Samstag, 29. August 2015
Auschwitz reinacted
Zu dem qualvollen Erstickungstod der Flüchtlinge in diesem Kleinlaster in Österreich fallen mir nur noch die Gaskammern der Nazis ein. Es ist eine unsagbare Schande, ein grenzenloses Grauen, was da gerade passiert. Wenn da noch Faschisten rassistische Stimmungen verbreiten oder gar Anschläge begehen gibt es nur eine Antwort: Antifa heißt Angriff!

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Dienstag, 25. August 2015
Nachzeichnung eines Fluchtzugs
http://web.de/magazine/politik/ezra-yonas-fluchtzug-alpen-30868644

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Petitionsaufruf: Für Pressefreiheit in Mexiko, gegen die staatlich bestallten Mörder
Liebe Freundinnen und Freunde,

der mexikanische Fotoreporter Rubén Espinosa wurde vor Kurzem gefoltert und ermordet — zusammen mit der Menschenrechtsaktivistin Nadia Vera und drei weiteren Frauen.

In einer der ältesten Demokratien Lateinamerikas ist die Meinungsfreiheit bedroht. Rubén ist der 14. Journalist, der im südlichen Bundesstaat Veracruz getötet wurde, wo Gouverneur Javier Duarte offene Drohungen gegen Reporter ausgesprochen hat. Diese Verbrechen bleiben fast alle unaufgeklärt.

Doch Rubéns Fall hat Tausende von Menschen zu Straßenprotesten bewegt und in Mexiko und dem Rest der Welt einen Mediensturm entfacht. Nun haben Noam Chomsky, Paul Auster, Salman Rushdie und Hunderte von Journalisten, Autoren und Künstlern einen offenen Brief unterschrieben. Sie fordern Gerechtigkeit für Journalisten in Mexiko, die ermordet wurden, weil sie ihre Arbeit getan haben.

Der Brief hat bereits die Regierung aufgerüttelt. Wenn wir über eine Million weitere Namen hinzufügen und ihn auf die Titelseiten mexikanischer Zeitungen bringen, wird die Botschaft richtig einschlagen. Zeigen wir jetzt, dass Menschen aus aller Welt den Kampf für Meinungsfreiheit in Mexiko unterstützen. Machen Sie mit:

https://secure.avaaz.org/de/ruben_global_l/?bVlJxbb&v=63653

Mexiko ist derzeit eines der gefährlichsten Länder für Journalisten — vergleichbar mit Kriegsgebieten wie dem Irak, Afghanistan oder Somalia. Seit Präsident Peña Nieto an der Macht ist, haben Übergriffe auf die Medien um 80 Prozent zugenommen.

Seit über zehn Jahren ist Mexiko von unglaublicher Gewalt heimgesucht. Kartelle liefern sich erbitterte Kämpfe, um den lukrativen Drogenhandel zu beherrschen, und unzählige Journalisten mussten ihre Berichterstattung über kriminelle Banden mit dem Leben bezahlen. Doch Experten sagen, dass viele Morde mit Berichten über politische Korruption in Verbindung stehen. Ich habe das am eigenen Leib erfahren. Nach meiner politischen Berichterstattung in Mexiko musste ich mehrfach wegen Todesdrohungen das Land verlassen. Ich bin von korrupten Politikern gefoltert und inhaftiert worden.

Im südlichen Bundesstaat Veracruz, wo Rubén seit Jahren arbeitete, sind in den vergangenen Jahren 13 weitere Journalisten ermordet worden. All das unter der Verwaltung des rüpelhaften Gouverneurs Javier Duarte. Dieser bedroht regelmäßig Journalisten. Als Rubén Espinosa ein unvorteilhaftes Foto von ihm veröffentlichte, war er angeblich so entrüstet, dass er das Magazin aus allen Zeitungsständen in der Hauptstadt des Bundesstaats entfernen ließ.

Im Juni erzählte Rubén Espinosa seinen Kollegen, dass er in letzter Zeit von Männern verfolgt und bedroht wurde, die wie Sicherheitsbeamte der Regierung gekleidet waren. Er sagte außerdem, dass jemand in der Regierung des Bundesstaats ihn direkt mit den Worten bedroht hatte „Hör auf, Fotos zu machen, sonst ergeht es dir wie Regina.“ Gemeint war Regina Martinez, eine im Jahr 2012 ermordete Journalistin.

Doch Rubéns tragischer Tod könnte ein Wendepunkt sein: Tausende haben sich in Mexiko-Stadt versammelt, um zu trauern und Gerechtigkeit zu fordern. Wenn wir ihnen jetzt zur Seite stehen und diesen schlagkräftigen Brief veröffentlichen, zeigen wir der Regierung, dass die ganze Welt zuschaut. Und dass die ganze Welt Gerechtigkeit und dringende Maßnahmen gegen diese Morde fordert. Machen Sie mit — Journalisten in Mexiko und überall auf der Welt sollten ihrer Arbeit nachgehen können, ohne dafür mit dem Leben zu bezahlen.

https://secure.avaaz.org/de/ruben_global_l/?bVlJxbb&v=63653



Die Avaaz-Gemeinschaft hat sich immer wieder für die Meinungsfreiheit eingesetzt. Nun können wir unsere Stimmen für mutige mexikanische Reporter und Menschenrechtsverteidiger erheben. Zeigen wir ihnen, dass sie nicht allein sind — denn so sieht weltweite Solidarität aus. Wir wissen, dass sie denjenigen den Rücken stärkt, die an vorderster Front kämpfen, und in vielen Situationen das Blatt wenden kann.

Wir lassen uns nicht zum Schweigen bringen,

Lydia Cacho, mexikanische Journalistin und Menschenrechtsaktivistin, mit dem Avaaz-Team.

PS - Wenn Sie Journalist(in) oder Autor(in) sind, dann klicken Sie diesen speziellen Link, um an der Kampagne teilzunehmen.

