Samstag, 31. Oktober 2020
Kippt der zweite Lockdown?
"Die Beschlüsse bleiben von solch einer bemerkenswerten Widersprüchlichkeit, dass nur fraglich erscheint, wann das erste Gericht sie kippt und nicht ob", schreibt Jurist und FDP-Vize Wolfgang Kubicki in einem Gastbeitrag für die "Passauer Neue Presse". "Warum müssen Nagelstudios schließen, nicht aber Friseure? Wieso werden auch dort Restaurants geschlossen, wo man noch weit entfernt ist von den selbst definierten Schwellenwerten?", fragt der Bundestagsvizepräsident. All das sei nicht mehr zu erklären.


Der Staatsrechtler Ulrich Battis erwartet eine erfolgreiche Klagewelle. "Ich gehe fest davon aus, dass es eine hohe Anzahl an Klagen geben wird und dass auch viele wie bisher in einstweiligen Rechtsschutzverfahren damit durchkommen werden, siehe die gekippten Beherbergungsverbote und Sperrstunden", sagte Battis der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Schon in der kommenden Woche könne es erste Entscheidungen geben. "Dass der gesamte Lockdown von Gerichten gekippt wird, erwarte ich aber nicht."

Harte Kontaktbeschränkungen ab 02.11.2020 in Deutschland

Von Montag an sollen die Kontakte auf zehn Personen aus maximal zwei Haushalten begrenzt werden. Gastronomiebetriebe sowie Kultur- und Freizeiteinrichtungen bleiben den gesamten November geschlossen. Hotels wird die Aufnahme von Touristen verboten. Schulen und Kitas sollen aber offen bleiben.
Sondersitzungen in mehreren Bundesländern zum November-Lockdown

In mehreren Bundesländern kamen an diesem Freitag die Landeskabinette zu Sondersitzungen zusammen. Die Regierungen in Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen und dem Saarland wollen die Beschlüsse von Kanzlerin Angela Merkel und den Ministerpräsidenten ins jeweilige Landesrecht umsetzen. In Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen hatten die Landesregierungen die entsprechenden Verordnungen bereits am Donnerstag erlassen.

16 Prozent wünschen sich härtere Maßnahmen

Die Mehrheit der Bürger unterstützt nach einer Umfrage den geplanten Teil-Lockdown im November oder wünscht sich sogar noch weitergehende Schritte, um die Pandemie wieder einzudämmen. In einer Forsa-Erhebung für RTL und ntv befürworteten 50 Prozent die von Bund und Ländern beschlossenen strikten Maßnahmen. Weiteren 16 Prozent der 1.014 Befragten reichen sie noch nicht aus. Genau einem Drittel dagegen gehen sie zu weit.


Drohen nach der Coronakrise Steuererhöhungen?

Um Umsatzverluste von Unternehmen im November wettzumachen, will der Bund nochmal zehn Milliarden Euro zur Verfügung stellen. Angesichts der Rekordverschuldung des Staates wegen Corona will der SPD-Finanzexperte Lothar Binding Gutverdiener nach der Krise stärker zur Kasse bitten. "Die Menschen, die gut durch die Krise gekommen sind, sollten dem Staat nach der Krise helfen, wieder auf die Beine zu kommen", sagte der finanzpolitische Sprecher der SPD-Fraktion der "Bild"-Zeitung. "Das sollte eine Selbstverständlichkeit sein."

Dagegen bekräftigte Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) in "Bild", er habe immer klar gesagt, "dass ich Steuererhöhungen für Gift halte für die Wirtschaft und deshalb werde ich mich an Steuererhöhungsdiskussionen nicht beteiligen. Ich werde mich auch dafür einsetzen, dass es in den nächsten vier Jahren nach der Bundestagswahl im nächsten Jahr keine geben wird".
Merkel lehnt Grenzschließungen ab

Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach sich am Donnerstagabend bei einem EU-Videogipfel klar gegen die erneute Schließung von Grenzen innerhalb der Europäischen Union aus. Regierungssprecher Steffen Seibert erklärte nach dreistündigen Beratungen der Staats- und Regierungschefs, dass sich Merkel für eine koordinierte Bekämpfung der Corona-Pandemie in Europa eingesetzt habe:"Gerade für Deutschland als Land in der Mitte Europas ist es wichtig, dass die Grenzen offen bleiben, dass es einen funktionierenden Wirtschaftskreislauf gibt und dass wir gemeinsam die Pandemie bekämpfen."

