Donnerstag, 2. Juni 2022
Cannabis - Fluch und Segen
Ute Eppinger, Medscape


Seit März 2012 können Patienten bei schwerwiegenden Erkrankungen auf Antrag Cannabis zur Therapie erhalten. Als ?Meilenstein für die Versorgung von Schmerzpatienten? bezeichnete Dr. Johannes Horlemann, Kevelaer, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin (DGS), das Gesetz im Rahmen einer Pressekonferenz .

Die DGS habe das Gesetz begrüßt, erinnerte Horlemann: ?Wir waren alle froh und dankbar.? Wie gut und sicher ist die Versorgung mit Cannabinoiden dadurch geworden? Horlemann zog eine erste Bilanz und stellte eine Initiative seiner Fachgesellschaft vor, um die sichere Versorgung mit Cannabinoiden zu erleichtern.

Es hat sich herausgestellt, dass die Hauptindikation für Cannabinoide bei chronischen Schmerzen, meist neuro­pathischen Schmerzen liegt, besonders im Bereich von Rückenschmerz, Tumorschmerz und anderen Schmerzformen. Die Erkrankung muss ?schwerwiegend? sein: ein dehnbarer Begriff. Hinzu kommt, dass Ärzte zuvor alle anderen therapeutischen Möglichkeiten ausgeschöpft haben.

Die Ausschöpfung der Standardtherapie ist in vielen Anträgen ein Problem. Dr. Johannes Horlemann
Die meisten Verordner sind Hausärzte, Schmerzmediziner und Neurologen. Bislang gebe es keine Hinweise auf eine missbräuchliche Auslegung oder Anwendung des Gesetzes, so Horlemann. Die Versorgung mit Cannabinoiden bezeichnet er als ?segensreich für die allermeisten Patienten, die ich kenne ? sowohl aus eigener Praxis als auch aus den Berichten von Kollegen?.

Kassen bewilligen jeden 3. Antrag nicht
Allerdings wird ein Drittel der Anträge zur Versorgung mit Cannabinoiden abgelehnt. Manchmal sei die Bedingung, vorher alle anderen Therapien versucht zu haben, nicht erfüllt, berichtet Horlemann: ?Die Ausschöpfung der Standardtherapie ist in vielen Anträgen ein Problem. Unter dem Drittel der abgelehnten Anträge sind doch einige, bei denen die Berücksichtigung der Standardverfahren nicht ausreichend erfolgt ist.?

In anderen Fällen ist die Ablehnung nicht nachvollziehbar. Horlemann berichtet von einem Patienten, dessen Arm infolge einer Armplexusläsion nach einem schweren Motorradunfall bewegungsunfähig war und der sehr starke nervenabhängige Schmerzen aufwies. Der Patient war mit Opioiden, Antiepileptika und Antidepressiva erfolglos behandelt worden, auch nicht medikamentöse Möglichkeiten wie die transkutane elektrische Nervenstimulation waren ausgeschöpft.

Mit ärztlicher Unterstützung stellte der Patient einen Antrag bei seiner Krankenkasse. ?Zu unserem großen Erstaunen wurde der Antrag abgelehnt?, berichtet Horlemann. Das habe auch damit zu tun, dass man in Deutschland der Auffassung sei, dass Tumorpatienten eine größere Indikation für Cannabinoide aufweisen als Nicht-Tumorpatienten.

Horlemann betonte, dass auch Patienten, die nicht an Tumoren leiden, palliative Patienten sein können und eine Versorgung mit Cannabinoiden benötigten. ?Unsere Renitenz und die Verhandlungen mit der Krankenkasse haben dann dazu geführt, dass der Patient inzwischen Cannabis erhält. Vor einigen Monaten hat er mir gesagt, dass er dadurch ein völlig neues Leben geschenkt bekommt hat. Das ist eine wunderbare Erfahrung zwischen Arzt und Patient ? das wünsche ich allen Kollegen, die mit Cannabinoiden arbeiten.?