QUELLEN:

Pressefreiheit: Kritischer Journalist in Mexiko getötet (Spiegel Online)
http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/mexiko-fotoreporter-ruben-espinosa-getoetet-a-1046373.html

Kommentar: Wo die Pressefreiheit stirbt (Deutsche Welle)
http://www.dw.com/de/kommentar-wo-die-pressefreiheit-stirbt/a-18631059

Mexikos Journalisten in Gefahr: Gefeuert, gefoltert, getötet (Spiegel Online)
http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/pressefreiheit-in-mexiko-reporter-angegriffen-und-ermordet-a-1025060.html

Und auf Englisch:

Präsident Peña Nieto: Klären Sie die Morde an Journalisten in Mexiko auf und richten Sie Mechanismen ein, um sie zu schützen (PEN)
http://www.pen.org/blog/president-pe%C3%B1a-nieto-investigate-murders-journalists-mexico-and-establi...

'Sie wollen Journalisten in Mexiko auslöschen' (The Observer)
http://www.theguardian.com/world/2015/apr/11/mexico-fearless-journalist-lydia-cacho

'Journalisten werden abgeschlachtet' – Mexikos Problem mit Pressefreiheit (The Guardian)
http://www.theguardian.com/world/2015/aug/04/journalists-mexico-press-freedom-photographer-ruben-espinosa-murder

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Sonntag, 23. August 2015
Zu den rassistischen Ausschreitungen in Heidenau: Schlagt die Faschisten, wo ihr sie trefft!
Mein alter Vater rantete ja richtig angesichts der Fernsehbilder von den Anti-Flüchtlingsprotesten. Was da kam ging etwa so: "Nach 1945 wurden Millionen Flüchtlinge in Westdeutschland integriert, die Ossis waren oft selber welche, letztlich 1990 alle von denen, wer sich da gegen die Aufnahme von Leuten aus Syrien, Irak oder Afrika stellt gehört selbst abgeschoben, ab in die syrische Wüste, ohne Wasserflasche. Einsammeln, diese Nazis, und ab in den Flieger!"

War sowohl erstaunt als auch erfreut, was von dem alten Mann so kam. Und rufe meinerseits dazu auf, diesem Dreckspack entgegenzutreten, ob durch friedliche Proteste oder mit dem Rundholz in der Hand. Ein Europa, das das Elend der Flüchtlinge selber zu einem großen Teil verschuldet hat verhält sich als imperialistisches Monster, wenn es sich abschottet gegen diejenigen, denen gar keine andere Möglichkeit mehr bleibt als ins Herz der Bestie zu flüchten. Aktive Solidarität mit Flüchtlings ist in dieser Situation eine der wenigen Perspektiven für praktizierten Antiimperialismus - übrigens seit mindestens 30 Jahren. Feuer und Flamme für dieses System!

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Freitag, 21. August 2015
Das Merkel-Video einmal anders
https://www.youtube.com/watch?v=H_yYrr21_fM

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Mittwoch, 19. August 2015
Avaaz-Petition für die Freiheit von Biram Dah Abeid, gegen Sklaverei in Mauretanien
Liebe Avaaz-Mitglieder weltweit,

Mein Leben als Sklavin begann, als ich fünf war. Tagsüber musste ich das Vieh hüten. Nachts wurde ich von meinem Herrn vergewaltigt. Und ich dachte, das sei normal. Ich wusste es nicht besser.

In Mauretanien, wo ich herkomme, leben noch heute Hunderttausende unter solchen Bedingungen. Aber ich hatte Glück. Mein Bruder entkam seinen Herren und fand eine Organisation, die gegen Sklaverei vorgeht. Um mich zu befreien, bat er sie um Hilfe. Doch als sie mich holen wollten, weigerte ich mich anfangs, mit ihnen zu gehen. Ich konnte mir ein Leben fern von meinen Herren nicht vorstellen. Ein Leben, das aus pausenloser Arbeit bestand, selbst wenn schwanger, selbst unter der Geburt. Ein anderes Leben kannte ich nicht.

Der Mann, der mich befreite und dessen Leben es ist, versklavten Menschen wie mir zu helfen, sitzt jetzt hinter Gittern, weil er die Sklaverei öffentlich anprangert. Doch in fünf Tagen findet ein Berufungsverfahren statt, das seine Freiheit bedeuten könnte. Wenn sich Hunderttausende von uns weltweit für Biram Dah Abeid einsetzen, können wir seine Ketten sprengen, damit er weiter für die Befreiung anderer kämpfen kann. Macht jetzt mit:

https://secure.avaaz.org/de/mauritania_anti_slavery_biram_loc_dn/?bVlJxbb&v=63409

Zwar hält die sklavenhaltende Oberschicht mit allen erdenklichen Mitteln an den jetzigen Verhältnissen fest, doch allmählich setzt ein Umdenken ein. Und unserem Präsidenten scheint die öffentliche Meinung wichtig zu sein: Schon früher hat er sich massivem öffentlichen Druck gebeugt und politische Gefangene freigelassen, einschließlich Biram selbst. Bitte macht mit und helft mir, Biram abermals zu befreien.

https://secure.avaaz.org/de/mauritania_anti_slavery_biram_loc_dn/?bVlJxbb&v=63409

In Dankbarkeit und Hoffnung,

Haby mint Rabah und das Avaaz-Team

Anmerkung von Avaaz:

Mauretanien hat das schlimmste Sklavereiproblem der Welt. Aktuell sind bis zu 20 Prozent seiner gesamten Bevölkerung Sklaven. Sie werden in die Sklaverei geboren oder an ihre Herren verkauft. Sie werden missbraucht, vergewaltigt und ausgebeutet. Und wie schon der Sklavenhandel des 19. Jahrhunderts hat er auch hier einen rassistischen Hintergrund: Fast alle Sklaven gehören der ethnischen Gruppe der Haratin an.

