Sonntag, 29. April 2007
Die versammelten Irrtümer der Antideutschen
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http://www.ca-ira.net/verlag/leseproben/grigat-feindaufklaerung.reeducation_lp.html


Wenn Stephan Grigat schreibt, Kritische Theorie sei das Gegenteil von linker Gesinnung, so gibt er im wesentlichen die innere Befindlichkeit der Hardcore-Antideutschen wieder. Man müsste es umschreiben: das, was die Antideutschen in ihrer eigenen Rezeption von der Kritischen Theorie noch übriggelassen haben, ist das Gegenteil von linker Gesinnung - was dann in logischer Konsequenz bedeutet, dass grigat & co selber rechts stehen. Es ist immer wieder bemerkenswert, dass zwar auf Horkdorno, und besonders die Negative Dialektik und das Kapitel "Elemente des Antisemitismus" in der Dialektik der Aufklärung Bezug genommen wird, der Zusammenhang zwischen der Dialektik der Aufklärung und den Studien zum Autoritären Charakter sowie die Ausformulierung der Adorno´schen Antisemitismus-Theorie unterschlagen wird. Da ist nämlich davon die Rede, dass im modernen Antisemitismus der Jude austauschbar ist und ebensogut ein Protestant, Katholik oder Vagabund sei könnte, ebenso, dass jede Opfergruppe auch zu den Tätern gehören könnte (Dialektik der Aufklärung, Fischer-Ausgabe 1971, S. 154 ff.). In den Studien zum autoritären Charakter hatte eine Arbeitsgruppe um Adorno und Levinson die Ergebnisse einer Untersuchung vorgestellt, die der Frage nachgehen sollte, ob eine faschistische Bewegung auch in den USA Erfolg haben könnte, und das ernüchternde Ergebnis war, dass die entsprechenden Verhaltensweisen und Denkstrukturen genauso vorhanden waren wie in Deutschland auch, und zwar ebenso "in judenreinen Gegenden wie selbst in Hollywood". Die Dialektik der Aufklärung versucht einerseits die Barbarei von Auschwitz, aber auch den Totalitarismus insgesamt aus dem permanenten Umschlagen von Aufklärung in ihr Gegenteil, in regressive Mythologie, zu erklären, andererseits erklärt sie die Entstehung des autoritären Charakters aus der Menschheitsgeschichte seit der Urzeit heraus - der autoritäre Charakter als anthropologische Grundkonstante. Der Antisemitismus ist hier also nicht einfach Judenhass, sondern vielmehr eine gesellschaftliche Pathologie, eine kollektive Form der Paranoia, die sich zu der Zeit, als Horkheimer und Adorno erstmals an der Dialktik der Aufklärung saßen (1944 !!!!) primär gegen die Juden richtete, an sich aber eine komplexe Vorurteilsstruktur bedeutet, bei der die gehasste Gruppe selber nicht wichtig ist, solange sie sich nur als Projektionsfläche des Vernichtungswillens eignet. Dieser Antisemitismus wiederum wird als direktes Ergebnis des Entwicklungsgrads des modernen Kapitalismus gesehen: "Der bürgerliche Antisemitismus hat einen spezifischen ökonomischen Grund: die Verkleidung der Herrschaft in Produktion" (Dialektik der Aufklärung, S. 155). "Wer vom Faschismus spricht, darf vom Kapitalismus nicht schweigen" - dieses Zitat Horkheimers steht im diametralen Gegensatz zur Vorstellung der Antideutschen, es gäbe einen zivilisierten, in erster Linie westlichen und durch die USA dominierten Kapitalismus und als Alternative die Barbarei des Faschismus oder des Islamfundamentalismus. In der Kritischen Theorie ist Auschwitz das zwangsläufige Ergebnis einer positivistischen kapitalistischen Verwertungslogik, ja, der industriellen Vernunft überhaupt:

"Wenn wir unter Aufklärung und geistigem Fortschritt die Befreiung des Menschen vom Aberglauben an böse Kräfte, an Dämonen und Feen, an das blinde Schicksal - kurz, die Emanzipation von Angst - verstehen, dann ist die Denunziation dessen, was gegenwärtig Vernunft heißt, der größte Dienst, den die Vernunft leisten kann." (Horkheimer)

Der Kampf dafür, dass Auschwitz nie wieder sei, kann sich dann aber nicht auf eine militante Unterstützung des Staates Israel reduzieren, wie diese grob reduktionistische Schlussfolgerung hier nahelegt:

"Solange es Menschen gibt, die sich zwar dem Marxschen Imperativ verpflichtet fühlen, mit ihrem Anliegen aber keineswegs erfolgreich sind, versuchen wir dem Adornoschen Imperativ dadurch gerecht zu werden, daß wir mittels Gewalt die körperliche Unversehrtheit von Juden und Jüdinnen gewährleisten. Oder, mit den Worten der Initiative Sozialistisches Forum aus Freiburg gesagt: „In dieser Perspektive ist Israel der bewaffnete Versuch der Juden, den Kommunismus noch lebend zu erreichen.“ (2002: 13) Solange die emanzipative Überwindung von Staat und Kapital keine Aussicht auf Erfolg hat, gilt es, kritische Theorie als entfaltetes Existenzialurteil zu betreiben (vgl. Horkheimer 1937: 201) und an einem materialistisch zu interpretierenden zionistischen kategorischen Imperativ festzuhalten: alles zu tun, um die Möglichkeiten reagierender und präventiver Selbstverteidigung des Staates der Shoahüberlebenden aufrecht zu erhalten."


- Wenn nämlich Antisemitismus nach Adorno eine komplexe Vorurteilsstruktur ist, die sich analog zum Judenhass gegen alle möglichen Menschengruppen richten kann, so würde ein sich daraus ableitender kategorischer Imperativ darauf hinauslaufen, dafür zu sorgen, dass mittels Gewalt die Juden und Jüdinnen, die Sinti und Roma, die Behinderten, die Homosexuellen, die serbischen UND die kosovarischen UND die bosnischen UND die kroatischen UND die montenegrischen UND die mazedonischen Menschen, die Menschen Armeniens, Kurdistans, die Tutsi und Hutu, die Inuit, die Tschuktschen, die Maya, die Auca usw. usf. etc. pp. in die Lage versetzt werden, den Kommunismus (wegen mir: die Anarchie, die autonome Gesellschaft, die freie Assoziation) noch zu erleben. Eine bevorzugte Rolle der USA gegenüber Deutschland oder Europa liegt Adornos Denken fremd; mit der Feststellung, dass die US-Gesellschaft genauso faschismusanfällig sei wie die deutsche, haben T.W. Adorno, Else Frenkel-Brunswik, Daniel J.Levinson und Robert Nevitt Sanford schon 1950 einem der Kerngedanken der Hardcore-Antideutschen die Grundlage entzogen. Ebenso steht die Aussage der Kritischen Theorie, dass der Antisemitismus eine Folge der Entwicklung des Spätkapitalismus ist und ökonomische Ursachen hat, im Widerspruch zu der beliebten Figur der Antideutschen, die Linke hätte in ihrer Betonung des Kapitalismus als Grundlage des Faschismus und seiner Völkermorde die Bedeutung des Antisemitismus verharmlost und unterschlagen - denn das hätten dann logischerweise auch Horkheimer und Adorno selbst. Also anabasis eis allo genos. Und mächtig viel Identifikation, nämlich mit Israel oder was dafür gehalten wird, und zwar dessen Streikräften im Kampfeinsatz plus den Likud-Hardlinern
(die ganz sicher nicht wollen, dass irgendwer den Kommunismus lebend erreicht), bei Leuten, die für sich in Anspruch nehmen, kritische Aufklärer zu sein, die sich im Gegensatz zu allen anderen nicht über Identifikation selbst definieren. Manchmal habe ich den Eindruck, der harte Kern der Antideutschen um die ISF herum (Phase 2 oder antinationale Antifas mit moderat antideutschen Positionen sind ausdrücklich nicht gemeint) sei eine Art komplizierter Witz, der die Kritische Theorie entweder lächerlich machen und in ihr Gegenteil verdrehen will, oder der Beweis für die Richtigkeit der Dialektik der Aufklärung auf einer besonderen Metaebene, nämlich in dem Sinne, dass die Dialektik der Aufklärung sich selbst einholt und ihren kritischen Gehalt in identitätsstiftende Affirmation transformiert.


- Mittlerweile gibt es ja auch Forschungen zur Shoah, die diese unter ökonomischen Aspekten betrachten, etwa zur "Ökonomie der Endlösung" (Heim und Aly), ebenso wie Untersuchungen, die sich damit befassen, inwieweit westliche Militär- Aufstandsbekämpfungs- aber auch Wirtschaftsstrategien an NS-Kontinuitäten anknüpfen (vgl. Detlef Hartmann "Das Wirtschaftssystem von Bretton Woods als Vollstrecker der nationalsozialistischen Neuen Ordnung", Susanne Heim, Ulrike Schaz "Berechnung und Beschwörung. Bevölkerungspolitik. Kritik einer Debatte" oder die vielen neueren Arbeiten zum Vernichtungskrieg, bei denen sich deutliche Parallelen zwischen der Kriegführung der Wehrmacht in Osteuropa und der westlichen Mächte in Korea, Vietnam und Algerien zeigen). Demgegenüber bleibt der Bezug der angeblich historisch-materialistischen Antideutschen, die die genannten Ansätze entweder nicht zur Kenntnis nehmen oder pauschalisierend als "Verschwörungstheorie" abtun auf Antisemitismus, der bei ihnen losgelöst von ökonomischen Funktionen ist, seltsam theologisch, eigentlich rein nominalistisch. Natürlich hat ihre Kritik an Vulgärantiimperialisten, die sich allen Ernstes mit Hamas oder Hizbollah solidarisieren oder sich dagegen aussprechen, das Regime Achmachdochdschihads als verbrecherisch zu kritisieren durchaus Recht, ebenso wie Kritik an der Naivität einer Friedensbewegung, die unfähig scheint, anders als in der Relation "Böser Westen - arme Opfer zu argumentieren. Aber um das festzustellen, muss man nicht die antideutschen Positionen teilen.

Gruppen wie die ISF, die sich nicht scheuen, das Gedankengut anderer Gruppen wie etwa der Autonomen Studis/Bolschewki für sich zu vereinnahmen, obwohl die ganz Anderes gesagt haben als die Antideutschen, versuchten schon in den 1990ern, linke Diskurse so zurechtzubiegen, dass sie auf einen angeblichen Dualismus Antideutsche vs. Antiimperialisten hinausliefen.

Dass andere, wie die VertreterInnen des Neuen Antimperialismus, Radikalfeministinnen oder dekonstruktivistische Linke keine der einander entgegengestellten Positionen vertraten, wird, gefangen im eigenen Realitätstunnel, beharrlich ignoriert.

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!
Das auch den Hayekiies mal reingerieben, deren Abgott behauptete, das "3. Reich" habe mit Kapitalismus üüüberhaupt nix zu tun; es sei vielmehr eine Variante des Sozialismus gewesen.

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dass hayek selber ein faschist war, wollen die ja nicht wahrhaben.

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Mal wieder ganz großes Kino! Nur, das "reduktionistisch" würde ich anders schreiben, nämlich "redukzionistisch". Denn sie reduzieren sowohl die Kritische Theorie als auch den Zionismus zu ihren Zwecken.

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wunderschöner neologismus
netbitch!

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moin moin
1. Ein grundlegendes Merkmal der Hardcore-Antideutschen scheint mir die Umkehrung der kritischen Theorie zu sein - und zwar zur Legitimation von Gewaltverhältnissen.

Das ist schon ziemlich pervers.

2. Ein weiteres Merkmal ist die Verbindung von (schein)moralischen Rigorismus zusammen mit dem systematischen Aufbau (!) komplexer Vorurteilsstrukturen; letzlich eine strukturell angelegte Denunzierung nahezu aller derjenigen, die sich mit ihren politischen Ideen außerhalb der Vorstellungswelt dieser Politsektierer befinden.

Wobei, und das mag man als Absicht deuten, die Schlagrichtung in erster Linie gegen "links" geht.

3. Der Kampf gegen den Antisemitismus dient bei den Hardcore-Antideutschen schwerpunktmäßig zur Legitimation der eigenen politischen Praxis, um z.B. alle diejenigen zu diffamieren, welche sich für Interessenausgleich und ein friedliches Zusammenleben von Juden und Arabern einsetzen. Genauso pauschal wird "die" Friedensbewegung zum Hassobjekt der Hardcore-Antideutschen oder auch jegliches Eintreten für Sozialpolitik ("für das volksdeutsche Kollektiv"), welche in Verdrehung der Geschichte (Bsp. Aly: "Hitlers Volksstaat") vor allem als Fortsetzung nationalsozialistischer Politik betrachtet wird.

Hardcore-Antideutschen geht es im Kern darum, linke Politik zu diffamieren. Das ist Kern, Ziel und Zweck dieser Ideologie.

4. Die von den meisten Linken verweigerte Verböserung "der" Araber bzw. "des" Islams wird von Hardcore-Antideutschen als "Appeasement" gegenüber einer existentiellen Gefahr ["Todeskult Islam"] oder als offener bzw. sekundärer "Antisemitismus" umgedeutet, als Verweigerung, sich eindeutig genug auf die Seite des Likudblocks Israels zu stellen.

Hardcore-Antideutsche sind strukturelle Rassisten und Nationalisten. Mit einem sehr einseitigen, zwanghaft positiven Verständnis der USA (welche von besonders kernigen Hardcore-Antideutschen nur unter republikanischer Präsidentschaft für liebenswert gehalten werden...) und Israels (auch hier in bellizistischer Fehldeutung) werden bei den Hardcore-Antideutschen neue autoritäre Objekte geboren, die zu kritisieren in keinster Weise legitim sei. Die systematische Verböserung "der" Muslime und "der" Araber ist eine rassistische Praxis.

Ergo: Hardcore-Antideutsche sind Rechte.

Insofern verwundert es nicht, dass sich Hardcore-Antideutsche als hochgradig anschlussfähig an Neurechte wie bei PI zeigen, bei den Hardcoreliberalen z.B. von "Statler & Waldorf" sowie bei der rechtsgerichten WELT, welche beispielsweise regelmäßig (!) Herrn Osten-Sacken Zeilenhonorare verschafft.

5. Meine These ist: Wer heutzutage Hardcore-Antideutscher ist, der wäre zu wilhelminischen Zeiten, allein schon aus habituellen Gründen, Mitglied im Flottenverein gewesen und hätte mit vergleichbaren (rhetorischen) Mitteln für den Ausbau der kaiserlichen Marine geschwurbelt, herumkrakeelt und Fahnen geschwenkt.

6. [Persiflage und Plagiat: Wer findet die Vorlage?]
Hurra, schrie der kleine Wertmullerich, denn alle schrien es. Und inmitten eines mächtigen Stoßes von Menschen, der schrie, gelangte er jäh bis unter das Brandenburger Tor. Zwei Schritte vor ihm fuhr Präsident Bush hindurch, in einer offenen Limousine, zusammen mit Vertretern der israelischen Botschaft, durch ein Meer israelischer und amerikanischer Fahnen. Der kleine Wertmullerich konnte dem hohen Staatsbesucher ins Gesicht sehen, in den steinernen Ernst und das Blitzen, aber ihm verschwamm es vor den Augen, so sehr schrie er. Wild winkte er mit seine beiden US- und Israelfahnen. Ein Rausch höher und herrlicher als der, den das Bier vermittelt, hob ihn auf die Fußspitzen, trug ihn durch die Luft. Er schwenkte den Hut hoch über allen Köpfen in einer Sphäre der begeisterten Raserei, durch einen Himmel, wo unsere äußersten Gefühle kreisen. In einer prächtigen Limousine dort unter dem Tor der siegreichen Einmärsche und mit Zügen steinern und blitzend fuhr die Macht ruhig voran. Da! Ein joviales Lächeln, ihm war, als gelte es ihm. Der kleine Wertmullerich rief - und beinahe klang es verzweifelt: "Hurra, hurra, hurrah!"
[ ] Götz Aly
[ ] Osten-Sacken
[ ] Stefan Zweig
[ ] Heinrich Mann

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Moinsen!
Außer hinsichtlich der Einordnung Götz Alys gebe ich Dir in den meisten Punkten Recht. Aber das Rätsel ist ein wenig zu billig, wenigstens Karl Kraus, Kurt Tucholsky und Sascha Hehn hättest Du noch mit zur Wahl stellen sollen. Man muss den "Untertan" nur einmal im Leben gelesen haben, um die Antwort zu kennen. Übrigens stimme ich Dir auch hinsichtlich des Flottenvereins nicht zu. Das ist nicht Distinktionsmerkmal genug. Es war im Kaiserreich von seiten des Mainstreams extrem populär, für Kaiser und Flotte zu jubeln, aber das israelische und US-amerikanische Militär zu bejubeln ist dies hier und heute in keiner Weise. Vielleicht hätten die sich für die Kwantung-Garnison oder für Ohm Krüger begeistert, irgendetwas Spezielles mit eindeutigem Distinktionsvorteil halt.

