Donnerstag, 8. Oktober 2020
Aktualisierte Empfehlungen mehrerer Fachgesellschaften: Therapie von HIV-Patienten in Corona-Zeiten
Dr. Stefanie Reinberger



Mehrere europäische Fachgesellschaften, darunter die Deutsche AIDS-Gesellschaft und die europäische HIV-Gesellschaft, haben eine aktualisierte gemeinsame Stellungnahme zur Situation von HIV-Positiven und COVID-19 herausgegeben [1]. Die wichtigsten Punkte:

Kein erhöhtes Risiko für HIV-positive Patienten unter ART
Bereits zu einem recht frühen Zeitpunkt der Covid-19-Pandemie gingen die europäischen Fachgesellschaften davon aus, dass Menschen mit HIV, die unter einer effektiven antiretroviralen Therapie (ART) stehen, kein erhöhtes Risiko für eine Infektion mit SARS-CoV2 beziehungsweise für einen schweren Verlauf von COVID-19 haben. Kohortendaten aus China, Deutschland, Italien, Spanien und den USA bestätigen diese Einschätzung. Eine unbehandelte HIV-Infektion und eine CD4-Zellzahl unter 200/µl gelten als Risikofaktor – derzeit aber ohne klare Evidenz.

Komorbiditäten, die einen schweren Verlauf begünstigen, müssen behandelt werden
HIV-Patienten haben mittlerweile eine hohe Lebenserwartung. In Europa ist mehr als die Hälfte aller HIV-Positiven älter als 50 Jahre. In dieser Gruppe treten – wie auch bei Personen ohne HIV-Infektion – Vorerkrankungen häufiger auf, die einen schweren Verlauf begünstigen. Dazu gehören u.a. Herz-Kreislauf-Erkrankungen und chronische Lungenerkrankungen. Als weitere Risikofaktoren gelten das männliche Geschlecht, Bluthochdruck, Adipositas oder Diabetes. Grunderkrankungen müssen umgehend behandelt werden. Außerdem empfehlen Fachgesellschaften für Menschen mit HIV, auf Zigaretten zu verzichten und sich gegen Pneumokokken beziehungsweise Influenza impfen zu lassen.

Wirken HIV-Medikamente gegen SARS-CoV-2?
Zu Beginn der SARS-CoV-2-Pandemie gab es Berichte, die hoffen ließen, dass bestimmte HIV-Medikamente auch gegen das neuartige Coronavirus wirksam sein könnten. Dies hat sich für HIV-Proteasehemmer nicht bestätigt. Abschließende Ergebnisse zu Studien mit Maravidoc, Leronlimab, Tenofovir beziehungsweise Tenofovir/Emtricitabin zusammen mit niedrig dosiertem Hydroxychloroquin stehen noch aus. Derzeit wird jedoch davon abgeraten, eine laufende ART wegen COVID-19 umzustellen.

Auch während der Pandemie HIV-Patienten gezielt versorgen
Im Zusammenhang mit der Covid-19 Pandemie kommt es sowohl global als auch im europäischen Raum zu Einschränkungen bei der Versorgung von HIV-Patienten. Deutschland ist davon bislang aber nicht betroffen.

Dieser Artikel ist im Original erschienen auf Univadis.de.

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Studie zur COVID-19-Politik: Nur eine Minderheit ist skeptisch-ablehnend – vor allem AfD-Anhänger
Dr. Thomas Kron


Eine Studie an der Universität Konstanz mit 3.200 Befragten zeigt: Das Vertrauen in unser Gesundheitssystem und unsere Regierung während der Corona-Krise hängt vor allem von der parteipolitischen Einstellung ab. Das geht aus einer Studie des Berliner Think-Tanks „Das Progressive Zentrum“ und des Exzellenzclusters „The Politics of Inequality“ der Universität Konstanz hervor. Autor ist Prof. Dr. Marius R. Busemeyer [1].

Kein Riss in der Gesellschaft
Die Parteinähe sei bei Einschätzungen der Bürger entscheidend, so Busemeyer: Wer der Alternative für Deutschland (AfD) nahestehe, misstraue dem Gesundheitssystem und der Informationspolitik der Bundesregierung weitaus häufiger als Menschen mit anderer parteipolitischer Ausrichtung. Geschlecht, Einkommen, Alter und Bildungsstand der Befragten spielten ebenfalls eine – wenn auch geringere – Rolle.