Mauretanien war weltweit das letzte Land, das die Sklaverei offiziell abschaffte. Unter Strafe wurde es erst 2007 gestellt. Es ist illegal, doch bisher ist nur ein einziger Sklavenhalter verurteilt worden -- obwohl Mauretanien ein Anti-Sklaverei-Gesetz sowie einen Plan zur endgültigen Abschaffung der Sklaverei hat und das Parlament gerade ein Gesetz beschlossen hat, das Sklaverei als "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" bezeichnet.

Wenn Gegner der Sklaverei diese Barbarei anprangern, werden sie verhaftet und gefoltert. Biram hat sein ganzes Leben dem Kampf gegen die Sklaverei gewidmet: Er wurde zuletzt von der UN für sein Engagement ausgezeichnet und trat bei den letzten Präsidentschaftswahlen als Kandidat an. Doch die Regierung verweigert seiner Organisation die rechtliche Anerkennung und hat ihn wegen seines öffentlichen Auftretens gerade zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt.

Uns bleiben nur noch fünf Tage bis zu Birams Berufungsverhandlung. Folgen wir Habys Aufruf: Lasst uns Birams Freilassung fordern und gemeinsam über Facebook, Twitter und sämtliche Medien die größte Anti-Sklaverei-Bewegung des 21. Jahrhunderts auf die Beine stellen:

https://secure.avaaz.org/de/mauritania_anti_slavery_biram_loc_dn/?bVlJxbb&v=63409

Weitere Informationen:

Biram Dah Abeid: Mit Wut und Mut gegen Sklaverei in Mauretanien (Deutsche Welle)
http://www.dw.com/de/biram-dah-abeid-mit-wut-und-mut-gegen-sklaverei-in-mauretanien/a-18062533

Gemeinsamer Entschließungsantrag für eine Resolution zu Mauretanien, insbesondere zum Fall Biram Dah Abeids (Europäisches Parlament)
http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//TEXT+MOTION+P8-RC-2014-0382+0+DOC+XML+V0...

In Mauretanien leben die meisten Sklaven (Handelsblatt)
http://www.handelsblatt.com/politik/international/menschenrechte-in-mauretanien-leben-die-meisten-sk...

Sklaverei: Salimas langer Weg in die Freiheit (Die Zeit)
http://www.zeit.de/politik/2013-07/sklaverei-mauretanien

Und auf Englisch/Französisch:

Biram Dah Abeid Still Imprisoned: Latest Developments (UNPO)
http://unpo.org/article/17712

Mauritania: Jailed presidential candidate and anti-slavery activists must be released (Amnesty International)
https://www.amnesty.org/en/articles/news/2015/01/mauritania-jailed-presidential-candidate-and-anti-s...

"Pour les maîtres, violer les esclaves est un droit" (Le Nouvel Observateur - Französisch)
http://tempsreel.nouvelobs.com/monde/20141214.OBS7863/pour-les-maitres-violer-les-esclaves-est-un-dr...

Le combat contre l'esclavage en Mauritanie récompensé par l'ONU (RFI - Französisch)
http://www.rfi.fr/mfi/20131227-mauritanie-biram-ould-dah-ould-abeid-prix-esclavage-nations-unies-dro...

Mauritanie: quand la question de l’esclavage s’invite à la présidentielle (Afrique Décryptages, Ifri - Französisch)
https://afriquedecryptages.wordpress.com/2014/05/20/mauritanie-quand-la-question-de-lesclavage-sinvi...

Forty years a slave: women start new lives in Mauritania (IRIN)
http://newirin.irinnews.org/female-slaves-mauritania-photo-feature/

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Bergimpressionen einmal anders
Das waren ja nicht nur die "heroischen" Gipfel-und Hochtoureneindrücke. Sondern all das, was am Wegesrand liegt, die beeindruckend schöne Natur im Mikrokosmos der Bergwiesen ebenso wie die überraschenden Momentaufnahmen. Eine Mischung, die mich immer wieder vollauf begeistert. Für solche Eindrücke nehme ich Narben, die Berge an mir hinterlassen gerne in Kauf.




















Während die Murmeltiere sich noch in ihrer Homophobie ergehen (ich weiß nicht, wieviele diesen Witz noch kennen) kreist über ihnen schon das Verhängnis: Aquila chrysaetos, der Steinadler, der als Angehöriger des Steinadels mitunter auch durch bürgerliche Geier vertreten wird, nicht velwechsern mit deren Vätern, den Papageiern.









edit: War gar kein Adler, sondern der größte und seltenste Brutvogel der Alpen, ein Bartgeier (fast 3 m Flügelspannweite), Wow!

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Sonntag, 16. August 2015
Burka für alle! Die Awarenessfront hat wieder zugeschlagen
Es ist ja zum Fremdschämen, was für ein hanebüchener Unsinn so unter "links" gelabelt wird. Der Alte Bolschewik hat eine besondere Absurdität aufgegabelt:

https://shiftingreality.wordpress.com/2015/08/14/burka-fuer-alle/

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Samstag, 15. August 2015
Aikido-Training für Flüchtlinge in Hannover
Von Genossin Firi aka Ferdos Mirabadi erreicht mich diese Ankündigung:



Flyer und Übersetzungen:

http://kyushindo.de/wp-content/uploads/2015/08/flyer_refugees_deutsch.pdf

http://kyushindo.de/wp-content/uploads/2015/07/flyer_refugees_englisch.pdf

http://kyushindo.de/wp-content/uploads/2015/07/flyer_refugees_russisch.pdf

http://kyushindo.de/wp-content/uploads/2015/08/flyer_refugees_franz.pdf

http://kyushindo.de/wp-content/uploads/2015/07/flyer_refugees_arabisch.pdf

http://kyushindo.de/wp-content/uploads/2015/08/flyer_refugees_persisch.pdf







Unter dem Motto:

wir üben zusammen - AIKIDO

refugees welcome





Willkommen.