Zu Götz Aly: Den zwischen Neoliberalen und Antideutschen einzusortieren liegt völlig daneben. er gehört vielmehr zumindest dem Ursprung nach in das gleiche Lager wie Susanne Heim, KarlHeinz Roth, Angelika Ebbinghaus und Detlef Hartmann, also Autonomie/Neuer Antiimperialismus, also ein politisches Lager, das in der gängigen politischen Geographie als ultralinks zu bezeichnen wäre. Wenn man das Werk Alys im Gesamtzusammenhang sieht, kommt etwas Anderes heraus als die isolierte Lektüre von "Hitlers Volkstaat", letzteres ein Buch, das erklären will, wie so viele Menschen zu Hitlers willigen Vollstreckern werden konnten. In "Ökonomie der Endlösung" skizzierten Heim und Aly die ökonomische Funktion der Shoah als extremste Vollendung der kapitalistischen Fabrik tayloristischer Prägung, als Ausbeutung der menschlichen Arbeitskraft buchstäblich bis auf die Knochen. Rassismus ist in dieser Betrachtung eine Funktion des Kapitals: Als Ideologie, die nach dem Prinzip "divide et impera" Klassenherrschaft sichert, aber auch als verschärfte Funktion instrumenteller Vernunft und bürgerlicher Zurichtung der Klasse: Die Arisierungen ermöglichten es zahlreichen Deutschen quer durch alle sozialen Schichten, sich zu bereichern (meine Großmutter profitierte von der Deportation ihrer jüdischen Nachbarn, indem sie kostenlos einen schönen Kleiderschrank erhielt, den sie sich nie hätte leisten könne, sie freute sich darüber und fragte nie, was aus den Juden wurde), ohne dass dies den Staat irgendwas kostete. Das von den Nazis organisierte Kleine-Leute-Glück erzeugte die Massenzustimmung, die das Regime brauchte. Parallel bedeutete die "Euthanasie", die "Rassenhygiene" und die Shoah die Durchrationalisierung der Bevölkerung nach kapitalistischen Verwertungskriterien, eine Übertragung tierzüchterischer und tiermedizinischer Prinzipien auf die Behandlung ganzer Völker. Und aus dem glleichen Lager (vgl. Heim, Hartmann, Ebbinghaus et al, ich erspare mir die Titel nochmal zu nennen, die ich immer wieder gepostet habe) wird auch die Entwicklungs- und Bevölkerungspolitik von IWF, Weltbank und Thinktrusts von der Rockefeller-Stiftung bis zur AEI, aber auch Modernisierungsdiktaturen wie der Saddam Husseins oder Suhartos als Fortschreibung nationalsozialistischer Bevölkerungspolitik und Raumordnung mit anderen Mitteln begriffen. Mit nicht immer so ganz und gar anderen Mitteln, wenn man denn die diversen Kongo- und Biafrakriege und den ersten Golfkrieg betrachtet (und auch den jugoslawischen Bürgerkrieg einschließlich der NATO-Bombenangriffe auf die serbische Industrie): Einerseits negative Bevölkerungspolitik durch die Ausmerze überflüssiger Esser, andererseits schöpferische Zerstörung im Schumpeterschen Sinne durch Zerbombung unproduktiver Industrien und Herbeiführung eines anschließenden Wiederaufbau-Booms. Das ist der genuine Kontext, in den Aly hineingehört, und dann liest sich das schon anders. In dieser Betrachtung nimmt der Billigprodukte aus prekärer Arbeit in Schwellenländern konsumierende Metropolenbewohner übrigens den gleichen Stellenwert ein wie der von Arisierungen profitierende Volksgenosse im NS-Staat.

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Adorno: Antideutscher oder Neopatriot
"In der Kritischen Theorie ist Auschwitz das zwangsläufige Ergebnis einer positivistischen kapitalistischen Verwertungslogik, ja, der industriellen Vernunft überhaupt"

Dazu von meiner Seite ein paar Bemerkungen: Ich weiss zwar nicht so genau, wie die "Antideutschen" so denken, was damit zusammenhängt, dass ich nie Marxist war und mir der Sinn für die ewig mäandernden Diskussionen unter den notorisch verfeindeten Politsekten auf der Linken eher fremd geblieben ist.

Aber hier scheint man ja einer Meinung darüber zu sein, dass Hayek-Adepten einen besonderen Sinn für Adorno-in-der-Interpretation-der-Antideutschen hätten. Das erscheint mir falsch, wie schon die Lektüre eines einzigen Adorno-Satzes im Vergleich zu einem Hayek-Zitat nahelegt. Stilistisch liegen Welten zwischen beiden. Erscheint einem Hayek-Schüler Adorno als "verquaster Intellektueller", der von ökonomischen Zusammenhängen nichts versteht, so gilt einem Adorno-"Connoisseur" Hayek vermutlich als seicht, pragmatisch, can-do, ethisch kalt, völlig unmusikalisch. Und irgendwie stimmt sogar beides: Jedenfalls, die "Dialektik", einen "Linken" wie Adorno mittels Interpretation oder "Aufklärung" in einen "Rechten" umschlagen zu lassen, also, das habe ich noch von keinem Hayeky je gehört.

Aber zum Zitat selbst: Wenn Auschwitz "zwangsläufiges Resultat" gewesen ist, dann wären tatsächlich die Deutschen-in-der-SS etc. unschuldig am Massenmord, sie hätten, gezwungenermaßen bloß die Konsequenzen aus etablierten Prämissen gezogen. Schuldig wären, von mir aus, dann Locke, Adam Smith, die Founding Fathers, Rothschild, Rathenau und dergleichen mehr. Sie hätten die Prämissen etabliert, Eichmann diese nur exekutiert.

"positivistische, kapitalistische Verwertungslogik, ja ... industriellen Vernunft ... überhaupt"

Ja, was denn nun? War es die Logik? Die Wissenschaftlichkeit? Der Kapitalismus? Der Kapitalismus, aber nur der, der keine Werte schafft, sondern bloß "verwertet"? Der glaubensbefreite Poistivismus? Die kalkulierende Bürokratie? Die Statistik und Organisation? Die Kombination aus Kapitalismus und außer-ökonomischen Mythen? Sollen wir also aus Auschwitz die Lehre ziehen, keine Massentierhaltung mehr zu dulden (Verwertungslogik), sorgsamer mit der Umwelt umzugehen (keine Industrie), sollen wir unlogisch werden? Sollen wir Mythen (Religion) oder Kapitalismus oder beide oder nur die Kombination aus beiden aufgeben? Können wir das Autoritäre (=das Böse) als "anthropologische Konstante" überhaupt je zurückdrängen? Oder exekutieren wir nur die Rämissen unserer Natur ...?

Überhaupt: Wenn das III. Reich und die SU und China und Kambodscha und Afghanistan-unter-der-Taliban allesamt kapitalistisch, daher massenmordend gewesen sind, dann ist der Begriff Kapitalismus derart entleert, dass er alles und nichts bedeutet. Jedenfalls politisch-ökonomisch. Er ist dann Synonym für DAS BÖSE. Wenn er dagegen etwas Konkretes bedeuten soll, dann wird man doch wohl sagen müssen, dass die angelsächsischen Länder sich von Massenpsychosen (Mobilisierungsideologien) ferngehelaten haben und zunächst West-, später Osteuropa von eben diesen befreit haben.

Noch ein letzter Satz zum autoritären Charakter im Zusammenhang mit Faschismus. Der Nazismus zeigte bekanntlich einen Doppleaspekt - von jedweder Autorität enfesselter Individualismus (Führer, Herrenmensch) und Vermassung im Zeichen angebeteter Machtmenschen. Aber es war doch nicht zuletzt die autoritätsbefreite Dreistigkeit, mit der Hitler und SS-Männer sich zu Herren über Leben und Tod aufgeworfen haben. Egoistische Macht, die gewissenlose Entschlossenheit der Männer der Stunde und des Augenblicks wurde an die Stelle von bürgerlichem Denken, Autorität, Tradition und Pflicht (=Sekundärtugend) gesetzt.

Dass Rüstungsgrößen mit den Nazis wunderbar Geschäfte gemacht haben, sicher, aber die Indienstnahme des gesamten Menschen, auch der homo oeconomicus, für eine pseudowissenschaftliche Ideologie, für den Rausch (Ausnahmnezustand)massenhafter Gewalt, das war nicht industrieller Rationalimus, sondern das Gambling von Männern, die der Ökonomie ebenso fremd bis verständnislos gegenüberstanden wie manche Adorno-Fans noch heute. Ob nun antideutsch oder neopatriotisch gestimmt.

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Ähem, ist Dir der Werturteilsstreit in den Sozialwissenschaften und die Positivismuskritik der Kritischen Theorie geläufig? Ohne dessen Kenntnis ist das, was hier mit Kritik an der instrumentellen Vernunft gemeint ist wahrscheinlich nicht verständlich. Und ich kann mich leider in Niemanden hineindenken, der die entsprechenden Debatten nicht kennt.


Hayek, Adorno und so: Ich stimme Dir da völlig zu. Es ist nur so, dass Neocons (was mit Hayekianern nicht identisch ist, aber Schnittmengen hat) und ein Teil der Antideutschen dazu übergegangen ist, Kapitalismus "cool" zu finden, für Leute in marxfreudianischer Tradition reichlich seltsam.

In der Dialektik der Aufklärung heißt es, der moderne Kapitalismus sei von seiner Produktivkraft her in der Lage, jede soziale Not zu überwinden und alles Elend aufzuheben, angesichts dessen sei die soziale Realität ein totaler Betrug der Massen. Die Situationisten leiteten daraus provokativ ab, die einzig rationale Distribution von Waren angesichts der heutigen Überflussproduktion sei Sperrmüllabfuhr. Die Schlussfolgerung mancher heutiger Antideutscher ist die, dass hemmungsloser Konsum und möglichst trendige Übernahme der Popkultur die einzig progressive Verhaltensweise für Linke, ökologisch oder proletarisch-klassenkämpferisch geprägter Konsumverzicht hingegen reaktionär sei.

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Untertanengeist
@Che

Du hast schon recht - der Distinktionsgewinn fehlt. Aber! Eine gewisse Zackigkeit und Starrheit sind allemal vorhanden - und mehr als das...

Und was Götz A. angeht: Das von mir monierte Werk ist m.E. nicht einmal als Materialsammlung viel Wert. Das Problem mit ihm ist andererseits ein Problem mit seiner Haltung. Götz A. hat z.B. die "Rückabwicklung" des Sozialstaats in einem Interview allen Ernstes als Entnazifizierungspolitik (!) bezeichnet und vornehmste Aufgabe einer deutschen Regierung. Ich vermute, Du hast wegen seiner früheren Arbeiten eine zu gute Meinung von diesem Mann, für den m.E. typisch ist, dass er sich vom jeweiligen Untersuchungsgegenstand über jeden Kontext hinaus fortreißen lässt. Ich finde: Ein schlechter Wissenschaftler. Ich traue Götz A. keine 20 Silben weit über den Weg.

@ralphkio

Bei aller Freude am mittuenden Diskutanten ralphklo und seiner vorgebrachten Meinung, diese Stelle scheint mir inhaltlich sehr fragwürdig und somit reflektierenswert zu sein:
(...) wurde an die Stelle von bürgerlichem Denken, Autorität, Tradition und Pflicht (...)
Mal davon abgesehen, dass es schwer sein dürfte, "bürgerliches" Denken von nichtbürgerlichen, äh, abzugrenzen:

Es ist ziemlich unstrittig die Vergötzung dieses Sekundärtugend-Kanons, ein "Denken" in Autorität, Tradition und Pflicht, mit der das dritte Reich möglich wurde - sowohl auf Seiten der Nazis, als auch auf Seiten der brav duldenden Mitläufer und Untertanen.

Und, weil sich "bürgerliches Denken" letzlich lediglich als "bürgerlich" seziert: Jeder mag seine Herkunft und auch gefühlte Nähe haben, zur Not auch bei den Bürgerlichen.

[Kunstpause]

Erstens ist aber durchaus daran zu denken, dass Hitler nicht etwa unbürgerlich war, sondern im Gegenteil (jedenfalls nach Ansicht von Fest, Kershew, Hamann u.a.) von einer geradezu wilden Sehnsucht nach dem Bürgerlichen erfüllt war. Anders gesagt: Ein "bürgerlicher" Lebens- oder Denkentwurf hindert nicht daran, Falsches zu tun, was übrigens genauso auch für dezidiert unbürgerliche Versuche gilt.

Zweitens ist "bürgerlich" und "bürgerlich" stark zweierlei. Beispielsweise zwischen der Bürgerlichkeit des Kronzprinzenehepaars Victoria von Sachsen-Coburg und Gotha und Friedrich Wilhelm Nikolaus Karl einerseits und der Bürgerlichkeit eines niedrigere Steuern verlangenden Sozialdarwinisten andererseits bestehen Unterschiede fast wie zwischen Himmel und Hölle.

Mit dem ersten Punkt werden Sie sich schwer tun, beim zweiten werden Sie mir vielleicht, verblüfft, Recht geben.

Zu Ihren Fragen versuche und suche ich Antworten:

1.
Wenn Auschwitz "zwangsläufiges Resultat" gewesen ist, dann wären tatsächlich die Deutschen-in-der-SS etc. unschuldig am Massenmord (...)?
Die übertriebene Aufladung mit Begriffen von Schuld an Stelle einer vernunftgeleiteten Analyse, dazu die völkische (!) Sichtweise, dass Ausschwitz in seinen Funktionen per se "deutsch" gewesen sei, ja, all das hat bei Adorno wenig Platz.

Wobei dies die konkreten (teils auch: nichtdeutschen) Täter und Mitläufer nicht weniger schuldig macht, denn genau auch in der individuellen Möglichkeit, nein!, zu sagen - und im Versagen, dies nicht getan zu haben, liegt ja eben auch Schuld - im Fall der damaligen Deutschen eine zigmillionenfache zumal. Man darf nur eben nicht den Fehler machen, das Zustandekommen dieser Schuld als etwas per se "Deutsches" zu begreifen.

2.
Ja, was denn nun? War es die Logik? Die Wissenschaftlichkeit? Der Kapitalismus? Der Kapitalismus, aber nur der, der keine Werte schafft, sondern bloß "verwertet"? Der glaubensbefreite Poistivismus? Die kalkulierende Bürokratie? Die Statistik und Organisation? (...) Sollen wir also aus Auschwitz die Lehre ziehen, (...)?
Die Zahl der Lehren, die aus Auschwitz zu ziehen sind, sind zahlreich - und übersteigen m.E. das, was hier im Blog an Diskussion bzw. Dialog möglich ist.

Vereinfacht gesagt, nach Adorno gehören die Repressionsmechanismen, bzw. die auch als Herrschaft wirkenden Verwertungsmechanismen zu den Mit-Verursachern, und zwar in doppelten Sinne, einmal beim Aufbau ebenjener "komplexen Vorurteilsstrukturen", und dann auch bei den industriellen Abläufen und Mechanismen im eliminativen Geschehen selbst.

Als Linksliberaler ergänze ich: Dass sich "komplexe Vorurteilsstrukturen" unter Bedingungen von starken ökonomischen, auf das Individuum wirkenden Zwängen/Repressionen eher ausbilden, das kann man inzwischen als eine sozialwissenschaftliche Tatsache ansehen. Dazu gibt es z.B. bei Heitmeyer aussagekräftige aktuelle Untersuchungen (PDF).

Aber auch Zwangsstrukturen in stark islamistisch organisierten Gesellschaften können einen derartigen Effekt haben. Anderes Beispiel: Die Intensivierung von arbeitsweltlichen Leistungszwängen in den letzten Jahrzehnten hat die Mobbingfrequenz und Intensität meßbar erhöht.

Simpel formuliert: Menschen, die unter stärkeren Zwängen, Repressionen oder Gewalt leiden, neigen oft dazu, den Druck weiterzugeben, und zwar "nach unten", z.B. an sozial randständige Gruppen, Außenseiter oder Mobbingopfer.

Meiner linksliberal geprägten Meinung nach ist es aber nicht "der" Kapitalismus bzw "die" Verwertungslogik, sondern ihre Entmenschlichung - also z.B. ein ungehinderter (angeblich "freier") Kapitalismus.

Wo der Schwache schutzlos ist, werden Voraussetzungen für Faschismus geschaffen.

Das bedeutet auch: Ein unter erheblichen Aufwand menschlicher und sozialer gestalteter Kapitalismus führt nicht zu Auschwitz und Krieg.

Aus allgemein linksliberaler Perspektive und Lehre aus Auschwitz sind die Durchsetzung von Humanismus und Menschenwürde Primat aller gesellschaftlichen Ordnung.

Ja, die Wissenschaft ist zu humanisieren, der Kapitalismus ist zu humanisieren, die Bürokratie ist zu humanisieren, Statistik und Organisation sind zu humanisieren, jegliche Verwertungslogik und Wirtschaft ist zu humanisieren, sogar jegliche Philosopie ist dem Primat der Menschenwürde zu unterwerfen.

