Montag, 31. Oktober 2016
Far beyond the filter bubble
Vor einiger Zeit habe ich mich mal im Kollegenkreis über die Diskurse unterhalten die in Kleinbloggersdorf so die Runde machen. Als ich erzählte, dass ich in Blogs (Diese Leute bloggen nicht) Menschen begegnet bin, die davon ausgehen, dass Schwule und Lesben heute und in Deutschland diskriminierten Minderheiten angehören, die ähnlich verfolgt und bedroht sind wie Schwarze, Flüchtlinge und Juden und dass die davon ausgehen würden, dass alle diese Gruppen eine Art Interessengemeinschaft hätten und gemeinsam mit Feministinnen auch einen gemeinsamen Gegner, nämlich männliche heterosexuelle Weiße und dass das ein Widerspruch parallel zum Klassenwiderspruch wäre - so weit kam ich noch, dann wurde ich mit der Frage unterbrochen: "In welcher psychiatrischen Klinik wurde das formuliert?".

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Wie an anderer Stelle schon gesagt, es fragt sich, was das beweist. Dass Schwule im undiskriminierten Mainstream angekommen sind - oder dass die Fragenden schlechterdings keine Ahnung haben?

Ich habe lange kramen müssen, aber die Browserhistory hat mir doch noch den Link zu einem interessanten Beitrag zu dieser Frage aufgehoben.

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Ah ja, danke!

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Könnte es zufällig nebenbei was anderes beweisen (belegen)? Nämlich dass Netz-Ureinwohner, auch wenn sie männlich, weiß, hetero sind (wie in dem Fall Sie, Herr Mark), gegenüber dem kirren, konstituierenden Moment der Erzählung völlig abgestumpft sind, nicht mal mehr schulterzucken, weil sie schon alles gesehen haben, jeden Unsinn gewohnt sind?
Sie ecken nicht mehr merkbar an an der Binse, dass Sie, ja Sie!, als männlicher, weißer Hetero qua Geburt die schmeichelhafte Rolle des Bösen vom Dienst übernehmen. Astreine Hatespeech, eh!
Kenne ich vom frühmorgendlichen Scherzspiel im Büro, „wer ist heute der Schuldige des Tages?“, nur dass dabei reihum jeder mal dran ist.

Man muss vielleicht von den dafür wesentlichen Filterbubbles ganz weit weg sein, am besten offline-weit weg, um, siehe Ausgangspost, auf die naheliegende Frage zu kommen: „In welcher psychiatrischen Klinik wurde das erfunden?“

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@mark793: Ich schließe aus diesem "interessanten" Beitrag, dass der Idiotie sexuelle Orientierung egal ist.

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@lacommune: Das würde ich nicht nur speziell aus diesem Beitrag ableiten.

@fritz_: Die Jammernummer, als alter weißer cis-heteromann keiner anerkannten Opfergruppe anzugehören, hat Harald Martenstein schon zur Genüge ausgewalzt. Es ist jetzt zwar auch nicht so, dass ich mir auf die Privilegiertheit dieser Daseinsform ständig ein Ei backe, aber ich muss doch jetzt hoffentlich nicht mit der Binse kommen, dass Angehörige von Minderheiten es nicht unbedingt leichter und besser haben. Ich sehe darin auch keine Schuldzuweisung, wenn man Max Goldt zustimmt, der mal sinngemäß geschrieben hat, dass die Mehrheit eine Plage sein kann, weil sie ihre normierenden Kräfte nicht durch Selbstzweifel im Zaum hält. Ich bewege mich ja bisweilen in abseitigen Filterblasen, aber dass mir meine Existenz als männlicher weißer Hetero als Schuldzuweisung reingerieben wurde, ist mir ziemlich selten passiert.

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"The liberal establishment managed to pull a trick on us, making us think that we would be able to remain as a decisively distinct community while becoming part of the mainstream too. You can’t eat your cake and have it, no many how many poor Christian bakers you sue."

Da hat er natürlich einen Punkt, wenn man es so deutet, dass die Assimilation nicht die Homophobie verschwinden lässt und trotzdem ist die decisively distinct community ein Produkt der Homophobie. http://fs5.directupload.net/images/161101/gobuvin3.png Der Jude muss auf ewig der Jude bleiben, der Homosexuelle auf ewig der Homosexuelle.

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So als blonde (untenrum schwarz, vielleicht macht das ja was wett?) weiße heterosexuelle Frau stehe ich ja vielleicht von Vornherein in den Reihen der Mainstream-Tätergruppe, dennoch möchte ich den Erfahrungszusammenhang anführen, der den vielleicht größten Eklat auf diesem Blog einstmals auslöste: In feministischen Kreisen habe ich erlebt, dass es da eine Hierarchisierung gab, in der Lesben als so eine Art natürliche Avantgarde der Frauenbewegung angesehen wurden, weil sie keine Bindungen an Männer hätten und daher weiter wären und jede Feminstin es als Ziel ansttreben müsste, Lesbe zu werden. Im Prinzip nichts Anderes als Maos "Keine Gemeinsamkeiten mit dem Feind haben" oder das RAF/Antiimp-Konzept "Zur Front kommen" auf Geschlechterverhältnisse übertragen. Als heterosexuelle weiße Frau mit BDSM-Vorlieben im Switch-Bereich (d.h. sowohl devot als auch dominant, spielerisch die Rollen wechselnd) war da für mich gar kein Platz, ich wurde von sich explizit linksradikal definierenden Leuten als pervers bezeichnet. Und erlebe diese Rund-um-die-Mädchenmannschaft-Diskurse und das, was ein Momo so absondert als eine Art unfreiwillige Satire auf feministische Debatten von vor über 20 Jahren. Nur dass die jetzt noch moralischer sind als damals - wenn das überhaupt noch geht. Dass übrigens unsere damalige Antwort auf Männergewalt gegen Frauen -praktizierte Gegengewalt - in diesem Spektrum so gar nicht wahrgenommen oder sogar als "victimbashing" interpretiert wird ist bezeichnend. Ebenso bezeichnend, dass die Töchterchen heute mit Selbstverständlichkeit Jobs für sich und ihre feministischen Positionen mit geradezu erpresserischem Gestus einfordern - wir hatten damals dafür noch mit Knast gerechnet und ganz im Ernst mit Einsperrungstrainings uns darauf vorbereitet. Von daher muten mir diese ganzen Netzfeministinnen als sehr billige und sehr alberne Karikaturen von uns selber von vor 25 Jahren an.

