Montag, 13. März 2023
Interessante Rezension von einem konsequenten Denker der Kritischen Theorie
Das Buch "Gekränkte Freiheit" von Amlinger und Nachtwey hatte ich ja schon zum Thema gehabt.

https://che2001.blogger.de/stories/2860419/

Jetzt ist eine gute Rezension dazu erschienen, die an manchen Stellen zwar über das Ziel hinausschießt, die Schwächen des Buches aber sehr deutlich herausarbeitet.

Danke an Bersarin für den Hinweis.


https://www.kritiknetz.de/images/stories/texte/Wallat_Rezension_Amlinger_Nachtwey.pdf


Was mich an "Gekränkte Freiheit" stört ist, worin ich mit Wallat übereinstimme ist die verharmlosende, das antiaffirmative, radikalkritische Potenzial der Kritischen Theorie eindampfende Sicht auf Adornos und Horkheimers Denken, aber zum Anderen auch der soziologische Blick auf Alternativszene und Subkulturen.

Die clusterartige Aufstellung der verschiedenen sozialen Millieus, die da vorgenommen wird kenne ich ja schon (sie war mal im Netz weit verbreitet), stimme ihr aber nicht unbedingt zu. Insbesondere der Behauptung, das Alternativmileu in seiner klassischen Form existiere überhaupt nicht mehr kann ich nicht zustimmen, es ist nur gesellschaftspolitisch bedeutungslos geworden und nicht mehr lifestyleprägend. Ich habe den Eindruck, die sitzen weit weg in Basel, man müsste sie mal ins Schanzenviertel, nach Kreuzberg, Göttingen, Leipzig-Connewitz oder Freiburg schicken. Im Kontrast dazu wird auf der
Homepage der Konrad-Adenauer-Stiftung die autonome Szene sehr exakt beschrieben, wenn auch als Feindbild dämonisiert. Die CDU scheint also mehr von der Materie zu verstanden als links domizilierte SozialforscherInnen. Von Subkulturen scheinen
unsere AutorInnen keine Ahnung zu haben.

"Alternative Szene" heißt für die Beiden das Millieu der heute 50-70 Jährigen, die zwischen Hippiebewegung und Ökopazifismus sozialisiert wurden und sich im Lauf der Zeit von grundsätzlicher Gesellschaftskritik in Richtung Linksliberalismus trifft Esoterik entwickelten.
Die Traditionslinke, von Gewerkschaftsjugend bis DKP und Linkspartei gibt es in dieser Sichtweise gar nicht, auch nicht die Schnittmenge von Punks und Autonomen als radikalerer, antiaffirmativer Flügel der Alternativbewegung, die ganze inksalternative/linksradikale/autonome Szene zwischen Punk und Antifa.

Und was das alternative Milleu nicht mehr mit den Grünen zu tun hat wäre dringend zu analysieren, wird aber gar nicht angesprochen.


edit: Mittlerweile habe ich einen weiteren Text dieses Autors gelesen, der ihn mir nicht mehr als einen konsequenten Vertreter der Kritischen Theorie erscheinen lässt, sondern eher als jemanden, der sich verrannt hat und dem ich in keiner Weise folgen kann.

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https://www.youtube.com/watch?v=6y4JwcCaceA
https://che2001.blogger.de/stories/1583354/

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Ja Mahartsberg, es ist richtig, dass ich das Kritiknetz mal aus guten Gründen entlinkt hatte.

Dies hatte damit zu tun, dass verschiedene Vertreter der Kritischen Theorie, auch solche, die bei Kritiknetz publizierten, damals, so vor 13 Jahren, in stark affirmierender Weise Positionen eines Flügels der Antideutschen vertraten, welche die Kritische Theorie in bellizistischer und z.T. wohlstandsrassistischer Weise mißbrauchten.

Und ich habe zu dem konkreten Autor Hendrik Wallat erstmal keine Meinung. Allerdings erscheint mir die vorliegende Rezension trotz einiger Schwächen recht brauchbar.

Und Namen wie Oskar Negt und Detlev Claussen sprechen eigentlich für sich.

BtW, unvergesslich der Abend nach der Ringvorlesung "Junghegelianer", als wir Detlev Claussen zum Pennen in eine befreundete WG trugen, weil er so viel Tequila intus hatte dass es anders nicht mehr ging;-)

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Habe oben ein paar wichtige Dinge ergänzt.


Und nochmals. Inzwischen muss ich mich von Wallat distanzieren. Kritische Theorie in der Tradition Horkdornos meets Querdenkermüll, so lautet das erschreckende Fazit.

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Hatte ich fast vergessen, von dort brachte ich ja auch schon mal "Unsinn, Müll und Scheiße"oder doch eher " die hysterische Überinterpretation einer im Ursprung mal durchaus brauchbaren, vom Klassensubjekt allerdings völlig abstrahierenden und sich komplett in die reine Kapitalbewegung verennenden, zugleich ins chiliastisch-eschatologische abgleitenden Marxologie" mit. Darum kam mir Wallat (ihm wird auf Wikipedia übrigens "akademischer Jargon" vorgeworfen:) so bekannt vor. Ich bin schuld, hehe.
https://che2001.blogger.de/STORIES/2860419/#2860533

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Ich habe das Buch inzwischen auch gelesen. Noch etwas ganz Anderes kommt da nicht zur Sprache: Es wird zwar darauf abgehoben, dass die Querdenkerszene, AfDler und so weiter extrem aggressiv gegen Wokism (wegen mir: PC-Tum) eingenommen sind, aber nirgends erwähnt, dass es tatsächlich in den nämlichen linken Millieus, aber zunehmend auch in Teilen der liberalen Öffentlichkeit einen massiven, moralisch repressiven und extrem humorlosen Woke-Druck gibt.

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