Die Studie widerlege damit die These, dass es in der Frage des Vertrauens in staatliche Institutionen einen Riss quer durch die Gesellschaft gebe, so der Forscher. Stattdessen liefere sie Hinweise für eine Polarisierung zwischen einer misstrauisch-unzufriedenen Minderheit und dem mehrheitlichen Rest der Bevölkerung.

Die meisten Bürger vertrauen der Regierung
Die Ergebnisse der repräsentativen Befragung zeigen, dass die Bevölkerung die Leistungsfähigkeit des deutschen Gesundheitssystem als hoch einschätzt; 2 von 3 Befragten geben an, dass sie ein „sehr hohes“ oder „hohes“ Vertrauen in das Gesundheitssystem haben, im Fall einer eigenen Erkrankung am Coronavirus die notwendige Versorgung zu bekommen.

Zustimmungswerte unterscheiden sich allerdings stark zwischen den Anhängern verschiedener Parteien. Während diejenigen, die Bündnis 90/Die Grünen unterstützen, zu 80,4 Prozent Deutschlands Gesundheitssystem vertrauen, tun dies nur 44,1 Prozent bei der AfD.

Außer der politischen Prägung hat die Studie auch den sozio-ökonomischen Hintergrund abgefragt. Daraus ergibt sich, dass sowohl Besserverdienende als auch ältere Menschen – die ja sogar vermehrt zur Risikogruppe gehören – ein besonders hohes Vertrauen in das Gesundheitssystem haben.


Mehr Skepsis gegenüber der Informationspolitik der Bundesregierung
Weniger zufrieden zeigen sich die Befragten hinsichtlich der Informationspolitik der Bundesregierung. Im Bevölkerungsdurschschnitt sind lediglich 48,2 Prozent der Meinung, dass die Bundesregierung „ziemlich“ oder „sehr wahrheitsgetreu“ informiert habe.

Auch in dieser Hinsicht sei die Anhängerschaft der AfD besonders misstrauisch, heißt es in einer Mitteilung der Universität: Nur knapp 12 Prozent von ihnen glaubten an ziemlich oder sehr wahrheitsgetreue Informationen. Im Gegensatz dazu hätten diejenigen, die Bündnis 90/Die Grünen (69,4%) oder der CDU/CSU (66%) nahestünden, großes Vertrauen in die Informationspolitik der Regierung.

Mehrheitsmeinung: Deutschland war nicht gut vorbereitet
Trotz des allgemein hohen Vertrauens in die Leistungsfähigkeit und die Fairness des deutschen Gesundheitssystems zeige die Studie auch eine gewisse Skepsis, was die Vorbereitung auf die Corona-Pandemie angehe, schreibt Busemeyer.

Die Krisenreaktion als solche bewerten die Befragten im Durchschnitt nur als moderat gelungen (6,0 auf einer Skala von 0 bis 10). Dass sie dem Gesundheitssystem hier kein besseres Zeugnis ausstellen, ist der Mitteilung zufolge in der Wahrnehmung der Studienteilnehmer der mangelnden Krisenbereitschaft zuzuschreiben. Nur eine Minderheit von 36,2 Prozent meine, das deutsche Gesundheitssystem sei auf eine Krise vorbereitet gewesen, erklärt Busemeyer. Erneut weise die AfD-Anhängerschaft mit 18,8 Prozent den niedrigsten Wert auf, die Anhängerschaft von CDU/CSU mit 45,4 Prozent den höchsten.