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Vielleicht sollte man davon wegkommen, die ganze Welt immer nur in Täter- und Opferkategorien wahrzunehmen.

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einmal ja, einmal nein, einmal aber ...
ja:

ich habe in HH da son jungen Typen kennengelernt, ziemlich abgestürzt, der sich aber nicht fertigmachen lassen wollte, sondern z.B. im kleinen Club die Open Stage enterte und gar nicht mal so schlecht sang (ziemlich, naja, versoffne, tiefe Stimme). einsamer Kerl. ihm fehlte es an Selbstbewusstsein - es braucht schließlich Jahre und die richtige Technik, um sich anständig auf der Gitarre begleiten zu können. gutes Instrument übrigens. aber er wollte sich nun mal nicht als Penner abstempel lassen. er rang um (Selbst)Achtung. wovor nun wieder ich Respekt habe. als ich meine ofW-Jahre durchmachte, hatte ich meine "Achtungserfolge" lange hinter mir. ich hatte immer die Möglichkeit, mich meiner selbst zu versichern; du bist zwar ein Arsch, aber bei kleinen Auftritten, zu Silvester, na, du stehst auf der Bühne und um dich rum tanzen überall überwiegend Frauen rum, manchmal machte ich es eben doch richtig.

und mich schätzten Leute, die mich brauchten. diese Fähigkeiten konnte ich freilich nur in einer entspannten Mittelklasse-Gegend entwickeln. sie halfen aber, den Kopf oben zu behalten. der Typ nun versuchte ähnliches, nur in diesem Feld mit weniger günstigen Voraussetzungen.

offenbar recht naiv versuchte er beim fsk (dieser freie linke Sender) irgendwelche Sachen zu machen. auch wer arm dran ist, lebst nicht vom Brot allein. der Typ hatte es ja geschnallt. dann erzählte er mir ganz entgeistert, dass seine/ihre Sendung von der Lesben-Fraktion rausgeekelt worden war. er bemerkte noch, dass er "damit" ja überhaupt nichts zu tun hätte. (vor ca 5 Jahren passiert)

Wir lernen: "Kultur von Unten" - diesmal von ganz unten - wird von solchen Leuten, wie die fsk-Leute welche sind, wieder runtergepusht, viel weiter runter gings nicht. auch eine Folge des Filterblasen-Effekts. kann man drübertrampeln. also: ja.

nein:

"die davon ausgehen, dass [1] Schwule und Lesben heute und in Deutschland diskriminierten Minderheiten angehören, die ähnlich verfolgt und bedroht sind wie Schwarze, Flüchtlinge und Juden und dass die [2] davon ausgehen würden, dass alle diese Gruppen eine Art Interessengemeinschaft hätten ..."

ich meine [1].

[2] ja. aber [1] ? ich verstehe, wenn jemand aus [2] den - zwar irrigen Schluss - zieht, dass diese Leute auch von [1] ausgehen. wenn [1] zuträfe, wäre [2] hinreichend begründet. wenn diese Leute sich so empören, als glaubten sie, [1] träfe zu, dann scheint die Vermutung, dass sie von [2] überzeugt sind, gerechtfertigt. glauben sie aber wirklich an diese Solidaritäts- oder Interessengemeinschaft? schauen wir uns ihren Aktivismus an, dann in Teilen wenigstens: ja. hören wir ihre Solidaritäsbekundungen, dann bleibt uns nichts anderes übrig, als ihnen zu glauben. wenn sie jedoch an [2] glauben, dann heißt das nicht, dass sie konsequenterweise auch an [1] glauben müssen. das ist ganz einfach ein fehlerhafter Umkehrschluss. wir haben hier keine zwingende Logik.

das Besondere an diesem Fehlschluss, den ich bemängele, ist ja, dass, im Gegensatz zu der hier implizierten Annahme, normalerweise Leute, die sich in etwas verrennen, eben etwas ohne hinreichende Gründe glauben !

der Skandal, wenn es einer ist, ist der, dass sie etwas wie [1] glauben müssten, wenn sie an [2] glauben; und wenn sie [2] immer wieder recht laut kundtun, erwecken sie den Anschein, als träfe etwas wie [1] zu. es ist, als würden sie immer etwas unterstellen, das nervt, zugegeben; dass sie es aber unterstellen, muss erst bewiesen werden. dann wäre gezeigt, dass sie zumindest innerhalb ihres Irrglaubens konsequent, also rational wären.

es ist natürlich eine Illusion, dass es eine Solidaritätsgemeinschaft all jener genannten Gruppen Diskriminierter gäbe. das darf sie aber nicht daran hindern, sich trotzdem zusammen zu tun, um - welche Ziele und Zwecke auch immer - zu verfolgen.

typisch für solche Gruppen, wie in Sekten, ist, dass sie zur Rationalisierung ihrer Überzeugung eine noch irrationalere "Rationalisierung" bemühen. das tun sie, indem sie der illusionierten Solidaritätsgemeinschaft von Diskriminierten-Gruppen immer weitere Gruppen Diskriminierter hinzufügen, nach dem Motto: doppelt hält besser. die Abkürzungsbuchstabenreihen werden länger und länger ! und niemand bemerkt, wie unwahrscheinlicher damit eine tatsächliche Solidarität natürlich wird! ja, das stieß mir auch mal etwas unangenehm auf: plötzlich ist von "den Juden" die Rede. (allein das: nämlich nicht zu verhindern, dass ich den Eindruck gewinnen könnte, dass hier der Holocaust möglicherweise instrumentalisiert werden könnte, vielleicht sogar eine solche Absicht besteht, verstößt für mich gegen die Regeln des Anstands.)

das nun deutet klar darauf hin, dass sie nicht nur an [2] nicht glauben, wie sie auch an [1] nicht glauben, sondern, dass sie an [2] nicht glauben,weil sie an [1] nicht glauben !

also: das genaue Gegenteil des von mir inkriminierten Fehlschlusses ist das, was wahrscheinlich ist.

dieses Gebaren, als würde tatsächlich etwas wie [1] unterstellt werden, ist mir mich auch immer auf die Nerven gegangen. desh. habe ich ziemlich gut aufgepasst, ob so eine Unterstellung tatsächlich ausgesprochen wurde. habe ich aber nirgends gesehen.

