Donnerstag, 26. Juli 2012
No Border Camp wird zum inhaltlichen Desaster
Jenes furchtbare Politspackentum, welches mich, lang lang ists her, die komplette politische Umgebung wechseln ließ und mich von der studentischen Linken in die Antira geführt hatte hat jetzt die Antira erreicht- ein mehr als ernüchternder Bericht vom No-Border-Camp.


https://linksunten.indymedia.org/de/node/64408


Die Antira war einmal aufgebrochen, um gemeinsam Perspektiven des solidarischen Zusammenlebens zu entwickeln, und über mehr als ein Jahrzehnt wurden die auch intensiv gelebt. Übriggeblieben ist ein Scherbenhaufen. Im Bereich der Cultural Studies beheimatete Diskurse werden hier zum Einander Fertigmachen, zu Hierarchiebildung und Distinktionsgewinnlertum mißbraucht, Politautismus statt gelebter Solidarität.


Nachtrag: Debatte hierzu


https://linksunten.indymedia.org/node/64170

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Zwischen Wahnsinn und Verstand IV
Krankfurter Impressionen


Nachdem Henning mit Britt nach Hamburg gefahren ist, hat auch Alfie noch kurzfristig beschlossen, sich mal von zu Hause loszueisen. Ein kurzer Anruf zwecks Besuchsabklärung bei Valentin, einem alten Kumpel im Frankfurter Gallusviertel, die Plünnen zusammengerafft, die Hühner gesattelt, in den Passat geschwungen und ab dafür!
An der Auffahrt steht ein Tramper mit Schild für Kassel. Sieht`n bißchen abgerissen aus, aber ganz sympathisch. Alfie hält an und nimmt ihn mit. Kaum daß sie auf der Autobahn sind, ruft der Typ scheinbar unmotiviert: "Wahnsinn! Kuck mal an! Ist ja wohl nicht wahr!" "Was meinst 'n?" will Alfie wissen. "Na, der Merser da vorn! Kuck dir mal das Nummernschild an!" "Tatsächlich! Das ist ja dreist!" Auf dem Schild des silbernen Mercedes steht tatsächlich SE K 110. "Weißte was?" meint der Typ. "Du bräuchtest nen Wagen, sagen wir einen schwarz-roten Lada mit Nummernschild RZ ZL 129."
"Ich sehe, wir sprechen eine Sprache!" "Logisch, Alter!"
Es entspinnt sich ein Gespräch über Demos, Repression, Ärger mit Bullen, bei dem jeder versucht, dem Gegenüber ein bißchen auf den Zahn zu fühlen, nach dem Motto: "Echt, Aufschneider oder Spitzel?". Die Paranoia ist allenthalben verbreitet, ebenso die Eitelkeit. Natürlich versuchen beide, einander mit der Härte der eigenen Erlebnisse zu beeindrucken, und beide genießen es sehr, sich selber zuzuhören. Am Rasthof Kassel läßt Alfie den Typen, der sich Rock nennt, wieder raus und eiert weiter gen Frankfurt. Stau und Nebel in der Ostheimer Senke, ein paar Gewaltbremsungen, ein paar durchgeknallte BMWs mit Dauerlichthupe, die einem in den Auspuff kriechen wollen - Alfie ist ganz schön geschafft, als er endlich bei Valentin vor der Haustür steht.