Selektivvertrag: Vorreiter auf dem Weg zur schnelleren Versorgung
Weil die Einschätzung zwischen verordnendem Arzt und Medizinischem Dienst der Kassen ? wie am Beispiel des Motorradfahrers gesehen ? gelegentlich abweicht, warten viele Patienten zu lange auf eine angemessene Versorgung. Um Abhilfe zu schaffen, hat die DGS Verhandlungen mit gesetzlichen Krankenkassen aufgenommen.

Ziel der Initiative ist die Aufhebung des Genehmigungsvorbehaltes einer Erstverordnung durch die Kas­sen. ?Das bedeutet, dass die Therapieentscheidung ausschließlich beim Arzt in Absprache mit seinem Patienten liegen soll. Gleichzeitig soll ein nachvollziehbarer Qualitätsanspruch gewährleistet bleiben?, erklärt Horlemann.

Schule machen könnte dabei ein Selektivvertrag, den die DGS und die AOK Rheinland/Hamburg im Dezember vergangenen Jahres vereinbar haben. Ziel des Vertrages ist, den Patienten rasch eine gute Versorgung zukommen zu lassen.

Die Therapieentscheidung sollte ausschließlich beim Arzt in Absprache mit seinem Patienten liegen. Dr. Johannes Horlemann
?Ein solches Antragsverfahren aufzuheben setzt das besondere Vertrauen der Kassen in die Qualität der Versorgung voraus?, so Horlemann. Mit einem eigens entwickelten 40-stündigen Curriculum für die verordnenden Ärzte will die DGS das gewährleisten. Das Projekt soll von einer Studie begleitet werden. Horlemann hofft, dass sich der Selektivvertrag auf ganz Deutschland ausdehnen werde.

Um die Versorgung zu verbessern, hat die DSG auch ihre PraxisLeitlinie Tumorschmerz aktualisiert. Im 1. Quartal 2021 soll ein neuer Entwurf zur öffentlichen Kommentierung und Konsentierung publiziert werden.

PraxisRegister Schmerz unterstützt die Versorgungsforschung
Mit dem PraxisRegister Schmerz und der ihm zugrunde liegenden Online-Plattform iDocLive® bietet die DGS seit 2014 allen Mitgliedern und Schmerzpatienten eine Plattform zur vollelektronischen Do­kumentation.

Die Daten werden für die Behandlung der Patienten genutzt, sie ermöglichen aber auch Analysen für Versorgungsforschung und liefern Antworten auf epidemiologische Fragen.

PD Dr. Michael Überall, Nürnberg, Vizepräsident der DGS, stellte aktuelle Zahlen vor. Demnach beteiligen sich bundesweit 213 Einrichtungen mit 769 Schmerzmedizinern, 795 Ärzten anderer Fachrichtungen und 2.551 nichtärztlichen Schmerz­spezialisten am PraxisRegister Schmerz. Bis zum 31.12.2020 wurden über dieses System 302.617 Behandlungsfälle erfasst.

Neben der Dokumentation von Befunden wurde Ende 2020 erstmals auch ein Evaluationsalgorithmus in das System integriert, der anhand von Patientenangaben das Risiko für Morbus Fabry bewertet und den behandelnden Arzt informiert. So kann diese seltene Stoffwechselerkrankung möglicherweise frühzeitig diagnostiziert werden.

Mit dem PraxisRegister Schmerz unterstützt die DGS das weltweit größte Schmerzregister. ?Damit wurde erstmalig ein Weg gefunden, die Digitalisierung der Gesundheitsversorgung gleichermaßen für den Einzelfall, wie auch für die Gemeinschaft der chronischen Schmerzpatienten zu nutzen und Daten­schutz sowie Gesunderhaltung und Heilung zu verbinden?, sagt Überall.

Unter dem Motto ?Sichere Ver­sorgung ? Versorgung sichern? findet der Deutsche Schmerz-und Palliativtag 2021 vom 9. bis 13. 2021 März online statt. Themen des Kongresses sind die interdisziplinäre Zusam­menarbeit mit anderen Fachgesellschaften, die koordinierte Übergabe von der Klinik in die ambulante Versorgung, die Implementierung von Komplementärverfahren und aktuelle PraxisLeitlinien.