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Was Aly da sagt, ist erschreckend und beschämend
Diese Äußerungen Alys waren mir tatsächlich neu -ich habe eben nur den "Volksstaat" selber gelesen und keine Interviews zu dem Thema und bei der Lektüre "Endlösung", "Ökonomie der Endlösung", "Aussonderung und Tod. Die klinische Hinrichtung der Unbrauchbaren." etc. als Voraussetzung dieses Werks im Hinterkopf. Naja, und das einzige Mal, dass ich mit Götz Aly gesprochen habe, war 1993, mit Susanne Heim zum letzten Mal 1999.

btw: Ruuuf miiich aaaan!

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OT - ein paar Schnipsel von Götz A.
Ein paar Interviewfetzen von Götz A:
Den einfachen Leuten ging es im Nationalsozialismus gut. Sie haben gerne mitgemacht und vom Krieg profitiert.
Dem stehen z.B. die seit 1934 insgesamt, teils sogar deutlich, gesunkenen Realeinkommen der Arbeitschaft entgegen, das Kriegselend seit 1941 - bei parallel stattfindenden Riesenprofiten für das Unternehmerlager usw.
Wenn man die Frauen fragt, die sich an diese Jahre erinnern, dann erzählen sie fast immer das Eine: Im Krieg hat alles gut funktioniert, wir hatten genug, erst danach mussten wir hungern
Das ist kontrafaktisch und ahistorisch.
Die Steuerfreiheit für die Arbeit an Sonn- und Feiertagen seit Dezember 1940 und die Lebensmittelzuteilung für Otto und Erna Normalverbraucher im Zweiten Weltkrieg führt sehr viel näher an die verbrecherische Dynamik des nationalen Sozialismus als [z.B. die Behauptung eines Zusammenhangs mit kapitalistischer Verwertungslogik]
Die von Götz A. monierte Steuerfreiheit für Zuschlagslöhne im Dezember 1940 war weder eine Kriegsursache, noch ein Grund dafür, dass Nazis und ihre Helfer eliminativ antisemitisch vorgingen. Die "verbrecherische Dynamik" kam woanders her. Adorno und die kritische Theorie, die Götz A. verhasst sind, haben da sicherlich bessere und zahlreichere Hinweise auf die Ursachen gegeben als Göltz A. und seine neoliberalen bis antideutschen Gesinnungsfreunde.
Vom Kündigungs- über den Mieter- bis zum Pfändungsschutz bezweckten Hunderte fein austarierte Gesetze das sozialpolitische Appeasement. Hitler regierte nach dem Prinzip „Ich bin das Volk“ und er zeichnete damit die politisch-mentalen Konturen des späteren Sozialstaats Bundesrepublik vor. Die Regierung Schröder/Fischer steht vor der historischen Aufgabe des langen Abschieds von der Volksgemeinschaft.
Das schrieb Götz A. im September 2004 in der SZ. Götz A. argumentiert: Sozialstaat="Volksgemeinschaft"=Nazitum. "Die historische Aufgabe" der Regierung sei folglich der Abschied vom bzw. die Rückabwicklung des Sozialstaats, und zwar als Entnazifizierungsaufgabe bzw. eines notwendigen "langen Abschieds von der Volksgemeinschaft".

Götz A. ist, wenn er sich nicht durch die öffentliche Rezeption bedroht sieht, ohnehin ein ausgeprägter Neoliberaler. Er liefert Sozialstaatsfeinden Argumente und versucht das Sozialsstaatsprinzip insgesamt zu diffamieren, und zwar als Nazitum bzw. "Volksgemeinschaft".

Er hat diese Argumentationsweise zwar in einem späteren TAZ-Interview stark abgeschwächt (nungut: die Arbeit war getan...), aber hinterher wieder aufleben lassen, seit 2006 sogar in verschärfter Form. Im Übrigen ist sein Werk, wissenschaftlich betrachtet, an vielen Stellen fehlerhaft und auch insgesamt schwach. Auf die fundamentale Kritik von Adam Tooze, die einer Falsifikation sehr nahe kommt, hat er bis heute keine adäquate Antwort. Ihm genügt es offenkundig, Leute wie den von PR-Agenturen mietbaren Hans Mommsen an seiner Seite zu wissen.

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In der Tat eindrucksvolle Informationen. Was macht das Chelefon?

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By the way:

http://www.taz.de/pt/2005/03/12/a0289.1/text

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Frage
Schon klar, daß es vermessen ist, den Antisemitismus komplett aus dem Wert ableiten zu wollen. Auch klar, daß bestimmte Ausgrenzungsformen als austauschbares Ticket funktionieren.

Aber wird außer den Juden noch jemand kollektiv mit dem Kapitalismus assoziiert?

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Im Iran und der Türkei die Armenier, in Malaysia und Indonesien die Chinesen.

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In Uganda früher die Inder bzw. Indischstämmige, bis Idi Amin endlich durchgegriffen hat und diese Volxfeinde aus dem Land geschmissen hat.

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Interessant ist in diesem Zusammenhang der eigentümliche Philosemitismus bei einigen Anarchokapitalisten/Rechtslibertären, die ansonsten ja eher rechte Inhalte vertreten. Handelt es sich hier möglicherweise um einen umgedrehten Antisemitismus, in dem man Juden gut findet, weil man Kapitalismus gut findet? Dann wären die vom Welt- und Menschenbild her eigentlich in einem bräunelnden Kontext, nur mit völlig umgedrehten Freund- und Feindbildern.

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Da, wie im Lande D schon länger bekannt, "die Juden" als die Protagonisten des "raffenden Kapitals", negativ abgrenzbar vom "schaffenden Kapital" handeln, ist es nicht verwunderlich dass die kapitalistische Weltverschwörung eine so genannte "jüdische Nase" hat.

Insofern muss man als Kapitalist auch Philosemit sein, sonst wäre man ja wie ein eingefleischter Autobahnraser der Porsche Scheisse findet. Offensichtlich, oder ?

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Dann hätten demzufolge bei DCT die jüdischen Sentinels raffende, die nichtjüdischen hingegen schaffende Boos geschrieben?

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Keine Ahnung welcher Konfession die alle waren.

Meiner Auffassung nach waren das weder raffende noch schaffende, sondern durchweg "vernichtende" BOOs.

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@che
Das mit den Chinesen kann ich ganz grob noch nachvollziehen, auch wenn ich bisher den Eindruck hatte, daß sie als Repräsentanten einer realen (auch wirtschaftlichen) Großmacht angefeindet wurden.

Aber die Armenier? Galten die nicht gar als Repräsentanten _anderer_ Großmächte wie Rußland oder England? Ist das noch die personifizierte Realabstraktion, die alle gegeneinander ausspielt?

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Die DCT-Beiträge
waren wegschaffende und hinraffende Boos, also doch schaffend und raffend. -

"Keine Ahnung welcher Konfession die alle waren."
2 Beispiele:
Don - schmalzlockiger Kaftan-Jude
Nörgler - modellathletischer Arier-Hüne

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Die Armenier tragen sogar den Spitznamen "Juden Westasiens". Die personifizierte Realabstraktion, die alle gegeneinander ausspielt, ist tatsächlich auf diverse Menschengruppen übertragbar, ganz so, wie Horkheimer und Adorno es gesagt haben (die ja nebenbei auch sagten, jede der Opfergruppen könne auch unter den Tätern zu finden sein). Die einzelnen Elemente des Antisemitismus finden sich auch bei anderen Bevölkerungsgruppen und Minderheiten, wenn auch z.T. in anderer Zusammensetzung. Man kann z.B. die Inhalte der F-Skalen oder die Art von Idiosynkrasie bei der Wahrnehmung marginalisierter Gruppen (z.B. Roma) auswerten und trifft dann auf verschiedene Schnittmengen. Letztendlich bleiben die Juden keíneswegs exklusiv das Projektionsobjekt der Paranoia. Die Psychiatrieinsassen in der Weimarer Republik z.B. wurden auf damals verbreiteten Karikaturen als Aussauger der arbeitenden Bevölkerung dargestellt, ihre Vernichtung, Aktion T4 war die Generalprobe für die Shoah. Und hinsichtlich der Dimension des Genozids ist nur die industrielle Methode und die Zahl der Opfer einzigartig. Wobei, 6 Millionen Juden, 2 Millionen Armenier, 180 000 Kurden, die Einen in Kammern und die anderen Open Air vergast oder mit Bulldozern in die Erde gepflügt, angesichts solcher Gräueltaten scheinen mir die Unterschiede doch weit weniger als die Gemeinsamkeiten. Für mich heißt die Konsequenz aus der Geschichte (und aus der Lektüre Adornos/Horkheimers), alles dafür zu tun, dass sie sich nicht wiederholt, und ich sehe nicht die Juden und Israel als eine quasi exklusiv von Vernichtungswillen bedrohte Gruppe an, sondern eben noch víele andere. Die Konsequenz kann also nur heißen, ganz allgemein für eine humanere Gesellschaft zu kämpfen.

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menschenskind,
che, du nimmst ja einer ganzen generation rechtsgläubiger "linker" den glauben an die exklusivität ihrer "klientel"!

es müssen schockartige erkenntnisse sein, dass nicht nur die juden als das personifizierte kapital auf dieser erde denunziert wurden und werden.

jesus maria und josef! wer sich nur ein bisschen mit der geschichte der dekolonisation in asien beschäftigt hat, weiß, dasss gerade inder und chinesen von der indigenen bevölkerung oftmals mit der gleichen verve verfolgt und vertrieben wurden wie die kolonialmächte!

aber vielleicht ist es ein spezifisches problem der antideutschen und ihrer verbündeten bei der vereinigten springerpresse, dass ihr blick horizont ein sehr sehr kleiner ist.

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Ich fand das Ticket-Konzept aber genau deswegen so problematisch, weil damit das aus meiner Sicht Besondere in nur teilweise Ähnlichem verschwindet. Daß ich in anderer Menschengruppenfeindlichkeit Elemente des Antisemitismus entdecken kann, will ich nicht bestreiten; aber daß irgendwo alle im modernen Antisemitismus gebündelten Vorstellungen ebenso gebündelt vorliegen, kann ich nicht erkennen. (Abgesehen davon halte ich nicht alle Kriterien der F-Skala für überzeugend.)

Daß unzählige Behinderte einer Art Einübung des industriellen Massenmords zum Opfer fielen und daß sie als Kostenfaktor oder Ansteckungsherd dargestellt wurden (http://www.systemausfall.de/siesindunteruns.html), heißt für mich nicht, daß ihnen auch eine globale Verschwörung zur Unterjochung der (deutschen) Arbeit unterstellt worden wäre. In gewisser Weise erschienen sie eher als ein Teil des allgemeinen rassischen Verfalls, dessen Organisation allerdings die Juden bezichtigt wurden.

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@jollyrogers
Gar nix Klientel - es geht um eine ganz bestimmte Ideologie und damit vor allem um deren Anhänger und Kolporteure. Sie sind davon abzuhalten zu tun, was sie tun. Daß diese Aufgabe immer wieder an denen hängenbleibt, die von ihrem Tun betroffen sind, ist schlimm genug.

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@classless, ich würde es einmal so ausdrücken: Genauso wie im Antisemitismus der Nazis liegen die einzelnen Elemente des Antisemitismus nur einmal zusammen,sie sind aber noch in anderen Varianten rekombinierbar, und diese sind mörderisch genug, um andere Genozide zu rechtfertigen.

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Und das funktioniert dann alles als Treibstoff eines globalen Vernichtungsprojekts, das von einer riesigen Allianz aufgehalten werden muß?

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wird das hier jetzt ne verschwörungstheoriestunde oder was?

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@ Che
" hinsichtlich der Dimension des Genozids ist nur die industrielle Methode und die Zahl der Opfer einzigartig. Wobei, 6 Millionen Juden, 2 Millionen Armenier, 180 000 Kurden, die Einen in Kammern und die anderen Open Air vergast oder mit Bulldozern in die Erde gepflügt, angesichts solcher Gräueltaten scheinen mir die Unterschiede doch weit weniger als die Gemeinsamkeiten."

Ich möchte da widersprechen.

1. Allein schon die – einschließlich der vorgängigen Erfassungs- und Transportlogistik - fabrikmäßig durchgeführte Ermordung reicht zur Begründung des singulären Status aus. Insoweit ist das "nur" in der ersten Zeile nicht richtig.

2. Den von Dir genannten Fällen liegt jeweils ein tatsächlicher Konflikt zugrunde. Die angebliche Feindschaft 'der Juden' gegen alles Deutsche aber war frei herbeiphantasiert, reine gewillkürte Erfindung. Mir ist aus der Geschichte kein zweiter Fall bekannt, in dem eine Gruppe so bar jeglicher Realität stigmatisiert wurde.

3. " .. die Einen in Kammern und die anderen Open Air vergast ..". Dieses Argument vergißt, daß die Juden im KZ nicht nur sterben, sondern dort auch leben mußten. Dieses Leben war die Hölle, nicht (erst) das Sterben. -

Ähm, classless, der Stuß vom "Treibstoff eines globalen Vernichtungsprojekts, das von einer riesigen Allianz aufgehalten werden muß", der stammt jetzt allein von Dir. Che hatte nichts dergleichen auch nur angedeutet.

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Wie würdet ihr denn den Zweiten Weltkrieg sonst beschreiben? Hab ich wieder mal nicht aufgepaßt und es ging gar nicht um die "Vernichtung der jüdischen Rasse" als Vorspiel zum ewigen Rassenkrieg?

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Herstellung von Edelsteinwasser!
Sicherlich ist gerade auf dieser Website die Heilwirkung des Sodalith weitgehend unbekannt.
Durch die vielen mineralogischen Einschlüsse wie Salz, Zink, Mangan und Kalzium hat er eine sehr harmonisierende Wirkung auf die Drüsen, besonders Schild- und Bauchspeicheldrüse.
Sodalithwasser beruhigt den Blutdruck und aktiviert das Gehirn, speziell Hirnanhangdrüse, Zirbeldrüse und Hypothalamus. Der Körper wird gestärkt und ist unanfälliger gegen Infektionskrankheiten und Enzündungen. Außerdem kannst Du dann Rammeln, bis die Tussi 3 Tage nicht mehr laufen kann!

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Nörgler, wir widersprechen uns da gar nicht. Ehe du mir jetzt einen Unterschleif unterstellst: Mit industrielle Methode meinte ich genau das von Dir Geschilderte. Und unterscheidet sich die Tatsache, dass Juden für das Juden-Sein ermordet wurden grundsätzlich von der Vernichtung von Sinti und Roma nicht nur durch die Nazis? Vielleicht waren Armenier und Kurden unglücklich gewählte Beispiele, ich bestreite ja auch nicht die Einzigartigkeit der Shoah, aber ihre Gemeinsamkeiten mit anderen Genoziden eben auch nicht. Wenn ich "Nie wieder Auschwitz!" sage, muss ich auch "Nie wieder Halabja!","Nie wieder Killing Fields of Campuchea!" usw. sagen, nicht, um das Eine mit dem Anderen zu relativieren, sondern, weil ich grundsätzlich gegen Faschismus, Völkermord und Unmenschlichkeit bin. Und das hier hat strukturell zumindest teilweise Aspekte der Shoah vorweggenommen: http://sehepunkte.de/2007/03/pdf/10400.pdf,

und Chemical Alis Anweisung, Tausende in Lagern festgehaltene kurdische Familien mit Bulldozern in die Erde zu pflügen ist von den Taten der Nazis m.E. auch nicht so extrem weit entfernt, wenn es auch eine technisch längst nicht so perfekte Nachahmung bleibt (schon das klingt völlig pervers. Ist Massenmord und Grauen quantifizierbar?).

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Naja wie ich schon an anderer Stelle geschrieben habe, war Auschwitz ein singulärer Tiefpunkt der menschlichen Geschichte, den alleine zu vermeiden noch allzuvielen anderen Greueln Raum lässt.

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"den alleine zu vermeiden noch allzuvielen anderen Greueln Raum lässt." solltest Du mal ausformulieren, es könnte sich lohnen!

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Ich finde es ehrlich gesagt zum Kotzen, wie andere Völkermorde verniedlicht werden, wenn es um den Holocaust geht. Das Regime von Talaat Pasha kannte noch nicht die Techniken, derer sich die Nazis bedienten, aber Hungermärsche, Lager, Massenhinrichtungen, das ganze Repertoire außerhalb der Gaskammern hatten sie auch drauf, durchaus mit Einsatzgruppenmorden, den Massenerschießungen in Maidanek oder der Vernichtung durch Hunger und Seuchen (Belsen) vergleichbar, und die Nazis fanden das ja vorbildlich. Die Juden haben scheinbar die bessere Lobby. Ich bin mit jedem verfolgten Juden solidarisch, aber deutsche Judentümler, die das Leiden anderer Gruppen nicht wahrnehmen, sind halt auch nur umgedrehte Faschisten oder bestenfalls Ignoranten mit schlechtem Gewissen, aber ohne Überblick, gefangen in einer rein nationalen Wahrnehmung. Danke, Che, dass Du die Armenier erwähnt hast!

