit
in diesem Heim geredet, weder die Betreiberfirma, noch die
Ausländerbehörde. Flüchtlinge, die seit zehn Jahren hier leben haben noch
nie von einem Feuerschutzsystem gehört. All das kam erst seit unseren 2010
begonnenen Protesten auf und wir werden damit fortfahren, bis das Lager
geschlossen wird.


Unbehandelte Tuberkulose; Tod nach dauerhaften Abschiebedrohungen

Dieses Lager war und ist die Anschrift vieler trauriger und schrecklicher
Geschichten. So wie die vom Flüchtling Fadi, der trotz seiner Erkrankung
an Tuberkulose vier Wochen keine Behandlung bekam. Natürlich musste er
leidvoll auf einen Krankenschein warten. Für einen Flüchtling dauert es
aber meist mehr als einen Monat, eine medizinische Behandlung zu bekommen.
Viele andere Flüchtlinge haben aufgrund der mangelnden hygienischen
Verhältnisse und Schimmelbildung chronische Hauterkrankungen, was ich
selber mit angesehen habe. Das Landratsamt Meiningen sieht da keinen
Handlungsbedarf.


Ruslan Yatskevichs Geschichte ist ein weiteres Grauen. Die Verbindung aus
jahrelanger Isolation, gesundheitlichen Problemen und Abschiebeterror
führte bei Ruslan in einer Winternacht 2008 dazu, aus dem Lager in den
angrenzenden Wald zu laufen, wo er zwei Monate später erfroren gefunden
wurde. Seine Angst resultierte aus regelmäßigenBriefen von der
Ausländerbehörde, die ihm mit der Abschiebung drohte – obwohl bekannt war,
dass er aus medizinischen Gründe nicht hätte abgeschoben werden können.

Ruslans Fall kam bis zu den letzten Protesten nie ans Licht.Das deutsche
System brachte Ruslan auf seinem eigenen Weg um.


Einschüchterung und Fehlinformation

Das Meininger Landratsamt hat viel daran gesetzt, die Flüchtlinge weiter
an diesem unmenschlichen Ort leben zu lassen. Dabei scheint zweitrangig
wie das geschieht – die Hauptsache ist, dass die Flüchtlinge irgendwann
entscheiden Deutschland zu verlassen, weil sie es nicht mehr aushalten.

Am 22.6.2011 legte die Sozialbetreuerin den Flüchtlingen im Lager
Zella-Mehlis ein Schreiben vor, das sie unterschreiben sollten, falls sie
nicht in ein anderes, noch schlechteres Gebäude umgesiedelt werden
wollten. Einige Flüchtlinge unterschrieben, weil sie ohnehin unter großem
Druck standen. Am nächsten Tag, nachdem die Lokalzeitung bereits von der
Unterschriftenaktion



Leben in Wohnungen – Leben in Würde

Seit Sommer 2011 hat die Ausländerbehörde entschieden, monatlich 5000 €
für die Renovierung des Lagers auzugeben. Das hat der Isolation der
Flüchtlinge keinen Abbruch getan, die weiterhin das Leben von vor dem
Sommer 2011 weiterleben. Auch Geld kann die Isolation nicht hübsch
aussehen lassen.

Wir sagten es und wiederholen es immer wieder: Unsere Forderung ist die
Schließung des verdammten Lagers. Bringt ALLE Flüchtlinge in Wohnungen
unter, darunter gibt es keine Kompromisse.


Wir widersprechen der Ausländerbehörde nachdrücklich und warnen sie davor,
einen neuen Vertrag mit einer anderen Firma abzuschließen. Genug ist
genug, die nächste Entscheidung sollte unseren Forderungen entsprechen,
denn unser Protest wird nicht aufhören, bis jeder Flüchtling seine Würde
zurückbekommt.


Miloud L Cherif

Lager Zella-Mehlis,16.Juli 2012

The Voice Refugee Forum


Kontakt: 0176 99334119


www.thevoiceforum.org

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