Erstmals konkreter Nachweis im MRT: Cannabis-Konsum hinterlässt bleibende Schäden im Gehirn von Heranwachsenden

Anke Brodmerkel, Medscape


Für Jugendliche unter 25 Jahren, deren Gehirn noch nicht vollständig ausgereift ist, ist der Konsum von Cannabis besonders gefährlich. Das haben in der Vergangenheit bereits einige Studien gezeigt. Nun ist Wissenschaftlern mithilfe von MRT-Bildern erstmals der ganz konkrete Nachweis gelungen, welche bleibenden negativen Effekte die Droge im Gehirn von Heranwachsenden haben kann.

Wie das Team um Dr. Matthew Albaugh, klinischer Psychologe in der Abteilung für Psychiatrie am University of Vermont Medical Center, in JAMA Psychiatry berichtet, ist bei Jugendlichen, die Cannabis mehr oder weniger regelmäßig konsumieren, die Hirnrinde im Bereich des präfrontalen Kortex auffällig verdünnt [1]. Der beobachtete Effekt war umso stärker, je mehr Cannabis die Jugendlichen nach eigenen Angaben zu sich genommen hatten.

PET-Aufnahmen zeigten zudem, dass Veränderungen besonders deutlich an Stellen auftraten, die viele Cannabinoid-Rezeptoren vom Typ 1 (CB1) aufweisen. Hirnmorphologische Effekte von Cannabis beeinflussten der Studie zufolge auch das Verhalten der Jugendlichen. Ihre Aufmerksamkeit sei reduziert und die Impulsivität erhöht gewesen, schreiben Albaugh und seine Kollegen.

Ausdünnung der Hirnrinde im präfrontalen Kortex
?Das ist eine qualitativ hochwertige und somit auch verdient hochrangig publizierte Studie?, kommentiert Prof. Dr. Maximilian Gahr, Oberarzt an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie III des Universitätsklinikums Ulm, im Gespräch mit Medscape. Gahr, der sich ebenfalls wissenschaftlich mit den Folgen des Cannabiskonsums bei Jugendlichen beschäftigt, nennt vor allem 2 Stärken der Untersuchung: die Größe der Kohorte und der Einsatz bildgebender Verfahren.

Das ist eine qualitativ hochwertige und somit auch verdient hochrangig publizierte Studie. Prof. Dr. Maximilian Gahr
?Frühere Studien hatten bereits darauf hingedeutet, dass der Gebrauch von Cannabinoiden insbesondere bei Adoleszenten möglicherweise zu anhaltenden kognitiven Beeinträchtigungen führt ? die selbst dann weiter bestehen, wenn der Konsum beendet wird?, sagt Gahr. Die aktuelle Studie bestätige dies nun und zeige darüber hinaus die wahrscheinliche Ursache der geistigen Veränderungen auf: eine Ausdünnung der Hirnrinde im präfrontalen Kortex.

?Dieser Bereich des Gehirns ist ganz wesentlich an kognitiven Fähigkeiten wie Impulskontrolle, Planen, Problemlösen, Priorisieren und Fokussieren beteiligt?, erläutert Gahr. Zugleich sei das Frontalhirn ein Bereich, dessen Entwicklung erst sehr spät abgeschlossen sei ? bei Frauen mit Mitte 20, bei Männern vermutlich noch später. ?Das ist möglicherweise der Grund, warum das Gehirn von Heranwachsenden so besonders empfindlich auf Drogen und andere Störungen von außen reagiert?, sagt der Psychiater.

Weitere Argumente für Ärzte
Gahr selbst veröffentlichte Ende 2020 gemeinsam mit seinem Ulmer Kollegen Prof. Dr. Carlos Schönfeldt-Lecuona im Journal of Clinical Psychopharmacology eine Studie, der zufolge die Zahl cannabisinduzierter Psychosen bei Jugendlichen in den vergangenen Jahren stark gestiegen ist ? vermutlich aufgrund des immer höheren THC-Gehalts moderner Cannabiszüchtungen. THC (Tetrahydrocannabiol) ist der wichtigste psychoaktiv wirkende Inhaltsstoff der Hanfpflanze.