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loide
da herr classless gestern klar gemacht hat, dass es nicht um die klientel, sondern um die ideologie geht, würde ich den herrn gern mal fragen, wie ers denn so mit dem moslem und seiner diskriminierung in deutschland hält, an der er und seinesgleichen mit ihrer ideologie kräftig mitstricken.

beispiel: ich glaube kaum, dass die antideutschen zu einem geplanten synagogenbau so dröhnend schweigen würden wie zu geplanten moscheebauten in diesem land mit religionsfreiheit.

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Ich schweige nicht dröhnend zu geplanten Moscheebauten, ich liefere mir regelmäßig Debatten mit den lieben Moslemfressern bei Kewil et al., in denen ich das Recht auf freie Religionsausübung verteidige. Mir ist klar, daß ich dabei nicht für alle spreche, aber auch unter denen, die dem Rassismus etwa der Heinersdorfer Moscheegegner entgegengetreten sind, waren eine ganze Menge Antideutsche. (Vielleicht gibt es diese Nichtklischee-Antideutschen für viele Außenstehende auch gar nicht mehr, obwohl sie nach meinem Dafürhalten die Mehrheit sein dürften.)

Ich bleibe weiter dabei, daß ich eine Position gegen jeglichen Massenmord und jeglichen Faschismus vertreten kann, ohne die Einzigartigkeit der deutschen Verbrechen an den Juden aus dem Blick zu verlieren. Es ist eine dumme Unterstellung, ich würde deshalb andere Verbrechen hinter dem Holocaust verstecken - ich war seit 2004 in den meisten Diskussionen der einzige, der über Darfur sprechen wollte.

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Da muss ich für den guten classless eine Lanze brechen: Es ist nicht fair, ihn für die ideologischen Verstiegenheiten anderer Antideutscher, speziell der schreihalsigen, haftbar machen zu wollen. Nehmt Eure Gegenüber doch beim eigenen Wort, nicht dem Dritter!

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Ähm, danke!

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Ich denke übrigens aus, das die Nichtklischee-Antideutschen in der Mehrheit sind. Allerdings sind sie in ihrem Denken nicht so sehr systematisch borniert, wie die, die laut schreien. Deswegen fallen sie auch nicht so sehr auf.

@Classless
Ein Verständnissfrage: Wenn jedes historisches Ereigniss singulär ist, hat es denn noch ein Sinn von Singularität zu sprechen? Schließlich wäre das doch trivial. Logische gesehen könnte man so gar nicht einer Sache die Singularität absprechen, denn sonst müsste man ja das Ereigniss selbst leugnen. Und nicht jeder dem man die Leugnung der Singularität von Auschwitz unterstellt spricht die Historizität letzterem ab. Zu sagen, das Auschwitz singulär ist, wäre somit eine Tautalogie.
Oder wie wird das sonst verstanden?

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dummerweise prägen die von euch so genannten und als minderheit deklarierten "klischee"-antideutschen aber das bild der antideutschen in der öffentlichkeit, indem sie die wortführerschaft übernommen haben. man schaue sich nur mal auf planet.olifani und auf planet.blogsport um...

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Mir geht es darum, den kontinuierlichen und oft reflexhaften Vergleich mit dem Holocaust abzulehnen. Auch das ist m.E. einzigartig: wie häufig sich zum Vergleich darauf bezogen wird. Das will ich nicht mitmachen.

Noch mal die Einzigartigkeit, die ich meine: die rassebiologische und verschwörungsideologische Zuspitzung einer Personalisierung des gesamten (!) Kapitalismus, die ihrem Selbstverständnis nach in der Ausrottung der Träger der sozialen Spaltung, des Sittenverfalls, der biologischen Zersetzung, des Individualismus, des Pazifismus, der "roten und goldenen Internationale" nur eine notwendige Reinigungshandlung zur "Wiederinkraftsetzung" einer universellen Rassenauseinandersetzung sieht, den Massenmord an den "Rasseschädlingen" als Auftakt und Training für den "Rassekrieg", der bis 1942 mit erschreckendem Erfolg in die halbe Welt getragen wird und vor allem durch Glück scheitert.

Wie gesagt: Elemente davon finden sich in nicht wenigen anderen Ideologien und Massenmordprogrammen, vom imperialistischen Rassismus bis zur baathistischen Staatsparanoia - der ganze "vernünftige Wahn" bleibt jedoch bisher m.E. unerreicht.

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@jollyrogers
Würde ich wegen der Blogroll von Kewil anfangen, allen Christen ein solches Weltbild zu unterstellen?

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ist ff ein christ? ich bezweifle das. wie ich auch bezweifle, dass der gedanke vom moslem als potenziellem neuem juden - nach adorno - in der antideutschen liga auch nur im entferntesten mehrheitsfähig wäre. im gegenteil: ich unterstelle mal, dass ein solcher gedanke frevel wäre.

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Der Antisemitismus des frühen 19. Jahrhunderts hatte enorme Ähnlichkeiten mit dem heutigen antiislamischen Rassismus. Wenn ich aber "potenzielle neue juden" lese, geht es wohl darum, daß sie bereits Gegenstand von Rassegesetzen und Enteignungen sind, weil man sie für die Globalisierung verantwortlich macht. Davon habe ich noch nichts gemerkt.

Zu der Frage, ob Kewil ein Christ ist: bin ich ein Antideutscher?

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classless, ich würde hinsichtlich der Eugenik/Rassenhygiene die Akzente etwas anders setzen, aber was Du da zur Einzigartigkeit des NS-Mordprogramms schreibst, da stimme ich mit Dir problemlos überein.

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Zum Problem Shoa vs andere Verbrechen
Che, einen Unterschleif habe ich in keiner Weise gesehen, sondern es so verstanden, daß Du mit "industrieller Methode" das bezeichnetest, was ich nur in anderer Formulierung auch gesagt habe.

Wenn garybian von Verniedlichung spricht, dann ist das zwar panne, verweist jedoch auf ein objektiv zugrundeliegendes Problem. Das Problem besteht darin, daß das Beharren auf der Einzigartigkeit der Shoa, sprachformell betrachtet, tatsächlich die anderen Verbrechen zunächst als relativ weniger schlimm zu definieren scheint, ganz einfach deshalb, weil die Sprachlogik so funktioniert.

Angesichts des Grauens, etwa auch eines Pol Pot, ist es aber nicht möglich, von 'relativ weniger schlimm' zu sprechen. Es ist ja so, daß bis zur Shoa eine Steigerung des bis dahin menschheitsgeschichtlich produzierten Grauens nicht vorstellbar war. 4000 Jahre Massaker, Gemetzel und Genozid – was sollte da noch kommen, das noch nicht bekannt gewesen wäre? Die Menschheit hatte einen Gutteil ihrer Kreativität ins Töten und Quälen investiert und sich den Ruhm einer wahren Koryphäe des Mordens erarbeitet. Wie sollte ein Optimum noch optimierbar sein?

Den Nazis ist das gelungen. Das meint die bekannte Gedichtzeile "Der Tod ist ein Meister aus Deutschland". Celan will damit nicht sagen, daß die anderen Völker beim Morden nur herumgestümpert hätten.

Das führt auf ein unauflösliches Problem der sprachlichen Darstellung. Wenn die Einzigartigkeit, die sich damit von anderen Verbrechen absetzt, und das Verbot, andere Verbrechen dadurch zu relativieren, zugleich bestehen, dann ist das ein Widerspruch, der weder nach der Seite 'andere weniger schlimm' noch nach der Seite 'andere haben auch ordentlich hingelangt' aufgelöst werden kann, wie die Logik es eigentlich verlangt.
Es ist wie in einem schwarzen Loch, in dem die Gesetze der Physik nicht mehr gelten. Angesichts der tellurischen Katastrophe funktioniert die komparative Sprachlogik nicht mehr.

Statt über diesem verwirrenden Problem auszurasten wie garybian, sollten wir das aushalten können. Die Opfer hatten mehr zu tragen.

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mooomentmal wenn ich "potenziell" schreibe, dann meine ich auch potenziell und nicht faktisch.

und die moslems werden für die globalisierung verantwortlich gemacht? von wem? das verstehe wer will, ich kann's nicht.

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Die Moslems werden eben nicht für die Globalisierung verantwortlich gemacht, im Gegensatz zu den Juden, und deshalb hinke der Vergleich der rassistischen Diskriminierung von Moslems mit dem Antisemitismus, das wollte classless wohl sagen. Es wäre allerdings wohl angesagt, präzisezu fragen: Wer macht die Juden für die Globalisierung verantwortlich, und wer wird noch dafür verantwortlich gemacht?

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"Ich finde es ehrlich gesagt zum Kotzen"
sagt garybian, und schon fliegt seine Kotze.

Der Satz "Die Juden haben scheinbar die bessere Lobby" ist ein stinkender Auswurf, denn er kommt üblicherweise in Kontexten vor, in denen über die Juden gesagt wird, sie fänden an Hitler immerhin das gut, daß er ihnen die Grundlage schuf, um den deutschen Steuerzahler erpressen zu können.
In die gleiche Richtung deutet die Verwendung des Wortes "Judentümler", gern von Neonazis in Bezug auf Gedenkstätten gebraucht. Auch das "schlechte Gewissen" klingt mir dergestalt im Ohr, daß wir uns das von den Juden nicht länger einreden lassen dürfen, weil sie damit uns Deutsche in psychologischer Knechtschaft halten.

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dass die juden für die globalisierung verantwortlich sind, ist mir allerdings auch neu. daher konnte ich das ja gar nicht verstehen, ok. aber gut, ich bin ja auch kein verschwörungstheoretiker.

ist es denn so, dass dieser gedanke bis in die mitte der gesellschaft reicht wie der vom "moslem als bösem terroristen"? bitte um aufklärung.

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@jollyrogers
"Damals" wurden die Juden für den Kapitalismus insgesamt haftbar gemacht, heute würde ich bei einem "potenziellen" Holocaust annehmen, daß die Moslems zumindest für die vielbeschriene Globalisierung verantwortlich gemacht werden müßten, damit die Analogie funktioniert.
Auch heute möchte ich jedoch an das verbreitete Stereotyp von den "jüdischen Neocons" erinnern, die darin als "Strippenzieher" Bush, damit die USA und damit die Welt steuern.

@noergler
Zustimmung. Ein Bekannter aus den USA hielt das Vergleichen in diesem Zusammenhang für eine deutsche Macke.

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classless, ich weiß nicht, was du so liest, aber auch der "jüdische neocon" ist mir noch nie begegnet und ich lese viel.

allerdings keine nazipostillen, das ist wahr.

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Geht mir genauso, an der Kritik an den Neocons oder den Einflüssen bestimmter Braintrusts sehe ich nichts Antisemitisches. Ich habe auch noch nie gelesen, dass jemand Wolfowitz oder Greenspan wegen ihrer Glaubenszugehörigkeit angreift, sondern immer nur wegen praktizierter Politik.

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Vielleicht hat die unterschiedliche Empirie damit zu tun, daß ich soviel trampe - gerade die Verbindung Bush - Hintermänner - Neocons - Juden ist mir dabei in den letzten zwei Jahren viele Dutzend mal begegnet.

In der "Literatur" müßte ich mal ein bißchen graben, da hätte ich auf Anhieb nur amerikanische Quellen.

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Ruhig Blut, Nörgler
@Der Satz "Die Juden haben scheinbar die bessere Lobby" ist ein stinkender Auswurf - sorry, aber sie haben eine bessere Lobby als wir Armenier, und wir haben eine bessere als z.B. die Sinti und Roma. Ich schrieb oben, dass ich mich selbstverständlich mit jedem verfolgten Juden solidarisiere, und das meinte ich auch so. Meine Ururgroßeltern mütterlicherseits und mein Ururgroßvater väterlicherseits wurden bei dem großen Genozid an meinem Volk ermordet, mehrere Angehörige meiner Generation kämpften in der Asala und wurden dabei getötet. Ich betrachte die Tatsache, dass Genozide wie der an meinem Volk oft kleingeredet oder relativiert werden mit Bitterkeit - ohne negative Gefühle für Juden. Aber philosemitische Deutsche mit gleichzeitiger Mißachtung anderer Ethnien sind mir im Allgemeinen suspekt.

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classless, das ist nicht dein ernst jetzt. du stellst hier die these vom "verbreiteten stereotyp von den 'jüdischen neocons', die die welt steuern" auf und die stützt sich dann auf hörensagen und was du beim trampen so zwei, drei dutzendmal mitkriegst? das ist keine empirie, entschuldigung. das ist schlicht humbug.

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Schon mal was von Teilnehmender Beobachtung gehört? Irgendeine Idee für ein besseres Setting für empirische Sozialforschung als ein oft stundenlanges, so anonym wie gewünschtes Gespräch mit Angehörigen sämtlicher gesellschaftlicher Gruppen?

Allerdings würde ich das auch nicht als einzigen Beleg anführen, wie gesagt, alle anderen sind nicht greifbar, da ich gerade arbeiten muß. Daheim kann ich - wenn wirklich Interesse bestehen sollte - gern noch mal beim Volkerts und im Neocon Reader nachschlagen, vielleicht finde ich auch einige der nicht eben wenigen Artikel aus der deutschen Presse wieder, in denen der erwähnte Zusammenhang zumindest impliziert wird.

Das Trampen zeigte mir dann allerdings jedesmal, wie diese Andeutungen verstanden wurden. Sorry, daß ich gern auch aus meinen Büchern rausschaue.

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ah, "impliziert", jetzt kommen wir der sache schon näher. dann würde ich doch gerne um solche presseartikel bitten.

und die methode der "teilenmenden beobachtung" ist mir durchaus bekannt: "sagense mal, das mit den neocons in den usa und dem irakkrieg, das ist doch gut für israel weil es das land sicherer macht..." der angesprochene blickt in den rückspiegel, setzt den blinker und nuschelt: "kann schon sein, iss mir aber auch wurscht, solange der scheißer da hinten mir nicht drauffährt"

schon haben wir den jüdischen neocon, der an allem schuld ist in den augen des fahrers....

soviel dazu.

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Na ja, vor dem letzten Golfkrieg, bzw. in der Vorbereitungsphase, bekam ich auch so "Volkes Stimme"-Leute am Tresen zu hören, dass das "Großjudentum" da wieder finstere Pläne habe. Auch Nachfragen, was das denn sei, ein "Großjudentum", da war das denn nicht so gemeint oder wurde komisch ausgewichen. Irgend eine antisemitische Grundstimmung ist bei Teilen der Bevölkerung wohl da, aber sehr schwer zu greufen oder festzunageln, und entzieht sich unseren intellektuellen Diskursen völlig.

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@ garybian
Was Deinen Vorfahren und Verwandten widerfuhr ist schrecklich. Wie selbstverständlich haben die Deutschen da auch mitgemischt. Wen haben wir eigentlich nicht umgebracht? Ich glaube das mit den Indianern, das waren die anderen, aber dann wird's schon eng.

Mir sind philosemitische Deutsche sogar ohne gleichzeitige Mißachtung anderer Ethnien suspekt.
Insbesondere in der Ausprägung rechtslastiger "Freunde Israels" oder Israelfahnen schwenkender "Antideutscher" erachte ich sie als erbarmungswürdige Schmierlappen. Mit so etwas möchte ich nicht verwechselt werden.

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@nixxon
Dein Ressentiment nervt - woher stammt denn deine Empirie? Daß die Verschwörungsideologen von nichts so einig überzeugt sind, wie von der Idee, daß eine jüdische Drahtziehergruppe von der US-Ostküste aus die Völker der Welt gegeneinander aufwiegelt und davon profitiert, hast du aber schon mitbekommen?

Für die USA kann ich schon mal Joshua Muravchik "The Neoconservative Cabal" aus dem von Irwin Stelzer herausgegebenen und wohl recht bekannten "Neocon Reader" anführen, in dem es explizit um antisemitische Stereotype in Bezug auf die Neocons geht.

Z.B. geht es um den New Statesman-Autor Michael Lind, der von einem "largely Jewish-American Trotskyist movement" spricht, aus dem die meisten Neocons hervorgegangen seien. Lind fährt fort, zahlreiche jüdische Intellektuelle dem trotzkistischen und später neokonservativen Lager zuzuschlagen, nur weil sie jüdisch sind. Überhaupt spielt diese Verbindung des jüdischen Bolschewismus/Trotzkismus mit den Neocons in der US-Debatte eine recht große Rolle, obwohl die tatsächlichen personellen Überschneidungen aller drei inkriminierten Gruppen marginal sind.

Paul Buhle vom linken Tikkun schrieb über die Neocons: "It's almost as if the anti-Semitic Protocols of Zion, successfully fought for a century, have suddenly returned with an industrialized grain of truth."

Nach deutschen Artikeln muß ich wirklich erst mal graben, ich hab sie nicht gesammelt. Mir erschien dieser Topos als gängig, man verzeihe mir das.

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Dir sei verziehen ;-)

Im Ernst, das kannte ich bislang nicht. Ich habe bislang ganz brav Neocons als mit bestimmten Thinktrusts wie dem AEI und Militärkreisen eng verbundene US-Rechte mit im Gegensatz zur isolationistischen Alt-Rechten forciert interventionistischen Positionen begriffen, in deren Kreisen hier und da Konvertiten von links mitmischen wie auch Ayn-Rand Anhänger und andere Sektierer ab und an , aber von einer jüdisch-trotzkistischen Verschwörungstheorie, die mir ziemlich lächerlich erschiene, noch nie gehört.

