Donnerstag, 5. September 2013
Erklärung von Hatef Soltani gegen Kollaboration mit Deportation in nigerianischer Botschaft
Die Zukunft beginnt immer wieder jetzt und wir wollen die Wurzeln und
Kontinuitäten von Deportationen nicht unsere Kinder weitervererben. Darum
machen wir nicht nur etwas, um Deportationen zu stoppen – wir machen alles,
um Deportationen generell zu verhindern.

Seit hunderten Jahren, spielen Deportationen eine zentrale Rolle im
Kolonialismus, um die Selbstbestimmung von Menschen und ganzen Kulturen zu
zerstören und sie im Namen des eigenen Wohlstandes zu massakrieren. In der
Konsequenz dieser Verbrechen werden Menschen, die zur Flucht gezwungen
worden sind von multinationalen Menschenrechtsorganisationen, bis hin zum
UNHCR, menschenunwürdig verwaltet.

Schon seit vielen Jahren gibt es Demonstrationen, Diskussionen und Aufrufe
in Deutschland, um gegen die Kollaboration zwischen einigen afrikanischen
Regierungen und den EU Ländern zu protestieren – besonders gegen die enge
Kooperation zwischen der nigerianischen Botschaft und den deutschen
Abschiebebehörden. Das Problem ist seit mindestens 10 Jahren bekannt
(1)(2)(3)(4). Entsprechend der Erklärung von Mahdiyeh Tayefeh Kalhori vom
13.08.2013 bleibt festzustellen: „Für jede Abschiebung aus Deutschland
durch die Zuordnung der nigerianischen Nationalität kassiert sie 500 Euro,
250 Euro für das Verhör und 250 Euro nach Erfolg, wenn sie Papiere der
nigerianischen Staatsangehörigkeit ausstellt. Es werden auch dort
Asylbewerber aus anderen afrikanischen Staaten anerkannt, um sie später von
Nigeria aus nach Togo, Liberia, Uganda, Sudan oder Sierra Leone
weiterzuschieben. Das ist ein reines Geschäft mit Menschenleben.“(5)

Für fast alle PolitikerInnen und BotschafterInnen ist dieses Verbrechen
offensichtlich, aber koloniale Mentalitäten und der Profit aus diesem
Menschenhandel, lassen sie darüber schweigen. Alle Anfragen wurden von
ihnen ignoriert. Zu dieser verantwortungslosen Sprachlosigkeit möchte ich
Bertolt Brecht zitieren: *Wer die Wahrheit nicht weiß, der ist bloß ein
Dummkopf. Aber wer sie weiß und sie eine Lüge nennt, der ist ein Verbrecher.
*

Der Warteraum der nigerianischen Botschaft war am 15.Oktober 2012 ein Forum
für neu angekommene Protestlerinnen des Oranienplatzes, um ihre Wut und
ihren Protest gegen eine ‚Hülle‘ dieser Kollaboration zu manifestieren.(6)
Ich habe mich an den Protesten beteiligt und habe außerdem einen
Video-Live-Stream von den Ereignissen für die Internetöffentlichkeit
gemacht. Ich wollte damit sicherstellen, dass die breite Öffentlichkeit
kein falsches Bild von den Protesten bekommen kann. Übrigens ist der
Eintritt zum Protest in dieser Botschaft kein Hausfriedensbruch. Ganz im
Gegenteil wird der „Frieden“ genau in diesem Haus seit Jahren gebrochen.
Täglich werden Flüchtlinge illegal dorthin transportiert, um sie
wissentlich falsch zu identifizieren und durch deutsche Gewaltbehörden
auszuweisen zu lassen. Hätte ich nicht am 15.Oktober dagegen protestiert,
müsste ich ja auch akzeptieren, wenn ich von Deutschland aus nach Abuja
deportiert werden sollte… – niemals!

Ein System aus staatlichen Anklägern, Gerichten und Anwälten versucht
unseren Kampf für die Rechte geflüchteter Menschen und den Widerstand gegen
willkürliche Ungerechtigkeiten zu spalten. Deshalb wurde auch die
geforderte Zusammenlegung der einzelnen juristischen Fälle gerichtlich
verhindert. Deshalb werden wir gezwungen, die Fälle alle einzeln verhandeln
zu lassen. Aber wir werden weiter zusammen kämpfen und inner- und
außerhalb der Gerichte zusammen stehen! Es kann für uns keine Toleranz
gegenüber Ignoranz geben!

Ich bin 2010 wegen meiner politischen Aktivitäten aus dem Iran geflohen.
Wegen meines politischen Engagements im Rahmen der sog. „Grünen Revolution“
im Iran wurde ich systematisch gefoltert und erniedrigt, und ich wurde
einer umfassenden staatlichen Repression unterworfen. Im Zusammenhang mit
den Folterungen durch deutsche Polizeibeamte am 15.oktober in der GESA in
Berlin, habe ich dies alles nochmal erleben müssen.(7) Die Anklagebehörden
der Bundesrepublik Deutschland versuchen die polizeilichen Übergriffe vor
der nigerianischen Botschaft und in der GESA von Berlin zu vertuschen:
politisch repressive Polizeibrutalität und menschenrechtsverletzende
Folterungen.

Alles was geschehen ist, ist wie im römischen Theater inszeniert worden.
Die breite Öffentlichkeit, das Publikum der Massenmedien wurde
voyeuristisch bedient. (8)

Hierzu folgendes Gleichnis:

Gestern, als Juden und Roma in Konzentrationslager deportiert wurden, habe
ich geschwiegen, weil ich kein Roma oder Jude war.

Heute, wenn Geflüchtete in ihre Fluchtländer „zurückgeführt“ werden,
bleibe ich noch stumm, weil ich es nicht besser wissen will.

Und morgen würde ich wie Oury Jalloh in ihrem Gefängnis verbrennen müssen…

Hatef Soltani
http://www.cross-point.tv/2013/09/erklaerung-soltani-nigerianischen-botschaft/


1- http://thevoiceforum.org/node/2252

2- http://thevoiceforum.org/node/2551

3- http://thevoiceforum.org/node/2526

4- http://thevoiceforum.org/node/991

5-
http://www.cross-point.tv/2013/08/dies-ist-keine-verteidigung-es-ist-die-verurteilung-eines-gerichts

6-
http://asylstrikeberlin.wordpress.com/2012/10/15/english-press-release-embassy-action/

7- http://www.youtube.com/watch?v=2Gwj2hnk9Bk

8- http://www.youtube.com/watch?v=EYDUY2Y3iFM


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hatef soltani
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