Dienstag, 20. Oktober 2015
150.000 Leute auf der TT-Tip-Demo in Berlin
Solche Zahlen hatten wir zum letzten Mal bei den großen Friedensdemos Anfang der 1980er. Kombiniere ich das mit den Flüchtlingsbegrüßungen stellt sich die Frage, ob da unbemerkt von den Medien und auch der bisherigen Linken ein ungeheures soziales Bewegungspotenzial sich neu entfaltet. Was dann Aufwind für eine, na ich sag mal, ganz neue Linke bedeutet. Parallel radikalisieren sich die Neue Rechte und das mit ihr tendenziell verbündete Wutbürgertum. Läuft auf Clash hinaus - der Kampf mit den rassistischen, antisozialen und reaktionären Kräften erreicht eine neue Stufe. Hier gilt es: Voran gehen, dem Feind ins Gesicht sehen, die Auseinandersetzung suchen. Der soziale Kampf ist nicht out of time, sondern hat eine neue Front.

... comment

 
Ist nicht das hier beschriebene Szenario viel realistischer?

http://nicolaus-fest.de/

... link  

 
alta, jetzt hab ich da drauf geklickt und die scheiße tatsächlich gelesen. man nehme dem bösen alten mann das internet weg. (und wische ihm mal den schaum vom maul, das wäre wahrscheinlich auch dringend mal wieder nötig.)

... link  

 
Das ist der zentrale Beweis dafür, dass es auch in der Gummizelle Internetanschluss gibt, sagt aber über die Demo an sich wenig aus. Kann mich allerdings an früher erinnern, wo für Parolen wie "Ponto, Buback, Schleyer, der nächste ist ein Bayer!" oder "Ich hatte einen schönen Traum (beliebiger Minister) "Lag im Kofferraum" auf Demos Greiftrupps mit scharfen Rotweilern in Bewegung gesetzt wurden und z.T. von unseren Jiu-Jitsu, Wing-Tsun und Shorin-Ryu-Karate-Do-Gruppen abgefangen wurden. Wenn das von links kommt ist die Staatsgewalt voll drauf. Terror von rechts wird anders oder gar nicht beantwortet.

Auf dem Höhepunkt der Progrome gegen Flüchtlingswohnheime in den Neunzigern hatten kurdische Genossen bekannte Neonazis bei sich Zu Hause besucht und sich so vorgestellt: "Das hier ist der Moshe, und ich bin der Shlomo. Wir sind vom Mossad, und wir haben Euch im Auge. Verhaltet Euch ruhig, denn wir wünschen Euch gute Gesundheit und ein langes Leben."


Oder, weniger gelogen, haben sich auch Leute von der PKK und der Volksfront für die Befreiung Palästinas mit der abgesägten Schrotflinte unter der Jacke (sichtbar) bei denen vorgestellt und ihnen Ähnliches erzählt. War sehr wirkungsvoll! Gute Pädagogik hilft und ist daher zur Nachahmung empfohlen.

... link  

 
"Wenn das von links kommt ist die Staatsgewalt voll drauf. Terror von rechts wird anders oder gar nicht beantwortet."

Diesbezüglich bin ich gespannt auf das HogeSa-Event am Wochenende. Die Hools haben ja letztes Jahr die Bullen ganz schön aufgemischt.
Ich würde gerne zur Gegendemo, leider ist meine Tochter an dem WE bei mir und das könnte ein bisschen zu gefährlich sein. Gibts für sowas nicht ne Antifa-Krippe? ;-)

Aber generell teile ich grade das Gefühl einer Polarisierung. Auf verschiedenen Ebenen:
Auf der Arbeit hat sich ein Kollege als Republikaner zu erkennen gegeben (ich meine jetzt nicht die amerikanische Variante, die gibts eh schon) und spricht allen Ernstes einen albanischen Kollegen auf den Drecksverein an.
Die kommen jetzt aus ihren Löchern, weil sie Morgenluft wittern.

Dann haben wir in Gesamtdeutschland das Phänomen von Pegida/AfD etc. einerseits und solchen Effekten wie AntiTTip andererseits, wobei ich es jetzt für anschaulicher halte, dass in allen Städten ausser Dresden die Antipegidademos ungleich größer sind.

Anti-TTIP ist bei aller Notwendigkeit halt auch ein Sammelbecken, wo durchaus Überschneidungen zu Pegida denkbar sind.

Letztlich schaue eins sich die europäische Lage an: In vielen Ländern ein Rechtsruck, in den EU-gebeutelten südeuropäischen Ländern hingegen haben linke Shooting Star Parteien plötzlich Chancen.

Die Polarisierung geht durch alle Ebenen.


Die Geschichte mit Moshe und Shlomo finde ich super.
Aber ich dachte immer "Der Mossad klingelt nicht." ;-)

... link  

 
Ach ja:

@vert: word!

übrigens: nettes blog! wir feiern auch z.T. ähnliche Mucke ab. Meine Freundin war auch aufem Wilwarin. ;-)

... link  

 
Ohne Antiamerikanismus in Deutschland keine 150000 Leute auf der Straße.

... link  

 
Ach ja, der gute alte Antiamerikanismus!
Das waren noch schöne Zeiten, als ein Punk, der was auf sich hielt, "Kill a Yank" stahlgenietet auf der Lederjacke trug. Oder halt "Ich bin stolz, ein Arbeitsloser zu sein".

... link  

 
http://www.conne-island.de/nf/133/3a.jpg - ist das "Vergangenheitsbewältigung"?

Ich hab viel Sympathie für Punks, deine Sympathie sollte sich in Grenzen halten, schließlich ist die Punk-Szene relativ moralistisch unterwegs.

