Mittwoch, 20. Juni 2012
Abschiebemeister Niedersachsen legt zu im Qualifying für den Deportation Cup
che2001, 16:29h
HAZ 20.06.2012: Abschiebung – trotz Arbeit
Wolfsburg. Drei DIN-A4-Seiten umfasst die Unterschriftenliste aus dem Volkswagenwerk Wolfsburg: Alle Kollegen, rund 120 insgesamt, haben
unterschrieben, damit Sefer Bajrami nicht in ein Land abgeschoben werden muss, das seit Jahrzehnten nicht mehr seine Heimat ist. Vor 17 Jahren
haben er und seine Frau Nedjima, beide damals 21 Jahre alt, den Kosovo verlassen. Jetzt soll die Roma-Familie dorthin zwangsweise wieder zurück.
Ihr Anwalt Dietrich Wollschlaeger nennt das „Vertreibung aus der Heimat“. Dabei beziehe die Familie keinerlei Staatsleistungen, komme selbst für ihr Leben auf und sei bestens integriert. Vater Sefer hat eine unbefristete Stelle bei VW, verdient rund 3500 Euro brutto im Monat. Seine Frau Nedjima hat jahrelang – trotz stechender Gelenk- und
Rheumaschmerzen – bei einem Gebäudereinigungsunternehmen gearbeitet.
Dann hatte sie einen Bandscheibenvorfall, vor drei Monaten wurde sie
operiert. „Ich habe immer gearbeitet, mit der Hoffnung, dann kann ich in
Deutschland bleiben“, sagt sie.
Wegen der Krankheit der Frau wurde die geplante Abschiebung im Januar
gerade noch verhindert. Ein Amtsarzt bescheinigte ihr damals, nicht
reisefähig zu sein. Aber ein neuer Termin könnte jederzeit angesetzt
werden. Dann sollen auch die beiden minderjährigen Kinder Samela (17)
und Severdan (13) umziehen in ein Land, in dem sie noch nie waren. Beide
sind in Wolfsburg geboren und sprechen überhaupt kein Albanisch. Samela
besucht eine Berufsschule und will Friseurin werden. Ihr Bruder geht in
die 6. Klasse der Hauptschule Fallersleben. Im Kosovo, in dem sie nichts
verstehen und keine Freunde haben, möchten sie nicht leben. Auch Samelas
und Severdans Mitschüler haben Unterschriften gesammelt, so wie die
VW-Kollegen ihres Vaters.
„Ich empfinde die Abschiebung in diesem Fall, aber auch generell, als
einen Akt der Unmenschlichkeit“, sagt Holger Wille, Diakon der
katholischen St.-Christophorus-Gemeinde in Wolfsburg. „Den Bajramis
werden einfach die Wurzeln gekappt.“ Noch bleibt die Hoffnung auf die
Härtefallkommission, obwohl ein erster Antrag vom Oktober 2011 dort aus
formalen Gründen abgelehnt worden war, weil Papiere fehlten, wie
Kommissionsvorsitzende Martina Schaffer sagt. Ein zweiter Antrag – im
Januar 2012 – scheiterte, weil damals bereits ein konkreter
Abschiebetermin feststand.
Diese Regelung hatte dem Innenministerium wiederholt Kritik von Kirchen
und Flüchtlingsverbänden eingebracht. Möglicherweise werde sie schon in
den nächsten Wochen fallen, sagt eine Ministeriumssprecherin. Derzeit
würden die Vorgaben überarbeitet. Heute beschäftigt sich der Landtag mit
dem Thema. Bei der Stadt Wolfsburg heißt es, ob ein unbefristeter
Arbeitsvertrag des Mannes, die Schulpflicht der Kinder oder die
Krankheit der Mutter einen weiteren oder gar dauerhaften Abschiebeschutz
bieten könnten, müsste im Zuge eines erneuten Härtefallantrags der
Bajramis beurteilt werden.
Wolfsburg. Drei DIN-A4-Seiten umfasst die Unterschriftenliste aus dem Volkswagenwerk Wolfsburg: Alle Kollegen, rund 120 insgesamt, haben
unterschrieben, damit Sefer Bajrami nicht in ein Land abgeschoben werden muss, das seit Jahrzehnten nicht mehr seine Heimat ist. Vor 17 Jahren
haben er und seine Frau Nedjima, beide damals 21 Jahre alt, den Kosovo verlassen. Jetzt soll die Roma-Familie dorthin zwangsweise wieder zurück.
Ihr Anwalt Dietrich Wollschlaeger nennt das „Vertreibung aus der Heimat“. Dabei beziehe die Familie keinerlei Staatsleistungen, komme selbst für ihr Leben auf und sei bestens integriert. Vater Sefer hat eine unbefristete Stelle bei VW, verdient rund 3500 Euro brutto im Monat. Seine Frau Nedjima hat jahrelang – trotz stechender Gelenk- und
Rheumaschmerzen – bei einem Gebäudereinigungsunternehmen gearbeitet.
Dann hatte sie einen Bandscheibenvorfall, vor drei Monaten wurde sie
operiert. „Ich habe immer gearbeitet, mit der Hoffnung, dann kann ich in
Deutschland bleiben“, sagt sie.
Wegen der Krankheit der Frau wurde die geplante Abschiebung im Januar
gerade noch verhindert. Ein Amtsarzt bescheinigte ihr damals, nicht
reisefähig zu sein. Aber ein neuer Termin könnte jederzeit angesetzt
werden. Dann sollen auch die beiden minderjährigen Kinder Samela (17)
und Severdan (13) umziehen in ein Land, in dem sie noch nie waren. Beide
sind in Wolfsburg geboren und sprechen überhaupt kein Albanisch. Samela
besucht eine Berufsschule und will Friseurin werden. Ihr Bruder geht in
die 6. Klasse der Hauptschule Fallersleben. Im Kosovo, in dem sie nichts
verstehen und keine Freunde haben, möchten sie nicht leben. Auch Samelas
und Severdans Mitschüler haben Unterschriften gesammelt, so wie die
VW-Kollegen ihres Vaters.
„Ich empfinde die Abschiebung in diesem Fall, aber auch generell, als
einen Akt der Unmenschlichkeit“, sagt Holger Wille, Diakon der
katholischen St.-Christophorus-Gemeinde in Wolfsburg. „Den Bajramis
werden einfach die Wurzeln gekappt.“ Noch bleibt die Hoffnung auf die
Härtefallkommission, obwohl ein erster Antrag vom Oktober 2011 dort aus
formalen Gründen abgelehnt worden war, weil Papiere fehlten, wie
Kommissionsvorsitzende Martina Schaffer sagt. Ein zweiter Antrag – im
Januar 2012 – scheiterte, weil damals bereits ein konkreter
Abschiebetermin feststand.
Diese Regelung hatte dem Innenministerium wiederholt Kritik von Kirchen
und Flüchtlingsverbänden eingebracht. Möglicherweise werde sie schon in
den nächsten Wochen fallen, sagt eine Ministeriumssprecherin. Derzeit
würden die Vorgaben überarbeitet. Heute beschäftigt sich der Landtag mit
dem Thema. Bei der Stadt Wolfsburg heißt es, ob ein unbefristeter
Arbeitsvertrag des Mannes, die Schulpflicht der Kinder oder die
Krankheit der Mutter einen weiteren oder gar dauerhaften Abschiebeschutz
bieten könnten, müsste im Zuge eines erneuten Härtefallantrags der
Bajramis beurteilt werden.
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