“Auge, lange nicht gesehen! Was macht die Provinz?" Valentin, ein strahlendes, bärtiges langes Ende, fällt Alfie lachend in die Arme. "Sie akademt, ist spießig und oft besoffen!" gibt Alfie vergnügt zurück. "Das letzte machen wir auch gleich, aber mit dem Rest kann ich dir nicht dienen. Bock auffen Kneipenzug?" "Aber immer!"
Valentin wohnt in einem Abbruchhaus, roter Backstein, ziemlich trist. Seine Zwei-Zimmer-Wohnung im ersten Stock ist das einzige bewohnte Gemäuer, wenn mensch von den Berbern absieht, die ab und an im Erdgeschoß kampieren. Entsprechend imposant ist die Stahltür vor seiner Wohnung. "Hier passiert einfach zu viel!" erklärt Valentin beiläufig, als er Alfies Blick bemerkt. Es ist lange her, daß er das letzte Mal hier war. Damals wohnten hier noch normale Leute, entsprechend normal war Valentins Tür. Valentin studiert Forstwirtschaft - ungewöhnliches Fach für 'nen Linken - und hat schon einen Job in einem Forstrevier inklusive Flinte und Jagdschein. Ein herber Kontrast zu seiner Großstadtexistenz, eine Art Doppelleben.
Alfie legt seine Sachen ab, hüpft kurz unter die Dusche, und auf gehts in die beginnende Nacht.
Sie landen in einer Eckkneipe zwei Straßen weiter, "nichts mit Szene, aber extrem proletarisch.", wie Valentin bemerkt. Der Laden sieht gemütlich aus, die Leute - grinsende Türken, bierselige, tätowierte Malocher und ein paar lachende Punkerinnen - sind es auch. Alfie und Valentin holen sich zwei Gezapfte und setzen sich an einen Tisch neben der Theke, als die Tür aufgeht und ein halbes Dutzend definitiver Unsympathen reinkommt. Schwarze Motorradkluft, Knobelbecher, kurze Haare, Hakenkreuze an der Halskette, alles Schränke. Der Größte knallt die Faust auf die Theke und brüllt mit Megaphonstimme: "Ne Runde Korn für uns alle und wir zahlen nicht! Ist das klar!" "Klar!" meint der Typ hinterm Tresen eingeschüchtert. Alfie zuckt zusammen. Ein musternder Blick ringsum in die Runde. Lauter robuste Leute - lauter ängstliche Gesichter. Von denen ist nichts zu erwarten. "Wir gehen!" zischt Valentin. Betont gelangweilte Gesichter aufgesetzt, betont cooler Gang, kein falscher Fehler! Im Türrahmen lehnt seitlich ein Typ. Alfie läßt er anstandslos vorbei. Als Valentin ihm folgt, stellt das Arsch ihm ein Bein. Er fliegt voll auf die Fresse, steht wortlos wieder auf. Sie machen, daß sie fortkommen, zurück in die Wohnung. "Erst mal ein Joint auf den Schreck!" meint Valentin. Alfie starrt ihn an. "Was ist?" fragt Valentin irritiert. "Du hast eine geschwollene Fresse! An deiner Stelle würde ich nicht rauchen." "Bleib cool, Mann! Nen kalten Lappen leg ich mir später drauf. Erstmal einen bauen..." Valentin baut einen. Er ist fast fertig, als es an der Tür klingelt. Wer kann das sein? Alfie geht hin und macht auf. Was Blöderes hätte er nicht tun können.
Vor der Tür stehen vier von den Typen aus der Kneipe. Müssen ihnen nachgegangen sein, ohne daß sie es gemerkt haben. Drei von ihnen haben so Teile in den Händen..., also die Innenstäbe von Luftpumpen mit dem Griff dran, am anderen Ende rasiermesserspitz zugefeilt, der Vierte ne zusammengelegte Motorradkette. "Zecken, es gibt Saures!" meint Einer grinsend. "Zur Seite, Alfie!" brüllt von hinten Valentins Stimme. Instinktiv rollt sich Alfie hinter den Türrahmen, Valentin geht an ihm vorbei nach vorne, ne Flinte unterm Arm. Er lädt durch, bumm! Alfie denkt, es reißt ihm die Ohren weg, Schrot spritzt in die Decke, Putz spritzt zurück, Valentin lädt nach, hastende Schritte, in Panik haun die Faschos ab.
Alfie braucht ne Minute, bis er wieder hören kann. Er zittert am ganzen Leib. "Alter, das war Wahnsinn!" ist das Erste, was er rausbringt. "Ist das dritte Mal, seit ich hier wohne!" gibt Valentin cool zurück, "Das erste Mal Luden, das zweite Mal Eintracht-Hools, das dritte Mal die. Bisher ist keiner wiedergekommen. Wirksame Methode!" "Bist echt n Terminator!"

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