Prominentes Beispiel ist ja die Band Slime und gewisse Texte. Wenn man das nur unter Antimilitarismus verbucht, macht man es sich zu einfach. Das war schon immer anschlussfähig an die hießige Rechte, ob nun in der neoliberalen Variante, Schröder, oder in der nationalliberalen, rechtskonservativen Variante, AFD und Konsorten. Die wissen immer den Antiamerikanismus zu mobilisieren. Damit kriegst nämlich den Sozialdemokraten, den Alternativ-Linken, den Verschwörungstheoretiker, den CSUler, den Linksparteiler alle zusammen.

... link  

 
it depends.
Die Lektüre von John Lydons Biographie war für mich dieses Frühjahr der Abschluß eines schrecklichen Winters. Aber der war nie Teil der Bewegung.

Nun Wolfgang Liebs Bruch mit den Nachdenkseiten. http://www.nachdenkseiten.de/?p=28063
Ich les die Hinweise des Tages ziemlich regelmässig, finde es interessant und hab mich an viel Unsinn dort gewöhnt.

Die Bolibananischen in Venezuela, wo ich nie war, was ich aber seit Jahren sehr aufmerksam verfolge, verstricken sich in einen immer gefährlicheren Totalitarismus... oder der war bereits in den 80ern in den Proto-Bewegungen angelegt. Es gab aber unter den Weggefährten immer Leute, die dagegen revoltierten und dann in aller Regel vor den Bus geworfen wurden. Luis Miquilena, Raúl Baduel, der ehemalige Bolibananische Botschafter Chávez (selber Name), der mich auf einer Veranstaltung überrumpelnd auskonterte, Nicmer Evans.
Aber jene Bewegung als herbeiphantasierte und längst nicht mehr vorhandene "Masse" ist das Grauen i.S.v. Apocalypse Now. Sie bringt hoffentlich als einziges positives den ersten lateinmamerikanischen Diktatoren-Roman des 21. Jhdts. hervor, falls die Bloggerin Ñaki Soto dafür die Kraft findet und sie es will. Das übrige ist Grauen.

Marta Harnecker - eine chilenische marxistische Publizistin - mockierte sich letztens über die "Ungeduld" der neumodischen Renegaten. Der Prozess zur Revolution wird Jahrhunderte dauern und vermutlich würde das Endstadium nie erreicht.
Wie hab ich mir den Weg zur klassenlosen Gesellschaft dann vorzustellen? Herrschaft einer Sozialistischen Priester-Kaste, die aktuelle "Widersprüche" jederzeit mit dem edlen Endziel legitimiert. Und vielleicht kommt man nie an.

... link  

 
Au weia, Conne Island als Quelle!
Das ist ja die Kinderstube der Hardcore-Antideutschen. Wobei es in diesem Zusammenhang ein Treppenwitz ist, dass eine langjährige Genossin von mir, nein, keine aus meiner Alterskohorte sondern sehr viel jünger, bei dem Stichwort "Antideutsche" an Punks denkt die auf den Slime-Song "Deutschland muss sterben" abfahren. Von der Existenz der Israelwegenderschoahgutfindeschlechtgewissler mit inegriertem Adorno-Kult (TM) hatte die bislang schlicht nichts mitbekommen. Ein Anderer abonniert zwar die Jungle World, weiß von diesen Hintergründen aber auch nichts. Als ich einmal aus Texten von Antideutschen vortrug hielt die Mehrzahl der HörerInnen das für Satire.

BTW Dass die USA die Vormacht des Imperialismus sind, die seit Jahrzehnten jeden Versuch sozialer Emanzipation bzw. sozialistischer Revolution mit militärischen Mitteln bis zum Völkermord niedermähen, dass zudem die US-Gesellschaft reaktionärer, unsolidarischer und unzivilisierter ist als die anderer kapitalistischer Staaten wie etwa Skandinavien, Frankreich oder Deutschland halte ich für einen wesentlichen Fluchtpunkt jeder linken Gesellschaftskritik.

... link  

 
Ich habe den Conne Island-Artikel nur indirekt verlinkt, schon allein weil ich den Inhalt davon ablehne. Das Bild hat halt gut gepasst. Lustig was für Affekte bei dir abgehen.

... link  

 
@futurewin
merci. leider komm ich in letzter zeit zu nix. (ok, ich geh öfter mal musik angucken - aber verbloggt wirds halt nicht;-)
nicht schlecht, an dem playlistausschnitt das festival erkannt... oder lags am brodersen? :p

... link  

 
Immer passender Kommentar
https://www.youtube.com/watch?v=gRUbvBG33co

... link  

 
Die modernen T-Freihandelsverträge liefern ein paar objektive Ansatzpunkte.
Die zur Ratifizierung anstehende Trans Pacific Partnership (Kanada, USA, Mexiko, Kolumbien, Peru, Chile, Neuseeland, Australien, Brunei, Singapur, Malaysia, Vietnam, Japan) enthält ein paar problematische Kapitel. Insbesondere der Schutz von Pharma- und Bio(Pharma)-Patenten. Zu letzteren wurde noch lange nachverhandelt. Viele in Chile sehen es möglicherweise zurecht so, dass mit TPP sehr konkret der Versuch des Aufbaus eines ansatzweise menschenwürdigen Gesundheitssystems, massiv erschwert wird. Bachelet kam mit dem Argument, dass bestehende bilaterale Abkommen durch TPP nicht verschärft würden. Das ist vermutlich richtig. Aber zur Zeit gibt es eben wohl auch wegen der bestehenden Verträge einen Medikamenten-Schmuggel von Argentinien, an dem die Schmuggler gut mitverdienen. Darauf angewiesene Kranke zahlen dafür.

Ansonsten wird da noch gegen die spezielle Gerichtsbarkeit für Investoren argumentiert. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das in der Praxis wirklich so heiß gegessen wird. In Chile und Peru wurden in den letzten Jahren viele Minenprojekte auch ausländischer Investoren gerichtlich gestoppt, nachdem es eine starke Mobilisierung lokaler und nicht so lokaler Gruppen dagegen Front machte. Solche Entwicklungen werden im 21. Jahrhundert nicht durch internationale Verträge gestoppt. Das wäre 19. Jahrhundert. Reaktion auf Boxer-Aufstand und so.