Eine weitere Polarisierung verhindern
Die Analyse der Befragung habe gezeigt, dass verschiedene Dimensionen des Vertrauens systematisch miteinander zusammenhängen, so Busemeyer: „Wer glaubt, bei einer Corona-Infektion nicht ausreichend versorgt zu werden und die Krisenvorbereitung als mangelhaft bewertet, der meint oft auch, dass die Bundesregierung die Bevölkerung nicht ausreichend, rechtzeitig oder wahrheitsgemäß informiert.“

In der nächsten Phase der Krisenbewältigung wird es mehr um wirtschaftliche und soziale Folgen gehen als um rein gesundheitliche Gefahren. Prof. Dr. Marius R. Busemeyer
Für die Zukunft schlussfolgert der Autor: „In der nächsten Phase der Krisenbewältigung wird es mehr um wirtschaftliche und soziale Folgen gehen als um rein gesundheitliche Gefahren. Wenn diese sozialen Folgen von der Politik mehr in den Blick genommen werden, besteht eine Chance, dass die in unserer Studie festgestellte Polarisierung nicht noch weiter zunimmt. Darum ist es nun besonders wichtig, sozioökonomische Unterschiede und Benachteiligungen auszugleichen.“

Dieser Artikel ist im Original erschienen auf Univadis.de.

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Impfzentren und Priorisierung: Das sind Spahns Pläne für die Corona-Impfungen
Presseagentur Gesundheit (pag)



Noch ist nicht klar, wann genau ein Impfstoff gegen Covid-19 zur Verfügung steht und welcher es sein wird. Nichtsdestotrotz hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) bereits klare Vorstellungen, wie die Impfungen zu Beginn ablaufen sollen.

Auf der EU-Gesundheitskonferenz der Kassenärztlichen Bundesvereinigung erläuterte Spahn, er glaube, dass man in Impfzentren starten müsse [1]. „Das sind aus meiner Sicht eher keine Turnhallen, sondern eher Messehallen“, so der Minister. Als Grund führt er die voraussichtlich extrem niedrigen Transport- und Lagerungstemperaturen für die Impfstoffe zwischen minus 20 und minus 70 Grad an. Mit den Ländern sei man zu dem Thema bereits im Gespräch, versicherte Spahn.

Priorisierung nötig
Er kündigte außerdem an, anfangs bei den Impfungen priorisieren zu wollen. Zwar rechnet Spahn damit, dass im Zeitraum „Dezember, Januar, Februar, März“ bereits mit den Impfungen begonnen werden kann. Jedoch sei zu dieser Zeit wohl noch nicht genügend Impfstoff für alle da. Der Deutsche Ethikrat, die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina und die Ständige Impfkommission seien deshalb damit beauftragt, bis Ende Oktober Kriterien zu erarbeiten, wer vorrangig geimpft werden sollte. Spahn nannte Risikogruppen und Beschäftigte im Gesundheitswesen als Beispiele.

Hinsichtlich der Finanzierung sagte der Gesundheitsminister, die Kosten der Impfstoffe könnte der Bund übernehmen. Im Gegenzug sollen Krankenkassen und Öffentlicher Gesundheitsdienst gemeinsam für die Infrastruktur der Massenimpfungen aufkommen.

Es bleibt beim Impfangebot. Jens Spahn
Spahn nutzte die Gelegenheit auch, um seine Absage an eine immer wieder ins Spiel gebrachte Impfpflicht ein weiteres Mal zu erneuern. „Es bleibt beim Impfangebot“, so der Minister. Er sei sich sicher, dass man das Ziel auch mit einer freiwilligen Lösung erreiche.

Dieser Artikel ist im Original erschienen auf Univadis.de.

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Corona-Tests-Nachtrag zu einer irreführenden Debatte
Im Frühjahr hatten wir hier eine ziemlich lange Debatte mit einem Coronamaßnahmen-Skeptiker zu angeblich falschen und irreführenden bzw. sogar betrügerischen Testverfahren. Inzwischen kann nachgelesen werden, wie substanzlos die ganze Argumentation des Gegenübers war.

Der betreibt inzwischen ein Selbstgespräche-Blog, auf dem er vor sich hinlügt, zum Beispiel mit der Behauptung, ich würde meine eigenen Threads löschen.


https://www.roche.de/diagnostics/tests-parameter/cobas-sars-cov-2.html#Allgemeine-Informationen

https://correctiv.org/faktencheck/2020/07/02/nein-die-who-empfahl-keine-voellig-unspezifischen-corona-tests

In der Debatte selber hatte ich noch angenommen, solche Sachverhalte wie die Geschichte mit dem Labor in Augsburg seien auf seinem eigenen Mist gewachsen, inzwischen stellte sich aber heraus, dass das alles Allgemeinplätze sind die in der Querdenker-Szene verbreitet werden. Der direkte Schulterschluss mit QAnon ist zwar nicht zu sehen, dennoch bleibt das ein sehr seltsames Umfeld für jemanden der sich als Linken sieht.

