Donnerstag, 28. Oktober 2021
Hilft Antidepressivum gegen Covid 19?
Michael van den Heuvel, Medscape


Fluvoxamin bei COVID-19 ? Daten geben Anlass zur Hoffnung
Eine jetzt in The Lancet Global Health veröffentlichte Studie ging der Frage nach, ob ambulante Hochrisikopatienten mit früh diagnostiziertem COVID-19 von Fluvoxamin profitieren.

Fluvoxamin ist ein selektiver Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI), der derzeit zur Behandlung psychischer Erkrankungen wie Depressionen und Zwangsstörungen eingesetzt wird. Er wurde aufgrund seiner entzündungshemmenden Eigenschaften als potenzielle Behandlung für COVID-19 ausgewählt. Doch klinische Evidenz gab es bislang nicht.

Deshalb haben Forscher die randomisierte TOGETHER-Studie zur Untersuchung der Wirksamkeit von 8 neuartigen Behandlungen für COVID-19 bei ambulanten erwachsenen Hochrisikopatienten initiiert. Rekrutiert wurde eine Kohorte brasilianischer Erwachsener, die symptomatisch waren, positiv auf COVID-19 getestet wurden, nicht geimpft waren und mindestens 1 zusätzliches Kriterium für riskante Verläufe aufwiesen.

741 Teilnehmer erhielten 10 Tage lang 2-Mal täglich 100 mg Fluvoxamin, und 756 Teilnehmer bekamen ein Placebo. Alle Patienten wurden nach der Behandlung 28 Tage lang beobachtet, wobei ein zentraler Endpunkt war, ob sie mehr als 6 Stunden in ärztlicher Behandlung in einer spezialisierten COVID-19-Notaufnahmeeinrichtung verbrachten oder ins Krankenhaus eingewiesen wurden.

Von den 741 Teilnehmern, die Fluvoxamin erhielten, benötigten 79 (10,6 %) einen längeren Aufenthalt von mehr als 6 Stunden in einer Notaufnahme oder im Krankenhaus, verglichen mit 119 Teilnehmern (15,7%) unter Placebo. ?Diese Ergebnisse zeigten eine absolute Verringerung des Risikos einer verlängerten Krankenhauseinweisung/eines verlängerten Notarzteinsatzes um 5% und eine relative Risikoreduzierung um 32%?, fassen die Autoren zusammen.


Obwohl die Mortalität kein primärer Endpunkt der Studie war, berichten die Autoren von Ergebnissen. Im Studienarm mit Patienten, die mindestens 80 % der empfohlenen Medikamentendosen einnahmen, gab es 1 Todesfall gegenüber 12 in der Placebo-Gruppe.

?Angesichts der Sicherheit, der Verträglichkeit, der einfachen Anwendung, der geringen Kosten und der weiten Verfügbarkeit von Fluvoxamin könnten diese Ergebnisse einen wichtigen Einfluss auf nationale und internationale Leitlinien für die klinische Behandlung von COVID-19 haben?, kommentiert Dr. Gilmar Reis von der Pontifícia Universidade Católica de Minas Gerai, Brasilien.

EMA empfiehlt Booster Shots bei Spikevax® und Comirnaty®
Der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der EMA ist zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Auffrischungsdosis des COVID-19-Impfstoffs Spikevax® (Moderna) bei Menschen ab 18 Jahren in Betracht gezogen werden kann.

Daten zeigen, dass eine 3. Dosis Spikevax®, die 6 bis 8 Monate nach der 2. Dosis verabreicht wird, zu einem Anstieg der Antikörperspiegel bei Erwachsenen führt, deren Titer abgenommen haben. Die Auffrischungsdosis besteht aus einer halben Dosis, verglichen mit dem 1. Impfzyklus.

Die Daten deuten darauf hin, dass Nebenwirkungen nach der Auffrischungsimpfung ähnlich sind wie nach der 2. Dosis. Das Risiko von entzündlichen Herzerkrankungen oder anderen sehr seltenen Nebenwirkungen wird weiterhin überwacht.

Anfang dieses Monats kam der CHMP zu dem Schluss, dass eine Auffrischungsdosis Comirnaty® (von BioNTech/Pfizer) mindestens 6 Monate nach der 2. Dosis für Personen ab 18 Jahren sinnvoll sein könnte. Darüber hinaus empfahl er, dass Personen mit stark geschwächtem Immunsystem mindestens 28 Tage nach der 2. Dosis eine zusätzliche Dosis Comirnaty® bzw. Spikevax® verabreicht werden sollte.

?Auf nationaler Ebene können die Gesundheitsbehörden offizielle Empfehlungen zur Verwendung von Auffrischungsdosen aussprechen, wobei sie die lokale epidemiologische Situation sowie neue Wirksamkeitsdaten und die begrenzten Sicherheitsdaten für die Auffrischungsdosis berücksichtigen?, schreibt die EMA.

EMA: Rolling Review von Molnupiravir
Derzeit gilt Molnupiravir als großer Hoffnungsträger zur Therapie von COVID-19; Medscape hat darüber berichtet. Molnupiravir verringerte laut Pressemeldung das Risiko einer Krankenhauseinweisung und/oder eines Todesfalls.

Jetzt hat der Ausschuss für Humanarzneimittel der EMA eine fortlaufende Überprüfung (rolling review) eingeleitet. Die Entscheidung basiert auf vorläufigen Ergebnissen aus Laborstudien und aus klinischen Studien. ?Diese Studien deuten darauf hin, dass das Arzneimittel die Fähigkeit von SARS-CoV-2 ?, sich im Körper auszubreiten, verringern und dadurch Krankenhausaufenthalte oder den Tod von Patienten mit COVID-19 verhindern kann?, heißt es in der Meldung.

Die EMA wird jetzt regelmäßig Daten über die Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit des Arzneimittels auswerten. Ihre fortlaufende Prüfung läuft so lange, bis ausreichende Daten vorliegen, damit der Hersteller einen formellen Zulassungsantrag stellen kann.

GKV-Daten: Mehr kinder- und Jugendpsychiatrische Leistungen im 1. Halbjahr 2021
Das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland (ZI) hat Daten von 16 aller 17 Kassenärztlichen Vereinigungen für das 1. und 2. Quartal 2021 analysiert. Hier zeigte sich eine überraschend starke Inanspruchnahme von Leistungen aus dem Bereich der Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapie. Diese lag 8% über dem Wert von Januar bis Juni 2019, also vor Beginn der Pandemie. Speziell im Juni 2021 waren es sogar 37% mehr als im Vergleichszeitraum 2019.

Die starke Zunahme bei der kinder- und jugendpsychotherapeutischen Versorgung gibt Anlass zur Besorgnis und muss eng monitoriert werden Dr. Dominik von Stillfried
?Die starke Zunahme bei der kinder- und jugendpsychotherapeutischen Versorgung gibt Anlass zur Besorgnis und muss eng monitoriert werden?, kommentiert der Zi-Vorstandsvorsitzende Dr. Dominik von Stillfried. ?Weil es bei Kindern und Jugendlichen kaum schwere Verläufe [von COVID-19] gab, befanden sie sich lange unterhalb des politischen und gesellschaftlichen Radars. Die offenbar pandemiebedingten massiven psychischen Belastungen der unter 18-Jährigen machen sich jetzt zunehmend in der ambulanten Versorgung bemerkbar.

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