Ansonsten macht die Außenpolitik Obamas nun echt nicht den Eindruck übermässig imperialistisch zu sein. Die wissen ziemlich genau, dass sie sich mit ihren "We are looking for freedom"-Einsätzen in Afghanistan, Irak, Syrien, Libyen etc. massiv verhoben haben. Wegen Fracking fällt sowieso ein wichtiges Interesse an dieser Region weg. Mit Iran hat man sich geeinigt.
In Lateinamerika liessen sie sich durch die bolibananische Welle zu keiner Zeit provozieren. Sie surften die hauptsächlich einfach aus. Es gab ein paar Milliönchen für Oppositionsgruppen in Bolivien, Ecuador und Venezuela, aber nix dramatisches. Ein paar "Genossen" haben ihre wikileaks Lektüre zu US-Außenpolitik dankenswerterweise in einem Buch zusammengefaßt (http://www.versobooks.com/books/1931-the-wikileaks-files). Mein Fazit zu den gelesenen Latino-Kapiteln nicht im Sinne der Autoren und verbunden mit Informationen aus anderer Quelle: Verdeckte Propaganda hat sicher die Position der USA in der Region gestärkt, aber eben nicht die von der USA finanzierte. Vielmehr haben die selbsterklärten Antagonisten in Venezuela 20x mehr für den Blödsinn ausgegeben und haben sich nicht nur damit völlig übernommen.
Gegenüber Kuba initiierte Obama sogar sowas wie eine Ost-Politik im Stile Egon Bahrs, was letztlich den effektiveren Weg darstellt. Frau Clinton würde diesen Kurs weiterverfolgen, Herr Bush III wohl vielleicht nicht, aber nicht mal das ist klar.
Handelsmässig sind die ausser in Teilbereichen mit starken Lobbygruppen (Pharma, Biotech und Medien) absolut Lasseiz Faire. In befreundeten Pazifik-Staaten wie Chile und Peru ist China der bei weitem wichtigste Handelspartner. Mit dramatischen Zuwachsraten seit 1998. Der Wert des Chilenischen Pesos ist seit etwa 5 Jahren 1 zu 1 an den chinesischen Immobilienmarkt gebunden. Dessen Nachrichten bestimmen nämlich wg Nachfrage nach Kupfer beim Häuslebauen den Kupferpreis.
In der Drogenpolitik setzt sich langsam die Vernunft durch, dass man da den Krieg allenfalls im eigenen Land führen sollte, wenn überhaupt. Die Befürchtungen unter Morales würde in Bolivien ein Narco-Staat entstehen bewahrheiteten sich nicht. Bolivien übt da schon im eigenen Interesse eine effektivere Kontrolle aus als zu Zeiten, als die DEA da noch das große Wort führte.
Am Ende des Tages ist die US-Lateinamerika Politik für die nächsten 50 Jahre wie schon in den letzten 10 Jahren hauptsächlich darauf ausgerichtet, die Immigration einigermassen unter Kontrolle zu halten.

By 2050, the U.S. population will be 47% white, 28% Hispanic, 13% black and 8% Asian-American. By 2060, close to one in three U.S. residents will be Hispanic, up from about one in six today.

(http://adage.com/article/hispanic-marketing/tipping-point-majority-minority-2044/297911/)

In Kalifornien stellen Hispanics heute schon die Mehrheit (http://www.latimes.com/local/california/la-me-census-latinos-20150708-story.html)

80% der Deutschen sehen die USA
1. als kaufkräftigen Markt für unsere Produkte.
2. als Schutzmacht mit militärischen Muskeln
und dann erst als bedrohlich wg. überoptimistischen Vorstellungen zur Implementierung ihrer Gesellschaftsvorstellungen (we are looking for freedom) und Wirtschaftsvorstellungen (Patente, Schutz von Unternehmen vor Eingriffen staatlicher Macht).

... link  

 
"nicht schlecht, an dem playlistausschnitt das festival erkannt... oder lags am brodersen? :p"

nee, war schon der Ausschnitt. ;-)

... link  

 
@lacommune: "Lustig was für Affekte bei dir abgehen." ----- Das ist kein Affekt, sondern eine leicht polemische Realitätsbeschreibung, die quasi fertig formuliert seit Monaten in meinem Kopf steht und die zu platzieren Du mir lediglich gute Gelegenheit gegeben hast.

... link  

 
Danke, Lemmy, für diese detailreiche und kundige Zusammenstellung! Was den versuchten außenpolitischen Paradigmenwechsel Obamas angeht macht der allerdings nicht ungeschehen, was die USA außenpolitisch Jahrzehnte lang angerichtet haben. Ohne die desaströse Mittelostpolitik seit Mossadegh inklusive der Stärkung Saddam Husseins als Kettenhund des westlichen Imperialismus, der sich dann losriss, und Sowjettruppen in Afghanistan gäbe es die ganze Syrienkrise nicht. Abgesehen davon denke ich nicht immanent innerhalb des bestehenden Systems.

... link  

 
Mach dir mal Sorgen um deinen Kopf, wenn du so affektiert reagierst, sobald jemand ein Bild von einer ungeliebten Website verlinkt, ohne den dazugehörigen Artikel.

Und najo, wer den Antiamerikanismus hierzulande nicht bemerkt, der will das auch nicht bemerken. Ist halt wie mit dem antimuslimischen Rassismus.

... link  

 
Ich bin ja GEGEN die T-Verträge. Und für die letzten 60 Jahre gibt es natürlich sehr, sehr, sehr viele problematische Aktionen der US-Außenpolitik. Fraglos.

