Dienstag, 24. März 2020
Der Neoliberalismus ist am Ende oder hat fertich
Ein Resultat der Corona-Krise scheint mir deutlich sichtbar: Der enthemmte globalisierte Turbokapitalismus funktioniert nicht mehr wie bisher. Die geplanten Restrukturierungsmaßnahmen laufen auf einen Ultrakeynesianismus hinaus, und soziale Fragen werden neu gestellt.


https://www.youtube.com/watch?v=fbe76DlASY8

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"Der enthemmte globalisierte Turbokapitalismus funktioniert nicht mehr."

Wenn ich jedes Mal, wo dieses Sprüchlein seit Erscheinen von "Die Grenzen des Wachstums" gefallen ist, einen Cent bekommen hätte, ich hätte so viel Kapital akkumuliert, dass ich noch viel mehr akkumulieren könnte - yeehaw!

Don't confuse the map with the territory.

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Hat man während der Finanzkrise auch gesagt.

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Bitte kein Ultrakeynesianismus
Ich persönlich halte Adam Smith nicht mehr für einen so bahnbrechenden Denker wie noch 2008.
Wer mit 20 Kommunist ist, hat kein Herz.
Wer mit 40 immer noch Kommunist ist, hat keinen Verstand.
Und wer mit 50 immer noch Neoliberaler ist, halt leider auch nicht.

Ich find übrigens, dass sich Deutschland in dieser Krise nicht schlecht schlägt. Und ich verfolg die Nachrichtenlage/Meinungen für Deutschland, Spanien, ein bischen Italien, wobei italienisch lesen bei mir trotz google translate echt sehr lange dauern kann, Chile und ein bisschen Argentinien, Ecuador, England und USA.
In diesem Kontext begeistert mich hierzulande echt sehr vieles.
Einiges ist strukturell problematisch:
- fehlende Pflegekräfte wg mieser Bezahlung
- zu wenig Redundanzen in Produktionsketten, d.h. zu viel China. Aber schon toll wie hierzulande einige Unternehmen wie trigema (nur ein Beispiel) zumindest diese Masken herstellen können.
- zu viel Arroganz gegenüber China auch bei mir. Ich hab die Bilder Anfang Februar von dort nicht ernst genommen. Und ich spiele in der Woche ca. 4 Stunden Go.
- Südkorea, Singapur und die Faroer Inseln sind uns in Sachen Testkapazität 3 Tacken voraus, aber schlecht sind wir im weltweiten Vergleich ganz sicher nicht.
- wir brauchen verbindliche EU-Solidaritätsregeln für solche Katastrophen

Widerstände werden stark sein, aber all das letzt sich zumindest in der Tendenz mit Reformen lindern.

Gut sind wirklich die angekündigten Hilfen. In Chile ist gerade der Punkt katastrophal riskant.
USA und UK machen aktuell systemisch wohl die größten Sorgen. In Deutschland ist z.Zt. der österreichische Skandal rund um Ischgl unterberichtet.
In Lateinamerika rufen eher die Linken* (Parlamentarier, Journalisten, Politiker) nach entschlossenen Maßnahmen. Dort gibts auf der Rechten - mit Ausnahmen v.a. unter Bürgermeistern - viele Bremser und sogar Brandbeschleuniger.
In diesen Punkten stimmt die Richtung mit dem Turbokapitalismus.

Aber Ultrakeynesianismus. NEIN.
Das wohl am stärksten vom Keynesianismus geprägte Land ist Argentinien. Das ist die Hölle.


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* Damit meine ich nicht Venezuela oder Kuba. Das sind für mich keine Linke sondern hauptsächlich gemeine Kriminelle.

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Fragen schon...
... nur was werden die Antworten sein? Einen Ultrakeynesianismus werden die interessierten Kreise zu verhindern wissen, sofern er mit sozialen Wohltaten einhergeht. Zugegeben, momentan wirken die üblichen Lautsprecher ("Werte"-Union, FDP, INSM) argumentativ sehr schwach aufgestellt, aber diesseits und jenseits des Atlantiks macht man ja schon etwas weiter:

- https://twitter.com/ajkeen/status/1242188791105773568
- https://www.theatlantic.com/ideas/archive/2020/03/when-disease-comes-leaders-grab-more-power/608560/

Und wer sagt Dir eigentlich, dass es Keynesianisch imprägniert wird und kein Feudal-Faschismus? Mithin bieten auch die deutschen Gesetze (bspw. §1601 BGB) noch viel "Gestaltungspotenzial", um ökonomischen Druck linear nach unten durchzureichen.

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Aktuell hörte ich im Radio dass man darüber nachdenkt von der Krise existenziell gebeutelte Unternehmen durch Verstaatlichung zu retten.

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eine vernünftige TEMPORÄRE Lösung

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@che
Ja, das passt doch exakt ins Neoliberale Drehbuch: Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren. Public Private Partnership, 2.0. Die Kosten, die dadurch entstehen, kann man in der nächsten Legislaturperiode dann durch (saftige) Sozialkürzungen wieder reinkriegen. War bei der letzten Bankenkrise ja auch schon so, wobei hier die Argumentation leichter fallen dürfte, weil es aktuell kein Systemversagen ist sondern eine im weitesten Sinne Naturkatastrophe.

Für Merz/Amthor könnte es m.E. nicht besser laufen.

addendum: Dass Neoliberale einen per se schwachen Staat fordern / wünschen, erscheint mir fragwürdig. Mit dem Hartz IV-Regime und, wie es Merz/Amthor fordern, der gesetzlichen Verpflichtung in die private Rentenversicherung einzuzahlen (=staatlicher Zwang Geld einem bestimmten Wirtschaftszweig zuzuführen) ist der Staat alles andere als schwach.

Kurzum: Deine (und auch Ulrike Baureithel kürzlich in der taz) geäußerte Hoffnung, dass die neoliberale Ideologie gerade Schaden erfährt, könnte eine gefährliche Fehleinschätzung sein.

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Neoliberale und starker Staat: Das Paradebeispiel wäre Pinochet-Chile. Was wirklich passiert wird die nähere Zukunft zeigen.

Außerdemingens sind eine Hoffnung und eine Einschätzung zwei kategorial strikt voneinander unterschiedene Dinge.

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Pinochet-Chile war in vielen Aspekten kein starker Staat.
Der Diktator konnte sein eigenes Land noch weniger verlassen als Maduro jetzt.
1980 versuchte er noch einmal einen Staatsbesuch auf den Philipinen bei Marcos. Während des Fluges über den Pazifik machte die Carter Regierung in den USA Druck auf Marcos, dass er Pinochet bitte nicht empfangen sollte. Pinochets Flugzeug landete auf den Fidschi Inseln. Dort verkaufte man ihm Kerosin zu einem überhöhten Preis und er flog wieder nach Santiago zurück.
1986 überlebte er ein Attentat nur mit etwas Glück.
1982 bis 1984 durchlebte das Land die schwerste Wirtschaftskrise seiner Geschichte.
Seit 1983 gab es permanent Proteste. Bis relativ kurz vor dem Referendum 1988.
Seit dem Letelier Attentat 1975, dem ersten Attentat eines fremden Staates in den USA, hatte Chile eigentlich permanent Stress mit den USA, einer damals in Lateinamerika noch recht starken Macht.
Die anderen Generäle beherrschte er, aber viele Politikbereiche überließ er in einem hohen Maße Experten.

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