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Ist Trump ein Opfer des VIP-Syndroms? „Er hat Therapien erhalten, die Sie nicht bekommen würden – und das ist besser für Sie!“
Dr. F. Perry Wilson

Übersetztes Transkript des englischen Videos-Kommentars von Dr. F. Perry Wilson:

Willkommen bei Impact Factor, dem wöchentlichen Kommentar zu einer medizinischen Neuigkeit auf Medscape.com . Ich bin Dr. F. Perry Wilson von der Yale School of Medicine.

Zum Zeitpunkt dieser Aufzeichnung, am 5. Oktober, befand sich der Präsident der Vereinigten Staaten wegen COVID-19 noch immer im Krankenhaus des Walter Reed Medical Center. Pressemitteilungen zufolge geht es ihm trotz einer vorübergehenden Hypoxämie relativ gut.

Dennoch hat er nach Angaben seines Hausarztes folgende Medikamente erhalten:

Remdesivir

Melatonin

Zink

Famotidin

Aspirin

Vitamin D

Einen monoklonalen Antikörper-Cocktail von Regeneron als Compassionate Use

Und, ganz aktuell, Dexamethason

Wenn Sie sich dieses Behandlungsschema ansehen, ohne den Patienten zu kennen, würden Sie annehmen, dass es sich um jemanden handelt, der an der Schwelle des Todes steht und beatmet wird. Zeit für einen letzten verzweifelten Therapieversuch.



Wenn Sie sich dieses Behandlungsschema ansehen, ohne den Patienten zu kennen, würden Sie annehmen, dass es sich um jemanden handelt, der an der Schwelle des Todes steht und beatmet wird. Dr. F. Perry Wilson
Sicherlich scheint der Präsident nicht besonders krank zu sein. Seien wir doch ehrlich: Wenn Sie oder ich COVID hätten und so krank wären wie der Präsident, würden wir auf keinen Fall diese Art von Behandlung bekommen. Und Fakt ist: Wir sind damit wahrscheinlich besser dran.

Im Augenblick könnte der Präsident Opfer eines gut beschriebenen medizinischen Phänomens sein, das als `VIP-Syndrom´ bezeichnet wird.

Als ich noch am Anfang meiner Ausbildung war, wurde eine „sehr wichtige Person" in unser Krankenhaus eingeliefert. Ich kann Ihnen den Namen dieser Person nicht nennen, aber vertrauen Sie mir, es war ein VIP.

Irgendwann während der Behandlung musste ihm eine Thoraxdrainage gezogen werden. Der Chef der Herz-Thorax-Chirurgie kam, um ihm die Ehre zu erweisen. Bevor wir eintraten, wandte er sich an uns und sagte: „Das letzte Mal, dass ich eine Thoraxdrainage gezogen habe, ist 15 Jahre her".

Sehen Sie, die Person, von der Sie die Thoraxdrainage gezogen bekommen möchten, ist der Assistenzarzt im 3. Jahr, denn der macht das 10 Mal am Tag. Aber für den VIP kommt dafür den Chef der Abteilung. Ironischerweise werden VIPs oft schlechter versorgt.

Das erstmals 1964 von Walter Weintraub beschriebene VIP-Syndrom ist nichts Neues. Unser 1. Präsident mag tatsächlich ein Opfer davon geworden sein.

Am 13. Dezember 1799 wurde George Washington im Alter von 67 Jahren von einer Art bakterieller Epiglottitis befallen. Über einen Zeitraum von 12 Stunden wurde er 4-mal Aderlass-Prozeduren mit insgesamt 80 Unzen Blut unterzogen. Das war damals Stand der Medizin, entspricht aber einem Blutverlust von 2,5 Litern. Er erlag der Krankheit am 14. Dezember, kurz nachdem er seinen Ärzten für ihren außergewöhnlichen Einsatz gedankt hatte.




Fairerweise muss man sagen, dass das VIP-Syndrom in Wirklichkeit eine Anekdote ist. Nur wenige schlüssige Studien haben versucht, das Phänomen zu bewerten.