Man kann die Bedeutung der USA bestimmt auch überbewerten. Ohne sie wäre der Nahe Osten halt auch eine Region auf einer Suche nach Identität. Wie Deutschland 1871 bis 1945 halt ebenfalls.

Ich halte den Neoliberalismus, wie das in den 90ern geglaubt wurde, für völlig absurd und gefährlich.
Lassen wir den Mechanismen des "freien" Wettbewerbs von der Kette und die Probleme lösen sich von selber.
Milton Friedman sagte quasi auf seinem Totenbett angesichts der Entwicklungen in Russland, dass er falsch lag: Preismechanismus ja, aber halt unter der Einschränkung, dass "rule of law" herrsche. Geniale Erkenntnis ;-) , oder anders gesprochen: eine Binsenweisheit.

... link  

 
lacommune, die Sorgen um den Kopf gebe ich gerne zurück, da Du eben bewiesen hast, dass Du rein semantisch gar nicht begriffen hast was ich geschrieben habe.

... link  

 
Antiamerikanismus ist ein ideologisch eindeutig konnotierter Begriff
In seinem deutschen Sprachgebrauch ursprünglich ersonnen von der Bundeswehr eng verbundenen Leuten aus dem rechten CDU-Flügel, um Pazifistinnen, Neutralistinnen und Linke zu diskriminieren und ihnen Gemeinsamkeiten mit Rechtsradikalen zu unterstellen.

http://www.links-netz.de/K_texte/K_walther_antiamerikanismus.html

... link  

 
Meine Mutter kommt aus einem skandinavischen Land (wo auch nicht alles rosig ist). Die kann dir bestätigen, was in der BRD, in den 60ern, für ein unerträglicher Mief geherrscht hat, auch im Vergleich zum Heimatland (!) und das bejahenswerte "Kultur" vor allem aus eben den bis heute rassistischen, chauvinistischen Ländern Frankreich und USA kam.

Für "sozialpsychologische Spekulation" bin ich zu haben, weil ich nicht naiv sein will. Ich halluziniere mir keine Linke außerhalb der deutschen Gesellschaft.

Und gegenüber Erklärungsmodelle die immer auf "in dunklen Zirkeln wurde ersonnen" hinauslaufen, bin ich misstrauisch, unabhängig davon dass Antiamerikanismus wahrnehmbare gesellschaftliche Realität ist.

Wie fragwürdig durchsetzt der TTIP-Protest ist, pfeifen schon die Spatzen von den Dächern, nur du hast mal wieder nix bemerkt. Käme dann wohl den ungeheuren Potentialen in den Weg, die du hierzulande siehst. Wie passend das Cafe Morgenland-Zitat: "Die deutsche linksradikale Szene tut sich außerordentlich schwer mit der Bevölkerung dieses Landes. Sie will und kann die Deutschen nicht so beurteilen, kritisieren oder bekämpfen, wie es dem Bewusstsein und den Handlungen der Deutschen angemessen wäre (…)."

... link  

 
Jetzt auch noch Café-Morgenland, dass wird ja immer schlimmer.....

Da halte ich es doch mit den echten Morgenländern vom Kargah, Ex-IIK. Das sind dann zumindest Geflüchtete die sich selbst organisiert haben und konstruktive Arbeit machen. Wie fragwürdig durchsetzt Proteste mit weitem Mobilisierungsspektrum sind war noch nie anders. Ich erinnere mich da lebhaft an die alte Friedensbewegung Anfang der Achtziger, die gleichzeitige Anti-AKW-Bewegung und die Entstehungsphase der Grünen und der links von denen befindlichen, aber nicht im engen Sinne des Wortes insgesamt linken Alternativszene. Was sich da so mischte war äußerst bunt. Das reichte von Ökofundamentalisten - die waren so ähnlich wie heutige Vegane, allerdings auf Vollkornprodukte und Müsli als Hauptnahrungsmittel festgelegt und bevorzugt selbstgewebte- gestrickte oder -gehäkelte Klamotten tragend und mit einer Utopie, die sich als "Back to the Stoneage" bezeichnen ließe über Ökopaxfeministinnen, nach ihrem damaligen Erscheinungsbild "Lila Latzhosen" genannt bis hin zu alten Maoisten und Stalinisten, dazwischen Anarchos, Spontis und sogar Nationalrevolutionäre und Sozialbolschewisten, die damals nicht mit der Neonaziszene verbunden waren sowie enttäuschte Sozis und Linksliberale und schließlich auch noch Esos und Anthroposophen sowie linke Christen.

Aus einer Synthese dieser Kräfte sind die Grünen und das sie umgebende gesellschaftliche Spektrum hervorgegangen, und die waren einerseits in den Achtzigern die einzige gesellschaftlich relevante Kraft links vom Mainstream und schufen andererseits uns radikalen Linken, bei allen Streitigkeiten untereinander und Spaltungsscheiße einen lebensnotwendigen Spiel- und Rückzugsraum.

... link  

 
Ich denke mal, was lacommune Dir im Zusammenhang mit TTIP-Protesten reinreiben wollte, war eher, dass da zum Teil auch Überlappungen mit reichsdeutschem Gedankengut und latent antisemitischer Finanzkapitalismus-Kritik feststellbar sind. *

* So wurde mir jedenfalls berichtet, ich selber habe mir davon noch kein genaues Bild gemacht...

... link  

 
Eine Haltung: "Die deutsche linksradikale Szene tut sich außerordentlich schwer mit der Bevölkerung dieses Landes. Sie will und kann die Deutschen nicht so beurteilen, kritisieren oder bekämpfen, wie es dem Bewusstsein und den Handlungen der Deutschen angemessen wäre" ist schon allein deswegen unsinnig, weil revolutionäre Veränderung oder kleiner gesellschaftliche Veränderungen zu mehr Humanität nicht über Bekämpfung oder fundamentale Kritik der Bevölkerungsmehrheit erreicht werden können. Wenn die Linke nicht in irgendeiner Weise auf die Massen setzt hat sie verloren. Dann können wir auch ins Kloster gehen und uns der Gnosis widmen. Das wäre dann tatsächlich konsequent.

