Dienstag, 1. Februar 2022
Ein Brief an das Auswärtige Amt
Sehr geehrte Damen und Herren

*Das Auswärtige Amt hat alle Namen von gefährdeten Personen, aber trotzdem passiert nichts. Es wurde so lange gewartet, bis es für einen Teil der Familie N. zu spät war. Das darf den anderen Familienmitgliedern nicht auch passieren! Es muss jetzt etwas getan
werden! *

*Holen Sie die Familie SOFORT aus Afghanistan raus!*


*Afghanistan: statt Evakuierung ermordet, verschleppt, verschollen*

Im August 2021 wurde die Familie von Shoaib beim Auswärtigen Amt als gefährdete Personen gemeldet. Das Resultat: 1 Bruder musste nach massiven Drohungen seitens der Taliban fliehen, seine Frau wurde ermordet und sein kleiner Sohn (6 Jahre alt) ist schwer verletzt gestorben, 1 Bruder wurde von den Taliban verschleppt und ist seitdem vermisst, 1 Bruder ist seit der Flucht verschollen, die Eltern und die
jüngste Tochter leben weiter versteckt in Afghanistan, 1 Bruder floh mit seiner Familie in den Iran. Eine Familie wurde zerstört, weil das Auswärtige Amt einfach untätig zusieht, wie die Taliban Menschen ermorden.

*WANN TUN SIE ENDLICH ETWAS???*

Farzad hatte (wie sein Bruder Shirzad) von 2017 ? 2021 für die afghanische Regierung im Sicherheitsbereich gearbeitet; zuvor hatte er
auch schon für die Amerikaner gearbeitet. Nach der Machtübernahme der Taliban lebte er mit seinem Bruder in der Gegend von Herat in verschiedenen Verstecken und schloss sich dem lokalen Widerstand gegen die Taliban an. Die Taliban suchten ihn. Sie brachen mehrmals in sein Haus ein, bedrohten und schlugen seine Frau, um ihn ausfindig zu machen.
Als er im Oktober 2021 für nur einen Tag seine Familie sehen wollte, überfielen ihn die Taliban und *verschleppten*ihn. Sie hatten sein Haus
beobachtet. Seitdem *fehlt jede Spur*von ihm. Seine Frau Zarghona und ihr kleiner Sohn leben nun in permanenter Angst vor weiteren
Vergeltungsschlägen der Taliban und sind voller Sorge um ihren Ehemann und Vater.

Sein Bruder Shirzad hatte von 2017 bis 2021 ebenfalls für die afghanische Regierung gearbeitet. Gemeinsam mit Farzad lebte er versteckt und schloss sich dem lokalen Widerstand an. Nachdem sein Bruder von den Taliban verschleppt worden war, floh er auf Drängen der Familie mit seinem jüngeren Bruder Idris im Dezember aus Afghanistan.

Seine Frau und sein kleiner Sohn blieben in Herat. Anfang Januar spielte sein kleiner Sohn im Hof vor der Wohnung, seine Mutter wusch im Hof Wäsche. Das Tor zum Hof wurde aufgerissen und eine Handgranateauf die beiden geworfen. Die Mutter *starb sofort*, der kleine Sohn wurde *schwer verletzt*und starb wenig später an den Verletzungen im Krankenhaus.

Shirzad und Idris flohen zunächst in den Iran. Da die Situation im Iran auch sehr prekär und unsicher ist (viele afghanische Geflüchtete werden direkt wieder nach Afghanistan abgeschoben) wollten beide weiter in die Türkei fliehen. Shirzad gelang die Flucht in die Türkei. Idris wurde unterwegs von ihm getrennt und ist seitdem *vermisst*.

Shirzad ist jetzt in Istanbul und weiß nicht, wie es weitergehen soll.
Er weiß noch nichts vom Tod seiner Frau und seines Sohnes, das würde ihn umbringen. Auch die Türkei schiebt Geflüchtete wieder nach Afghanistan
zurück. Doch dort droht ihm mit Sicherheit der Tod.

Der Vater von Farzad und Shirzad, Ghulam Yahya, arbeitete *30 Jahre lang*für das Internationale Rote Kreuz, bis zum Januar 2022. Auch er wurde beim AA als gefährdet gemeldet. Außerdem wurde das IRK
angeschrieben mit der Bitte um Hilfe. Die Antwort war: Wir können leider nichts tun, aber ?wir möchten gerne mit unseren ehemaligen Mitarbeitern in Kontakt bleiben, die sich unter den aktuellen Umständen bedroht fühlen?. Das ist einfach nur zynisch. Sie leben jetzt mit der jüngsten Schwester (unverheiratet) ebenfalls versteckt. Jeden Tag wird es schwieriger. Auch Ghulam hat schon Drohnachrichten von den Taliban bekommen.

Shoaib, der mittlere Sohn, gelangte 2015 nach Deutschland. Er hatte die Formulare für seine Familie im August 2021 an das Auswärtige Amt geschickt. Er hat auch *mehrmals*dort angerufen. Einmal hatte er sogar jemanden am Telefon: Sie müssen warten, wurde ihm gesagt, und ?jetzt sind gerade Wahlen, das müssen wir erstmal abwarten?. Das ist einfach
nur beschämend!

*Sie haben so lange gewartet, bis es für einen Teil der Familie zu spät
war. Das darf den anderen Familienmitgliedern nicht auch passieren! Es muss jetzt etwas getan werden! Holen Sie die Familie SOFORT aus
Afghanistan raus!*

Alle haben Pässe und Tazkiras, auch wenn die Pässe inzwischen abgelaufen sind. Es sollte also kein Problem sein, ihnen ein Visum zu erteilen.
Warten Sie nicht, bis noch mehr Familienmitglieder von den Taliban ermordet werden. Wir wissen (!), dass die Taliban sich an ganzen Familien rächen, warum ignorieren Sie das immer noch?! Helfen sie BITTE
den übriggebliebenen Angehörigen. Sie brauchen den Schutz in einem sicheren Ort in Deutschland. In Afghanistan sind sie alle in großer Gefahr. Das ist nur eine kleine Entschädigung für die Familie.

*Wir erwarten umgehend Aufnahmezusagen und Vorschläge, wie die Familie
evakuiert werden kann.*



Hochachtungsvoll

Arbeitskreis Asyl Göttingen

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