"... die ähnlich verfolgt und bedroht sind wie Schwarze, Flüchtlinge und Juden" - das ist schon stark. also: Beweise !

aber:

"The liberal establishment managed to pull a trick on us, making us think that we would be able to remain as a decisively distinct community while becoming part of the mainstream too. You can’t eat your cake and have it, no many how many poor Christian bakers you sue."

hierzu mal ein interessanter Artikel in der FAZ zur Rede von Carolin Emcke in der Paulskirche

http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/friedenspreis-rede-von-carolin-emcke-nachbemerkungen-14507818.html

liest sich etwas schwofelig, ich dachte schon ein neuer Sloderdijk, ist aber in der Schlussfolgerung jedenfalls folgerichtig und daher, wie ich meine, lesenswert.

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Danke für diesen gehaltvollen Beitrag, damit erfasst Du das Thema sehr gut!

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@"Der Jude muss auf ewig der Jude bleiben, der Homosexuelle auf ewig der Homosexuelle." --- Den Homosexuellen gibt es gerade mal seit 150 Jahren, da hat die Psychologie diesen Gattungsbegriff erfunden. Im Alten Griechenland etwa war Erziehung männlicher Jugendliche durch ältere Lehrer die mit ihnen Sex hatten eine besonders ehrenvolle Angelegenheit, ja ein sittliches Ideal. Und dabei hatten die beteiligten Männer ansonsten heterosexuelle Beziehungen.

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Ja eben, der Homosexuelle ist produziert, gleichgeschlechtliches Begehren nicht.

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Der Mensch an sich ist multisexuell
Also Bi, zärtlich, BDSM, was auch immer. Die NORMalen Verhältnisse der bestehenden Gesellschaften nehmen leider verschiedene Varianten nur sehr beschränkt zur Kenntnis. Die verschiedenen Weisen, Normabweichendes zu diskriminieren sind allerdings nicht untereinander beliebig austauschbar.

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die ziggev´sche Binse
kein Widerspruch, che.

manchmal will mir nur scheinen, dass, wenn ich versuche, die Diskussion, gibt es die eigentlich, zw. hier verschiedenen Lagern für meinen Hausgebrauch zu rekonstruieren, sich basically Binsen an die Köpfe geworfen wird.

einerseits die Erkenntnis, dass gesellschaftliche Konfigurationen nicht selten mögliche Erkenntnisse verdecken; in solchen Fällen müssen neue Begrifflichkeiten erst mühsam entwickelt werden. dass diese erst später möglicherweise neu überdacht und ausdifferenzieren werden müssen, weil es dann auch erst möglich ist, liegt dann in der Natur der Sache. (Butler, Foucauldt)

dass andererseits natürlich nicht das Kinde mit dem Bade ausgeschüttet werden sollte. Die Diagnose einer gewissen Wissenschaftsfeindlichkeit trifft m.E. für manche Protagonisten leider zu, denen es offensichtlich versagt geblieben ist, diese von mir zuerst genannte Erkenntnis auf die eigenen Ergebnisse anzuwenden. Lieber schaffen sie sich ihre eigene "gesellschaftliche Konfiguration", oder, etw. polemischer, Filterblasen, die auch noch emphatisch bejaht werden. (Nein, das naturwissenschaftliche Paradigma bringt einen Diskurs hervor, der immer nur wieder dieselbe Unterdrückung hervorbringen wird; dieser Diskurs muss als solcher bekämpft und boykottieren werden.)

Oder Horkheimers Binse dass natürlich eine kapitalistische Gesellschaft unvermeidlich dazu tendiert, zur Selbstbeschreibung Theorien hervorzubringen, die eben in ein zweckrationales, auf Verwertbarkeit ausgerichtetes Schema passen. Wo ist da der Punkt? Dass es da einen "blinden Fleck" gibt, ist doch nur allzu plausibel!

sodann wälzt man sich im selbstzugefügten sadomasochistischen Lustschmerz, sofern man diese "Dialektik" auf "die Aufklärung" anwendet. Und los: wieder werden Kinder mit Bädern ausgeschüttet. Der Begriff der Aufklärung ist natürlich ebenfalls historisch emergiert, aber das kümmert ja nicht, denn er wird kurzerhand ausgesetzt und verfehmt. Fürderhin bleibt nur noch die Aufklärung, die sich gegen sich selber wendet. Heute mal ganz tollkühn: die Stimmen in England, die sich gegen "München" und für Krieg gegen Deutschland aussprachen, taten dies aus von rein kapitalistischen Interessen befeuertem zweckrationalem Denken. Dasselbe gilt für die Alliierten, die schließlich Europa von Hitler befreiten. Geht ja nicht anders, muss ja son sein. *Ironiemodus off*

gelähmt von selbstzerfleischendem Lustschmerz, misslingt es, historisch hinter die Aufklärung zurückzublicken. Man hat hier gewissermaßen die Brücken hinter sich abgebrochen, Aufklärung "de(kon)struiert".

das pauschale Urteil, dass es "das Subjekt" "nicht gebe" (ohne sich die Frage zu stellen in der Lage zu sein, welchen ontologischen Status man in dieser Negation eigentlich meint), scheint immer nur von bildungsfernen "Subjekten" zu stammen, denen es versagt worden ist, jener Bildung teilhaftig zu werden, die es ihnen ermöglicht hätte, sich multidirektional zu orientieren. Ironischerweise bestätigen sie auf tragische Weise die These vom "verstümmelten", "zugerichteten" Subjekt.

diese Perspektive auf multidirektionale Orientierung, wofür wir im Deutschen das schöne Wort Wildung Bildung haben, und die Subjekte hervorbringt, hat historisch nicht etwa erst die Aufklärung als ermöglichende Bedingung (die Existenz der Dialektik derselben muss ja gar nicht abgeleugnet werden), sondern wir finden das Vorbild bereits in der Antike. Fortgesetzt wurde allerdings diese Perspektive nicht erst in der Renaissance, wo Horkheimer seine Analysen einsetze lässt. Das Konzept des Selberdenkens, seit Kant würden wir Mündigkeit sagen, setzt ein mit der Entdeckung der Wissenschaft, in dem Sinne, dass wir hiermit die Möglichkeitsbedingung für die Naturwissenschaften meinen, wenn nicht eben diese. Von hier aus, nennen wir ruhig unsere Haupt- oder Lieblingsprotagonisten Platon und Aristoteles, machen wir einen etwas kürzeren Hopser, ins (frühe) Mittelalter, als Averroës´ Aristoteles-Kommentar die Theologen zum "Selberdenken" zwang. Die vielgescholtene Scholastik, verkürzt gesagt, war ja eigentlich eine Verwissenschaftlichung. Wir finden durchaus wissenschaftliches Denken bei Thomas. Bei Bacon finden wir die Viele-Weltentheorie (Multiversum). Die Mittelalterlichen "Empiristen" (das waren Nominalisten) trugen ihren Teil zur Sprengung der scholastischen Fixierung bei.