Dieser Bereich des Gehirns ist ganz wesentlich an kognitiven Fähigkeiten wie Impulskontrolle, Planen, Problemlösen, Priorisieren und Fokussieren beteiligt.

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NSCLC: Rauchen mit längerem Überleben nach Pembrolizumab-Erstlinientherapie assoziiert
Patienten mit fortgeschrittenem nicht kleinzelligen Bronchialkarzinom (NSCLC), die zum Zeitpunkt der Diagnose rauchten und routinemäßig in der klinischen Praxis eine Erstlinien-Monotherapie mit dem PD-1-Inhibitor Pembrolizumab erhielten, überlebten länger als Nie-Raucher.

Dieser Befund deutet darauf hin, so die Schlussfolgerung der internationalen Autorengruppe in JAMA Netw Open , dass bei Nichtrauchern mit fortgeschrittenem NSCLC eine Erstlinientherapie mit Pembrolizumab möglicherweise nicht optimal ist und dass bei ihnen entsprechende Tests für eine optimierte Therapieauswahl sinnvoll sein könnten.


https://deutsch.medscape.com/artikelansicht/4911219?src=WNL_mdplsfeat_220602_mscpedit_de&uac=389796AZ&impID=4296666&faf=1#vp_2
Die retrospektive Kohortenstudie erfasste 1.166 Patienten mit fortgeschrittenen NSCLC aus einer nationalen Real-World-Datenbank mit den Daten von mehr als 280 US-amerikanischen Krebszentren. 1.075 Patienten (92,2%) waren Raucher, 91 Patienten (7,8%) hatten nie geraucht. Nie-Raucher waren älter, häufiger weiblich und litten öfter unter einem Nicht-Plattenepithelkarzinom als frühere oder aktuelle Raucher.

Nach Adjustierung an verschiedene Parameter ergab sich für Raucher ein signifikant längeres Gesamtüberleben von 12,8 Monaten im Median im Vergleich zu 6,5 Monaten bei Nie-Rauchern (HR: 0,69). Dieser Trend wurde bei allen Sensitivitätsanalysen in der Kohorte mit Pembrolizumab als Erstlinientherapie gesehen. Bei Patienten mit einer initial Platin-haltigen Chemotherapie zeigte sich bei Rauchern jedoch ein signifikant kürzeres OS als bei Nie-Rauchern (HR: 1,2).

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Schlechtes Zeugnis für Antidepressiva
Patienten haben laut einer Umfrage auch mit Medikamenten nur mäßige Lebensqualität
Dr. Angela Speth, Medscape


Die Wirksamkeit von Antidepressiva ist unter Experten umstritten, doch wie beurteilen die Anwender selbst ihr Befinden? Eine Umfrage ergab: Sie stufen ihre Lebensqualität als mäßig ein, und zwar als genauso mäßig wie depressive Menschen, die diese Psychopharmaka nicht nehmen. Und auch 2 Jahre später hat sich an dem Nulleffekt nichts geändert. Dieses Resultat einer Studie in den USA hat Aufsehen erregt und Kritik geerntet, vor allem kreiden Psychiater methodische Mängel an.

Über eine Arzneimittel-Datenbank ermittelten die Forscher, dass insgesamt 57% der Teilnehmer Antidepressiva genommen hatten. Bschor merkt an: ?Wer diese Wirkstoffe erhielt und wer nicht, beruht keineswegs auf Zufall, sondern auf Unterschieden in vielen Merkmalen ? wie Zugang zu medizinischen Angeboten, Krankenversicherung, Schweregrad der Depression, Bildung und Einstellung zu Medikamenten.?

Gleichberechtigung ist oft noch ein Wunschbild
Relevant ist offenbar auch der Faktor Geschlecht, denn 2 Drittel der depressiven Frauen wurden behandelt, dagegen nur gut die Hälfte der Männer. Nicht-Versicherte und ebenso Angehörige anderer ethnischer Gruppen erhielten ebenfalls seltener Antidepressiva.