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@Classless
Ich muß zugeben, das mir diese Zusammenhänge nicht bekannt waren. Ich hab auch wie Che nur an Thinktrusts gedacht.
Was ich aber fragen wollte, muss alles gleich antisemitisch sein, wenn etwas mit "jüdisch" (jewish) anfängt?
In politischen Zusammenhängen kann man doch solche Attribute verwenden, ohne gleich die "jüdische Weltverschörung" zu unterstellen. Eine starke Israel-Lobby ist noch keine Weltverschwörung.

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classless.

merkwürdig, dass du uns hier lediglich AMERIKANER zum beweis deiner kruden thesen anführst. kann es sein, dass du geistig ein klein wenig verwirrt bist? kann es sein, dass du einen leichten schatten hast, der in deiner ossiherkunft gründet?

dein doofes geschwafel geht mir langsam richtig auf den sack. auch wenn che sagt, dass man rücksicht auf dich nehmen soll, weil du noch jung bist: sorry.

DU BIST EIN OSSISCHWÄTZER VOR DEM HERRN DEN NUR GLEICHE IDIOTEN ERNSTNEHMEN KÖNNEN!!

punkt.

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@jolly
Wie süß. Diese Argumentation ist mir blödem Ossi jetzt echt zu komplex, um darauf einzusteigen. Aber schon lustig, wie locker dieser Diss noch immer sitzt.

@serdar/che
Tja, hätte ich nicht gedacht, daß diese Idee so unbekannt ist. Ist zwar gerade nicht direkt meine Baustelle, aber ich werd nächste Woche mal was Zusammenhängendes dazu bloggen. Scheint mir entspannter, als mich hier für meine Methodik beleidigen zu lassen.

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classless, genauso locker, wie er zutrifft.

:-)

tschüssikoffski. du bist jung und du wirst nichts erreichen außer dem status eines allseits belächelten "privatgelehrten".

have fun.

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@ classless: Nur zu, ich werde es lesen. To all und (Jolly im Speziellen): Sinn und Zweck dieses Blogs ist es, gepflegt und entspannt über Politik und Gesellschaft sowie Philosophie und Geschichte (neben meinen eigenen Befindlichkeiten, die hier ihren originären Wert haben) zu disputieren und nicht, Beleidigungen auszutauschen oder inquisitorisch Mitdiskutanten auf Größtübel-Positionen festzunageln. Ich verstehe dies hier, neben einer Art öffentlichem Tagebuch, als einen politischen Club zur freien Diskussion. Das setzt ein gewisses Benehmen voraus.

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Teilweise rührt meine Überraschung daher, daß ich letzten Dezember schon mal einen Veranstaltungsbeitrag "The Jewish East Coast NeoConspiracy feat. George W. Bush" betitelt habe und zumindest die meisten im Publikum damit durchaus was anfangen konnten.
( http://tinyurl.com/24mqmg bzw. http://tinyurl.com/yroz9d )

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Damit kann ich allerdings gar nichts anfangen. Schon mal in der sogenannten Dritten Welt unterwegs gewesen oder mit IWF-Leuten oder NATO-Stäben zu tun gehabt?

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che, ich begrüße deine anmerkungen im sinne einer offenen diskussionskultur, die der wahrheit verpflichtet sind.
wo aber offensichtlichkeiten umgebogen, umgelogen oder im sinne der eigenen ideologie zurechtgeredet werden, sage ich "stopp!" und das auch auf die rauere art. zum beispiel, wenn mir einer weismachen will, dass der normale autobahndeutsche einen zusammenhang zwischen dem judentum und neocons herstellen kann. das ist nicht nur frech und dreist. das ist schlicht eine lüge.
und das sage ich.

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Wer soll denn der normale Autobahndeutsche sein? Was ist denn das für ein Quatsch? Die meisten Leute in diesem Land fahren mehr oder weniger oft mit dem Auto und bisher haben mich in reichlich 13 Jahren schätzungsweise 5-10000 von ihnen mitgenommen. Unter diesen Leuten befanden sich Angehörige sämtlicher religiöser Bekenntnisse und politischen Überzeugungen, vom sozialen Hintergrund her waren Arbeitslose wie Studenten, Unternehmer und auch mehrere Landtagsabgeordnete darunter. Sicherlich ein Drittel derjenigen, die mich mitgenommen haben, schütteten sich förmlich über ihre private und berufliche Situation, oft auch über weltanschauliche Themen aus. Viele Fahrten dauerten länger als eine Stunde, manchmal wurde ich zu einem Kaffee eingeladen.

Viele sprachen nach, was sie im Fernsehen oder im Radio gehört hatten, manche - ich würde sagen etwa 5 Prozent - beriefen sich jedoch auf bestimmte Bücher, die ihnen empfohlen worden waren und in denen dann z.B. Jan van Helsing oder einer seiner Nacheiferer wie Julius Barkas offenbart hatten, wie die Welt eigentlich aussieht, wer im Verborgenen die Fäden zieht usw.

Es hat mich keineswegs überrascht, daß die unter diesen Leuten beliebten antisemitischen Feinderklärungen nach 9/11 sich häufig auf die Neocons zuspitzten - mindestens Wolfowitz war den meisten als Haßfigur präsent und mußte von den Verschwörungsspinnern nur in den entsprechenden Kontext gerückt werden.

Abgesehen davon war die Identifizierung der US-Politik mit jüdischen Interessen und Lobby-Gruppen erheblich häufiger als nur bei den Verschwörungsanhängern anzutreffen. Mein bloßer Versuch zu erklären, aus welchen Strömungen die republikanische Partei besteht, wurde mehrfach bereits als proamerikanische Position angesehen und teilweise aggressiv, teilweise belehrend zurückgewiesen.

So, und was waren deine Erfahrungen beim Trampen, jolly? Haben sie dich nicht mitgenommen oder warum gehst du so ab? Und kannst du mir noch mal erklären, welchen Schatten Ossis qua Herkunft haben?

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@che
Das verstehe ich nicht - es ging ums deutsche Selbstbild und das Feindbild USA. Damit wollte ich keine Aussagen über "Entwicklungspolitik" machen.

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@ cl
Was ist das - "das deutsche Selbstbild" und "das Feindbild USA"?

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Wohin Du greifst, Du wirst Juden greifen.
So das Zitat eines berühmten deutschen Staatsmannes.

Im Lichte der von classless angestossenen, längst überfälligen Diskussion (jede Wahrheit brucht einen Mutigen der sie ausspricht) wäre ich dafür im Sinne des Zeitgeistes stets nur "Zionisten" anstelle des "J"-Wortes zu verwenden. Das darf man heutzutage, problemlos, jeder weiss, die sind irgendwie böse.

Classless, wie Du korrekt Deinen Bebobachtungen bei Tempo 240 an Baustellenausfahrten entnommen hast, lässt sich der deutsche Wahlpöbel nicht hinter das Licht führen.

Ich möchte Dir im Sinne der beobachtenen Empirie auch noch einen schlagenden Beweis liefern: Wie wir alle wissen, hat das Kapital Namen und Adresse.

Die meisten Adressen befinden sich im Umfeld der Wall Street. Nun gehe mal dort lang, in einen beliebigen Glaspalast des Götzen Mammon, und schaue auf die Namen an den Türen. Sie enden vorzugsweise auf -berg, -baum und -stein. Setze das ins Verhältnis zur Gesamtbevölkerung der USA und Du weisst wer hier die Fäden in der Hand hält.

Heuschrecken, Hedgefonds, IMF, Federal Reserve, Merchant Banks und alle weiteren Erzdämonen des globalen, raffenden Turbokapitalismus - mach den Z-Test.

Glaub mir, es handelt sich um eine Weltverschwörung. Die Empirie lügt nicht. Bei der Famile Busch handelt es sich übrigens angeblich um Marannen.

Bedauerlich, das es in D heutzutage so wenige Zionistenviertel an geeignten Autobahnausfahrten gibt, die man dem empirisch beobachtenen Wahlpöbel zur Plünderung freigeben könnte. Motto: ein Kofferraum voll Umverteilung in Eigenregie.

So much for "Ethnisierung des Sozialen".

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Ich glaube, ich laß euch hier mal lieber alleine. Soviel Standesdünkel aller Art auf einem Haufen... Ihr könnt auch gern noch nachtreten, sowas in der Art von "You won't be missed", "Geh zurück in deine Osthöhle" oder irgendwas Abwertendes über die eklige soziale Empirie. Ich werd's wohl eh nicht lesen.

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classless,

Das wäre bedauerlich. Immerhin hast Du den Mut auszusprechen, was Du beobachtest das sich unsere Schöpfungskollegen so zur Welt zusammenreimen.

Deine Beobachtungen im Menschenzoo sind so so abwegig nicht. Sie decken sich ziemlich gut mit dem, was leider so manche der Fans von "Loose Change" und Co. in D hinter (noch) schamhaft vorgehaltener Hand sagen - "die Zionisten stecken hinter allem".

Erschreckend ist das es sich oft um sonst recht intelligente und gebildete Zeitgenossen handelt.

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Zur Beantwortung meiner Frage hat der Mut denn doch nicht gereicht.
In die Ecke treiben wollte ich ihn schon; vertreiben nicht. Schade.

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@noergler
War ja auch echt eine spannende Frage, die sicher von Erkenntnisinteresse motiviert war.

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Die Frage ist so spannend nicht – die Antwort wäre es gewesen.

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Weil du classless dann hättest überführen können, ein total oberflächliches und grobgestricktes Weltbild zu haben, wohingegen dein eigenes total komplex und vielschichtig ist?

Ich finde es bemerkenswert, wie lange er es hier ausgehalten hat.

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Ich glaube kaum, dass sich ein ernsthafter AntiFa vor einer überwiegend gepflegten Diskussion fürchten wird. Die Idee, dass man den Dialog abbrechen muss, ähnlich wie es "nonono" behauptet, sobald das eigene politische Weltbild an einzelnen Stellen wackelt bzw. angezweifelt wird, nun, die ist, ähem: reaktionär.

Classless ist das nicht und wird sich schon wieder melden und uns "aushalten" - auch wenn er jetzt vielleicht nicht die Zeit oder Nerven zur Fortführung der Diskussion hat. Mach Dir hier mal keine Sorgen, liebster/liebstes "nonono".

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@ nonono
Dies als "bemerkenswert" zu bezeichnen, ist noch gelogen. Denn mit Fug darf cl als edler Dulder gelten, hat er doch über Äonen die Giftpfeile der hier versammelten Höllenbrut heroisch ertragen – ein "mutiger" (lebemann) Streiter für eine prodeutsche Primärtugend.

Deine sehr detaillierte Frage indes ist mit Nein zu beantworten. Deine Mutmaßung geht weit fehl.
Die Beantwortung meiner Frage von heute 9:32 Uhr hätte zur Erhellung seiner nicht recht transparenten Formulierung geführt, so oder so. Daß er daraufhin um 10:42 Uhr sich einen schlanken Fuß macht, läßt ihn nicht gut aussehen.

Aber möchtest Du als cl-Kenner nicht erläutern, was das ist: "das deutsche Selbstbild und das Feindbild USA"? Als Deutscher erführe ich nämlich gerne mehr über mein Selbstbild, wobei der angedeutete Zusammenhang zwischen diesem Selbstbild und dem Feindbild insonderheit interessiert.

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Bin mal wieder fassungslos erstaunt, was abgeht, wenn sich nichtjüdische Deutsche (auch wenn die sich z.T. "Anti" fühlen) und sogar ein Armenier um das Verhältnis zu linken Positionen, Israel, den USA, Judentum und Deutschland fetzen. Die meisten Kritiken der Antideutschen an "antisemitischer" Polemik gegen das Vorgehen israelischer Streitkräfte ließen sich problemlos auf mittlerweile die Mehrheit des israelischen Parlaments übertragen. Die dumpfrassistischen Vorurteile von Biertischdeutschen gegen Juden sind die Gleichen, die sie auch gegen Türken, Araber oder Iraner haben. Daraus eine Front konstruieren zu wollen ist aberwitzig! Ich bin ein in Deutschland lebender jüdischer Einwanderer aus der Ukraine und fühle mich wohl hier. Ich finde deutsche Linke im Allgemeinen nett, bin froh, dass ich nicht in Israel mit seiner Fast-Bürgerkriegs-Situation lebe und auch nicht in Osteuropa mit seinem erstarkenden Antisemitismus und denke, dass Ihr einfach Luxus habt. Den Luxus, zwischen verschiedensten Theoriemodellen und abstrakten Welteinschätzungen herumdiskutieren zu können, ohne jemals echte Not zu erleben.

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Ich habe mir gerade die Diskussion hier noch mal durchgelesen und kapiere vor allem nicht, warum es gerade nach dem Themenkomplex "jüdische Neocons" so abging. Habt ihr einfach mal "Neocons Juden" gegoogelt?

Der erste Treffer ist ein Beitrag aus dem Focus-Forum mit dem Satz: "Wusstest du wirklich nicht, dass praktisch alle US-Neocons Juden sind?"

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Ein Forenbeitrag, aha. Damit dürfte die antijüdische Weltverschwörung bewiesen sein.
Aber, nonono, vielleicht kannst Du jetzt doch mal meine Frage beantworten: Was ist "das deutsche Selbstbild und das Feindbild USA"? -

@ mordechai: Full ACK.
Jedoch würde ich statt "Luxus" den Begriff "Privileg" wählen, nämlich das Intellektuellen-Privileg über freie Zeit zu verfügen, sich mit diesen Dingen zu beschäftigen. Nicht das Privileg selbst steht dann zur Kritik, sondern dessen falscher Gebrauch, so er denn beobachtbar ist.

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Ich glaube, ich flippe auch gleich aus: Was kommt nach dem ersten Treffer? Und danach? Mann, der erste Treffer war ein Beispiel dafür, wie schnell und leicht sich diese Vorstellung auffinden lässt. Meine Güte.

Ich kann nun nicht für classless sprechen, aber wenn du so sehr nach einer Antwort lechzt, würde ich unter dem fraglichen Selbstbild die Summe vorherrschender Vorstellungen von sich als Deutschen Definierenden über die Gemeinschaft der von ihnen als Deutschen Definierten verstehen, z.B. die "soziale Marktwirtschaft" als angeblich am besten austarierte Form des Kapitalismus.

Das ist dann im Kontext von Verschwörungsideologie wichtig, weil eine solche Konstruktion in sich vermeintlich konfliktarmer Kollektive eine wichtige Voraussetzung für die Annahme einer von außen kommenden, zersetzenden und spaltenden Macht ist, was dann z.B. die "Heuschrecken" sein können.

Viele dieser Vorstellungen einer äußeren Macht, die den angeblichen sozialen Frieden in Deutschland untergräbt, sind immer wieder auf die USA bezogen worden. So würde ich das Feindbild verstehen.

Aber ich weiß nicht wirklich, warum ich das jetzt beantworten sollte. Vielleicht hilft's ja trotzdem!

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@Schon mal in der sogenannten Dritten Welt unterwegs gewesen oder mit IWF-Leuten oder NATO-Stäben zu tun gehabt? - Das verstehe ich nicht - es ging ums deutsche Selbstbild und das Feindbild USA. Damit wollte ich keine Aussagen über "Entwicklungspolitik" machen.