und "mündiges" Denken, ist wohl etwas, das wir vornehmlich "Subjekten" zuschreiben werden

die ziggev´sche Binse also: Horkheimers Binse sollte doch nicht als Vorwand genommen werden, um auf Zurkenntnisnahme naturwissenschaftliche Bildung gänzlich zu verzichten! Ich müsste mir vorwerfen lassen, dass ich bestenfalls eine billige Volte abzuschießen mich anheischig mache, wenn ich so in etwa sagte, man habe sich, ohne mit der Aufklärung selber sich zu beschäftigen, von der dialektischen Kritik derselben (unbenommen brillant vorgetragen) besoffen machen lassen, um dann mit Kaninchenblick auf die Buchstabenfolge dieses eine Epoche bezeichnenden Begriff starrend, sich dergestalt, ihn buchstäblich nehmend, von ihm hypnotisieren zu lassen, dass gedanklich Lähmung die unvermeidliche Folge gewesen ist, --- wenn nicht alles so abgelaufen wäre, als ob sich nicht genau das zugetragen hätte!

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mein Problem, dear che, bei der Rede von "multisexuell" und dergl. mehr ist immer, mich beschleicht immer ein ungemütliches Gefühl, wenn ich sowas höre. Der Grund hierfür liegt, wie ich vermute, in einer ganz simplem Überlegung: ein-eindeutige Identitäten etablieren immer auch ein Konzept von "Differenz". Zerschlage ich nun diesen Spiegel der Identität, erhalte ich wiederum bloß viele Splitter, also eine Multiplizität von Differenzen. Und was wird sich nun in diesen vielen Scherben spiegeln? Natürlich immer wieder bloß weitere Identitäten. Ich frage mich, was nun dabei gewonnen ist?

Schlimmer noch: ich muss nun immer genauer hinsehen, um diese "Differenzen" ausmachen zu können. Gewissermaßen eine immer bessere Brille aufsetzen, eine Lupe zur Hand nehmen, ein Mikroskop benutzen. Will sagen, es scheint doch geradezu nach einer "wissenschaftlichen" Methode zu rufen.

"zärtlich ... was auch immer" - es kann doch nicht so schwer sein, zu begreifen, dass wir hier etwas einfach nicht in den Focus bekommen. Eine "wissenschaftliche" Methode ist hier nun mal falsch. Heißt es "multi...", frage ich natürlich gleich: aha! welche denn, und wie viele? Aber das ist einfach müßig, will mir scheinen. Vielleicht liegt das Problem im Spiegel, um im Bild zu bleiben.

und, by the way, die "ehrenvolle Angelegenheit, ja ein sittliches Ideal" im alten Griechenland betreffend, möchte ich es mir nicht nehmen lassen, darauf hinzuweisen, dass bei Aristophanes ebenso Spott und Hohn über jemanden, der es mit den Jungen hatte, ausgeschüttet wird ...

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@che: "Die verschiedenen Weisen, Normabweichendes zu diskriminieren sind allerdings nicht untereinander beliebig austauschbar." Nein, aber das was John Zorn beschreibt, kann man auf die Identitätsfindung von Menschen mit gleichgeschlechtlichen Neigungen (zumindest hier und heute) übertragen: "Der Jude ist immer Ursprung einer doppelten Infragestellung gewesen: der Infragestellung des Selbst und der Infragestellung des ‚Anderen’. Da ihm nie die Möglichkeit gewährt wird, aufzuhören, jüdisch zu sein, ist er gezwungen, die Frage seiner Identität zu formulieren. Daher ist er von Anbeginn mit dem Diskurs des ‚Anderen’ konfrontiert, und oft hängt sein Leben davon ab. […]"

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Und was wird sich nun in diesen vielen Scherben spiegeln? Natürlich immer wieder bloß weitere Identitäten. Ich frage mich, was nun dabei gewonnen ist?

Ja, aber es wäre ja zu hoffen, dass mit dem Splittern der Ein-Eindeutigkeiten auch die normierenden Kräfte des vorherrschenden Modells etwas nachlassen, so dass die davon abweichenden Präferenzen und Praktiken nicht mehr automatisch als pervers und abartig abgewertet werden.

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@ziggev, tatsächlich beginnt die Dialektik der Aufklärung mit dem Nominalismus und dem Universalienstreit, wie ich einst in meiner Zwischenprüfungsarbeit in Politikwissenschaft nachwies. Woher Du aber Deinen dauernden Vorwurf nimmst, Ansätze der Geistes- und Sozialwissenschaften seien gegen naturwissenschaftliche Beweisführungen gerichtet und würden Naturwissenschaft im Extremfall sogar als "feindlich" betrachten verstehe ich nicht. Dem ist nicht so. Das dritte Problem, dass des Identitären vs. der Wahlfreiheit des eigenen Lebensstils bzw. dass dies nicht so selbstverständlich ist und die sehr spezifischen Welt- und Lebenserfahrungen von LBGT würde ich hingegen niemals in einem derartig wissenschaftstheoretisch-philosophiegeschichtlichen Denkansatz thematisieren wollen.

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Worauf mal wieder meine eigene durchaus subjektive Wahrnehmung in dieser Männerrunde nullinger zur Kenntnis genommen wurde.

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Naja, so ganz neu war der hiesigen Stammleserschaft der Topos der Göttinger Lesbenherrschaft schon damals nicht mehr, als Momo darauf steil ging. ;-)

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Ich mag ja Frauen, die in ihrem Aussehen (vielleicht Ästhetik das bessere Wort) Männern ähneln, aber sonst eher so das mit sich führen, was mit Weiblichkeit verbunden wird. Und wie ist Netbitch so? Das Gegenteil kann übrigens auch interessant sein, war es nur bisher nicht so sehr. Aber ich halte mir das als Möglichkeit offen. Gar nicht nur als Nächstenliebe, sondern weil ich ein schönes Leben will. Andere sehen diese Möglichkeiten nicht und nehmen sie nur als Zumutung war.