Wenn ihr euch bewegen wollt, zusammen Spass haben und die friedliche

Kampfkunst AIKIDO kennen lernen wollt, so laden wir euch ein bei uns

mitzutrainieren.

Unser Training ist freundlich, entspannt, ohne Gewalt und ohne Wettkampf mit

vielen neuen Bewegungen.

Aikido trainieren bei uns Frauen und Männer und Jugendliche ab 12 Jahren.

Kommt zum Beginner-Kurs und probiert es aus. Besonders für die Kinder ist es eine

schöne Freizeitaktivität mit neuen Freunden.

Flüchtlinge sind bei uns sehr willkommen und können kostenlos mittrainieren. So

trifft man nette Leute, kann die Sprache besser lernen und macht etwas für seinen

Körper und seinen Geist.











8. - 29. September 2015 immer dienstags

Flüchtlinge sind sehr willkommen und können bei uns kostenlos mittrainieren.





Anmelden und Infos: www.kyushindo.de

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Freitag, 7. August 2015
Am Boden zurück
Die Hochtour ist vorbei. Jede Menge Kraft getankt für den Rest des Jahres und das Nächste, und das heißt bei mir auch immer: Nahezu restlos verausgabt. Unterwegs in einer Gegend, in der Bäche überqueren hindurchwaten bedeutet, in der Wege gehen heißt Fußspuren zu verfolgen und in der Navigation mit Kompass, Höhenmesser und Landkarte erfolgt. Die Bilder können vermitteln wie das aussieht - der Stich der Sonne auf der Haut, das Geraune von Wind und Stein, die Gerüche lassen sich so nicht weitergeben. Eine einzige Bergwiese ist Lebensraum für Millionen Blumen und Tausende Arten von Blumen, ein Zirbenwald verströmt einen einzigartigen Geruch, der mit nichts Anderem vergleichbar ist.







Alleine im Fels unterwegs sein ist dann ein Abenteuer für sich. Mit nichts als einem Klettergurt, einem Klettersteigset, zwei Schlingen und zwei Schraubhaken ist zwar Selbstsicherung möglich, aber nicht mehr als das. Haarig wurde es freilich an einem Punkt, wo ich meine Sicherung noch gar nicht angebracht hatte: Ich meinte, die breite Kristallschieferplatte auf der ich mit beiden Füßen stand sei ein sicherer Tritt, aber Bratschengestein darf man nie vertrauen (oder andersrum: Granit - es kommt NICHT drauf an, was man draus macht). Die Platte brach unter meinen Füßen in zwei Hälften auseinander, und das darunterbefindliche Gestein begab sich auf Talfahrt. Während mir der Boden unter den Füßen weggezogen wurde dachte mein Großhirn, es ginge ans Sterben, während praxisorientiertere Teile meines Nervensystems meinen Körper auf einen neuen Standplatz wirbelten. So standhockte ich auf allen Vieren, während neben mir der Felsrutsch abging. Die zwei Leute, die mir vom Gipfel entgegenkamen und mit denen ich mich vor einer Minute noch unterhalten hatte fragten ob ich OK sei, ich betastete mich und stellte fest "Gebrochen ist nichts!". Sie setzten ihren Abstieg fort, ich wartete eine Viertelstunde, bis das Zittern vorbei war (bei der dünnen Luft dauert das etwas), klinkte dann meine Sicherung ein und setzte den Aufstieg fort - der Gipfel war ja noch nicht erreicht.

Erst beim Abstieg wurde mir schwummrig. Ich war jetzt völlig alleine, kein Mensch mehr in Sichweite, kein Netzempfang, und ich musste da runter. Da habe ich mich alleine für entschieden, also muss ich das auch durchziehen. Angst haben ist nicht, gestorben wird auch nicht.




Also wieder hinab in die 400 Meter tiefe Steinschlagrinne. Immerhin, sowohl der mehrstündige Anmarsch davor als auch die letzte Strecke zum Gipfel waren reizvoll gewesen, es muss diese schrecklichen Schlüsselstellen wohl geben. Wieder ein Berg, der seine Spuren auf meinem Körper hinterlassen hat, nur Striemen, nicht mehr.












Es folgten noch mehrere Stunden anspruchsvoller Höhenwanderung mit Absurditäten wie dem Überqueren von Schneefeldern bei Hochsommerhitze, dann endlich war die erste Etappe geschafft und der Hüttenschmaus verdient.












Der nächste Tag dann: Genusswandern auf im wahrsten Sinne des Wortes höchstem Niveau, wundervolle Panoramen, zeitweise mühsam Weg suchen oder sich selber einen finden, weil der Gletscherweg aufgeschmolzen ist, extremes Schwitzen beim Abstieg in die Krummholzzone, weil die Latschenkiefern die Hitze nach oben reflektieren, nach 1300 Höhenmetern Abstieg dann bei 32 Grad im Tal, und dort noch 5 Kilometer bis nach Hause. In 2 Tagen 20 Stunden reine Gehzeit, davon 6 Stunden Klettern, insgesamt 4000 Höhenmeter.







Hier bin ich runtergekommen, am frühen Morgen, nach fantastischen Sonnenuntergangs- und -Aufgangserlebnissen (from dusk till dawn ;-) )






Und dann der Wahnsinnsblick auf die noch größeren Gipfel, wo ich allerdings auch schon mal oben war - 2 Tage voller Mühsal, Höchstleistung, Schmerz, Glück, Entbehrungen, Extase - das ist Genuss neu definiert!



Grenzerfahrung halt.