... link  

 
@Mark793: Warum man nicht gegen Industrieinteressen sein kann und trotzdem kritisch gegenüber dem üblichen Pack will mir nicht in den Kopf. Hurra, es sind 150.000 gekommen!

Aber die Sichtweise über "die Massen" geht ja auseinander.

@Che: Und bei welcher Querfront machst du nicht mit für das höhere Ziel? Deine Miete wirst du bis heute selber zahlen müssen oder beim Arbeitsamt erbetteln und diese Gesellschaft wird uns alle weiterhin zurichten.

Die Pointe von dem Zitat ist, dass angemessenes beurteilen, kritsieren, bekämpfen verunmöglicht wird, weil man auf die Deutschen auch bauen muss, soll dann mal Revolution sein. Da steckt eine Wahrheit drin.

... link  

 
@lacommune: Ich für mein Teil sehe da auch keinen grundlegenden Widerspruch (davon abgesehen finde ich z.B. auch nicht, dass jegliche Kritik am kapitalistischen Finanzsystem schon per se strukturell antisemitisch wäre, wie mir schon verschiedenlich aufs Brot geschmiert wurde).

... link  

 
Die Mischung machts
Ich sehe das nicht als Querfront, sondern als Schmelztiegel, aus dem etwas Neues hervorgegangen ist und hervorgeht. Wenn ich mir so meine eigenen Politzusammenhängen ansehe, da mischen sich Geflüchtete mit Peschmerga-und PKK-Hintergrund mit autonomen Frauen/Lesben, ehemaligen Jusos und Grünen, Langzeitarbeitslosen aus Arbeitslosenselbsthilfegruppen, alten KBlern, FAUlern und Streetfightern, die militant gegen Glatzen vorgehen und sich nur teils als Linke, teils allen Ernstes als Jediritter verstehen. Aus solchen Elementen entstehen neue Gruppen.

BTw. und generell habe ich vielleicht ein positiveres Menschenbild als Du, bin auch äußerst gesellig.

... link  

 
@mark793: Ich halte es für gerechtfertigt die Gegenüberstellung von schaffenden Produktivkapital und raffenden Finanzkapital strukturell antisemitisch zu nennen. Problematisch wird es, wenn struktureller Antisemitismus mit Antisemitismus gleichgesetzt wird.

... link  

 
Wenn es auf eine Idealisierung des Realkapitals und eine Dämonisierung der "internationalen Finanzmächte" hinausläuft vielleicht. Aber man muss auch sehen, dass das Übergewicht des Finanzkapitals eng mit einer bestimmten Phase des Kapitalismus verknpüft ist und damit nicht nur Ursache vieler Probleme ist, sondern historisch mit vielen Entwicklungen verknüpft ist. Konkret: Die Entfesselung von Investmentbanking verlief seit den 70er Jahren parralel mit all dem Kram, den man unter "Neoliberalismus" zusammenfasst: Deregulierung, Deindustrialisierung der ersten Welt, Angriff auf Sozialstaat, usw.usf. Wer sagt, die Banker haben zu viel Macht, der kann das auch als Metonym für diese Entwicklungen gebrauchen, als Kritik an dem spezifischen Akkumulationsmodell, das uns ja gerade in die Situation gebracht hat, in der wir uns jetzt befinden. Und auch die positive Wertung von "schaffendem Produktivkapital" muss ja nicht völkisch gemeint sein, sondern bezieht sich meist implizit eher auf den Kapitalismus der Nachkriegszeit, der bei all seinen Widersprüchen mit der Expansion des keynesianischen Wohlfahrtsstaates zumindest für die Arbeiterschaft in der ersten Welt besser funktioniert hat als die Ordnung der Gegenwart, und der eben mit einem größeren Gewicht von produktiver Industrie in der ersten Welt verbunden war.

Wäre es nicht produktiver, dem durchschnittlichen TTIP-Demonstranten, der ein "Banker Raus!"-Schild trägt, zumindest ein vages Verständnis dieser historischen Zusammenhänge zuzumuten, anstatt ihm gleich Antisemitismusm, und sei er strukturell, zu unterstellen? Es wäre schade, wenn dieses Wort wie der "Antiamerikanismus" ständig dazu benutzt werden würde, kritische Ansichten unter Verdacht zu stellen.

... link  

 
Dieser sogenannte strukturelle Antisemitismus ist von vorne bis hinten völliger Blödsinn. Adorno und Horkheimer hatten unter strukturellem Antisemitismus die Tatsache verstanden, dass im antisemitischen Ressentiment der Jude austauschbar sei und durch "Protestant", "Katholik" oder "Vagabund" ersetzt werden könne, die Elemente des Antisemitismus beschäftigen sich damit, wie Vorurteile im Allgemeinen zur Ideologie werden.

http://che2001.blogger.de/stories/772071/

Die Idee, dass Kritik an den Entscheidungsprozessen auf den Finanzmärkten oder spekulativen Wertschöpfungsmodellen strukturell antisemitisch sei lässt sich mit der Kritischen Theorie überhaupt nicht begründen, sondern fusst auf einem Abgleich nationalsozialistischer bzw. völkischer Ideologeme mit Vulgärformen marxistischer Kapitalismuskritik, also antilinker Counterideologie. Dass solche Leute sich auf Adorno berufen ist etwa so peinlich, wie der Bezug des nordkoreanischen Pharaonenstaats auf Marx. Übrigens wäre in der Logik der "Struktureller-Antisemitismus-Denker" Lenin ein struktureller Antisemit.