Nach den Worten von Dr. Rebecca Sheriff, Psychiaterin an der Universität Oxford, wirft die spezielle Studienpopulation ein Licht auf ?die äußerst missliche Tatsache?, dass große Teile der Bevölkerung ? besonders Minderheiten ? in der medizinischen Versorgung und der Forschung unterprivilegiert sind.

Auffällig ist die anhaltende Stagnation
Im ersten Jahr nach der Diagnose und erneut 2 Jahre später hatten die Patienten den Fragebogen SF-12 ausgefüllt. Sowohl bei den Teilnehmern mit Antidepressiva als auch bei jenen ohne die Medikation zeigte der Ausgangswert von rund 44 Punkten eine moderate Lebensqualität an ? der Durchschnitt liegt bei 50 Punkten, das Maximum bei 100.

Am Ende der Beobachtungszeit hatte sich das körperliche Befinden in beiden Gruppen geringfügig um 0,35 Punkte verschlechtert, das psychische Befinden ebenfalls marginal und übereinstimmend um gut einen Punkt gebessert. Bschor resümiert: ?Unter realen Bedingungen bleiben die Defizite an Lebensqualität offenbar gleich.?

Die Autoren selbst räumen als Schwäche ihrer Studie ein, dass sie Art und Ausmaß der Depression nicht berücksichtigen konnten, weil diese Angaben in den Unterlagen fehlten.

Doch gerade wegen dieses Mankos ziehen manche Fachleute die Resultate in Zweifel. Die Kommentare lauten: Das sei ein gravierender Fehler, weshalb man aus der Studie keine Erkenntnisse gewinnen könne. Es gebe es zu viele Unbekannte für klare Schlussfolgerungen. Aus methodischen Gründen lasse sich nichts über die Wirksamkeit von Antidepressiva aussagen. Die Studie sei nicht mehr als der Vergleich zweier Kollektive. Patienten, die davon profitieren könnten, sollten sich keinesfalls entmutigen lassen.

Machten die Patienten eine Psychotherapie?
Prof. Dr. Eva-Lotta Brakemeier von der Universität Greifswald sieht eine weitere schwerwiegende Schwäche: In keiner der beiden Gruppen war nach einer Psychotherapie gefragt worden. Diese Methode jedoch sei in den USA sehr verbreitet und werde von sämtlichen Leitlinien als nachweislich wirksam und darum als erste Wahl empfohlen ? bei schweren Formen und chronischen Verläufen zusätzlich zu Antidepressiva.

Ein zusätzlicher Kritikpunkt: der Zeitrahmen von 2 Jahren. Er sei nicht angemessen, weil Depressionen meistens episodisch verlaufen, das heißt, sie verschwinden innerhalb etwa 9 Monaten von selbst.

Die Studie spiegelt die Praxisbedingungen wider
Bschor wiederum betrachtet gerade den langen Abstand als Qualität. Randomisierte Studien seien dagegen nur auf wenige Wochen angelegt und die Behandlung geschehe artifiziell, zum Beispiel mit der Zuteilung auf Verum oder Placebo. Sheriff hält die Daten ebenfalls für aussagekräftig, weil sie eine große Zahl von Menschen einschließen.


Doch was nun? Sollten Ärzte ihren Patienten Antidepressiva verschreiben oder nicht? Eine klare Antwort gibt es leider nicht, die Zustimmung oder Ablehnung der Experten spiegelt die widersprüchlichen Ergebnisse wider, auf die sie sich berufen.

Positionen kontra Antidepressiva
Almohammed und seine Kollegen zitieren Studien, wonach die Wirkung zu 80% auf Placebo-Effekten beruht und die Rückfallrate höher ist als mit Placebo. Sie empfehlen daher, depressiven Menschen zunächst Alternativen vorzuschlagen: Verhaltens- oder Gesprächstherapie, Angebote zu sozialer Unterstützung, Hilfe zur Selbsthilfe, Tagesstrukturierung oder Aufklärung.

