Mittwoch, 3. März 2021
"Liebe in Zeiten von COVID-19"
lautete das Motto des 65. deutschen STI-Kongresses. PD Dr. Martin Hartmann berichtet über die Highlights: Kondomgebrauch, Resistenzen, seltene Erreger, Therapie-Empfehlungen.

Transkript des Videos von PD Dr. Martin Hartmann, Heidelberg:

Schönen guten Tag,

hier ist Martin Hartmann aus dem Klinikum Heidelberg. Heute geht es um die sexuell übertragbaren Erkrankungen oder sexuell übertragbare Infektionen, also STD und STI.

Der deutsche STI-Kongress sollte letztes Jahr in Bochum stattfinden und wurde aufgrund der Corona-Pandemie verschoben. Er fand jetzt virtuell statt.

STIs während der Corona-Pandemie

Zumindest der Kondom-Gebrauch nimmt in Pandemie-Zeiten ab. Der Trend ist besonders ausgeprägt bei Singles und etwas weniger bei stabilen Paaren.

Auch bei Präexpositionsprophylaxe (PreP) wird weiterhin häufig auf das Kondom verzichtet und es kommt dann zu einem Anstieg der bakteriellen STIs, insbesondere der Syphilis, der Chlamydien- und der Mykoplasmen-Infektionen durch Mycoplasma genitalium, die mittlerweile an 3. Stelle stehen.

Während des letzten Jahres ist die Anzahl der Chlamydien- und Syphilis-Fälle in den USA leicht um bis zu einem Drittel der Fälle gesunken. In Deutschland bleibt die Zahl der Syphilis-Infektionen momentan stabil.

Die HIV-Infektion wird häufiger im späteren Stadium, das heißt bei Helferzellen unter 200 oder im AIDS-Stadium diagnostiziert.

Welche Therapien gibt es?

Bei der Syphilis ist die Therapie unproblematisch. Schwieriger ist sie allderdings bei der Gonorrhoe und der Mykoplasmen-Infektion.

Bei den Neisserien besteht eine ausgeprägte Resistenzsituation gegenüber Penicillinen, aber auch Azithromycin. Das einzig wirksame Präparat ist im Moment Ceftriaxon, das in einer Dosierung von 1 bis 2 g i.v. einmalig gegeben werden sollte.

Resistenzen

Noch schwieriger ist die Situation bei Mycoplasma genitalium. Hier haben wir häufig Resistenzen gegen Doxycyclin, was früher Erstlinientherapie war, inzwischen aber auch gegenüber Azithromycin, vor allem in Gebieten, wo die Einmalgabe von 1g Azithromycin propagiert wird.

Die Resistenz ist etwas weniger ausgeprägt, wenn an 5 Tagen therapiert wird. Aber auch gegen die Fluorchinolone, vor allem gegen Moxifloxacin, zeigen sich im Einzelfall Resistenzen.

Es sollte also in jedem Fall eine Therapiekontrolle gemacht werden. Besser wäre es, noch vor Therapiebeginn die Resistenz des Stammes genau zu bestimmen, um gezielt behandeln zu können.

Pristinamycin ist momentan das einzige Reserve-Antibiotikum, das bei der Infektion noch wirken kann.

Schützen Kondome vor STIs?

Ja, bedingt, vor einer HIV-Infektion in bis zu 80%. Sie schützen aber schlechter vor Neisserien, Chlamydien oder Mykoplasmen, vor allem wenn extragenitale Läsionen vorliegen.

Es muss bedacht werden, dass bei oro-oralen Kontakten z. B. auch eine Gonokokken-Infektion übertragen werden kann. Dann gibt es natürlich Erreger, die keine Symptome machen müssen, also subklinische Läsionen verursachen. Das gilt für den Herpes genitalis und die HPV-Infektion. Hier kann man sich auch trotz Kondomnutzung anstecken. Vor allem wenn man in Kontakt mit jemand ist, der keine Läsion hat und deshalb nicht ahnt, dass er infiziert ist.

Dann gibt es Erreger, an die man nicht in erster Linie denkt, wie beispielsweise die Filzläuse, die genital übertragen werden können ? außer der Patient hat eine Intimhaar-Rasur, dann können sie sich nicht mehr festhalten.

Auch Milbenbefall (Skabies) gilt inzwischen als STI bei Jugendlichen, die intensiven körperlichen Kontakt haben. Weiterhin können Mollusken ausgetauscht werden, vor allem wenn sie extragenital sind, sowie Dermatophyten-Infektionen als Tinea genitalis.

Zusammenfassung

Die Zahl der STI nimmt in der Corona-Pandemie nicht ab.

Resistenzen sind bei den Neisserien und Mykoplasmen problematisch.

Ceftriaxon ist bei den Neisserien Therapie der Wahl.

Moxifloxacin funktioniert meist noch bei den Mykoplasmen.

Daran denken: Safer Sex und Kondome schützen nicht vor allen STIs.

Das war es vom virtuellen STI-Kongress. Danke fürs Zuhören.

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