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Mittwoch, 5. August 2015
Die moderne Kuh
Beim Abstieg von einem meiner Gipfel versperrte mir eine Kuh mit Kalb den Weg. Ich forderte beide auf diesen freizumachen, daraufhin gingen beide etwas zurück und setzten dann mit gekonnter Eleganz über den elektrischen Weidezaun. Die moderne Kuh hat´s drauf. Sollte vielleicht den Beruf des Hirten erwerben;-)

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Wege und Ziele
Wenn es heißt, der Weg sei das Ziel, sagt das überhaupt nichts darüber aus, ob dieser bequem ist oder nicht. Das Letzteres eher nicht der Fall sein wird, dafür allerdings sprechen die avisierten Ziele.










Heute in der Höhe Kondition getestet, ab morgen in einer Welt unterwegs, in der es nur noch einen selbst und den Berg gibt, ohne Verbindung zur Außenwelt. Wundert Euch also nicht, wenn Ihr ein paar Tage keine neuen Einträge lest.

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Dienstag, 4. August 2015
Bergzeit
Jedesmal, wenn ich in die Berge komme ist das so, als ob ich direkt an das letzte Mal anknüpfe, als ob es dazwischen nichts gegeben hätte, als ob ich da weitermachte, wo ich das letzte Mal geblieben bin. Magische Zeit - Bergzeit!









Falls ich den Abend oben verbringen will ist ein Biwak vorbereitet,




und da bleiben dann auch leider homophobe Anblicke nicht aus

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Der Weg ist das Ziel
Ich habe heute einen Gipfelanstieg, für den normalerweise 2-3 Stunden veranschlagt werden in einer Stunde gemacht. Dabei hatte ich mich überhaupt nicht beeilt. Ich war im Gegenteil besonders langsam gegangen, und bei brüllender Hitze. Ich hatte mich nur nach einer Regel gerichtet, die mir mein Bergführer vom letzten Jahr beigebracht hatte: Winzige Schritte im Rhythmus des eigenen Atems, nie schneller werden, aber auch nie stehenbleiben, "ruhig wandelnd wie der Mond", wie das ein buddhistischer Träger mal genannt hatte. Es funktioniert.

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Sonntag, 2. August 2015
Divide et impera: Fortsetzung des Beitrags
Aus Gründen der Übersichtlichkeit setze ich meinen Beitrag zur Euro-Krise, Sozialabbau und der Herleitung der aktuellen Situation hier in einem seperaten Posting fort, also anknüpfend an das hier:

http://che2001.blogger.de/stories/2517973/

Wenn wir uns die "mobilisierende" Wirkung von HartzIV vor Augen halten ist wichtig, sich dabei im Kontrast mit dem alten Sozialversicherungsystem zu beschäftigen. Vor den Hartz-Reformen bestand das System aus den zwei Komponenten Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe. Das Arbeitslosengeld entsprach in etwa dem heutigen ALG 1, abgesehen von der Tatsache, dass es über längere Zeiträume ausgezahlt werden konnte, die Arbeitslosenhilfe hingegen einem reduzierten Satz, bei entsprechenden Einkommen allerdings deutlich über Sozialhilfesatz.

Insofern war der hier geäußerte Kommentar von h.z. zum Thema Höhe des Versorgungssatzes, der mich zu dem ganzen Beitrag hier überhaupt motivierte inhaltlich hanebüchener Unsinn.

http://che2001.blogger.de/stories/2510913/#2512592

Bei Geringverdienenden wirkte sich der Unterschied kaum aus, aber bei Personen, die vor der Arbeitslosigkeit 2500 netto verdient hatten bedeutete Arbeitslosenhilfe dann etwa 1700 Euro - bei Nichtwiedereinstellung formaljuristisch im Extremfall ein Leben lang, was angesichts quartalsweiser Überprüfung der Einkommensverhältnisse und Zwangsvermittlung in andere Jobs durch das Arbeitsamt allerdings faktisch ausgehebelt wurde. Wie radikal der Paradigmenwechsel war macht in der Rückschau für mich persönlich ein Gespräch mit einem Rechtsanwalt klar, dem ich 2002 erklärte, dass HartzIV die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe zugunsten Sozialhilfe für alle Langzeitarbeitslosen einschließlich Eigentumspfändung bedeute. Er weigerte sich zunächst das zu glauben unter Bezugnahme auf seine Klientel (entlassene Werftarbeiter, Kesselbauer und Volksmarinepersonal in Meckpomm): Die Bevölkerungen ganzer Landstriche würden ja ihre Zukunftsplanung rund um die Arbeitslosenhilfe aufbauen. Nun ja, tun sie nicht mehr. Neben der Verarmung ganzer Bevölkerungsgruppen und der Verschärfung des unmittelbaren Arbeitszwangs, auch des Zwangs zu prekärer Arbeit bedeutete HartzIV zugleich auch einen Rechtsbruch: Eine bislang durch Einzahlung in die Sozialkassen garantierte Leistung wurde durch einseitigen Bruch des Versicherungsverhältnis willkürlich aufgekündigt, meines Erachtens der größte Versicherungsbetrug der Geschichte. Was würde wohl geschehen, wenn die Allianz sagen würde, ab jetzt zahlen wir keine Lebensversicherungen mehr aus sondern nur noch die Sterbegeldsumme, weil: Ist so?

Der Staat kann das, weil er eben der Staat ist und über das Gewaltmonopol verfügt.

Der zweite treibende Faktor neben der plötzlichen Aufkündigung jahrzehntelang selbstverständlicher Rechtsgarantien und der Androhung der völligen Verarmung war die zeitgleiche Etablierung eines Billiglohnsektors. Wie auch bei Arbeitslosengeld II, das als bloße Vereinfachung behördlicher Regelungen und Zusammenlegung von Leistungen von Sozial- und Arbeitsämtern begründet und angekündigt worden war, aber tatsächlich eine massive Entrechtung von Menschen bedeutete (als ich in Vor-Hartz-Zeiten arbeitslos geworden eine ganzjährige Weiterbildung zum Webdesigner in Anspruch nahm war das für alle KursteilnehmerInnen noch etwas, das wir als uns zustehendes Recht betrachteten, weil wir dafür Versicherungsbeiträge eingezahlt hatten, es gab mal eine Arbeitslosenbewegung, die Weihnachts- und Urlaubsgeld für Arbeitslose einforderte) basierte dieser auf einer Mogelpackung.