Bschor pflichtet ihnen bei: Die Autoren plädieren zu Recht dafür, dass Ärzte mit der Verordnung zurückhaltender sein sollten ? auch weil sich Befunde mehren, dass Antidepressiva die Krankheit langfristig sogar verschlechtern. Es komme zu Chronifizierung und Rückfällen, was eine Dauerverschreibung notwendig macht. Einen ungünstigen Einfluss könnten auch die Nebenwirkungen haben, zum Beispiel starke Müdigkeit tagsüber oder Libidoverlust.

Sheriff verweist darauf, dass Aktivitäten gemeinsam mit anderen Menschen in Sport, Kunst und Kultur die gesundheitsbezogene Lebensqualität möglicherweise am meisten erhöhen.

Positionen pro Antidepressiva
?Wahrscheinlich waren die Menschen, die Antidepressiva verordnet bekamen, schwerer depressiv als nicht behandelte Teilnehmer?, argumentiert Prof. Dr. David Curtis von der Universität London. ?Daher hatten diese Medikamente offenbar sehr wohl eine Wirkung, ohne die Lebensqualität stärker zu beeinträchtigen. Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass Antidepressiva bei schweren Depressionen Symptome und Lebensqualität bessern.?

Wahrscheinlich waren die Menschen, die Antidepressiva verordnet bekamen, schwerer depressiv als nicht behandelte Teilnehmer. Prof. Dr. David Curtis
Dr. Gemma Lewis, ebenfalls von der Universität London, vertritt einen ähnlichen Standpunkt: ?Als die Studie startete, haben viele Menschen ihre Antidepressiva wahrscheinlich schon seit mehreren Jahren genommen. Zu Beginn der Einnahme hatten sie möglicherweise eine sehr schlechte Lebensqualität und waren schwer depressiv. In der ANTLER-Studie haben wir festgestellt, dass Antidepressiva langfristig das Risiko eines Rückfalls verringern und zum Erhalt der Lebensqualität beitragen.?


Nach dem Konzept der gesundheitsbezogenen Lebensqualität sind für den Erfolg einer Behandlung nicht mehr nur medizinische Befunde maßgeblich, sondern außerdem direkt die Einschätzungen der Patienten. Eine anerkannte Messmethode ist der Gesundheitsfragebogen Short Form-12, der aus 12 Fragen zur körperlichen und mentalen Funktionsfähigkeit besteht.

Haben Sie sich ruhig und friedlich gefühlt?
So sollen die Befragten ihren Gesundheitszustand bewerten, außerdem für die vergangenen 4 Wochen ankreuzen, wie sehr sie durch Schmerzen, gesundheitliche und emotionale Probleme im Alltag, bei der Arbeit und bei sozialen Aktivitäten eingeschränkt waren und wie oft sie sich jeweils zufrieden, niedergeschlagen und voller Energie gefühlt haben.

Wie depressive Patienten diese Fragen je nach Medikation beantworten, haben Prof. Dr. Omar A. Almohammed von der Universität Riad in Saudi-Arabien und seine Kollegen ermittelt [1]. Es handelt sich um die sekundäre Analyse einer Umfrage, die primär zur Abschätzung von Kosten gedacht war. Der wissenschaftliche Recherche-Verband Science Media Center hat deutsche und britische Psychiater und Psychologen um eine Stellungnahme gebeten.

Saudi-Arabien strebt internationale Forschung an
Prof. Dr. Tom Bschor von der Universität Dresden wundert sich über die ungewöhnliche Herkunft: ?Interessanterweise besteht das Autorenteam aus nur einer US-Wissenschaftlerin, die anderen 5 Forscher stammen aus Saudi-Arabien.?

Vorbehalte äußert er auch gegen die Motivation für die Analyse. So rechnen die Forscher in aller Ausführlichkeit vor, welche enormen Kosten depressive Erkrankungen verursachen, zumal wegen ihrer stetigen Zunahme. Beispiele: In den USA belief sich allein die Behandlung im Jahr 2005 auf rund 66 Milliarden US-Dollar, 2010 schon auf 80 Milliarden. Auch die Patienten selbst kommt die Störung teuer zu stehen, nämlich geschätzt rund 6.600 US-Dollar jährlich.