Während der ersten Corona-Welle im Frühjahr hatten zahlreiche EU-Länder ihre Grenzen ohne Absprachen geschlossen. Auch jetzt gibt es bereits wieder einseitige Einreisebeschränkungen. So hat die dänische Regierung vor einer Woche verfügt, dass Menschen aus Deutschland nicht mehr ohne triftigen Grund einreisen dürfen. Für den Großteil der weiteren Staaten in Europa gilt das schon länger. Ungarn hat seine Grenzen schon wieder fast ganz für Ausländer dicht gemacht.
Droht eine Ausgangssperre im Kampf gegen Corona?

Gerd Fätkenheuer, der Leiter der Infektiologie des Uniklinikums Köln und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie, schließt eine Ausgangssperre im Kampf gegen das Coronavirus nicht aus. "Ich hoffe, wir können das vermeiden. Und ich bin optimistisch. Aber ganz ausschließen kann man eine solche Maßnahme nicht, wenn die Zahl der Neufälle nicht sinkt", sagte der Kölner Chefarzt der "Rheinischen Post". Aus seiner Sicht müsste in 10 bis 14 Tagen eine Wende erkennbar sein. "Das ist die Probe aufs Exempel. Sonst müssen wir noch nachlegen, so hart es auch für viele ist."

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Warum müssen Nagelstudios schließen, nicht aber Friseure? Weil ich mir die Nägel selbst schneiden kann, die Haare weniger! Wieso werden auch dort Restaurants geschlossen, wo man noch weit entfernt ist von den selbst definierten Schwellenwerten? In Deutschland ist man nirgendwo weit davon entfernt! Es sei denn, Kubicki ist selbst.

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So schnell wachsen jetzt Haare nun auch wieder nicht.

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du hast bekanntermaßen einen bezug zu [ost]tirol, che. deshalb die aktuelle lage dort:
von 33 vorgehaltenen covid-intensivbetten sind heute noch 5 frei. vor einer woche waren 25 frei.
von 188 vorgehaltenen covid-normalbetten sind heute noch 47 frei. vor einer woche waren 89 frei.
und das bei 4000 aktiven fällen bzw. 0,5% der tiroler bevölkerung.

die bundesländer vorarlberg und salzburg haben in spätestens einer woche vollständig belegte intensivstationen, falls die entwicklung der beiden letzten wochen bis zur wirksamkeit des lockdowns sich fortsetzt. mit kürzestfristiger umschichtung intensivmedizinischer personalkapazität von wien/niederösterreich in den westen könnten dort noch einige intensivbetten mehr bespielt werden. dann ist endgültig schluss.

der lockdown ab dienstag kommt hier wohl um eine woche zu spät. soviel ist aus den offiziellen zahlen der ages bereits ablesbar.

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Das Erschreckende ist dass man den Eindruck hatte in Österreich hätte man die Dinge besonders gut im Griff und jetzt entwickelt sich ausgerechnet dort die zweite Welle rasend schnell. Als ich im Sommer dort weilte gab es im gesamten Landkreis Lienz keinen einzigen bekannten akuten Fall.

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Voll belegte Intensivbetten bedeuten Triage, das muss allen klar sein.

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so ist es, che.

bevor es aber dazu kommt, werden elektive eingriffe abermals abgesagt/verschoben, um zusätzliche intensivkapazitäten freizuräumen. das halte ich in der entwicklung der notwendigkeiten mittlerweile für skandalös.