Eine beratende Kommission für eine gesamtdeutsche Verfassung nach dem Zusammenbruch der DDR hatte das Modell einer "negativen Einkommenssteuer" entwickelt, d.h. Beschäftigte in defizitären Branchen wie Bergbau, Werften oder maroden Ostbetrieben sollten erheblich weniger Lohn bekommen als tariflich üblich, die Differenz zum Nettolohn sollte ihnen aber vom Staat zugeschossen werden, so dass sie netto genauso wie nach Tarif verdienten, aber keine Steuern mehr zahlten sondern im Gegenteil der Staat Steuern an sie. Berechnungen zufolge wäre dies wirtschaftlicher und vor allem zum Erhalt konkreter Arbeitsplätze zielführender gewesen als allgemeine Subventionen wie Werftenförderung oder Kohlepfennig. Dieses Modell wurde schrittweise überführt in einen tatsächlichen Niedriglohnsektor mit ethisch oder politisch nicht begründbaren Unterbezahlungen (Die WOB-AG, früher Auto 5000 ist ein Paradebeispiel, wie da ein Vorzeigekonzern des Hochlohnsektors beispielhaft vorangeht und der eigenen Belegschaft den Klassenkampf von oben erklärt). Die Doppelwirkung (Double Action auf Englisch, was ja auch die Wirkungsweise eines Revolvertyps ist) dieser beiden Faktoren liegt auf der Hand: Auf der einen Seite entgarantierte ALGII Menschen von bisher selbstverständlichen sozialen Leistungen und setzte sie einem enormen sozialen Druck bis hin zur Enteignung aus, auf der anderen Seite wurde der intensivierte Zwang zur Arbeit mit Billig-Beschäftigungsverhältnissen verbunden, wie sie bis dahin gar nicht legal waren - sozusagen zurück ins Zeitalter von Schuldturm und Galeerendienst. Auf der hierdurch erst ermöglichten Intensivierung der unmittelbaren Ausbeutung und der Verschlankung der Produktionsprozesse auf partielle Billigproduktion in Segmenten der an sich lohnintensiven exportorientierten industriellen High-Tech-Bereiche basiert der Erfolg des Exportweltmeisters Deutschland und entsprechend die Schwächung der nicht an diesem Organisationsmodell partizipierenden EU-Staaten.

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Samstag, 1. August 2015
Der Berg ruft
Ich habe heute zum ersten Mal selber Leute auf einen Gipfel geführt. Ein anderes Erlebnis: Nicht mehr ich als der Geführte, auch nicht mehr als der Alleingänger, sondern als einer, der Verantwortung für Andere trägt.







In den nächsten Tagen mache ich eine große Tour - 3 Gipfel, sie grüßen schon - aus eigener Hand und ganz alleine-ohne die, die sonst führt, denn sie ist auf Expedition.










Grenzerfahrung, mal wieder.

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Dienstag, 21. Juli 2015
Die Verführerin
Am Nacktbadestrand fiel mir eine wunderschöne Frau auf mit langen dunklen Haaren, die ich ob ihrer Schönheit und Sexisness intensiv anschaute. Das bemerkte sie, und als sie aufstand und zu mir rüberging fürchtete ich, dass sie sich durch meine Blicke belästigt fühlte und legte mir gerade eine Entschuldigung zurecht, doch die war gerade gar nicht angesagt. Sie stellte sich vor mir auf, poste gar sehr, Hände an die Hüften, Beine leicht gespreizt, Brüste raus und guckte mich an mit sehr coolem Blick. Ich brachte ein Kompliment über ihren tollen Körper, und darauf erwiderte sie, dass sie den ganzen Tag Zeit hätte und wir könnten ja noch was zusammen machen. Es endete in ihrem Bett, und ich kann nicht nur sagen, dass ich noch nie Sex mit einer so schönen Frau gehabt hatte, sondern auch noch nie so guten Sex. Ich hatte ihr zwar erzählt, wovon ich so lebe, aber das von ihr nicht erfahren, außer, dass sie Sozialwissenschaften studiert hatte und 27 war (sehr viel jünger als ich). Als ich, nach vortrefflicher Fickerei völlig ausgepumpt sie fragte, von was sie denn leben würde entgegnete sie breit grinsend: "Von dem was wir in den letzten Stunden so gemacht haben. Das war jetzt für Dich kostenlos und hat mir selber Spaß gemacht, aber ansonsten und ab jetzt kostet eine Nacht mit mir 200 Euro."
War´n Hammer, auf die Idee wäre ich nicht gekommen, das änderte aber auch meine Sichtweise auf käuflichen Sex. Wie eine Hure im klassischen Sinne kam die mir überhaupt nicht vor, weder gezwungenes Opfer noch pragmatische Sexarbeiterin. Darauf angesprochen erzählte sie, dass sie eine Escort-Lady sei, die bevorzugt mit "Society-Männern" arbeite, ihr "Hauptangelplatz" sei das Wolfsburger Spaßbad, und zu ihren Hauptkunden gehörten Manager und Vorstände von VW.

Ich hatte keinen weiteren Kontakt mehr mit ihr, traf sie aber ein paar Tages später an einer Kreuzung. Am Steuer eines Porsche Carrera GTS Cabrio.