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Ja Mark das ist ja richtig, aber ich bezog mich nur auf diesen Thread hier, und lacommune gehörte damals meines Wissens auch noch nicht zur Stammleserschaft.

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@lacommune, dem Aussehen nach bin ich äußerst weiblich, was Verhaltensweisen und Alltagshandlungen angeht kommt es darauf an was Du für einen Weiblichkeitsbegriff hast. Also wenn Du Amazonen, Walküren, Dominas und Motorradbräute weiblich findest bin ich unbeschreiblich weiblich;-)

Ich bin eine Langhaarblondine (mit ab und an farbigen Directions-Bahnen zwischendurch) von durchaus playmatelikem äußeren Erscheinungsbild, studierte Sozialwissenschaftlerin und Psychologin, im Marketing tätig und äußerst sportlich, Kaltduscherin, Kampfsport, Wildwasserkajak, Ski Nordic. Motorrad-und Sportwagenfahrerin, spielte mal Bass in einer Frauen-Heavy-Metal-Band. Haue ohne Hemmschwelle zu, wenn ein Kerlinger mir zu nah kommt. Ansonsten mache ich von meiner Stimme Gebrauch und liebe es, Leute verbal auf die Schippe zu nehmen. Wenn mir jemand nachpfeift gehe ich schon mal mit laszivem Femme-Fatale-Schritt auf ihn zu und sage: "Ich weiß, dass ich nen sexy Arsch habe, da brauchst Du mich nicht extra drauf aufmerksam zu machen" und lache laut über die entsetzten Gesichtszüge oder das Erröten der Tüpen. Und ich stehe auf abwechslungsreichen und wilden Sex und bin da sehr experimentierfreudig. Bin linksradikal orientiert und habe ein Problem mit der linken Szene - nein eigentlich hat die eins mit mir - nämlich dass diese meine Eigenheiten und Verhaltensweisen und Vorlieben da im Allgemeinen überhaupt nicht akzeptiert werden. Komme mir da vor wie eine Außerirdische wahrgenommen zu werden. So Eine ist die Netbitch. Und wie bist Du?

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beim hl. Thomas vorgezeichnet (der sich übrigends an eben dieser Stelle auf einen arabischen Autor bezieht)
@ che, fand ich interessant, also:

google : nominalismus "dialektik der aufklärung" - wirft aber gerade eine bestätigung meines Verdachts von berufenerer (als meiner Bescheidenheit) Seite aus:

"Sind aber "Macht und Erkenntnis synonym" (Adorno GS/3, Dialektik der Aufklärung, 20), dann entspringt alles in Sätzen formulierte Wissen allein dem zeichensetzenden Subjekt, das die Gegenstände der NAtur lediglich ordnet, nicht aber ihre innere Wesensbestimmung erfasst. Diese Bestimmung der Naturerkenntnis entspricht dem Rradikalen Nominalismus Wilhelm von Ockham,nach dem die Begriffe und Sätze nur intetiones animae und die Natur nur eine Summe von singalaris sein sollten. Darin lag eine radikale Abkehrung von der aristotelischen Wissenschaft, die immerhin auf der inneren Wesensform der Dinge bestanden hatte. Die Dialektik der Aufklärung kritisiert die nominalistische Konzeption von Naturwissenschft, als läge der moderne Positivismus der Wissenschaft seit der babylonischen Astronomie zugrunde. Darin liegt ein unhistorischer Begriff von Aufklärung."

meine Skepsis, was die horkdornischen wissenschaftsgeschichtlichen Rekonstruktionen betrifft, muss ich also auch auf den sog. Empirismusstreit ausdehnen, wie es aussieht.

Link

diesem Aufklärungspessimismus schien an den Universitäten ritenhaft gehuldigt zu werden. "ich fing ja durchaus das Studium auch mit aufklärerischem Impuls an, aber ..." - gähn.

wenn ich die Eingangssätze Deines letzten Kommentars bösartig lese, dann entdecke ich etwas, dem ich aber auch sonst in Fülle begegnete: Das Wissen über Wissenschaftsgeschichte glaubten viele doch tatsächlich aus den Schriften der ärgsten Kritiker der zeitgenössisch betriebenen (soziologischen) Wissenschaft beziehen zu können zu glauben. ich sag mal: doch arg "undialektisch"!

auch lernte ich jüngst, dass Horkdorno sich in ihrer Kantkritik auf den Neu-Kantianismus bezogen; jedenfalls wurde hier kritisch angesetzt. Einer Neu-Kantianismus-Rezeption wurde jedoch die der Idealisten, Marxens, des Positivismus, Schopenhauers, Nietzsches und Kierkegaards vorgezogen. Auch hier gab es offenbar keine immanente Kritik an der KdA.

ich werfe bis hierher niemandem Wissenschaftsfeindlichkeit vor. Mangel an "kriminalistischer Sorgfalt", wie ich es nenne, aber sehr wohl. Auch verdamme ich nicht Geistes- und Sozialwissenschaften en grosso. Ich bin "Nominalist" genug, um es willkommen zu heißen, für synthetische Urteile der jew. eigenen Wissenschaft sich zu bedienen, wo es gerade passt, meinetwegen bei Foulcauldt, Derrida oder Butler.

denke ich aber an die Sarrazin-Debatten zurück, wurden nicht von einem hier im Blog Wohlbekannten bestimmte Stellungnahmen und Argumente abgelehnt, weil sie gewissermaßen "von der falschen Seite" stammten? Oder, nächster Punkt: hat es nun einen "Fortschritt" i.S. der Aufklärung gegeben oder nicht? Entgegen jeder Plausibilität wurde behauptet, das könne sich so nicht verhalten! Das meine ich mit "Wissenschaftsfeindlichkeit". Allenthalben methodische Nicht-Neugier gegenüber dem kritisierten Gegenstand.