Nichtsdestotrotz erscheinen Fallberichte und Fallserien in einer Vielzahl von medizinischen Fachzeitschriften. Selbst das gepriesene New England Journal of Medicine streifte 1988 die Aspekte der Notfallversorgung für VIP-Patienten.

Die Ärzte, die sich um den Präsidenten kümmern, beneide ich nicht. Dr. F. Perry Wilson

Die Ärzte, die sich um den Präsidenten kümmern, beneide ich nicht. Was sollen sie machen? Wir kennen nicht alle Einzelheiten seines Zustands, aber nehmen wir an, dass er nur leicht erkrankt ist, dann bestünde die Standardbehandlung in der Linderung der Symptome.

Wenn er hypoxämisch wäre, könnten Sie wahrscheinlich auf der Grundlage der RECOVERY-Studie ein Argument für Steroide finden. Für die Gabe von Remdesivir ebenfalls – vorausgesetzt, es gäbe einige Hinweise auf eine Beteiligung der unteren Atemwege.

Doch der Antikörper-Cocktail? Ein Medikament, das Sie nur im Rahmen des Compassionate Use erhalten können? Das gehört nicht zur Standardbehandlung.

Wir haben noch nicht einmal eine Phase-2-Publikation zu diesem Cocktail, geschweige denn eine Phase-3-Studie. Es gibt diese eine veröffentlichte Studie an Makaken, die vielversprechend zu sein scheint.

Doch was auch immer Sie vom Präsidenten halten – er ist kein Makake. Dr. F. Perry Wilson
Doch was auch immer Sie vom Präsidenten halten – er ist kein Makake.

Was wir im Moment über den Regeneron-Cocktail wissen, stammt aus einer Pressemitteilung, die über die Ergebnisse bei knapp 300 Patienten berichtet und zeigt, dass – zumindest bei denjenigen mit schwachen nativen Antikörperreaktionen – die Viruslast mit dem Cocktail schneller abnahm. In Ordnung.

Doch verstehen wir mit diesen wenigen Probanden wirklich die Risiken? Monoklonale Antikörper haben eine lange Geschichte. Doch es können seltsame Reaktionen auftreten: Allergien gegen das Produkt, unbeabsichtigte Nebeneffekte. Sie wissen, wie das läuft.

Schauen Sie, ich setze hier nicht auf knallharte Gleichmacherei. Hätten wir eine magische Pille, die COVID-19 ohne Nebenwirkungen heilen könnte, aber 10 Millionen Dollar kosten würde, dann geben sie diese sicherlich dem Präsidenten, auch wenn der Rest von uns sie nicht bekommen kann. Beim VIP-Syndrom geht es nicht wirklich um den Aspekt Ungerechtigkeit.

Das Risiko ist vielmehr, dass die VIPs Medikamente und Kombinationen von Medikamenten erhalten, über die wir nicht genug Kenntnisse haben. Die Ärzte wissen, dass die Standardversorgung die beste Versorgung ist. Deshalb ist sie Standard.

Der Hail Mary Pass (das ist im American Football ein sehr langer Vorwärtspass mit nur geringer Aussicht auf Erfolg) ist dem 4. Viertel vorbehalten, also wenn Ihre Mannschaft kurz vor der Niederlage steht. Er ist nicht der Auftakt. Aber bei VIPs werden solche wesentlichen Tatsachen vergessen.

Ich kann mir aber vorstellen, was in diesen Ärzten vorgeht.

Was wäre, wenn sich der Zustand des Präsidenten verschlechtern würde? Was wäre, wenn der Präsident sterben würde? Würden Sie als Mediziner dann nicht sagen wollen, dass Sie absolut alles getan haben, was Sie hätten tun können?


Hier zeigt sich ein kognitiver Bias in der Medizin, der oft mehr schadet als nützt: die Notwendigkeit zu handeln, oder in diesem Fall, alles zu tun, auch wenn die Daten dies noch nicht unterstützen. Weil man nicht für ein schlechtes Ergebnis verantwortlich sein will.

Aufgrund der aggressiven Behandlung kann es aber zu schlechten Ergebnissen kommen. Etwa, wenn der Präsident eine seltene Reaktion auf den Antikörper-Cocktail zeigt. Sagen wir, er entwickelt eine Autoimmunreaktion, dann könnten die Ärzte, die ihn behandelt haben, zu Recht kritisiert werden.