Fokus auch auf den kranken Menschen
Bschor kommentiert: Mit Blick auf das Thema ? die gesundheitsbezogene Lebensqualität ? hätte man erwarten dürfen, dass die Forscher nicht nur die ökonomische Last für die Gesellschaft anführen, sondern auch das Leid depressiver Menschen erwähnen, etwa ihre eingeschränkte Teilhabe am allgemeinen Leben.

Als Quelle diente Almohammed und seinen Kollegen eine US-Datenbank zu Depressionen: Medical Expenditures Panel Survey MEPS. Sie analysierten die Krankenakten von 17,5 Millionen Menschen ? rund 2 Drittel Frauen ? aus dem Zeitraum von 2005 bis 2016.

Überwiegend weiß und wohlhabend
Das Durchschnittsalter lag bei 48 Jahren. Fast 90% hatten eine helle Hautfarbe, jeweils 2 Drittel waren privat versichert und kamen aus Haushalten mit mittlerem bis hohem Einkommen. ?Die Teilnehmer dürften nicht repräsentativ für die USA sein?, gibt Bschor zu bedenken. ?Auf Deutschland hingegen, wo zum Beispiel fast alle Bürger krankenversichert sind, lassen sich die Ergebnisse schon eher übertragen.?

https://deutsch.medscape.com/artikelansicht/4911225?src=WNL_mdplsfeat_220602_mscpedit_de&uac=389796AZ&impID=4296666&faf=1#vp_3

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COVID-Sommerpause: Wird die Pandemie zur Endemie?
Wo wir stehen und wie es weiter geht ? JAMA zeigt die Perspektiven auf
Michael van den Heuvel, Medscape


Im 3. Jahr der Corona-Pandemie sinkt die Inzidenz weltweit auf den niedrigsten Stand seit mehr als 6 Monaten. Deutschland ist hier keine Ausnahme. Doch wie könnte es weitergehen ? neigt sich die SARS-CoV-2-Welle ihrem Ende entgegen, wie viele Menschen hoffen? In JAMA Network Open beleuchtet Dr. Carlos del Rio von der Emory University School of Medicine den Status quo und mögliche Entwicklungen.

Der Experte will keine falschen Hoffnungen wecken. Während es lange Zeit so aussah, als würde aus der Pandemie vielleicht eine Endemie werden, steigen die Infektionsraten in den USA seit Mai 2022 wieder an.

Solche Trends lassen sich durch mehrere Faktoren erklären, nämlich durch neue Subvarianten wie BA.2.12.1, durch die sinkende Immunität nach Impfungen oder nach früheren Infektionen sowie durch die Aufhebung etlicher Vorschriften aus Pandemie-Zeiten. Maskenpflichten oder Abstandsregeln gibt es immer seltener.

Subvarianten von Omikron gewinnen an Bedeutung
Zum Hintergrund: Nachdem die Omikron-Variante BA.1 im November 2021 erstmals in Südafrika identifiziert worden war, breitete sie sich weltweit aus und verdrängte in kurzer Zeit andere Varianten. Seitdem sind mehrere Linien und Sublinien entstanden. Die häufigsten sind derzeit BA.1, BA.1.1, BA.2 und BA.2.12.1.

Die Reproduktionszahl der BA.2-Variante ist 1,4-mal höher als die von BA.1.2. Solche Unterschiede lassen sich auf 53 Mutationen zurückführen, von denen 29 im Bereich des Spike-Proteins liegen. Klinische Symptome der BA.2-Infektion ähneln denen von BA.1, wobei leichte Symptome der oberen Atemwege wie Halsschmerzen und Pharyngitis häufig auftreten. Darüber hinaus berichten viele Patienten über gastrointestinale Symptome, etwa Durchfall, Übelkeit und Erbrechen, sowie über unspezifische Symptome, beispielsweise Muskelschmerzen, Kopfschmerzen, eine verstopfte Nase und Müdigkeit.