- Genau hier stimmen, classless, unsere Weltbilder überhaupt nicht überein. Ich würde die Welt so beschreiben: Der Kapitalismus insgesamt hat ein Entwicklungsstadium erreicht, das als spätimperialistisch zu bezeichnen ist. Nicht mehr Kolonialreiche, informal empires und postkoloniale Abhängigkeitsstrukturen bestimmen die Weltökonomie, sondern ein hochkomplexes System von Abhängigkeitsverhältnissen, in dem internationale Arbeitsteilung und die freie Disponabilität von Arbeitskräften immer mehr zur Voraussetzung von Wertschöpfung werden. Innerhalb der supranationalen Wertschöpfungsketten werden einerseits zwar die metropolitanen Arbeiteraristokratien zunehmend unterminiert, überflüssig gemacht, ausgedünnt, die traditionell Armen erleben aber nur wenig Aufstiegsmöglichkeiten und viel eher eine Zunahme des Prekariats. Insgesamt ist dies zwar eine Entwicklung, die dem Wertgesetz immanent ist, aber auch nicht im Sinne einer naturgesetzlichen Zwangsläufigkeit nach dem actio-reactio-Prinzip. Die neoimperialistische Weltordnung braucht ihre Vollstrecker und Akteure, und die handeln weitgehend außerhalb parlamentarischer Entscheidungsfindungsprozesse und öffentlicher Diskussionen. Zahlreiche Entscheidungen von weltwirtschaftlicher, ja welthistorischer Bedeutung werden im Interesse bestimmter Industriebranchen oder bestimmter Konzerne gefällt, und Kriege werden heutzutage als Akte schöpferischer Zerstörung im Schumpeterschen Sinn geführt, die der Inwertsetzung ineffektiver Ökonomien durch Zerstörung, Änderung der Besitzverhältnisse und Wiederaufbau dienen (z.B. der NATO-Krieg gegen Restjugoslawien) oder auch als neoeugenische Bevölkerungspolitik im Sinne der Vernichtung überflüssiger Esser. Dann dient die "Entwicklungshilfe" des Westens ja nicht den Interessen der veramten Massen in den Entwicklungsländern, sondern dem Verwertungsinteresse westlichen Kapitals. Zu dem, was da westlicherseits so in Stäben und Planungskomittees ausgeheckt wird würde ich schon sagen, dass es sich nicht allzusehr von der Politthriller-Weltsicht unterscheidet. Ich habe Memoranden von Pentagon- und NATO-Stäben gelesen, deren Autorennamen stutzig machen. Z.B. war Samuel Huntington in den 1980er Jahren dabei, und dann erscheint dessen bekanntestes Buch als nichts Anderes als ein Auftragswerk zur ideologischen Vorbereitung der Großoffensive. Ich hatte einmal ein Gespräch mit einem der ranghöchsten Vertreter der Weltbank und fragte ihn, ob es nicht ein zu hoher Preis sei, wenn bei jeder IWF-Auflage zur Aufgabe der Brotpreis-Subventionen in Ägypten, Marokko, Tunesien, Philippinen die Kugeln flögen, und da sagte er ohne jede Beschönigung, ohne jede Ironie, ganz selbstgefällig "Wir wollen diese Länder destabilisieren" und führte weiter aus, dass die Aufstände gewünscht seien und der Angriff auf den Brotpreis nur ein Mittel, diese herbeizuführen. Ziel von IWF und Weltbank sei es, in allen Ländern der Welt eine freie Marktwirtschaft im Sinne der Chikago Boys herzustellen. Wenn man sich dann Realpolitik durch politische Frühstückskartelle anschaut oder den ganzen Komplex P2, Gladio, Nuova Ordine, Banco Ambrosiano, Stefano della Chiae und Mafia (etwas verstaubt, aber immer noch sehr lesenswert: Jürgen Roth/Bernd Ender, Dunkelmänner der Macht), so kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass große Teile des politischen und ökonomischen Geschäfts dieser Welt tatsächlich mit Methoden abgewickelt werden, die sich von den sogenannten Verschwörungstheorien nur dadurch unterscheiden, dass das Geschehen sehr viel komplexer und an sehr viel mehr Akteure gebunden ist, als sich der gemeine Verschwörologe so vorstellt.


So, dann nehme ich die Wahrnehmung des Westens aus Sicht der Peripherie. Imbaba ist ein Stadtviertel in Kairo, das man bei uns als Slum schlimmster Art bezeichnen würde, dort ist es aber ein ganz normales Arbeiterviertel. Das Wasser aus der Leitung ist dort so sehr gechlort wie bei uns im Schwimmbad, entsprechend merkwürdig schmeckt der aus den Abfällen der Teefixproduktion aufgebrühte Shai, Strom fällt täglich aus, und wenn man den Klodeckel hochgeklappt lässt, hat man eine Ratte in der Wohnung. Die oberen Stockwerke der Häuser wurden von ihren Besitzern oder auch Bewohnern ohne Baugenehmigung in Eigenarbeit aufgemauert, die erste etage aus Backstenen, die zweite aus Nilschlammziegeln, die dritte aus Wellblech, die vierte aus Pappkartons, und ab und an stürzt dann mal ein Haus in sich zusammen. Die Leute aus Imbaba arbeiten vielfach in Giza City, Zamalek oder Cairo City, und dort sehen sie internationale Hotels, überwiegend US-amerikanische, amerikanische Golfclubs usw, wo tsch tsch tsch Wasser, das bessere Qualität hat als das eigene Trinkwasser, auf tadellos gepflegte Rasenflächen versprüht wird. Ich weilte einmal unter Felachen, die mit Booten auf dem Nil unterwegs sind. Da haben die Kinder keine Schuhe und die Alten keine Zähne, und die meisten Leute habe nur ein Gewand, eine Gallabejah zum Wechseln. Wir waren von diesen Leuten, die selber nichts hatten, zum Tee eingeladen und sahen, wie von einem Kreuzfahrtschiff, das "The Golden Boat" heißt und wo eine Übernachtung 1000 Dollar kostet, ein Wohlstandstourist ím Kolonialherrenkhaki die pittoreske Armut filmte, in einem Land, wo das Abbilden lebender wesen einen anderen Stellenwert hat als bei uns. Es gab damals keine Al Kaida, es gab auch keine Kriminalität gegen Touristen in Ägypten, aber wenn von diesen (eher sanften) Bootsleuten in dieser Situation jemand auf die Idee gekommen wäre, einen anschlag gegen das Bonzenboot durchzuführen, hätte ich das nachvollziehen können. Was ich mit solchen Impressionen ausdrücken will (ich könnte jetzt auch mit Tansania, dem Maghreb oder Nigeria kommen, das waren eben nur zwei, wie ich finde, plakative Beispiele): Der Westen wird in solchen Ländeern insgesamt als eine unermesslich reiche, mit dem Reichtum in nach lokalen Maßstäben teilweise gotteslästerlicher Weise verschwenderisch um sich schmeißende globale Supermacht erlebt, die vom eigenen Reichtum nichts abgibt. Unterlegensheitsgefühle mischen sich mit Neid, Angst und Verachtung. Dass auf solchem Boden - und angesichts real imperialistischer Eingriffe der oben erwähnten Institutionen - in Zusammenhang mit allgemein geringer bis nicht vorhandener politischer Bildung und islamistischer Propaganda oder nationalistischer- Verschwörungstheorien ein prächtiges Biotop finden ist klar. Aber sie sind nur ein Überbauphänomen vor dem Hintergrund eines gesellschaftlichen Seins, dessen bewusstseinprägende Erfahrung eigene bittere Armut im Angesicht eines mit den eigenen Herrschenden verbundenen grenzenlos überlegenen Westens ist. Von diesem Westen werden weltweit die USA allgemein als noch etwas reicher und mächtiger als der Rest, gleichzeitig etwas grobschlächtiger und arroganter angesehen, also eine Steigerung von dem, was GB, F, D usw. sowieso schon sind.Da tun sie durch praktiziertes Verhalten auch genug für.

Deutsches Selbstbild, Feindbild USA.Was für ein Feindbild? Die imperialistischen Mächte dominieren insgesamt die Weltökonomie, sie fahren in einem Konvoi, dessen Flaggschiff und Flugzeugträger die USA sind, und Deutschland ist vielleicht eine Fregatte. Ab und an unternimmt der Flugzeugträger nicht abgestimmte Alleingänge, und darum gibt es Streit. Trotzdem bleibt der Westen immer noch ein politischesLager, und die innerimperialistischen Konflikte sind ein Nebenwiderspruch, teils auch Propaganda, oder platt gesagt: Humtata just for the gallery.


So, jetzt zu Verschwörungstheorien in Deutschland und den USA: In bildungsfernen Schichten sind alle möglichen Verschwörungszenarien verbreitet, mit und ohne Juden, im politischen Leben der USA haben die sogar einen viel höheren Stellenwert als in Deutschland, von Roswell über die Kennedy-Morde bis hin zu Skulls and Bones. In Deutschland beliebt sind etwa Verschwörungtheorien über die Bilderberger, über die geheimen Netzwerke der Börseninsider und eben auch über Bush und die Neocons, wobei ja nun Doubya und sein politisches Personal sehr real mit einem bestimmten Industriekonglomerat und dem AEI verwoben sind, das Realmaterial für eine Verschwörungstheorie also da ist.
Verschwörungstheorien sind ja sehr häufig die paranoide Zuspitzung (und vor allem personifizierte!) halbgewusster tatsächlicher Mauscheleinen und Machenschaften
Eine verschwörungstheoretische Gleichsetzung der Neocons mit Wallstreet und jüdischen Kreisen in den USA ist mir allerdings bislang nur im Zusammenhang mit dem organisierten Rechtsextremismus über den Weg gelaufen, und genau da gehört sie auch hin.


Nur sind mir, classless, Deine Erfahrungen wg. Dem Volk aufs Maul geschaut allerdings fremd, insofern sehe ich das alles aus einer sehr internationalistischen Brille.

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Die Protokolle der Weisen von Z. in Gerechter Sprache.
Soweit haben es die zionistischen Weltverschwörer schon geschafft:

Das denkende Menschen, ja Meinungsmacher, ihre Existenz abstreiten, nur weil sie sonst das "J"-Wort im Zusammenhang mit "wegmachen" in den Mund nehmen müssten.

Gut, das es den unverbildeten Pöbel gibt, der die Wahrheit mutig hervorgrunzt.

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Die Tineff-Verschwörung
"Was kommt nach dem ersten Treffer? Und danach?"
Ich habe bei Google nachgesehen. Du auch? Weit mehr als die Hälfte sind entweder Texte, in denen die Suchworte vorkommen ohne Inhaltsbezug hierzu; oder es ist vehementer Widerspruch zu dem Nazidreck von der Neocon-Juden-Verschwörung.

Diejenigen, die das vertreten, sind aber gottlob eine bedeutungslose Minderheit, und nicht, wie Du es gerne hättest, eine gewaltige reale Bedrohung der Juden. Wer ständig von "Entschwörung" redet, hat meine Erlaubnis, mit der Entschwörung bei sich selber anzufangen.

Aber das ist ja eines der Charakteristika der Antideutschen Ideologie: Die religiöse Überzeugung, die Deutschen wären ein gefährliches Volk, begierig danach, die Gasöfen lieber heute als morgen wieder in Betrieb zu nehmen.
Deshalb ist der antideutsche Wichtigtuer bei Strafe des Untergangs seiner löchrigen Identität dazu verdammt, diese Identität als Warner vor der Gefahr pathisch aufrecht zu erhalten.
Von allen Minderheiten in D sind die deutschen und nichtdeutschen Juden die Allerunbedrohtesten. Das war auch schon vor dem Posting von mordechai klar. Zu den Dingen, durch die Deine 'Denk'richtung sich so lächerlich macht, gehört das heftige Verteidigen von Leuten, die entweder nicht angegriffen sind oder sich sehr gut selbst verteidigen können.
Wie wär's denn mal, wenn Ihr Euch um wirklich schwache und verteidigungsbedürftige Juden kümmern würdet: jüdische sozial Schwache, jüdische Obdachlose.
Das dann lieber doch nicht, gell?

Wäre die Bedrohung der Juden so groß, wie gewisse falsche Freunde der Juden es sich wünschen, dann wären die Juden tatsächlich schon ausgerottet. Ich komme damit zum tieferen Grund meiner Idiosynkrasie gegen den Philosemitismus, hier: die Variante cl/nnn:

In der Phantasmagorie einer antisemitischen Verschwörung erkennt der Psychoanalytiker unschwer den verdrängten Vernichtungswunsch. Der antisemitische Todeswunsch ist tabuisiert und überlebt als Vorstellung einer realen Vernichtungsgefahr, die dem Wunsch entspricht. Die philosemitische Warnung vor der Gefahr ist dabei die Form, in der der Wunsch Gestalt gewinnen und sich äußern kann, ohne gegen das Tabu zu verstoßen. –


Ich sehe hierzulande keine verbreitete Auffassung, derzufolge es 'uns' besser ginge, wenn nicht in den USA die Fäden gezogen würden. Auch das ist nur von Dir erfunden. Selbst der Hartzvierer, der sich aus Verzweiflung schon das Hirn weggesoffen hat, merkt immer noch, und er sagt es auch, daß es die "Arbeitsgemeinschaft" vor Ort ist, die ihn quält, und nicht irgendwer weit weg.

Die Fiktion des konfliktarmen Kollektivs hat es gegeben, ungebrochen nur bis Ende der 60er. Eine starke Erosion setzte dann vor 20 Jahren ein; spätestens seit Mitte der 90er ist es damit aus und vorbei.

Dem Verschwörungstheoretiker ist die Welt erfüllt von Verschwörungen.
Dem Entschwörungstheoretiker ist die Welt erfüllt von Verschwörungsideologien.

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Also ich habe jetzt endgültig den Eindruck, dass ich hier jetzt was abkriege, was sich über Jahre gegen andere Leute aufgestaut hat und bin nur teilweise in der Lage, das auf mich zu beziehen. Mir ist der Unterschied zumindest der _meisten_ Deutschen von heute zu denen von damals bewusst, ich freue mich für die _meisten_ Juden, dass sie sich zu schützen verstehen und würde die Welt nicht als "erfüllt von Verschwörungsideologien" beschreiben.

Dass sich meine Identität daran festmachen würde, "antideutsch" zu sein, ist eine völlig wilde Unterstellung; dass sich in der Beschäftigung mit Antisemitismus ein verdrängter Vernichtungswunsch verstecken soll, finde ich konstruiert und auch ganz schön dreist behauptet.

Ich werde das Gefühl nicht los, dass ich hier nur vorgeführt werden soll. Das ist keine besonders sinnvolle Grundlage für eine Diskussion.

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@Lebemann: Wenn man Dich zu Ende denkt, würde man dann allerdings dabei enden, zu bestreiten, dass es so etwas wie Vorstände multinationaler Konzerne, verdeckte Geschäftsabsprachen oder korrupte Politiker überhaupt gäbe. Wahrscheinlich sieht die Welt genauso aus wie im Gemeinschaftskundebuch für die 7. Klasse.

@Nörgler: Ich habe mich wahrlich gegen Neofaschismus und gegen soziale Ausgrenzung auf vielfältigste Weise engagiert, von wissenschaftlicher Forschung über journalistisches Engagement und Menschenrechtsarbeit bis zum Straßeneinsatz mit dem Knüppel in der Hand. Die Vorstellung allerdings, gefordertes antifaschistisches Engagement sei es, als schwache und marginalisierte deutsche Linke die zweitstärkste Militärmacht des Nahen Ostens zu unterstützen mutet reichlich absurd an.

@nonono: Die Schwierigkeit ist, dass dieser Thread nicht nur eine Diskussion zwischen den Diskutanten ist, sondern dass bei Statements in Richtung "Antideutsche" teilweise implizit Leute wie von der Osten-Sacken, Küntzel, Bozic oder Liza eher gemeint sind als classless und Du. Insofern ist das eine Meta-Diskussion.

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Den Lebemann zu Ende denken
Che, gibt es nicht aus Deinen ganz ganz alten Zusammenhängen einen Video, wo gesagt wird, es gäbe Kapitalismus nur nördlich, südlich, westlich und östlich von Einbeck, aber nicht in Einbeck selbst, JVA sei eigentlich eine terroristische Vereinigung, die ausgeschrieben Jüdische Volksarmee hieße, und RAF wäre original die Abkürzung für Revolution Adventure Fun?

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@che
Das ist auch eine nette Art zu sagen, dass ihr lieber über diejenigen reden mögt, die gerade nicht da sind, als mit denen, die mit euch zu reden versuchen. Das hättet ihr aber auch gleich sagen können.

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"Wir" gibt es nicht. Ich schrieb etwas über eine besonders dogmatische Richtung der Antideutschen und wollte ansonsten mit classless diskutieren. Die Kommentare Anderer gaben dem eine Richtung, die von mir nicht intendiert war. Scheinbar ist das Thema insgesamt so brisant, dass sich solche Dynamiken, nicht zum ersten Mal, quasi von selbst ergeben. Sorry for that.

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@Che
Was Du zuletzt "@Nörgler" gesagt hast, ist alles völlig richtig. Ich verstehe aber nicht, warum Du es mir (als Erwiderung?) sagst.
Hast Du eine Bemerkung von mir vielleicht mißverstanden, oder verstehe ich jetzt etwas miß?

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Hach, die Semiotik!
Hier war das @Zeichen nicht als direkte Antwort, sondern eher als Anknüpfung an das von Dir Gesagte und Weiterführung in eine andere Richtung gemeint.

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Alles klar, danke. Das war eine der Möglichkeiten, die ich gesehen hatte, ich war mir nur nicht ganz sicher. -
Eine Sachfrage: Ich hatte die IDF immer als stärkste Nahost-Militärmacht gesehen; stimmt das denn nicht?

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Die Rechnung ohne den Türk gemacht
Wenn Du die Nuklearwaffen mitrechnest ja, konventionell ist aber die Türkei Nr 1, vor allem auch rein zahlenmäßig. Die und nicht die USA sind übrigens der engste Verbündete Israels.

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Na, dann hat der Stammtisch
ja gleich noch nen Grund, seinen spärlichen Intellekt nicht in Zaum zu halten. Oder er hat schon aufgegeben bei über 100 Kommentaren? Bin gespannt, was da noch folgt. Ach ja, noch was: Du hast zwar schön dogmatisch auf A&H hingewisen, ob die aber Recht hatten mit Ihren Thesen, das ist natürlich ne andere Frage:

»mit der Feststellung, dass die US-Gesellschaft genauso faschismusanfällig sei wie die deutsche, haben T.W. Adorno, Else Frenkel-Brunswik, Daniel J.Levinson und Robert Nevitt Sanford schon 1950 einem der Kerngedanken der Hardcore-Antideutschen die Grundlage entzogen.«

Wer sagt das, die Komintern? Auch die anderen aus A&H abgeleiteten Thesen wie dem unterstellten Zusammenhang zw. (Spät)kapitalismus und Antisemitismus sind natürlich alles andere als überzeugend (vor allem historisch), aber vielleicht hat das ja schon jemand geschrieben und ich habs übersehen.