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Vor allem weil man in der Ruhephase nach der ersten Welle Zeit gehabt hätte entsprechende Kapazitäten aufzubauen. In diesem Fall heißt von China lernen siegen lernen.

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richtig, die zeit wurde nicht angemessen genutzt. kapazitäten waren aufzubauen im behördlichen contact-tracing. an den geglätteten neuinfektionskurven für D und A sind die kleinen stufen der notdürftigen aufstockungen erkennbar. die kurve hebt ab zu einem zeitpunkt, als das contact-tracing mangels personeller ausstattung nicht mehr schritt halten konnte.

ich habe keine erwartung, dass sich in den [mindestens] vier wochen des lockdowns entscheidendes an dieser erbärmlichen situation andern wird.

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Bei uns halten sich fast alle an die Maskenpflicht, und die Hälfte der erwachsenen Bevölkerung trägt medizinische Masken, aber da scheint meine niedersächsische Metropole die absolute Ausnahme zu sein - eventuell auch nur mein Stadtbezirk.

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das "fast" ist ein schwergewichtiges problem...
(bei uns nicht anders)

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soeben höre und sehe ich die ärztliche direktorin der klinik innsbruck bei der erklärung, dass das elektive programm für stunden, vielleicht tage noch laufe. stand heute in tirol: oberkante unterlippe. 36 covid19-intensivfälle, 190 covid19-fälle in normalbetten.

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@che2001
In einer Radiosendung (Ö1) wurde vor kurzem angemerkt, dass sich eine Krisenkommunikation von einer politischen unterscheide, sie müsse konsistent sein, weil das Vertrauen erzeugt.

Schulschließungen, Kindergartensperren und Lockdown sollten vermieden werden, aus politischen Gründen. Richtig gewesen wäre, ein Kriterium offenzulegen, ab welchem Zeitpunkt was unumgänglich ist und dann auch durchgezogen wird. So könnten sich Institutionen und Bürger darauf einstellen. Der politische Lohn wird fällig im Nachhinein, er geht einher mit der Bewältigung der Krise. Nur ein Detail: Am Freitag wurde den Schulen zugesichert, dass sie die Ampelfarbe "gelb" behalten werden, heute wurden sie auf "orange" geschaltet (eigentlich ist Österreich "rot"). Die Ampelfarben korrespondieren in den Institutionen mit bestimmten Maßnahmen, die im Fall der Erwachsenen, dann trotz der andersfarbigen Ampel wohl trotzdem gelten werden müssen. Man kann sich vorstellen, was das bei den Mitarbeitern in der vorliegenden Situation auslöst (und das passiert keineswegs das erste Mal).

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Schön, dass wir immerhin die Corona-Ampel haben, wenn schon die Lebensmittel-Ampel durch die Schande der Pfalz, Julia Klöckner, verhindert wird. –

Merkel halluziniert in der Bundespressekonferenz von "Naturkatastrophe". In Anbetracht der zoonosischen Wirklichkeit ist das eine Verschwörungstheorie. Das sind die Seifensieder, die vom Bürger Vertrauen einfordern.

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zehn tage später
als ich oben die aktuelle covid-19-lage in tirol darstellte, waren 28 intensivbetten und 141 normalbetten belegt.

mit heute lauten die zahlen 56 und 269.

das ist eine verdoppelung innerhalb von zehn tagen, trotz der verhängten maßnahmen noch vor dem lockdown "light". wo stünde tirol wohl ohne diese maßnahmen. und wie sähe es in weiteren zehn tagen aus? die dramatik ist unübersehbar.

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Wie war das im März/April?
Aber Österreich hat heute allein über 6000 neue Fälle, das entspräche in Deutschland über 50000.