Aber wissen Sie was? Ich bezweifle, dass das passieren wird. Unsere Voreingenommenheit ist so stark zugunsten der Behandlung ausgerichtet, dass wir – träfe dieses seltene Ereignis tatsächlich ein – es als ein Risiko abtun würden, das es wert gewesen war, einzugehen. Um dieses besondere Leben zu retten.

Natürlich verdient am Ende jeder die bestmögliche Versorgung. Die Ironie dabei ist, dass Donald Trump, weil er Präsident ist, möglicherweise schlechter medizinisch versorgt wird als Sie oder ich. Manchmal ist es gut, ein Niemand zu sein.

Dieser Artikel wurde von Ute Eppinger aus www.medscape.com übersetzt und adaptiert

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Bis zu 18-fache Unterschiede beim Schweregrad von COVID-19: Ein Risikorechner soll Ärzten bei der Bewertung helfen
Marcia Frellick, Medscape



Ein neues Vorhersagemodell könnte Ärzten helfen, zu erkennen, bei welchen Patienten sich COVID-19 wahrscheinlich verschlimmert und wie schnell daraus eine schwere Erkrankung wird. Das berichten Prof. Dr. Brian Garibaldi von der Johns Hopkins University School of Medicine in Baltimore, Maryland, und Kollegen in den Annals of Internal Medicine[1].

Sie entwickelten einen Risikorechner für COVID-19 mit 24 Variablen, von denen bekannt ist, dass sie mit der Erkrankung assoziiert sind. Dazu gehören u.a. das Alter, der Body-Mass-Index (BMI), Grunderkrankungen, Vitalparameter und die Schwere der Symptome zum Zeitpunkt der stationären Aufnahme.

Die Daten wurden bei der Betreuung von 832 Patienten mit COVID-19 zwischen dem 4. März und dem 24. April in 5 Krankenhäusern in Maryland und Washington, DC, erhoben.

Modell zeigt Risikoextreme auf
Die Autoren sagen, dass ihr Modell die Wahrscheinlichkeit einer schweren Erkrankung (definiert als hoher Bedarf an Sauerstoff zur Unterstützung oder als maschinelle Beatmung) oder des Todes zwischen 5 % bis 90 % prognostizieren kann. Sie geben zu bedenken, dass sich der Schweregrad von COVID-19 um den Faktor 18 unterscheiden kann.

In ihrer Veröffentlichung nennen sie Beispiele:

Bei einer 81-jährigen schwarzen Frau mit Diabetes und Bluthochdruck, einem BMI von 35 kg/m2, Fieber, einer Atemfrequenz von 32 Atemzügen/min, einem hohen CRP-Wert und einem D-Dimer-Wert von über 1 mg/l hat liegt die Wahrscheinlichkeit, dass sich COVID-19 bis hin zum Tod verschlechtert, bei 80% (Tag 2 nach der Aufnahme), 92% (Tag 4) bzw. 96% (Tag 7).

Im Gegensatz dazu hat ein 39-jähriger männlicher Latino mit einem BMI von 23 kg/m2, ohne Komorbiditäten oder Fieber eine Wahrscheinlichkeit für schwere Verläufe von 3% (Tag 2), 5% (Tag 4) und 5% (Tag 7).

Garibaldi sagte gegenüber Medscape, das Modell habe zu verschiedenen Zeitpunkten nach der Aufnahme unterschiedliche Genauigkeiten. „An den ersten beiden Tagen ist es zu 85 Prozent genau, und dann in der ersten Woche liegt die Genauigkeit bei etwa 80 Prozent.“

An den ersten beiden Tagen ist es zu 85 Prozent genau, und dann in der ersten Woche liegt die Genauigkeit bei etwa 80 Prozent. Prof. Dr. Brian Garibaldi

Familien informieren, Behandlungsziele festlegen
Informationen aus dem Modell könnten Ärzten helfen, Patienten und Familien über den wahrscheinlichsten Krankheitsverlauf zu informieren und Behandlungsziele zu definieren, sagte Garibaldi.