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Wer das sagt? Nun, teils die Herren Adorno et al selber (was die andere von Dir kritisierte Stelle angeht, der Zusammenhang aus Spätkapitalismus und Antisemitismus ist keine abgeleitete These, sondern eine der Kernaussagen der Dialektik der Aufklärung), teils ich in meiner Eigenschaft als Adorno-Rezipient. Die Wogen, die dieses Posting in Form von Kommentaren anderer geschlagen hat, sind nicht mein Produkt, ich habe immerhin einige Male versucht, sie zu glätten.

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Es ist immer wieder lustig, wenn jemand sich die Mühe macht, hinsichtlich der von antideutsch bevorzugt ausgeschlachteten Kritischen Theorie streng am Text nachzuweisen, dass die antideutschen Herleitungen jeder Grundlage im Werk Adornos entbehren, und darauf dann mit substanzlosen Sätzen wie "alles andere als überzeugend" geantwortet wird. Wahrscheinlich lesen viele Leute die kritische Theorie von Vornherein durch die Freiburger Brille. Vielleicht gibt es ja eine Freiburger Schule, die in der Manier des Wahrheitsministeriums vorgibt, wie die Frankfurter Schule zu verstehen sei.

Was anderes, Che, was Du da zu Verschwörungstheorien schreibst verstehe ich nicht. Also einerseits sind die paranoider Unsinn, andererseits bilden die einen Teilaspekt nichtbegriffener Wirklichkeit ab? Oder wie soll ich das verstehen?

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Verschwörungstheorien sind per se reaktionär und regressiv, weil sie die Verantwortlichkeit für komplexe Entwicklungen auf bestimmte Personen, Institutionen oder Gruppen projizieren und das ihr anhängende Individuum von jeglicher Verantwortung entlasten. In dem Sinne sind Verschwörungstheorien immer auch pathologisch. Das heißt aber nicht, dass es keine Desinformation, keine Geheimdienstkampagnen, keine Korruptionsnetzwerke, keine politischen Unterwanderungsstrategien, keine imperialistischen Kriege und keine von Privatinteressen geleitete Politik gäbe, diese bestimmen sogar einen Großteil des Politik- und Wirtschaftsgeschehens. Nur funktioniert das nicht so, wie sich das der Verschwörologe vorstellt, es gibt vor allem weder gut gegen böse noch allmächtige Strippenzieher. Ich schreibe nochmal mehr dazu, bin gerade auf dem Sprung zu einem Treffen mit meinen Mitverschwörern.

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Hört sich nach Robert Anton Wilson in "Maybe Logic" an:

"I don't believe in one big conspiracy that runs everything. I prefer to think there's at minimum, at any given time, about 24 conspiracies afoot. As far as I have been able to discover in all my years of being involved - more or less unwillingly - in this field, I cannot find any proof of any conspiracy that really existed, was really brought into court and convicted, that lasted more than 10 years before everybody double crossed everybody else and the conspiracy fell apart."

"When you define the power elite as somebody else, I regard that as a loser script. I define the power elite as myself and my friends - and that's a winner script."

"The strongest conspiracy on the planet is the conspiracy of the stupid. To prevent schools from educating their children - because they want their children to be as dumb as they are."

Aber dann eben auch - typisch mindfuck: "Just because you're not paranoid doesn't mean they're not after you."

An Verschwörungstheorien zum Piepen ist, dass anscheinend viele Menschen bereit sind, anhand fehlerhafter Daten aus dritter Hand, meist Medienberichten, ihr komplettes Weltbild formen zu lassen. Selektive Wahrnehmung ist da ungeheuer hilfreich: Medien lügen wie gedruckt, aber wenn die Nachricht in den eigenen Realitätstunnel passt, dann haben sie sich verraten, die Bilderberger - oder ein tapferer, noch nicht korrupter Journalist, der inzwischen schon vergiftet worden ist, wehrt sich gegen das System. Herzallerliebst zu beobachten bei Ideologen aller Provenienz, die Jungs von "altermedia" sind mir allerdings die Liebsten: Die Systempresse ist fest in Feindeshand, kaum erscheint aber ein (vermeintlich) systemkritischer Artikel auf SPON, wird trötend drauf verlinkt ("selbst SPON hat es inzwischen mitbekommen"). Göttlich. Allerdings findet man diese Art der selektiven Wahrnehmung - Zeitung X ist nur gut, wenn sie veröffentlicht, was ich hören will - auch bei viel unverdächtigeren Gesellen ...

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Der Witz bei Wilson ist ja der, dass er in "Illuminatus!" haufenweise Verschwörungstheorien darstellte bzw. schuf, um sie dann wieder lächerlich zu machen, dass aber viele seiner Leser, die den Schluss nicht begriffen hatten, sie ernst nahmen, mit - siehe 23 - teilweise extremen Folgen.

Da schreibt einer eine Satire, und die Leser nehmen sie für voll!

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Jau, die Verschwörungstheorien waren für ihn ja nur die Spitze des Eisbergs, Indikatoren dafür, wie bereitwillig viele jeden Mist schlucken (und weil sie so paradigmatisch sind für eingeschränktes Denken); weiter, in Bezug auf komplette "Memplexe", die nicht in Frage gestellt werden, geht er vor allem in "Cosmic Trigger" und "The New Inquisition". Da werden die Realitätstunnel aufgezeigt, in denen viele sich befinden: "Überzeugungen schaffen Überzeugte. Was immer du glaubst, schränkt dich ein."

Schön zu beobachten gewesen neulich bei einem Dozenten, der uns Studenten im Seminar mal so nebenbei eingeschenkt hat, dass ab dem WS - dank einer empirischen Studie, die den Dekan offensichtlich überzeugt hat - alle eingehenden Arbeiten pauschal auf Betrug überprüft werden könnten. Mit einer Software, die nach Plagiaten sucht. Als ich auf Antwort auf meine Nachfrage, wie denn die Daten erhoben worden sind, wieviele Datensätze es gab, ob es suggestive Fragestellungen/Möglichkeit der graduellen Beantwortung/Anonymisierung etc. gab, erfuhr, dass nur 500 (!) Schüler befragt wurden und anmerkte, dass es doch etwas gewagt sei, induktiv von 500 Schülern, was bei Klassenstärke etwa 20 Schulklassen entspricht, auf die Gesamtsituation in Deutschland zu schließen, noch dazu auf die Situation an Unis, schnauzte es vom Pult: "Ja, dann dürfen sie bei MIR keine empirischen Studien machen, wenn sie die grundsätzlich in Frage stellen." Hachja, wie werd' ich die Uni vermissen.

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Cosmic Trigger, The New Inquisition, Die Illuminati-Papiere, Neuropolitik usw. illustrieren noch andere Dinge. Mit einem Genossen zusammen habe ich mir mal den Spaß gemacht, The New Inquisition und die Illuminati-Papiere zusammen mit den Studien zum autoritären Charakter auf die eigene, d.h. linksradikale Szene anzuwenden. Es war erschreckend und entlarvend zugleich, was da an Mustern wie Aberglaube, Stereotypie, autoritärer Aggression bzw.Unterwürfifgkeit etc. da bei Leuten zum Tragen kam, die sich selber als libertär-autonom betrachteten.

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Wie kann eigentlich eine Software Seminararbeiten auf Plagiate überprüfen? Ich kenne nur Arbeiten, die in Papierform abgegeben werden. Gebt Ihr Dateien ab, die dann durchgescannt werden?

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Nein, zum einen müssten die Arbeiten eingescannt werden und dann gibt es AFAIK bisher nur Software, die auf Plagiate im Internet überprüft - ist ja auch viel einfacher von der Umsetzung, einfach ein paar Suchmaschinenskripts rein und fertig - und Fundstellen im Text hervorhebt. Wenn man dagegen auch Magisterarbeiten oder Dissertationen auf Plagiat untersuchen wollte, müsste man logischerweise eine komplette Fachbibliothek zum JEWEILIGEN Thema im Volltext einpflegen, weil Plagiatoren wohl eher bei Fachkollegen klauen als auf irgendeiner x-beliebigen Website.

Viel beunruhigender bei der ganzen Sache fand ich die erschreckende Leichtgläubigkeit bei einem Dozenten, der sich aktiv bei der GWUP (!) engagiert. Da muss wohl die passende Denke - Studenten sind faule Betrüger - vorhanden sein, damit so ein Mumpitz auf fruchtbaren Boden fällt.

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"An Verschwörungstheorien zum Piepen ist, dass anscheinend viele Menschen bereit sind, anhand fehlerhafter Daten aus dritter Hand, meist Medienberichten, ihr komplettes Weltbild formen zu lassen."

Das ist natürlich nur bei Verschwörungstheorien so.

Ich denke, dass Wilson Verschwörungstheorien auch einen positiven Mindfuck-Aspekt zuschrieb bzw. sich ebenso über diejenigen "liberals" lustig machte, die Verschwörungen für nichtexistent oder irrelevant erklärten.

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@brechreiz: tempora mutandur - während meines Studiums sammelte noch eine ganze Fachschaft Geld, um einer Kommilitonin für ihre Magisterarbeit den Kauf einer Typenradschreibmaschine zu finanzieren.

@nonono: Nur, weil Du nicht paranoid bist, heißt das nicht, dass sie nicht hinter Dir her sind :-)

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...und eine Stimme flüsterte zu mir:
"Paranoid sind immer die Anderen."

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Diese ganzen Leute, die hinter mir her sind, sind doch total paranoid.

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@che
"Wenn man sich dann Realpolitik durch politische Frühstückskartelle anschaut oder den ganzen Komplex P2, Gladio, Nuova Ordine, Banco Ambrosiano, Stefano della Chiae und Mafia (etwas verstaubt, aber immer noch sehr lesenswert: Jürgen Roth/Bernd Ender, Dunkelmänner der Macht), so kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass große Teile des politischen und ökonomischen Geschäfts dieser Welt tatsächlich mit Methoden abgewickelt werden, die sich von den sogenannten Verschwörungstheorien nur dadurch unterscheiden, dass das Geschehen sehr viel komplexer und an sehr viel mehr Akteure gebunden ist, als sich der gemeine Verschwörologe so vorstellt.(...)"

gut auf den punkt gebracht, finde ich. und speziell bei

http://de.wikipedia.org/wiki/Gladio

frage ich mich bis heute, ob ein autor, der sich das als fiktionalen plot ausgedacht hätte, nicht überall wg. völliger unglaubwürdigkeit rausgeflogen wäre.

ebenso frage ich mich allerdings, woher die von mir oft beobachtete regelrechte unkenntnis sowie das desinteresse an diesem komplex auch bei sich selbst als links begreifenden stammt. hinter "gladio" verbergen sich teils dinge, die nur noch haarsträubend sind und bereits für sich alleine eigentlich jeglichen naiven glauben an freedomanddemocracy in schutt & asche fallen lassen müssten.

allerdings dürfte zu dieser unkenntnis auch der fast schon ironische zufall (und ich meine wirklich zufall) beigetragen haben, dass "gladio" öffentlich zumindest in d-land ausgerechnet in der zeit um 1990 erst etwas bekannter wurde - und da waren medial bekanntlich andere themen up to date.

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Stimmt, für mich waren damals der Tod einer Genossin durch Polizeigewalt, Morde von Neonazis und die soziale Lage in Ägypten Hauptplots. Die Wiedervereinigung passierte irgendwie dazwischen. Die BBC-Dokumentation verfolgten wir damals mit großem Interesse, insbesondere auch die Rolle des türkischen Gladio-Ablegers in Kurdistan.

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Als ich zum ersten Mal von "Gladio" gelesen habe, war das schon ein Meilenstein: Man ist bereit, vieles zu unterstellen, staatlich unterstützer Terrorismus OK, aber staatlich unterstützer Terrorismus gegen die EIGENE Bevölkerung (wobei "eigen" ja auch schon so eine wohlwollende Annahme ist) im großen Stil, das ist starker Tobak. Und noch dazu bewiesen, nicht nur mit vagen Indizien.

Und "Gladio" ist auch der beste Beweis dafür, dass sich - anders als Wilson das geglaubt hat - Verschwörungen durchaus über Jahrzehnte halten können, wenn alles stimmt:

- Alle (mächtigen) Beteiligten profitieren davon.

Im Gegensatz zu Wirtschaftsverschwörungen gibt es keine eifersüchtige Konkurrenz, keinen lachenden Dritten, der ein Interesse haben könnte, die Sache auffliegen zu lassen. So - oder so ähnlich - werden, was die 'Strategie der Spannung' betrifft, 'kalte Krieger' damals gedacht haben, vielleicht mit unterschiedlicher Meinung, was die letzte Konsequenz, die Gewaltanwendung, betrifft. Es war einfach gut in den Gesamtkontext, den 'Kalten Krieg' mit seiner Dammbruch/Domino-Denke und dem Misstrauen der eigenen Bevölkerung gegenüber (auf beiden Seiten) integriert.

- Der wichtigste Faktor aber: Es klingt so schrecklich und hat, wenn man darüber nachdenkt, so viele Konsequenzen (auch Handlungsimperative), dass einem niemand glauben würde, selbst wenn man als Beteiligter davon erzählen würde. Es ist einfach viel bequemer, weiterhin die offizielle Realität anzunehmen.

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Aptraumhafte Realität übertrifft alle Verschwörungstheorien
Und um mal zu demonstrieren, worum es bei der Gladio-P2-Affäre wirklich ging: http://www.nadir.org/nadir/periodika/jungle_world/_2002/33/13a.htm


http://www.dradio.de/dlf/sendungen/hintergrundpolitik/402451/


Insbesondere auch die Rolle Stefano della Chiaies, des "Carlos der Neofaschisten", der vermutlich für Hunderte Morde verantwortlich ist bleibt in der öffentlichen Wahrnehmung stark unterbelichtet. Als der Staatsanwalt Carlo Palermo in der Hinsicht auf einer sehr heißen Spur war, versetzte man ihn nach Südtirol zur Bekämpfung von Wilddieben.
http://de.wikipedia.org/wiki/Anschlag_von_Bologna_1980
Das Szenario ist etwa so, als wenn in Deutschland Bombenanschläge im Auftrag von BKA und Verfassungsschutz durchgeführt würden.

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"bund deutscher jugend" - der deutsche gladio-vorläufer
"Der wichtigste Faktor aber: Es klingt so schrecklich und hat, wenn man darüber nachdenkt, so viele Konsequenzen (auch Handlungsimperative), dass einem niemand glauben würde, selbst wenn man als Beteiligter davon erzählen würde. Es ist einfach viel bequemer, weiterhin die offizielle Realität anzunehmen."

auch sehr treffend, wobei ich aus meiner perspektive von *als-ob*-realität sprechen würde - ein fake von "freiheitlicher demokratie" alá brd, und die geschichte, die sich hinter der überschrift oben verbirgt, gehört mit zu den größten blinden flecken der bundesdeutschen nachkriegshistorie:

"Der Hintergrund seiner Gründung ist, dass amerikanische Geheimdienste in den ersten Nachkriegsjahren des zweiten Weltkrieges in Deutschland und Osteuropa Einheiten aufzustellen suchten, die nach dem Ausbruch eines atomaren Krieges mit der UdSSR eine amerikanische Machtübernahme in Osteuropa und der Sowjetunion unterstützen sollten. Die amerikanischen Geheimdienste CIC und CIA nutzten den BDJ als Möglichkeit eines verdeckten Guerilla-Trainings. Viele der Angehörigen des BDJ waren Veteranen der Wehrmacht oder Waffen-SS.

Bei einer 1952 durch örtliche deutsche Polizeieinheiten in den Räumlichkeiten des BDJ durchgeführten Razzia wurde öffentlich, daß die USA die Organisation mit einer monatlichen Summe von 50.000 DM finanziert sowie mit Waffen, Munition und Sprengstoff beliefert hatten. In Odenwald bei Frankfurt/Main fand man ein Waffenlager mit Maschinengewehren, Granaten, leichten Artilleriegeschützen und Sprengstoff. [5] Die Auswertung der beschlagnahmten Unterlagen förderte zudem eine Attentatsliste mit 40 deutschen Führungspersöhnlichkeiten, hauptsächlich Politiker der damaligen SPD, zutage welche man als nicht zuverlässig antikommunistisch eingestuft hatte. Unter Ihnen befanden sich der damalige SPD-Parteichef Erich Ollenhauer, der hessische Innenminister Heinrich Zinnkann und die Bürgermeister von Hamburg und Bremen. Um im Ernstfall eine möglichst effiziente Ausführung der Attentate zu ermöglichen hatte der BDJ bereits Mitglieder in die SPD geschleust.