Es schienen Dinge gegeben zu haben, auf die man sich geeinigt zu haben schien, und wo niemand mehr meine "kriminalistischer Sorgfalt" an den Tag legte. So galt ja auch in klein Bloggerdorf "sozialdemokratisch" als Schimpfwort, Habermas "Der philosophische Diskurs der Moderne" schien es nur zum Abwatschen zu geben. Habermas=Sozaildemokratisch=Buhh !!! Das gibt es aber nur in Deutschland. Die Adorno-Rezeption (also auch Habermas Kritik), die in angelsächsischen Ländern langsam in Gang gekommen ist, sieht hier um einiges klarer.

dagegen ist es doch interessant zu erfahren, dass bereits im 12. Jh. sich eine Zäsur vollzog, die ein allein der Vernunft folgendes Denken ermöglichte oder eine sich von antiken kosmologischen Vorstellungen ablösende Konzeption einer nach vorn offene Geschichte. ich will ja nicht einen vergangenen, vergessen unschönen Streit zw. mir und bersarin wieder aufwärmen, aber wie, frage ich, kann es sein, dass jemand allen ernstes noch nie von der "Klassische Analyse des Wissensbegriff" gehört haben will (stattdessen hegelianische Bestimmungen)? Mit geht es jetzt nicht ums hegelbersarin-bashing. Aber, ich sah nach, und, tatsächlich, wir finden den KdW bereits beim hl. Thomas vorgezeichnet (der sich übrigends an eben dieser Stelle auf einen arabischen Autor bezieht).

daher ging mir das hier runter wie Öl : Zweiter Anfang des Freien Denkens in der Faz vom 26.10. von Ludger Honnefeld (nicht frei verfügbar / 1€)

zu finden hier

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das mit den Spiegeln usw. ich bin natürlich unendlich weit davon entfernt, gegen einen Pluralismus zu argumentieren.
mir missbehagt auf mich bezogen bereits die Zuschreibung "multisexuell" weil Zuschreibung. Das waren einfach ein paar Intuitionen von mir; ohne jeden gesellschafsrelevanten Anspruch. Eher sehe ich mich als Mikrokosmos, in dem sich in verscheidenen Schattierungen der Makrokosmos spiegelt.

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Wie gesagt, die von Horkdorno so nicht gesehene Historizität und Zeitbedingheit der Dialektik der Aufklärung war ja das damalige Thema meiner Arbeit. Dafür bekam ich damals Punktabzug, da ich den Anspruch der an eine Zwischenprüfungsarbeit zu stellen sei gnadenlos um ein Vielfaches übererfüllt hätte;-)

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ah so läuft der Hase ;-)

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@netbitch: Keine Ahnung ob ich damals zur Stammleserschaft gehörte, aber ich kenne die Geschichten.

"[...]nämlich dass diese meine Eigenheiten und Verhaltensweisen und Vorlieben da im Allgemeinen überhaupt nicht akzeptiert werden." Ach du wirkst doch integriert.

Ich dachte bei weiblich an ein Verhältnis zur eigenen Gefühlswelt, an Gefühle ernst nehmen, an Selbstreflektion, an Egozentrik.

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@ che - jetzt verstehe ich den Haken:

Du hast oben im Kommentar mit "Dialektik der Aufklärung" in "... beginnt die Dialektik der Aufklärung mit dem Nominalismus und dem Universalienstreit ..." nicht das Werk von Horkdorno gemeint, sondern eben jene "Dialektik", also nicht notwendig im horkdornischen Sinne - wenn ich´s so verstehen darf?

Oder: tendierst Du dazu, zu der "Dialektik", wie in der DdA, zurückzuschwenken? Glaubst Du also, dass Horkheimer und Adorno bloß zu kurz angesetzt haben, deren Projekt also lediglich von einem früheren Zeitpunkt aus dennoch ganz ähnlich durchgeführt werden könnte?

Oder: Wärest Du bereit, gerade der Zeitbedingtheit der DdA (das Werk) wegen, die Entwicklungslinien der Aufklärung bis ins Mittelalter zurüchzuverfolgen, als bereits nach vernünftigen Gründen (Prinzipien) der Moral, die den/die einzelne(n) betreffen, gefragt wurde? (Faz-Link oben)

Dass also das Subjekt, das aufgerufen wäre sich zu bilden, und zwar nicht erst seit der Vielleserei im 19, Jh., eher rekonstruiert werden müsste? Das ist meine Grundintuition seit mehr als 15 Jahren, dass das Subjekt eher rekonstruiert werden müsste, nicht "dekonstruiert."

So schön-melancholisch Foucaults Bild vomverschwindenden Gesicht im Sande ja ist - die Subjekte atomisieren sich doch ohnedies mit twitter und Facebook.

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@lacommune: Ich würde mich als empathisch und mitfühlend bezeichnen, aber eher im empfindenden Sinne, nicht im mütterlich-sich-kümmernden. Ich bin in großen Anteilen dennoch auch egozentrisch und narzisstisch, zugleich aber auch sehr - manchmal zu - selbstkritisch. Zurück zu meiner Frage: Was bist Du für einer?

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@"Du hast oben im Kommentar mit "Dialektik der Aufklärung" in "... beginnt die Dialektik der Aufklärung mit dem Nominalismus und dem Universalienstreit ..." nicht das Werk von Horkdorno gemeint, sondern eben jene "Dialektik", also nicht notwendig im horkdornischen Sinne - wenn ich´s so verstehen darf?"


--------- Exakt. Wobei ich den Grundgedanken der Dialektik der Aufklärung als Buch, nicht als geistesgeschichtlichem Prozess gar nicht so wesentlich widerspreche. Allerdings haben Horkdorno selber keinen Maßstab für das historische Gewordensein ihres Denkens. Ich bestreite, dass sich auf Odysseus schon die gleichen philosophischen Axiome anwenden lassen wie auf Menschen der Neuzeit. Und zum Anderen sehe ich in Nominalismus, Scholastik und Humanismus die Larvenstadien der Aufklärung und den Prozess der Herausbildung eines kritischen Bewusstseins damit verbunden, insbesondere seit der Krise des Spätmittelalters einsetzend.

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das ist ja abgefahren bis hochinteressant, mein heimliches Steckenpferd ! Hätte jetzt ehrlich nicht erwartet, dass ich da offene Türen einrenne ! --- Wobei ich mich freilich weniger für die Herausbildung eines kritischen Bewusstsein interessiere oder im Detail je sonderlich interessiert hätte. (Die DdA habe ich immer vornehmlich der Eleganz der Konzeption und Adornos Schreibe wegen bewundert; liest man mal genau hin, ist´s ziemlich "jazzig" ;-) ) Hier habe ich mich eher an der fast volkstümlichen Drastik eines Erasmus ergötzt ("Lob der Thorheit", aber auch die "Gespräche" - einschließlich "Hetärengespäche", eigentlich als Übungsbuch für Lateinschüler gedacht, für die Kritik am Klerus lässt er nix aus) ....