... link  

 
@surajprasad: Keynesianismus gegenüber Neoliberalismus stark zu machen ist nicht strukturell antisemitisch. Münteferings Heuschrecken halt schon. Ich hab bei den TTIP-Protesten kaum an strukturellen Antisemitismus gedacht. Dass bei falscher Kapitalismuskritik auch struktureller Antisemitismus dabei ist, scheint mir relativ banal, wenn auch nicht egal. "Was der Begriff m.E. sagen will, ist, dass es nicht plötzlich Antisemitismus gibt, sondern in den verborgenen Schichten des bürgerlichen Bewusstseins nach Genesismöglichkeiten für den Antisemitismus gesucht werden soll. Das ermöglicht erst ein radikales Verständnis von Antisemitismus als immanenter Bestandteil der bürgerlichen Ordnung. Diese Latenz des Antisemitismus versucht eben die Rede vom strukturellen Antisemitismus zu betonen. Die Denkstrukturen spielen sich hinter dem Rücken der Akteure ab und ob jemand „eindeutig“ AntisemitIn ist oder nicht, also sich so beschreibt (oder anhand von irgendwelchen Klassifizierungsmerkmalen so beschreibbar ist) oder nicht, ist nur bedingt relevant."

Antiamerikanismus ist überhaupt kein großes Thema, abseits von den üblichen transatlantischen Kreisen, im Gegenteil, die NSA-Affäre hat imo gezeigt, wie reibungslos das Spiel gute deutsche Regierung, Interessen, Kapital gegen böse US-Regierung, Interessen, Kapital funktioniert. Ob da Staatsbürgerbewusstsein als Erklärung ausreicht..

@Che: Die Juden wurden nun mal in Europa mit der Finanzsphäre identifiziert (und keine Katholiken) und die Nationalsozialisten haben das in ihre Ideologie eingebaut. Gute konkrete Arbeit um der Arbeit willen gegen böse Geldschöpfung war hierzulande eh beliebt. Das ist natürlich einem Wandel unterworfen. Während für Luther es noch drauf ankam, wie jemand gearbeitet hat und die Stelle in der Produktion nicht wesentlich, ist bei heutigen Rechten der Niedriglöhner Abfall, ganz sozialdarwinistisch. Das hohe Lied der Arbeit und der Sozialdarwinismus gehen beide im Neoliberalismus auf.

... link  

 
"Die philanthropischen bis neo-kathedersozialistischen Versuche, gegen den angeblichen Bedeutungsverlust des Nationalstaates wieder verstärkt die regulierende Hand des Staates einzuklagen, können auch auf autoritäre Krisenlösungsmechanismen zusteuern. Auch in anderer Hinsicht gibt es Verbindungen der reformistischen Ideologie mit einer autoritären. In beiden finden sich stereotype Annahmen über die "Globalisierung", Schwarz-Weiß-Malerei und konservative Denkfiguren. Heimatloses spekulatives Kapital vs. gute heimische Produktion, finstere Verschwörungen und machtlose Nationalstaaten, amerikanischer "Raubtierkapitalismus" vs. "Rheinischer Kapitalismus" - diese Stereotypen gehören zu einer "Kapitalismuskritik", die nahe am Antisemitismus gebaut ist und sich natürlich nicht als Fundamentalkritik begreift, sondern als Reformvorschlag.

Besonders frappierend sind die rückwärts gewandten Denkmuster, die die Phase des fordistischen und keynesianischen Kapitalismus beschönigen. Es ist kein Zufall, dass Henry Ford einer der größten antisemitischen Agitatoren der Weltgeschichte war und Keynes seine wirtschaftspolitischen Vorschläge in einem geschlossenen, autoritären Staat am besten ausgeführt sah.

In dem Maße, wie Altes und Tradiertes von der historischen Bühne abtritt, versucht der Antisemitismus Gemeinschaft zu stiften. Diese Gemeinschaft konstituiert sich in der Markierung eines radikal "Anderen", dessen Verschwinden oder gar Vernichtung intendiert ist. Die Juden stehen im antisemitischen Weltbild für die zentralen Medien der modernen Gesellschaft; sie verkörpern das Geld, die Börse, das Finanzkapital, die Presse. Darin liegt auch der tiefere Grund für den Zusammenhang von Verschwörungstheorien und Antisemitismus. Die Juden würden über eine weltumspannende Macht verfügen, kraft derer sie alles "Gegebene" - Völker, Religionen und Kulturen - bedrohen, verkündet der Antisemit. Dieses Phantasma jüdischer Macht ist dem Antisemitismus eingeschrieben.

Wichtig ist, dass der Antisemitismus eine Personalisierung un-personaler Verhältnisse wie Macht, Geld u.ä. ermöglicht. Dadurch, dass Herrschaft in der bürgerlichen Gesellschaft zwar nach wie vor persönlich vermittelt ist, aber Abstraktionen vorherrschen (das Wertgesetz), wird der Antisemitismus zur Ideologie in der bürgerlichen Gesellschaft par excellence. Die Personalisierung eines abgespaltenen Aspekts des Kapitalverhältnisses (zum Beispiel Zirkulationssphäre, Geld, Zins) in "dem Juden" ist als entscheidendes Moment zu benennen, wodurch aus der Möglichkeit des Antisemitismus tatsächlich Antisemitismus wird; aber nicht schon die Abspaltung selbst ist Antisemitismus. Um von Antisemitismus sprechen zu könne, muss eine Identifizierung und Personalisierung eines gesellschaftlichen Phänomens und Verhältnisses im "Juden" vorliegen."

... link  

 
Da hast Du jetzt, ohne das kenntlich zu machen, aus "analyse unbd Kritik", ex "Arbeiterkampf" zitiert. Brav. Ich antworte mal darauf, wenn der Wertschöpfungsprozess mir dafür Zeit gibt.