Für Gesundheitssysteme sei es hilfreich zu verstehen, wie wahrscheinlich es bei Patienten auf der Intensivstation zu einem Aufwärtstrend komme beziehungsweise ob Krankenhäuser über die richtigen Medikamente und Räumlichkeiten verfügten.


Auch zum Zeitfaktor sind Aussagen möglich. „Der Median der Zeit bis zur Entwicklung einer schweren Erkrankung oder bis zum Tod in unserer Kohorte betrug nur etwas mehr als ein Tag. Das deutet darauf hin, dass es für diese Patienten ein sehr begrenztes Zeitfenster gibt, in dem wir etwas tun können“, sagte Garibaldi.

Wie funktioniert der Algorithmus?
Garibaldis Team arbeitete mit einer Präzisionsmedizin-Analytikplattform (PMAP), die nicht nur Alter, Komorbiditäten und demografische Daten, sondern auch Labordaten, Medikamente und Patientenverläufe berücksichtigte.

Es gebe viele Modelle, die veröffentlicht worden seien oder sich in der Entwicklung befänden, aber „dies ist ein methodisch wirklich gut gemachtes Modell“, erklärte Dr. Michael Kattan gegenüber Medscape. Er ist Leiter des Department of Quantitative Health Sciences an der Cleveland Clinic Ohio und hat das prognostische Modell mitentwickelt.

Dies ist ein methodisch wirklich gut gemachtes Modell. Dr. Michael Kattan
Kattan wies auf die Verwendung der Fläche unter der kumulativ-dynamischen ROC-Kurve (Receiver Operating Characteristic) hin, um die Fähigkeit des Modells zur Unterscheidung von Patienten mit höherem und niedrigerem Risiko zu bewerten. „Das ist eine elegante Art und Weise, die Leistung zu beurteilen, und das trennt sie von der Masse [ähnlicher Anwendungen]“, sagte er.


Darüber hinaus „wird ein sehr moderner Ansatz zur Auswahl der Prädiktoren sowie zur Abschwächung ihrer Auswirkungen verwendet“, um die Verallgemeinerbarkeit zu erhöhen, sagte er. Die Verallgemeinerbarkeit der Daten wird in der Publikation als eine Einschränkung genannt, da die Forschung an einer einzigen Institution durchgeführt wurde.

Wenn das Modell systematisch validiert werde und sich zeige, dass sich die Versorgung verbessere, könnten es Anbieter in elektronische Gesundheitsakten einfließen lassen, sagte Garibaldi.

Kattan merkte an, dass die Kreuzvalidierung nach Standorten dazu beitrage, mehr Vertrauen in die Ergebnisse aufzubauen. Hierbei entfernten die Forscher randomisiert Daten zu einem von 5 Krankenhäusern und testeten dann das Modell aus den 4 verbliebenen Standorten an dem einen (aus dem Modell entfernten) Standort, um die Ergebnisse zu vergleichen. Sie wiederholten diese Prüfung für jedes Zentrum. „Nach der Interpretation funktionierte es in jedem Krankenhaus gut, wenn sie es so machten“, sagte Kattan.

Gefahr der Fehleinschätzung?
Das Einzige, was Kattan fehlte, war „die Kalibrierungsleistung des Risikorechners“ oder die Übereinstimmung zwischen einer prognostizierten Wahrscheinlichkeit und dem Anteil der Menschen, die ein bestimmtes Ergebnis tatsächlich hatten.

Garibaldi zufolge bestehe generell die Gefahr, dass das Vertrauen in einen Algorithmus zu Fehleinschätzungen führen könne. Aus diesem Grund betonen die Autoren, dass das Modell nicht dazu gedacht sei, die Expertise eines Arztes zu ersetzen, sondern vielmehr in Verbindung mit ihm verwendet werden sollte.

Seitdem Daten zu Beginn der Pandemie gesammelt worden wären, habe man viel über Interventionen, Symptome und Verbreitung gelernt, so Garibaldi. Johns Hopkins-Klinken hätten inzwischen mehr als 3.000 COVID-19-Patienten betreut.

Längsschnittdaten, das gesammelte Wissen über die Anwendung der mechanischen Beatmung und den Einsatz von Therapien würden zur Verfeinerung des Modells beitragen, sagte er.

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