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Sonntag, 19. Juli 2015
Divide et impera - wie das System Schwächere für die Schwächen der Starken bezahlen lässt, oder: Vorbeugende Aufstandsbekämpfung als Betriebsbulle der Weltökonomie
Anknüpfend an eine Anregung des mir rätselhaften Kommentators hz hier:

http://che2001.blogger.de/stories/2510913/#2512592

möchte ich mich an einer Analyse der aktuellen Situation versuchen, unter anderem auch, aber nicht im Speziellen auf Griechenland bezogen. Mein Ansatz orientiert sich hierbei am Theorem der Langen Wellen, der Gleichzeitigkeit in der Ungleichzeitigkeit und am Neuen Antiimperialismus, also der Verbindung aus Marx, Dependenztheorie und Foucault.
Der Übergang von einer keynesianistischen, an deficite spending und Anregung der Binnenachfrage ausgerichteten Weltwirtschaftspolitik zum Neoliberalismus begann mit dem Vietnamkrieg. Die immensen Kosten dieses Krieges führten Anfang der 1970er Jahre zu einem permanenten Wertverlust des Dollars, ich erinnere mich noch an die permanenten Radiomeldungen, dass man sich mit dem Dollar wohl bald gar nichts mehr kaufen könnte. Um den Kursverfall der Währung aufzuhalten wurde das Problem, das eigentlich nur ein Problem des in einem sinnlosen Krieg gescheiterten US-Imperialismus war auf die gesamte Welt abgewälzt: Das bis dahin gültige System der stabilen Wechselkurse der Währungen (Bretton-Woods-System) wurde aufgegeben zugunsten einer freien Konvertibilität der Währungen, die nun wie Papiere an der Börse gehandelt werden konnten. Hierdurch wurden die USA in die Lage versetzt, ihre Währung durch Zukäufe harter Devisen zu stabilisieren. Für Staaten mit sinkender Produktivität bedeutete das eine Abwertung ihrer Währungen und einen Verlust an Kaufkraft. Mit dem Yom-Kippur-Krieg 1973 trat ein zweiter Faktor unerwartet neu hinzu: Nach dem ägyptischen Angriff auf Israel, der von der arabischen Welt als Sieg gefeiert wurde erhöhte die OPEC den Ölpreis dramatisch. Damit begann ein Paradigmenwechsel in der Weltwirtschaft: Ein bis dahin nicht gekanntes, gar nicht geahntes Problem der Währungsstabilität verknüpfte sich mit steigenden Energiepreisen. Wie dramatisch dieser Paradigmenwechsel war sehen wir an den Zukunftsvisionen vorher-nachher: Boeing hatte als Nachfolgemuster für den 747-Jumbo als Passagierflugzeug der 1970er Jahre die Boeing 2707 konzipiert, eine Art Superconcorde mit Schwenkflügeln, die von London nach New York zwei Stunden brauchen sollte. Gängige Zukunftsentwürfe gingen davon aus, dass bis 2000 der Schweber, eine Art verbessertes Luftkissenfahrzeug das Auto ersetzen würde. Die NASA plante die bemannte Marsmission für die 1980er. Die Linke ging davon aus, dass der materielle Wohlstand in Zukunft über dem der Vergangenheit liegen würde, das sog. Wirtschaftswunder würde sich fortschreiben, der Lebenstandard der 1980er würde zwangsläufig so viel höher sein wie der der 1970er gegenüber den 50ern, entsprechend wäre eine gerechtere Verteilungsökonomie (gemäßigte Linke) einzufordern bzw. Reichtum für alle (radikale Linke) sofort möglich. Den Faktor Mangel hatte niemand auf dem Plan.
Der Paradigmenwechsel wird besonders deutlich, wenn wir uns vor Augen halten, dass die erste RAF-Generation Porsche fuhr und linksextreme Situationisten postulierten: "Das Recht auf die persönliche Kathedrale muss ebenso selbstverständlich werden wie das auf die massiv goldene Klobrille, ohne vom Primat des Mangels rationiert zu werden", während nur wenige Jahre später Ökolinke im Prinzip "Back to the stoneage" forderten.

Anfang der 1970er Jahre formulierten Wirtschaftsstrategen Lösungsvorschläge, wie aus dieser Krise herauszukommen sei. Tonangebend war dabei die Chikagoer Schule um Milton Friedman, bekannt als die "Chikago Boys". Der von ihnen begründete Ansatz des Monetarismus läuft darauf hinaus, dass die Stabilität der Währung eines Staates unter den neuen Bedingungen, also freie Konvertibilität auf einem Welthandelsmarkt, auf dem Währungen wie Aktien gehandelt werden können absolute Priorität hat. Demzufolge wurde das Modell einer Angebotsökonomie entwickelt. Angebotsökonomie bedeutet hierbei, dass die keynesianische Ausrichtung auf die Nachfrage diametral umgedreht wurde. Die Nachfrageökonomie nach Keynes beinhaltete die Erzeugung eines sozusagen künstlichen, d.h. nicht aus den Entwicklungen nach dem Kapitalgesetz hervorgehenden Aufschwungs durch Erhöhung der Binnenachfrage und des Welthandels durch staatliche Konjunkturprogramme, Beschäftigungsprogramme, staatliche soziale Leistungen, öffentliche Großprojekte und Subventionen für schwächelnde Branchen. Damit wurde unter Roosevelt die USA aus der Weltwirtschaftskrise - diese wiederum verursacht durch eine globale Spekulationsblase - herausgerettet, das gleiche Modell, nun unter den Bedingungen der schöpferischen Zerstörung durch den Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg und den Marshall-Plan schuf die Bedingungen für das sog. Wirtschaftswunder der 1950er und 1960er Jahre. Weltweit machte sich die Sozialdemokratie den Keynesianismus zu eigen: Die Weiterentwicklung des Kapitalismus durch staatliche Wirtschaftsförderung, die freilich durch immer weitere, nicht kontrollierbare Staatsverschuldung finanziert wurde erschien als Kompromiss aus dem Fortbestand des kapitalistischen Systems und sozialen Forderungen der ArbeiterInnenklasse - ein fauler Kompromiss, der auf Klassenkampf verzichtete, was sich rächen sollte.

