Mittwoch, 17. März 2021
PEI versus EMA ? wie sich die Bewertung des Impfrisikos mit der AstraZeneca-Vakzine unterscheidet: die Standpunkte
Sonja Böhm, Medscape



Die europäische Arzneimittelagentur EMA stellt sich nach wie vor hinter den COVID-19-Impfstoff von AstraZeneca. Nach derzeitigen Erkenntnissen überwiegt nach Ansicht der Agentur immer noch der Nutzen der Impfung deren Risiken, zeigte sich EMA-Chefin und Pharmazeutin Emer Cooke bei einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz der Agentur am Dienstag ?tief überzeugt?.

Am Donnerstagnachmittag soll die erste PRAC-Bewertung vorliegen
Die Bewertung der unerwünschten Ereignisse im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung sei ein ?laufender Prozess?, sagte Cooke. Bereits am gestrigen Dienstag gab es ein Ad-hoc-Experten-Meeting zu den gemeldeten Vorfällen, über deren genaue Anzahl Cooke keine Angaben machen wollte. Diese Zahlen seien ?sehr dynamisch? ? es würden ständig neue Verdachtsfälle aus verschiedenen Ländern gemeldet, die EMA habe auch zu solchen Meldungen aufgefordert, sagte sie. Es geht in erster Linie um thromboembolische Ereignisse. Am Donnerstagnachmittag kündigte sie eine offizielle Bewertung der Situation im Anschluss an eine Sondersitzung des für Nebenwirkungen zuständigen PRAC-Gremiums der EMA an.

Wie berichtet, hatte am Montagnachmittag das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) auf Anraten des für die Impfstoffe zuständigen Paul-Ehrlich Instituts (PEI) die Impfungen mit der AstraZeneca-Vakzine in Deutschland vorläufig ausgesetzt. Auch in anderen europäischen Ländern war man ähnlich vorsorglich vorgegangen. In Deutschland soll es, wie Gesundheitsminister Jens Spahn sagte, 7 Fälle von Hirnvenen-Thrombosen gegeben haben, 3 davon verliefen tödlich.

Laut PEI handelt es sich damit um eine auffällige Häufung einer speziellen Form von sehr seltenen Hirnvenen-Thrombosen (Sinusvenenthrombosen) in Verbindung mit einem Mangel an Blutplättchen (Thrombozytopenie) und Blutungen in zeitlicher Nähe zu den Impfungen. Alle Fälle traten zwischen 4 und 16 Tagen nach Impfung mit der AstraZeneca-Vakzine auf.

Betroffen vor allem Frauen in jüngerem und mittlerem Alter ? 3 starben
Bei den Betroffenen handelte es sich vor allem (6 von 7 Fällen) um Frauen in jüngerem bis mittlerem Alter ? also Menschen, bei denen das Risiko für einen schweren COVID-19-Verlauf eher gering ist. Die Zahl der Fälle bei insgesamt 1,6 Millionen verimpften Dosen sei statistisch signifikant höher als in der Bevölkerung normalerweise zu erwarten sei: Die Häufigkeit in der allgemeinen Bevölkerung wird mit 2 bis 5 pro einer Million Personen pro Jahr angegeben. ?Etwa ein Fall wäre zu erwarten gewesen, sieben Fälle sind gemeldet worden.?

Etwa ein Fall wäre zu erwarten gewesen, sieben Fälle sind gemeldet worden. Paul-Ehrlich-Institut
Alle befragten Expertinnen und Experten seien einstimmig der Meinung gewesen, dass hier ein Muster zu erkennen sei und ein Zusammenhang mit der AstraZeneca-Vakzine ?nicht unplausibel" sei, hieß es vom PEI. Daher empfahl es, bis zum Abschluss der Bewertung durch die EMA die Impfungen mit dem COVID-19-Impfstoff von AstraZeneca in Deutschland auszusetzen ? und zwar sowohl für Erst- als auch Folgeimpfungen.

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