Der Gemeinplatz vom Mittelalter als "dunklem Zeitalter" hat ja seit einigen Jahren dem Gemeinplatz, dass das Mittelalter gar nicht so dunkel gewesen sei, Platz gemacht. Dennoch ist es bis heute seltsam wenig repräsentiert. Da wären vereinzelte Hinweise, dass Aspekte der aristotelischen Logik eben nicht - was man als selbstverständlich vorausgesetzt hatte - so einfach in der modernen formalen Logik sich abbilden lassen (tscha, musst halt eben doch die aristotelische Syllogistik kennen, wenn du wirklich Logik studieren willst, ätsch!); einzelne Konzepte und die damit verbundene Terminologie, welche von Quine und solchen Leuten "ausgegraben" wurden. (Und die in Philosophie und Linguistik Karriere machten ...)

Wenn es in Wikipedia (Wissen) heißt: "Wissen wird in der Erkenntnistheorie traditionell als wahre und gerechtfertigte Meinung (englisch justified true belief) bestimmt", dann wird der hl. Thomas eben nicht erwähnt. Habe ich mal spaßeshalber hier online gestellt. Wo wir eben auch die Worte "Darum wird auch bei den Arabern ..., wie aus den Worten des Kommentators (Über die Seele III, Komm. 21) hervorgeht" nachlesen können. Offenbar ist Averroes gemeint. Sonst so gar nicht Historiker, ist das für mich einfach fanszinierend!

Wenn auf die Scholastik Bezug genommen wird, so habe ich es jedenfalls in der Schule erlebt, glaubt man sich, um die Zeit zu charakterisieren, mit der Bemerkung begnügen zu können, dass Aristoteles "Der Philosoph" genannt wurde - als Ausweis der Armut und Eindimensionalität der Scholastik. Was nicht bekannt ist: dass dieser Name auf, wieder, Averroes zurückgeht.

Ein weiterer Gemeinplatz: Dass "die Araber" die ganzen antiken griechischen Texte gewissermaßen "für uns" konserviert hätten, die dann in der Renaissance wieder ausgegraben wurden. Wie ich jetzt lernte, haben wir 3 Phasen, zuerst jene Phase, die durch den Neuplatonismus gekennzeichnet ist, als zweites, die hier diskutierte Phase - was Du mit "Krise des Spätmittelalters" meinst, kannst Du ja mal spaßeshalber kurz umreißen - und drittens die Renaissance.

Dass die mittlere immer übersprungen wurde, hätte doch skeptisch stimmen müssen. Denn als die Renaissance nach Nordeuropa überschwappte, hatten wir - kunstgeschichtlich - bereits die Klassik, grob gesprochen. - Dazwischen folglich das "dunkle Zeitalter"? Die Evidenzen hatten doch schon immer eine andere Sprache gesprochen ...

Also immer das leere Lippenbekenntnis, dass "wir" "den" Arabern die "Grundlagen" der "abendländischen" Kultur verdanken. - Mit der Folge, dass mein "salafistischer" ehem. Kollege mit seinem Sektengeschwätz aufwarten zu können glaubte, dass damals, in Spanien, als jener Vorgang vorbereitet wurde oder vonstatten ging, gar nicht alles so sehr "Friede, Freude, Eierkuchen" gewesen sei.

Ludger Honnefelder fordert in der Faz vom 26.10.16 eine "Wiederaneignung jenes dramatischen Geschehens, ohne dass (sic) das moderne philosophische Bewusstsein und mit ihm die okzidentale Rationalität, die Max Weber in ihrer Größe und ihren Grenzen beschrieben hat, nicht entstanden wäre. Nur um den Preis, sich selbst nicht angemessen zu verstehen, wird das moderne philosophische Bewusstsein daher den im Mittelalter sich vollziehenden zweiten Anfang der Disziplin aus ihrer Genealogie ausblenden können."

Finde ich immerhin erwähnenswert, dass Averroes nicht mehr notwendig weiterhin als blasse Figur seine undankbare Rolle innerhalb von Gemeinplätzen spielen muss.

Ach ja; wir haben natürlich die Phänomenologie, genauer Brentano, der nicht nur unter Rückgriff auf die mittelalterliche Philosophie seine Fragestellungen zur "Intentionalität" entwickelt, sondern sich explizit auf Averroes bezieht.

Die Frage nach der Intentionalität ist IMHO in nicht-trivialer Weise Thema in heutigen Diskussionen in Kognitionstheorien (aber auch in KI-Diskussionen - insbes. mit negativer Auskunft betreffs der Möglichkeit von Kompositionscomputern), hier möchte ich insbesondere auf das Wirken Dominik Perlers hinweisen.

Dessen Buch "Theorien der Intentionalität im Mittelalter" habe ich mir vor ein paar Jahren, na, lass es gut 10 sein, für einsame Stunden zum Schmökern besorgt. Und jetzt stelle ich fest, dass ich gar so alleine gar nicht gewesen bin - was mich immer so genervt hat, ist, dass einige sich mit ihrem Kanon, der über die Kritische Theorie kaum hinauszureichen schien, so übereifrig zufrieden zu geben schienen.

Mit mittelalterlichen Grüßen

yrs, zigg

PS und dann natürlich Martha Nussbaum - eine der prominentesten Philosophinnen - in der angelsächsischen Sphäre. Sie stellt - gut aristotelisch - materiale Bedingungen auf, unter denen erst "gutes Leben" möglich sei: Ein Dach über dem Kopf, ... usw. Und unter "Gutem Leben" wird philosophisch selbstverständlich (und traditionell) auch die Möglichkeit oder die Befähigung zu moralischem Handeln verstanden. Ein Aspekt, der - philosophisch - traditionell in Deutschland seltsam unterbelichtet bleibt.

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@netbitch: So ne Mütterlichkeit in Verhalten, Ausstrahlung ist als Anziehungspunkt nicht zu unterschätzen bzw. elterliche Geborgenheit, die die erwachsenen Menschen suchen.
Ich will mich nicht beschreiben. Das wird doch gerne gegen einen verwendet und das ist hier keine Datingseite.

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Averroes heißt übrigens eigentlich Ibn Ruschd. So viel Zeit muss sein. Ich rede auch nicht von Avicenna, sondern von Ibn Sina. Im maurischen Spanien wurde die fröhliche, weltoffene, multireligiöse Debattierkunst, die es unter den Umajaden gegeben hatte unter den Almoraviden, der frühesten Form des islamischen Fundamentalismus vernichtet. Und ich wage mal zu formulieren: Ohne diesen hätte es auch die Spanische Inquisition, die früheste Form präfaschistischer Menschenverachtung nie gegeben. Sowas kommt von sowas.