Der CIC übernahm die von der deutschen Polizei inhaftierten BDJ-Mitglieder und verweigerte im Folgenden den Zugriff der deutschen Behörden welche beabsichtigten, Anklagen aufgrund unerlaubten Waffenbesitzes und geplanten Mordes zu erheben. CIC-Agenten beschlagnahmten weiterhin alle noch verfügbaren Unterlagen und verweigerten die Übergabe an die deutschen Behörden."

http://de.wikipedia.org/wiki/Bund_Deutscher_Jugend

diese geschichte lässt sich (bis) heute handfest verifizieren, u.a. existiert in den archiven immer noch das protokoll einer sitzung des hessischen landtages von, ich glaube 1953, in der sich der damalige ministerpräsident mit dem "bdj" und den geschehnissen darum beschäftigt.

um die wichtigsten dinge etwas zusammenfassen:

1. keine zehn jahre nach ende des krieges rekrutieren us-geheimdienste "alte kameraden" von wehrmacht und waffen-ss (hauptsächlich offiziersränge) primär unter dem aspekt "antikommunismus".

2. diese altnazis werden finanziell und materiell ausgestattet und erhalten gar waffentraining.

3. und zwar dafür, um sich im falle einer sow. invasion "überrollen" zu lassen - wofür sich jedoch wenig bis kaum freiwillige fanden. als adäquaten einsatzersatz besinnen sich diese nazis auf ihr kerngeschäft - liquidierung von "deutschfeindlichen" und "russenfreundlichen verrätern", zu denen damals sowieso alle als kommunisten bezeichneten gehörten, aber interessanterweise auch eben tatsächlich einige spd-politiker.

4. der hessische "verfassungsschutz", der irgendwann begann, den "bdj" zu beobachten, musste einige für ihn überraschende entdeckungen machen: a) die gruppe wurde wie gesagt von us-seite aus gefördert; b) die gruppe hatte gute kontakte ins "bundesamt für verfassungsschutz", ebenso wie c) in das damals existierende "bundesministerium für gesamtdeutsche fragen" - und das heißt, der "bdj" war aller wahrscheinlichkeit nach mit stillschweigender kenntnis der adenauer-regierung aktiv (und erhielt von beiden genannten institutionen ebenfalls in verschiedener art und weise teils auch materielle unterstützung, aber auch ideelle.

5. letzteres läuft darauf hinaus, dass die damalige cdu-regierung eine gruppe ehemaliger(?) nazis förderte und duldete, deren aktivitäten u.a. darauf hinausliefen, todeslisten u.a. mit den namen von mitgliedern ihres größten innenpolitischen konkurrenten zu erstellen. ich empfehle das mehrmalige lesen dieses absatzes.

6. die spd als eine der hauptbetroffenen hielt - wie üblich, möchte man(n) sagen - vermutlich aus gründen der "staatsraison" bzw. auch eigener feigheit ziemlich den deckel auf diesem geschehen, welches einen "skandal" zu nennen sich wg. untertreibung imo verbietet.

7. insgesamt sind in diesem geschehen bereits schon die meisten der später unter dem namen "gladio" bekannt gewordenen strukturen enthalten: jenseits jeglicher sog. "demokratischen kontrolle" werden durch geheimdienste - und gerne unter inanspruchnahme erklärter faschisten - mit dem totschlagargument "alles gegen den kommunismus (ein bekanntlich sehr auslegbarer begriff)" so ziemlich alle selbsterklärten "westlichen werte" bzw. das ganze demokratiegerede in die tonne befördert.

8. achja, fast noch vergessen, wer diese nazibande *noch* finanzierte - und wie mit diesen feinen herren umgegangen wurde:

"Finanziert wurden der Bund und seine Zeitschriften von der CIA, vom Innenministerium, dem Gesamtdeutschen Ministerium sowie vermutlich von namhaften Industrieunternehmen wie Coca-Cola, dem Autoelektronikhersteller Bosch, der Schuhfabrik Salamander und dem Zigarettenmogul Reemtsma. In einem Bericht des hessischen Innenministers hieß es damals: "Aus den Beweisurkunden (...) kann wohl mit Sicherheit behauptet werden, daß kein anderer Jugendverband in der Bundesrepublik über so ausgezeichnete Beziehungen zu höchsten Staatsdienststellen, Wirtschaftsverbänden und früheren Militärs verfügte wie der BDJ."

Zum BDJ gehörte ein konspirativ arbeitender "Technischer Dienst" (TD), der im Oktober 1952 durch eigenmächtige Ermittlungen des regionalen hessischen Verfassungsschutzes als "stay behind"-Organisation enttarnt und aufgelöst wurde. Die eingeleiteten Strafverfahren wurden allesamt vom Bundesgerichtshof eingestellt, da der BDJ für die "freiheitlich demokratische Grundordnung" gekämpft hätte."

http://zoom.mediaweb.at/zoom_4596/brd.html#bdj

was bleibt, ist eine zone von willkür, kriminellen aktivitäten, offener ver(l)ach(t)ung der eigenen "gesetze" und vorbereitung des offenen terrors gegen teile der "eigenen" bevölkerung.

(wer das alles genauer nachlesen will, zb. auch die erwähnte regierungserklärung von 53, findet das gut dokumentiert zb. hier:

Leo A. Müller: GLADIO - DAS ERBE DES KALTEN KRIEGES. Der Nato-Geheimbund und sein deutscher Vorläufer. rororo-aktuell. Hamburg 1991.)

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pro und contra Verschwörologie
Zur Geschichte des scharf rechtsgerichteten "Bund deutscher Jugend" gehört aber auch, dass diese Organisation recht schnell verboten und zerschlagen wurde. Insofern hat sich - 1953 zumal - die Demokratie wehrhaft gezeigt. Man mag bedauern, dass den Verantwortlichen nicht der Prozess gemacht wurde, und noch mehr, dass die industriellen Hintermänner nicht aufgedeckt wurden.

Indes: Unter verschwörologischen Gesichtspunkten zeigt diese Geschichte dreierlei:

Erstens, dass es derartige Umtriebe von Zeit zu Zeit gibt.

Zweitens, dass diese i.d.R. von nur geringer Wirksamkeit sind.

Drittens, dass hochgelobte, angeblich "freiheitlich" gesinnte Industriekreise und CIA-Vorfeldorganisationen u.ä. mitunter nur einen Dreck auf jegliche Freiheit und Menschenwürde geben, und zwar genau dann, wenn eine irre Bedrohungsvision [damals: ein geradezu pathologische Züge habender 50er-Jahre-Antikommunismus] ihnen dafür die vermeintliche Rechtfertigung gibt.

Was den zweiten Punkt betrifft, sieht die Situation bereits völlig anders auf, wenn derartige Umtriebe nicht etwa auf eine halbwegs gefestigte Demokratie treffen, sondern z.B. in Südamerika stattfinden. Es sollte jedem halbwegs klar sein, was z.B. die CIA für Verbrechen in Lateinamerika zu verantworten hat. Vor diesem Hintergrund kann ich weder verstehen, dass die CIA in unserem Land nicht offiziell zu den Terrororganisationen gezählt wird, zumal sie sich nachweislich im Bereich Wirtschaftsspionage betätigt, noch verstehe ich, dass rechtsgerichtete oder konservative Menschen Kritik an der Politik der CIA oder am geradezu wahnhaft aufgeblähten Umfang amerikanischer Geheimdienste ablehnen, oder gar behaupten, diese sei angeblich "Antiamerikanismus".

Wer "Freiheit" in seiner Werteordnung weit oben zu stehen hat, kann gegenüber Geheimdienstumtrieben nicht einfach eine grundignorante Haltung einnehmen, während er dann zugleich bei jedem kleineren Pups, z.B. eines Christian Klar*, sich persönlich bedroht fühlt oder sonstwie ereifert.

*Dass dieser Typ an und für sich ziemlich idiotisch ist, dürfte unbestritten sein. Aber sich wegen einer unbedeutenden und heute völlig ungefährlichen Einzelperson aufregen? Lachhaft!

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Und dann auch noch das!

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Wer übrigens mal wirklich kranke Verschwörungstheorie lesen will, so richtig obermeschugge durchgeknallt, kommt hier auf seine Kosten:

http://www.sinnverlag.de/k_1_Guiseppe+Mazzini.html


Ich habe mich ja köstlich amüsiert, aber wahrscheinlich nimmt selbst DAS noch irgendein Wahnsinniger ernst.

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Die Angaben,
in welchem Museum dieser angebliche Brief jahrelang offen dagelegen haben soll, variieren je nach Quelle ganz erheblich. Aber davon abgesehen: Um den gesamten Weltenlauf der letzten paarhundert Jahre von einigen wenigen Insidern gesteuert zu sehen, dazu muss man sich vermutlich schon ständig ein Hütchen aus Alufolie auf den Kopf ziehen, das die MK-Ultra-Strahlung abwehrt, die uns alle zu willfähren Sklaven von DENEN macht.

In diesem Zusammenhang auch immer wieder gern gelesen:

- die 666-Zeichenfolge im EAN/UPC-13-Barcode
- das umgedrehte Pentagramm im Stadtplan von Washington
- Reichsdeutsche Flugscheiben

Vor Jahren hab ich mal durch so ziemlich alles durchgeklickt, was auf diesem Sektor so an Theorien unterwegs ist. Mein Fazit: Man kommt an kein Ende und gefährdet irgendwann seine geistige Gesundheit...

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Wer so etwas für voll nimmt, hat seine geistige Gesundheit bereits verloren. Aber das Beispiel "23" zeigt ja, dass da paranoide junge Leute Wilsons satirische Verschwörungsverarsche für voll genommen haben, was ich, der ich "Illuminatus!" mehrfach gelesen habe, überhaupt nicht nachvollziehen kann. Es gibt ja sogar Leute, die steif und fest behaupten, dass "Necronomicon" gäbe es wirklich. Wahrscheinlich denken die auch, es gäbe tatsächlich eine Miskatonic University in Arkham.

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Nachvollziehen
kann ich das ansatzweise schon. Und Satire, hach ja, das beweist ja alles und nichts. Hinter diesem Stilmittel kann sich ja durchaus eine Anklage realer Verhältnisse verbergen. Jonathan Swift hatte ja auch einen sehr ernsten Background hinter seinem "A modest Proposal", in dem er den Verzehr von Kindern armer Leute empfahl. Vielleicht war das neue Testament ja auch nur eine Satire auf den mosaischen Messiasglauben, die ihren vier Urhebern dann aus den Händen glitt. Das sind alles Theorien, die sich letztendlich nicht beweisen (und auch nicht letztgültig widerlegen) lassen. Und genau das trägt zu ihrem Charme und Unterhaltungswert ja bei.

Letztlich läuft es auf die Frage hinaus, wo die persönliche Plausibilitätsprüfung eines jeden einsetzt und signalisiert, "no way - das ist zu abwegig, das kann nicht sein." Wenn Sachen wie Gladio oder die Pidue-Geschichte real gewesen sind, wieso sollten dann Bilderberger-Treffen oder der Rat der 300 erfunden sein?

Um für sich die Frage zu klären, wo man die Plausibilitätsgrenze zieht, muss man sich meines Erachtens schon auf abschüssiges Gelände trauen und Blicke in Abgründe riskieren. Aber man muss halt auch ein gutes Sicherungsseil im Hier und Jetzt haben.

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Kein Problem, ich bin Alpinist. Übrigens, was die Bilderberger-Treffen angeht: Es ist sehr gut möglich, dass es die gab oder gibt. Aber daraus eine das Weltgeschehen lenkende Weltverschwörung zu machen ist noch einmal ein anderer Schnack.

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Ein Promínententreff macht noch keine Weltverschwörung. Im Übrigen halte ich, falls es überhaupt jemals "Bilderberger" gegeben haben sollte, im Vergleich dazu z.B. die Hayek-Gesellschaft für bedeutsamer - und noch mehr beispielsweise ein G8-Gipfeltreffen.

Achja, und wir erkennen sofort: Ganz so folgenreich sind weltweite Verschwörungen wohl eher nicht. Die größte und einflussreichste weltweite Verschwörergemeinde sind in meinen Augen die amerikanischen Geheimdienste. Durchaus mit Verbrechen und Einfluss verbunden, ja, sogar in weltweiten Maßstab. Aber eigentlich ist es wie immer: Die Dinge sind komplexer, wenn man sie sich im Detail anschaut.

Richtige Verschwörungen sind eher selten - und, wenn diese vorkommen, zeitlich begrenzt.

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Ja,
im Umkehrschluss könnte man auch sagen: Je dauerhafter und umfassender die Verschwörung sein soll, desto unwahrscheinlicher ist ihre Existenz. Ist ja auch eine Frage der Entropie: Einen geordneten Zustand herzustellen und aufrecht zu erhalten, frisst mehr Energie als ungeordnetes Chaos. Von daher müssten dann schon Riesen-Energien aufgewendet werden, um sowas wie eine Neue Weltordnung zu schaffen. Nicht zu reden von der exorbitanten Menge an Mitwissern, selbst wenn man davon ausgeht, dass nur die ganz oben in der Pyramide den vollen Überblick haben.

Trotzdem finde ich den Grundsatz "trau niemandem" nicht verkehrt. Bedenke immer, dass alles auch anders sein könnte, als es sich Dir darstellt. Insofern betrachte ich die Konspirologie nicht zwingenderweise als komplett nutzlose Übung.

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"Je dauerhafter und umfassender die Verschwörung sein soll, desto unwahrscheinlicher ist ihre Existenz." - wende diesen Satz mal auf die Verschwörung an, die unter dem Begriff "Unsere Sache" bekannt ist oder auch "Tod Frankreich, Italien erhebt sich".

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Äh, ja.
Das stimmt natürlich, ich hatte mein Axiom zu eindimensional formuliert. Das bezog sich in der Tat mehr so auf das Level Weltherrschaft etc. Natürlich gibt es international/global agierende kriminelle Vereinigungen mit Verschwörungscharakter, die auch größere Zeiträume überdauern. Aber ansonsten sind richtige Verschwörungen vermutlich eher selten und auch auch zeitlich nicht unbedingt von Dauer, das sehe ich ähnlich wie Dr. Dean.

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Nur, im Unterschied zu den nichtexistierenden Weltherrschaftsverschwörungen sind Cosa Nostra,Camorra und Co die wirklichen Verschwörungen, sogar im Wortsinn (wg. Schwur). Und ohne die CIA wären sie nicht das, was sie heute sind.

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Die reale Verschwörung
Nachtrag hierzu, 2 1/2 Jahre später:



Das lässt einem heute noch die Haare zu Berge stehen:

http://www.nadir.org/nadir/initiativ/agp/free/genova/g8dossier.htm

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Habe mir erlaubt, diesen Artikel in meiner (sehr viel oberflächlicheren) Betrachtung des antideutschen Phänomens zu verlinken:
http://misanthrope.blogger.de/stories/1753151/

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Gerne, freue mich ja, wenn das nach der ganzen Zeit noch oder wieder gelesen wird.

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Einige Gedanken
Puh, wie stark hat der Neokonservative Grigat (nicht ein wie auch immer gearteter Neokonservatismus) Relevanz für die, die sich unter dem Label Antideutsch tummeln?

Faschistische Bewegungen können in der USA sehr wohl Erfolg haben, wie überall in einer kapitalistischen und nationalstaatlich geprägten Welt. Der Nationalsozialismus hat sich aber nun einmal in Deutschland formiert und nicht anderswo. Das gibt doch zu denken. Ein so totalitäres System, was so weit in den Alltag der Mensch eingreift, kann ich mir in den weniger etatistischen und stärker 'inner-kulturell' gegensätzlichen Vereinigten Staaten schwerer vorstellen. Ein Blick auf Japan und seinen Gemeinsamkeiten mit Deutschland wäre denke ich lohnend.

Da sind wir doch wieder bei der Frage, inwieweit der Nationalsozialismus mit dem Faschismus identisch ist. Das Milošević-Regime, das Baath-Regime, vielleicht das heutige Russland etc. faschistisch, okay, aber dem Nationalsozialismus entsprechend?

"Gesellschaftliche Pathologie, eine kollektive Form der Paranoia" - ja da gehe ich mit. In Europa ist davon aber nun einmal der Antisemitismus die dominante Form. 'Antisemitismus und Volksstaat' ist bekannt?

Etwas allgemeiner, wenn der Nationalsozialismus und damit sein Bild Ausschwitz, die Vernichtungslager, Weltkrieg, die geplante Versklavung und Vernichtung der sogenannten slawischen Welt, wenn dieses, was in der sinnentleerten, kapitalistischen Realität der Individuen angelegt ist (!), aber sich nur sehr begrenzt aus ökonomischen Zwängen erklären lässt, einfach in der allgemeinen menschlichen Leidensgeschichte (oder im Kapitalismus) aufgehen soll, dann wird das doch nicht der Ungeheuerlichkeit gerecht. Der rechte Rand und der aus emanzipatorischer Perspektive rechte Mainstream hierzulande (den man auch aus den Augen verlieren kann, wenn man sich fast nur in linken Subkulturen oder intellektuellen Kreisen tummelt) argumentiert mit Ähnlichkeit, die deutschen Verbrechen werden kleingeredet, gleichgemacht und sollen in einer allgemeinen Geschichte aufgehen.

Übrigens taugt "die kritische Theorie sagt aber etwas anderes" nur bedingt als Argument und ich denke nicht, dass man an ein Rest Theologie - Ideologie herumkommt, wenn man die Welt anderen Menschen erklären will.

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