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@avantgarde
von anfang bis gut mitte april stand tirol mit einem höchststand von 65 belegten intensivbetten gewissermaßen vollständig unter wasser. im unterschied zu heute bestand jedoch noch die möglichkeit, auf nachbarbundesländer auszuweichen. die auslastung der covid-normalbetten liegt aktuell etwa 50% über dem spitzenwert des frühjahrs.

was gesamtösterreich betrifft, ist der höhepunkt der zweiten welle noch nicht erreicht. bis anfang nächster woche ist wohl noch mit bis zu 10.000 neuinfektionen/d zu rechnen. die dramatischen folgen für die krankenhäuser werden sich bis mindestens anfang dezember niederschlagen. das bleibt euch - hochgerechnet - hoffentlich erspart.

unterdessen bereitet sich nun auch oberösterreich vor, den krankenhausbetrieb auf absoluten krisenmodus ("spreizung der leistungen") umzuschalten. planbare eingriffe wurden bereits abgesagt bzw. verschoben.

zur veranschaulichung ein konkretes beispiel: in hall/tirol wurde dieser tage eine psychotherapiestation geschlossen, um personal frei zu bekommen. damit können vier weitere covid-patienten betreut werden. zwölf patienten der psychotherapiestation mussten dafür das feld räumen. [quelle: tirol.orf.at]

falls du an weiteren detailinformationen interessiert bist, lege ich dir einen link auf das ages-dashboard.

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Interessant ist hier der Unterschied zwischen getesteten und laborbestätigten Fällen, der einiges über Testunschärfen aussagt - was allerdings nichts an der Brisanz und Bedrohlichkeit des Ganzen ändert.

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die ages berichtet im dashboard ausschließlich laborbestätigte fälle (oder verstehe ich dich falsch?).

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Sorry, mein Verleser. Da steht "Testungen" und "laborbestätigte Fälle", ich hatte "Testungen" als "positive Testungen" gelesen. Es gibt ja neuerdings auch Schnelltests.

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@h.z.

Ich wäre eigentlich davon ausgegangen, dass man innerhalb eines halben Jahres mehr Kapazitäten einrichtet.

Was hat man eigentlich gedacht, was im Herbst passieren würde?

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Man scheint gepennt zu haben.

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@avantgarde
die kapazitäten (genauer: die intensivpersonalkapazitäten) auszuweiten bringt nicht viel - vielleicht einzwei wochen, was grob gesprochen einer verdoppelung der vorhandenen covid-kapazitäten entspräche. das liegt in der natur des "exponentiellen" infektionsgeschehens. gelänge es hingegen, den zuwachs an infektionen einigermaßen konstant zu halten, korrelierte dies mit einem - sich dementsprechend einstellend - kontanten niveau der bettenbelegung.

die kontrolle über den zuwachs an infektionen ist verloren gegangen. man hat die aufstockung der personalkapazität im contact-tracing autohypnotisch verschnarcht. am anspruch der absonderung binnen 24h nach positiver testung (bzw. 48 - 72h für k1-personen) ist die politik grandios gescheitert. dafür büßen nun alle im lockdown.

zur "angst", in einem anderen thread eingeführt, überlege ich mir noch einen ergänzende einlassung. nur soviel erstmal: was im gesellschaftlichen "angstdiskurs" bisher stattfindet, bezeichne ich als diskreditierung berechtigter sorgen und forderungen.

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ein monat später
vor einem monat berichtete ich über die lage in tirol.

die aktuelle dramatik zeigt sich an der auslastung der intensivbetten. waren ursprünglich 33 intensivbetten für covid-patienten vorgehalten, werden mit stand heute tatsächlich 81 covid-patienten intensivmedizinisch betreut. und das trotz anfang november verhängter beschränkungen aka "lockdown light".

interessant zu beobachten, dass nun in der weitaus heftigeren "zweiten welle" niemand sich findet, um dem heldenhaften krankenhauspersonal applaus vom lockdown-balkon zu spenden. da hat auch der haltungsjournalismus anscheinend seine haltung geändert.

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Ich gehe mal davon aus, dass 100% des Personals eine etwas angemessenere Bezahlung dem wohlfeilen Klatschen vorziehen würden.

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https://liveblog.tt.com/414/coronavirus/88230/leichter-ruckgang-bei-spitalspatienten-in-tirol

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Frau Manhartsberg, danke dafür!

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Immer gerne.

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