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sorry, auch wenn Hypothese nicht uninteressant, ich denke auch an Ödön von Horvath. Ohne richtige Interpunktion fällt mir der Versuch schwer, mir all die arabischen Namen zu Merken. (*Satzbastelei*)

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@lacommune, so allmählich komme ich mir von dir verschaukelt vor. Du willst in Einzelheiten von mir wissen wie ich drauf bin und weigerst dich trotz mehrfachem Nachfragen wie es da bei dir steht?! Was soll das? Augenhöhe kann bei einer solchen Verhaltensweise nicht aufkommen.

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@netbitch: Du willst die Sache als Tausch abziehen. Ich habe darauf keine Lust. Ich wollte dich nicht ignorieren, also habe ich dich knapp (nicht: "Erzähl mir alle Einzelheiten!") gefragt, schau wie sozial verantwortungsvoll ich bin. Ich habe auch deinen Narzissmus gut bedient, also geh mir nicht auf die Nerven.

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Häh? Das verstehe ich überhaupt nicht mehr. Du hattest mich auf mein Verhältnis zu Gefühlswelt, Selbstkritik und Weiblichkeit angesprochen, alles extrem intime Fragen, die ich Dir beantwortet habe. Und in dem durchaus empathischem Interesse zu erfahren, wie Du da selber orientiert bist bekomme ich eine Antwort, die mich einerseits ratlos lässt, andererseits aber die Frage aufwirft, wieso Du das von mir überhaupt wissen willst. Dein "also geh mir nicht auf die Nerven." konterkariert das dann nochmal. Also entweder Du lässt Dich darauf ein,mit Leuten über Grundsatzpositionen zu diskutieren oder Du willst das nicht - was bedeutet, keine Kommentare auf Blogs zu posten - oder Du machst ein eigenes Blog auf, in dem Du Deine eigenen Ansichten veröffentlichst.

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Ziggev, der Titel meiner Arbeit lautete damals übrigens "Der autoritäre Charakter, dauerhaftes oder zeitgebundenes Hindernis für die Aufklärung?" und stellte sehr grundlegende kulturanthropologische Fragen, die sich auch bei Foucault finden, den ich damals allerdings noch gar nicht kannte.

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@netbitch: Ich habe geschrieben: "Und wie ist Netbitch so?" Was und ob du darauf antwortest, ist ganz dir überlassen. Du verkaufst hier deine Antworten als meine Fragen. Und sind deine Antworten so intim? Ob man selbstkritisch ist, wird man schon mal beim Bewerbungsgespräch gefragt und sonst auch gut Text für ein Datingprofil, schau so bin ich, hab mich lieb.

Gefragt hab ich dich, weil ich dich ins Gespräch einbinden wollte. Was ist daran schwer zu verstehen?

Aus der Nennung meiner Vorlieben kannst du dir ja ein Bild basteln.

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@che
ja, nicht uninteressant. Du hast Dich also mit der maßgeblichen Arbeit, wie wir sie aus der frühen Frankfurter Schule her kennen, beschäftigt. also echt old-school, Datenerhebung usw.? Dann Glückwunsch meinerseits. vermutlich ausgezeichnete Leitung.

eine solche Fragestellung kann einen sicherlich zu den abgefahrensten weiteren weiter hinführen, Stichwort Foucault. soziologie hat mich allerdings nie so richtig interessiert. zu abgefahren, sich mit der eigenen Familiengeschichte zu beschäftigen. das ist einfach zu abgefahren, ich stellte z.B. jüngst fest, dass mein Großvater ein Bischoph gewesen ist, usw. und so fort.

also eher das Mikroskop, wie bei Proust, u. nicht das Wagnis, zu verallgemeinern. das finde ich interessant.

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@lacommune, zu Deinen Ausführungen und dem Link wg. Homosexuelle, Juden, geothertwerden und Identitätm stimme ich übrigens voll zu und bedanke mich dafür, dass Du es herausgearbeitet hast. Um Missverständnisse zu vermeiden, mein Eingangsposing bezog sich auf andere Dinge, etwa jemanden, der im Jahr 2010 auf seine Situation in Deutschland heute bezogen allen Ernstes die Frage "Wann holen sie mich ab ins KZ?" stellte oder das Aufstellen von skalierten, schaubildhaften Diskriminierungshierachien. .

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Che, so jemand unterstellt Dir gerademal ein paar Blogs aside, Du wolltest ihn und Ähnliche pathologisieren bzw. psychatrisieren. Ich verstand Deinen Beitrag hingegen so, dass in Deinem KollegInnenkreis Leute aus Deinem Berufsumfeld auf Deine Schilderungen von sehr extremen Gleichsetzungen von Queer-POC-und Rassismus-Diskriminierungsverhältnissen mit der Ansicht reagierten, dass diese Zuspitzung psychiatrieverdächtig sei und Du das lediglich wiedergegeben hast. Wie ist denn da konkret der Stand?

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Das ist jemand, der ständig Dinge aus dem Zusammenhang reißt oder auf die schlimmstdenkbare Weise interpretiert und zugleich Leute und Ansichten zusammenbringt, zwischen denen es keinerlei Zusammenhänge gibt, die dann aber von ihm herbeigewillkürt werden. So baut man Verschwörungstheorien. Der tut seit Jahren nichts anderes. Der Treppenwitz dabei ist der, dass er zwar ständig davon tönt wie wichtig es sei dem anderen zuzuhören und wie wichtig Empathie sei (die er beharrlich "Emphatie" schreibt), selber aber anderen nur sehr bedingt zuhört, nämlich nur so weit wie ihm das Munition liefert. Der lebt in einer Echokammer. Und sein Denken ist kein reflektierendes, sondern ein reflexhaftes. Kaum vorstellbar, dass der Philosophie studiert hat.

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@ziggev: "Dass also das Subjekt, das aufgerufen wäre sich zu bilden, und zwar nicht erst seit der Vielleserei im 19, Jh., eher rekonstruiert werden müsste? Das ist meine Grundintuition seit mehr als 15 Jahren, dass das Subjekt eher rekonstruiert werden müsste, nicht "dekonstruiert."

Wäre da nicht Nietzsches Übermensch ein besseres Angebot, als ein Subjekt zu rekonstruieren? Und ich dachte, wer Subjekt ist, ist Objekt für andere und das ist ein sehr zweifelhaftes Vergnügen.

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