... link  

 
Nochmal was zum ursprünglichen Thema:
http://bit.ly/1MVD4XS

Und der erste Komentar gleich:

" Man stelle sich folgende Situation vor: Die Rüstungsindustrie verkauft Waffen und verkauft sie wenn es möglich ist legal wenn es sein muss auch elegal. Die Zivilbevölkerung flieht berechtigt vor dem Krieg wo ist es noch ruhig EUROPA.
Jetzt soll TTIP & CETA kommen Stoppt man die Rüstungs-Mafia ( Industrie ) zahlen die Bürger Europas erst für die Flüchtlinge und wenn die Industrie nicht verkaufen darf klagen sie und der Bürger zahlt dann für die Flüchtlinge und Industrie ! Sollten die Regierungen einlenken kommen wieder neue Flüchtlinge für die die Bevölkerung Europas zahlen darf. Es geht ja zu wie im Irrenhaus !"

Das geht ein bisschen in die Richtung, die ich meinte mit der potentiellen Schnittmenge von Anti-TTip-Demo und Pegida (und vielleicht noch Friedensdemo) und ist dabei noch gar nicht mal soo falsch.

... link  

 
@lacommune: @Che: Die Juden wurden nun mal in Europa mit der Finanzsphäre identifiziert (und keine Katholiken) und die Nationalsozialisten haben das in ihre Ideologie eingebaut. Gute konkrete Arbeit um der Arbeit willen gegen böse Geldschöpfung war hierzulande eh beliebt. Das ist natürlich einem Wandel unterworfen. Während für Luther es noch drauf ankam, wie jemand gearbeitet hat und die Stelle in der Produktion nicht wesentlich, ist bei heutigen Rechten der Niedriglöhner Abfall, ganz sozialdarwinistisch. Das hohe Lied der Arbeit und der Sozialdarwinismus gehen beide im Neoliberalismus auf." Ja, schon. Aber die Elemente des Antisemitismus bei den Herren Horkdorno begreifen als strukturellen Antisemitismus etwas Anderes, nämlich die Verbindung der Identifizierung einer bestimmten ethnischen, religiösen oder sozialen Gruppe mit dem weltweiten Finanzkapital einerseits und dumpf-triebhafter Sexualität andererseits, schließlich eine Art Verschwörungstheorie, in der diese Faktoren ineinanderwirken, verbunden mit einer positiven Haltung zu Staatsautoritarismus. Das ist in der Kritischen Theorie die Matrix für exterminatorischen Rassismus an sich: Sie begriffen den deutschen Antisemitismus als wesensgleich mit dem in den USA der 40er Jahre verbreiteten Ostasiatenhass. Und heute lässt sich sagen, dass die Gleichsetzung Zirkulationssphäre-ethnische-Gruppe-Verschwörungstheorie in Vietnam, Phlippinen, Malaysia prima auf Chinesen angewendet wird inklusive Pogromen gegen diese, in Ostafrika gegen Inder und in Russland, dem Iran und den Kaukasusstaaten gegen Armenier. Das hat alles nichts mit Israel als Staat zu tun.

... link  

 
Betreff solcher Verhandlungen zu einer vertieften wirtschaftlichen Integration im regionalen oder ganze Welt Umfang wurde über die Jahre eine Menge geschrieben.
Das Argument, warum solche Verhandlungen diskretionär ablaufen sollten, besteht darin, dass sonst Lobbygruppen jedes Verhandlungsergebnis frühzeitig verhindern würden.

Früher gab es wesentlich höhere Handelsrestriktionen und da war es natürlich so, dass es Leute gab, die aus der Abgeschlossenheit eines nationalen Marktes viel Profit schlugen.

Nehmen wir als ohne Ironie völlig hypothetisches Beispiel einen Reifenproduzenten in Uruguay an, der schlechte Produkte zu Mondpreisen vercheckt, gute Beziehung zur Regierung hat und aus seiner Monopolstellung in Uruguay einen hohen Profit schlägt und auch die wenigen dort arbeitenden Leute.
Der Reifenproduzent wird natürlich alles tun, damit ausländische Konkurrenz draussen bleibt. Profitieren würden von der Aufhebung der Restriktionen alle uruguayanischen Autofahrer. Das ist natürlich eine viel größere Gruppe. Aber für jeden einzelnen ist der Nutzen der Aufhebung nicht so existentiell wie die Beibehaltung der Restriktion für den Unternehmer und die Arbeiterschaft der Reifenfirma.
Aus diesem Grund wurde argumentiert, dass der Erfolg von Integrationsgesprächen davon abhängt, dass die Interessengruppen erst einmal ausgeschlossen werden.

Grundsätzlich problematisch ist natürlich, dass Exporteure halt auch Lobbyismus betreiben. Die Spitzen von Pharmakonzerne sind vermutlich sehr gut über Details der Gespräche informiert.
Ausserdem ist mein Vertrauen in Eliten in Folge der Bankenkrise und dem VW Skandal noch einmal deutlich gesunken.

Die für die T-Verhandlungen zu behobachtende extreme Verschwiegenheit ist aus meiner Sicht der US-Haltung geschuldet. Die sind nun nicht gerade eine Handelsmacht sondern leben seit Mitte der 70er mit einem deutlichen Handelsdefizit. Die fühlen sich also möglicherweise berechtigt zu radikalen Positionen. Aufgrund der Struktur der US-Wirtschaft erhoffen sie sich Markt durch Vereinbarungen, die als Nebenwirkungen häufig tief in das Sozial-, Gesundheits- und Justizsystem des Vertragspartners eingreifen: Patente, Schutz von Medienprodukten, weitere rechtliche Sicherheit für Konzerne, etc.
Die Verhandlungspartner sind teilweise bereit das zu schlucken, weil die USA halt so einen kaufkräftigen und kauffreudigen Markt besitzt und vielleicht auch aus sicherheitspolitischen Überlegungen.