Der Monetarismus seinerseits setzte auf die Inwertsetzung des Faktors "Arbeitskraft", und das heisst: Steigerung der unmittelbaren Ausbeutung entweder durch niedrigere Löhne oder längere Arbeitszeiten, insbesondere auch Lebensarbeitszeiten und gleichzeitig durch Abbau der Staatsverschuldung durch Sozialabbau, Privatisierung staatlicher oder öffentlicher Betriebe und generell Verringerung der Staatsausgaben. Interessant ist, in welchen Staaten diese Programme zuerst durchgeführt wurden: In lateinamarikanischen Militärdiktaturen wie Chile unter Pinochet, und der Türkei unter den Generälen, wo sozusagen "Laborbedingungen" herrschten: Die in Chicago entwickelten Wirtschaftskonzepte konnten autoritativ durchgepeitscht werden. Vergleichbare, aber nicht ganz so radikale Konzepte der Austeritätspolitik gab es auch in England unter Thatcher und den USA unter Reagan.

Der "Thachterismus" beinhaltete im Wesentlichen eine radikale Kürzung staatlicher Sozialfürsorge bei gleichzeitiger Zerschlagung von Gewerkschaftsstrukturen, die Bergarbeitergewerkschaft wurde in fast bürgerkriegsähnlicher Manier niedergekämpft, die massenhafte Schließung von Zechen wurde zwar mit ihrer Unwirtschaftlichkeit im Vergleich mit dem Import von Montanprodukten (sic!) aus Ländern wie Peru und (damals noch Apartheid) Südafrika begründet, diente aber vor allem einem Zweck: Der Zerschlagung einer organisierten Arbeiterklasse, sogar um den Preis der Deindustrialisierung. Es erscheint heute vergessen, aber: die englischen Konservativen, das britische Establishment hatte damals eine Heidenangst vor den Organisationen der Arbeiterklasse und vernichtete sie gründlich und mit echtem Hass. Es ist ein Fehler, Austeritätspolitik als "Lösungsmodell" für Wirtschaftskrisen zu verstehen - es ist durchorganisierter Klassenkampf von oben, von einer Klasse, die im Gegensatz zu den Beherrschten ihr Klasseninteresse sehr genau kennt.

Während die Lehre der Chicago Boys zunächst nur in wenigen Staaten tatsächlich umgesetzt wurde entwickelte sie sich in abgeschwächter Form- Deregulierung, Bürokratieabbau und Rückbau sozialer Garantien/leistungen zum ruling model der gesamten Weltwirtschaftspolitik. Ich hatte mal ein persönliches Gespräch mit dem damaligen Deutschland-Repräsentanten der Weltbank, Oltmann Siemens, in dem dieser erklärte, wenn in Staaten, von denen der IWF die Aufgabe von Brotpreissubventionen verlange es Aufstände gäbe und die Gewehre krachten so sei das so gewollt - man wolle diese Staaten destabilisieren, um sie zu einem marktliberalen Wirtschaftssystem zu zwingen. Dieses Gespräch beseitigte meine letzten Zweifel an einer primär ideologischen Ausrichtung der "Institutionen" bzw. besser gesagt an einem höchst bewusst und höchst skrupellos geführten Klassenkampf von oben.

Paradigmatisch ist hierbei die Tatsache, dass der Monetarismus zunächst in lateinamerikanischen Diktaturen und der früheren türkischen Militärdiktatur umgesetzt wurde und damals als neuer Typ des Faschismus wahrgenommen wurde: Diktaturen mit faschistischer Ideologie setzten keinen genuinen Faschismus mehr um - NS, Italofaschismus, Falange oder Peronismus waren korporatistisch ausgerichtet, also gelenkter Kapitalismus mit einem Primat der Politik - sondern das Primat der Ökonomie mit einem extremen Marktradikalismus wurde durch faschistische Staaten exekutiert. Faschistische Diktaturen wurden zu Erfüllern von Wirtschaftskonzepten, die von radikalkapitalistischen Think-Tanks ausgebrütet worden waren. Im Gegensatz zu den angloamerikanischen Staaten, die keine kontinuierlich fortgeführten keynesianischen Sozialsysteme mehr kannten - in den USA war dieser Sozialstaat schon von Nixon Anfang der 1970er Jahre abgeschafft worden, in GB hatte es den so nie gegeben - erschien in den 1970ern in Frankreich, BRD, Benelux und Skandinavien die Angebotsökonomie als etwas völlig Fremdes und als rechtsradikal Begriffenes. Heute gilt sie nahezu weltweit als alternativlos.

Die Umsetzung in der Eurozone begann mit Schröder und den Hartz-Gesetzen. Es hätte auch niemand Anderes umsetzen können - so wie Pyrrhussieger Tsipras unterhalb eines Militärputsches der Einzige es, der in Griechenland monetaristische Reformen durchsetzen könnte, so war es natürlich Rot-Grün, die nach einer ökologischen Reformagenda in der ersten Legislaturperiode, passend dazu brachte der weltweit zweitgrößte Autokonzern, der, ältere BlogleserInnen wissen das, wie im Cluster-Band der Materialen für einen Neuen Antiimperialismus beschrieben sich selbst experimentell Konkurrenz macht, indem er ständig irreguläre Billiglohnsektoren außerhalb des IGM-Tarifs in den eigenen Produktionsketten austestet zum Start der neuen Regierung das Öko-Auto Lupo 3L heraus - blechgewordene Propaganda für den Reformkanzler. Das waren die Startbedingungen, unter denen sich Sozialabbau realisieren ließ. Schwarz-Gelb hätte das nicht hinbekommen. Interessant ist hierbei, wie sich HatzIV als Mobilsierung der menschlichen Arbeitskraft auswirkt.

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