Dienstag, 13. August 2013
Bundesverfassungsgericht hebt Strafurteil gegen Mitarbeiter des Flüchtlingsrats Brandenburg auf
che2001, 10:50h
„Denkzettel für strukturellen und systeminternen Rassismus an das Rechtsamt der Stadt Brandenburg“ des Flüchtlingsrats fällt unter die Meinungsfreiheit
Der Flüchtlingsrat Brandenburg hatte anlässlich des Antirassismustages 2010 einen „Denkzettel für strukturellen und systeminternen Rassismus“ an das Rechtsamt der Stadt Brandenburg an der Havel verliehen. Mit dem Denkzettel kritisierte der Flüchtlingsrat, dass eine Sachbearbeiterin der Behörde einem Flüchtling wider besseres Wissen eine Vortäuschung seiner fachärztlich bescheinigten Gehörlosigkeit unterstellte und so seinen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ablehnte.
Die Sachbearbeiterin des Rechtsamt Brandenburg zeigte daraufhin die Verantwortlichen des Flüchtlingsrats wegen übler Nachrede an. Im März 2012 verurteilte das Amtsgericht Potsdam zwei Mitarbeiter des Flüchtlingsrates wegen übler Nachrede zu einer Geldstrafe. Die gegen das Urteil eingelegte Berufung wurde vom Landgericht Potsdam wegen „offensichtlicher Unbegründetheit“ nicht zur Entscheidung angenommen.
Das Bundesverfassungsgericht hob mit seinem heute veröffentlichten Beschluss diese Verurteilung auf. Es stellte fest, dass die gerichtlichen Entscheidungen die Mitarbeiter des Flüchtlingsrats in ihrem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung verletzen. Zur Begründung führte das Verfassungsgericht aus, dass die Gerichte den Schutzgehalt des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung zu Unrecht verkürzt hätten. Gerade das Recht, behördliche Maßnahmen ohne Furcht vor staatlichen Sanktionen auch scharf kritisieren zu können, gehöre zum Kernbereich der Meinungsfreiheit.
„Ich bin sehr froh über diese klare Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, weil damit die Versuche seitens der Vertreter der Stadt Brandenburg und der Potsdamer Gerichte, uns mundtot zu machen, unterbunden worden sind“, so Harald G., einer der Beschwerdeführer.
Für den Flüchtlingsrat, der sich u.a. als Lobbyorganisation für die Interessen von Flüchtlingen versteht und sich mit diesem Selbstverständnis gegen diskriminierende und menschenunwürdige Zustände und Praktiken gegenüber Flüchtlingen engagiert, sind die Verleihungen des Denkzettels eine wichtige Möglichkeit, öffentlich auf unhaltbare Zustände aufmerksam zu machen.
Vorstandsmitglied des Flüchtlingsrates Regina Götz: „Immer wieder sind insbesondere Flüchtlinge mit staatlichem Rassismus konfrontiert, wie auch das aktuelle Beispiel der Äußerungen von Richterin Petzoldt am Amtsgericht Eisenhüttenstadt zeigt. Dass uns das Bundesverfassungsgericht nun in unserer Arbeit stärkt und der Kriminalisierung unserer Tätigkeit entschieden entgegen tritt, ist für die gesellschaftspolitische Arbeit gegen strukturellen Rassismus von erheblicher Bedeutung.“
Für weitere Informationen:
Die Entscheidung des BVerfG:
www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/rk20130724_1bvr044413.html
Pressemitteilung des BverG:
http://www.bundesverfassungsgericht.de/pressemitteilungen/bvg13-052.html
Der Flüchtlingsrat Brandenburg hatte anlässlich des Antirassismustages 2010 einen „Denkzettel für strukturellen und systeminternen Rassismus“ an das Rechtsamt der Stadt Brandenburg an der Havel verliehen. Mit dem Denkzettel kritisierte der Flüchtlingsrat, dass eine Sachbearbeiterin der Behörde einem Flüchtling wider besseres Wissen eine Vortäuschung seiner fachärztlich bescheinigten Gehörlosigkeit unterstellte und so seinen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ablehnte.
Die Sachbearbeiterin des Rechtsamt Brandenburg zeigte daraufhin die Verantwortlichen des Flüchtlingsrats wegen übler Nachrede an. Im März 2012 verurteilte das Amtsgericht Potsdam zwei Mitarbeiter des Flüchtlingsrates wegen übler Nachrede zu einer Geldstrafe. Die gegen das Urteil eingelegte Berufung wurde vom Landgericht Potsdam wegen „offensichtlicher Unbegründetheit“ nicht zur Entscheidung angenommen.
Das Bundesverfassungsgericht hob mit seinem heute veröffentlichten Beschluss diese Verurteilung auf. Es stellte fest, dass die gerichtlichen Entscheidungen die Mitarbeiter des Flüchtlingsrats in ihrem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung verletzen. Zur Begründung führte das Verfassungsgericht aus, dass die Gerichte den Schutzgehalt des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung zu Unrecht verkürzt hätten. Gerade das Recht, behördliche Maßnahmen ohne Furcht vor staatlichen Sanktionen auch scharf kritisieren zu können, gehöre zum Kernbereich der Meinungsfreiheit.
„Ich bin sehr froh über diese klare Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, weil damit die Versuche seitens der Vertreter der Stadt Brandenburg und der Potsdamer Gerichte, uns mundtot zu machen, unterbunden worden sind“, so Harald G., einer der Beschwerdeführer.
Für den Flüchtlingsrat, der sich u.a. als Lobbyorganisation für die Interessen von Flüchtlingen versteht und sich mit diesem Selbstverständnis gegen diskriminierende und menschenunwürdige Zustände und Praktiken gegenüber Flüchtlingen engagiert, sind die Verleihungen des Denkzettels eine wichtige Möglichkeit, öffentlich auf unhaltbare Zustände aufmerksam zu machen.
Vorstandsmitglied des Flüchtlingsrates Regina Götz: „Immer wieder sind insbesondere Flüchtlinge mit staatlichem Rassismus konfrontiert, wie auch das aktuelle Beispiel der Äußerungen von Richterin Petzoldt am Amtsgericht Eisenhüttenstadt zeigt. Dass uns das Bundesverfassungsgericht nun in unserer Arbeit stärkt und der Kriminalisierung unserer Tätigkeit entschieden entgegen tritt, ist für die gesellschaftspolitische Arbeit gegen strukturellen Rassismus von erheblicher Bedeutung.“
Für weitere Informationen:
Die Entscheidung des BVerfG:
www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/rk20130724_1bvr044413.html
Pressemitteilung des BverG:
http://www.bundesverfassungsgericht.de/pressemitteilungen/bvg13-052.html
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