Ich bin gegen die pazifische und Atlantik T-*, obwohl ich viele von den Gegnern angeführte Argumente nicht teile.
Und Diskussionsstränge über Jüdische Geschichte sind klar offtopic.

... link  

 
@Che: Andere Gruppen mögen mit gleichen Elementen belegt werden und das mag sich auch eliminatorisch äußern, aber die Gruppe, die mit der Finanzsphäre und der Moderne am meisten identifiziert wird, sind die Juden und es gibt ja in Europa dahingehend eine spezifische Geschichte (auch eine spezifisch deutsche Geschichte, antisemitisch aufgeladener Nationalismus, Vergötterung der konkreten Arbeit gegen Händlergeist, "künstliche" Wertschöpfung, die Aufklärung ablehnendes Gesellschaftsverständnis .., heisst ja noch nicht, dass sich die Shoa nur daraus ableiten liese, nur aus der Instrumentellen Vernunft aber auch nicht) und Folgen. Der europäische Antisemitismus wurde in die ganze Welt importiert, siehe Naher Osten oder auch USA. Klar, die, die bspw. mit der Moderne identifiziert werden, müssen keine Juden sein, aber es reicht ja wenn sie für den Aggressor "jüdisch werden". Aber für wenig sinnvoll halte ich es, wenn man alle Rassismen mit Ähnlichkeit zum Antisemitismus als Antisemitismus fasst, weil siehe oben.

Die jüdische dumpf-triebhafte, zersetzende Sexualität ist ja auch gern übersehene Nazi-Ideologie und lässt sich mit dem Konzept der pathischen Projektion verbinden. Eigene, verdrängte Wünsche werden negativ auf andere übertragen, um mit ihnen fertig zu werden.

Im sehr sauberen Japan gibt es das rassistische Bild der schmutzigen Chinesen. Gesellschaftliche Tabus werden übertragen.

Und wenn jemand sein ganzes Leben lang Lohnarbeit macht und zwangsläufig dafür Opfer bringen muss (ihm mag ja sogar die Arbeit gefallen), dann wundert es mich nicht, wenn er die Opfer als Aggression nach außen richtet, auf die Faulenzer, Arbeitlosen etc.

... link  

 
Es gibt diese spezifische Geschichte in Europa. Im zaristischen Russland, im kaiserlichen Iran und im osmanischen Reich wurden die Armenier in gleicher Weise mit der Finanzsphäre in Zusammenhang gebracht, in Uganda sind es die Inder, in Malaysia die Chinesen. @"Der europäische Antisemitismus wurde in die ganze Welt importiert, siehe Naher Osten oder auch USA" ---- Also erstens kann der nur exportiert worden sein, und zweitens ist das beim Nahen Osten eine ganz vielschichtige Sache. Die Behauptung, der Hass der arabischen Welt auf Israel gehe auf europäischen Antisemitismus zurück ist eines der vielen falschen Ideologeme der Antideutschen. Zwar ist es richtig, dass die Nazis den Großmufti von Jerusalem indoktrinierten und auch die Gründer der Moslembruderschaft, und dass Sayed Qutb einen Islamfaschismus zur Ideologie der Hamas machte. Moslembrüder und die Hamas würden ohne die Nazis wohl nicht existieren. Dennoch ist es zu einfach, diese eher singulären Bewegungen für den arabischen Israelhass insgesamt verantwortlich zu machen, der meines Erachtens kein importierter europäischer Antisemitismus ist. Seine Grundlage ist das israelische Besatzungsregime und die Tatsache, dass Israel als Implantat amerikanischer Wirtschaftsinteressen im Nahen Osten wahrgenommen wird. Und das ja auch nicht zu Unrecht. Ich hatte mich mal mit der Ideologie der PFLP (Volksfront für die Befreiung Palästinas) auseinandergesetzt. Die verbanden früher einen Marxismus realsozialistischer Lesart mit einem Dekolonialisierungsansatz, demzufolge "Siedlerstaaten", in denen fremdländische Eroberer über die indigene Urbevölkerung herrschen kein Existenzrecht hätten. An der Spitze der Siedlerstaaten und damit als Hauptfeinde der internationalen Arbeiterklasse stünden Israel, Apartheid-Südafrika und Pinochet-Chile bzw. die diversen lateinamerikanischen Militärdiktaturen der Siebziger und Achtziger Jahre, für manche PFLP-Genossinnen auch die USA. Das ist zwar massiv antiisraelisch, aber es ist nicht antisemitisch. Wobei sich mir ohnehin die Haare sträuben den Begriff Antisemitismus bei Leuten zu gebrauchen, die sprachlich und ethnisch Semiten im Wortsinne sind.

Die Organisation für afrikanische Einheit (OAU) vertritt übrigens ganz ähnliche Vorstellungen. Israel ist in der ehemaligen "Dritten Welt" primär verhasst wegen seines Besatzungsregimes, nicht, weil das Juden sind.

Es gibt in der arabischen Welt auch ganz eigenartige Vorstellungen über NS-Deutschland und Hitler, etwa die der ich in Ägypten begegnete, dass Hitler einen siegreichen Krieg gegen Israel geführt hätte. Gut, es mögen oft Analphabeten sein die solche Gedanken vertreten, mit einer Kombination aus Rassen- und Verschwörungstheorie hat das aber nichts zu tun.

... link  

 
Andere Gruppen, glaub ich ja, aber das schließt ja die weite Verbreitung von Antisemitismus nicht aus. Wohlgemerkt heute. Auch in der Türkei bläst man in das Horn, trotz Armenier.

Naja importiert, weil die Bereitschaft zur Aufnahme da ist und was kommst du immer mit Israel?! Bei deiner Aufzählung kannst ja auch mal nen Nationalismus gegen Israel erwähnen und mir scheint da eine Eindeutigkeit schwer.

... link  


... comment