BA.2.12.1 wurde zuerst in New York nachgewiesen und ist jetzt die vorherrschende Variante in den USA. Bis zum 25. Mai 2022 war in etwa 5% der sequenzierten SARS-CoV-2-Isolate BA.2.12.1 zu finden. Diese Subvariante trägt zusätzlich die Spike-Mutationen S704L und L452Q. Die L452Q-Mutation wurde schon bei den Delta- und Lambda-Varianten beobachtet. Sie ermöglicht es dem Virus, stärker an den Angiotensin-Converting-Enzym-2-Rezeptor zu binden und dadurch kontagiöser zu werden.

Eine vorherige Infektion mit BA.1 scheint nur eine minimale Kreuzimmunität gegen BA.2.12.1 zu bieten, so dass sich Personen mit beiden Varianten infizieren können.

2 weitere Varianten, nämlich BA.4 und BA.5, sind vor kurzem in Südafrika und in Europa aufgetaucht. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) stuft sie als ?Variants of Concern? bzw. als ?Lineages under Monitoring? ein.

Wie andere Omikron-Subvarianten scheinen auch BA.4 und BA.5 deutlich kontagiöser zu sein als die Prä-Omikron-Varianten. Während Experimente darauf hindeuten, dass zumindest ein Teil des Wettbewerbsvorteils von BA.4 und BA.5 auf Unterschiede in der viralen Replikation zurückzuführen sind, gibt es Hinweise, dass andere Faktoren wie eine Immunevasion oder eine höhere Kontagiosität die rasche Verbreitung erklären könnten.

Wie bei BA.2.12.1 scheinen Personen, die zuvor mit einer früheren Omikron-Variante (BA.1) infiziert waren, nicht gut gegen eine Infektion mit BA.4 und BA.5 geschützt zu sein. Glücklicherweise verursachen BA.4 und BA.5 nach aktuellem Wissensstand keine schwereren Erkrankungen als frühere Varianten.

"Zusammenfassend lässt sich sagen, dass SARS-CoV-2 seit dem Auftreten von Omikron sehr viel effizienter übertragen wird und sich der Immunität eher entziehen kann. " Dr. Carlos del Rio


https://deutsch.medscape.com/artikelansicht/4911229?src=WNL_mdplsfeat_220602_mscpedit_de&uac=389796AZ&impID=4296666&faf=1#vp_2

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Montag, 30. Mai 2022
Covid19 - Stand der Dinge Ende Mai
Autor: Michael van den Heuvel

Angst vor neuen Varianten
Wissenschaftler raten, angesichts der niedrigen Zahlen die weiteren Planungen nicht zu vernachlässigen. Das Risiko für neue gefährliche Viren steige kontinuierlich, sagt RKI-Präsident Prof. Dr. Lothar H. Wieler. ?Ich würde fast sagen, alle WissenschaftlerInnen, die sich wirklich ernsthaft und fundiert, also mit Fachwissen, mit dieser Pandemie befassen, gehen davon aus, dass im Herbst die Zahlen wieder steigen werden.? Und weiter: ?Was wir aber nicht wissen, ist ? und das ist die große Unbekannte ?, welche Krankheit wird das Virus machen?? Die Politik dürfe keine Zeit verlieren bei der Arbeit an einem neuen Infektionsschutzgesetz.

Prof. Dr. Karl Lauterbach sorgt sich vor allem wegen neuer Omikron-Subvarianten. Auf Twitter schreibt der Bundesgesundheitsminister: ?In den USA läuft die BA4/5 Welle jetzt schon an. Das könnte uns im Herbst bevorstehen. Die Vorbereitung muss jetzt geschehen. Eine komplette Normalität wie Herbst 2019 ist leider sehr unwahrscheinlich. Aber es wird besser als 2021.?

Ärztetag: Forderung nach Impfregister ? Kritik an impfenden Apothekern
Als Lehre aus der Corona-Pandemie fordern Delegierte beim Deutschen Ärztetag die Einführung eines bundesweiten, zentralen Impfregisters. Mit dem Register sollen sowohl valide Daten über die Impfquote ermittelt als auch Erkenntnisse über die Sicherheit und Wirksamkeit von Impfstoffen gewonnen werden ? bei Vakzinen gegen COVID-19, aber auch bei sonstigen Vakzinen.

In einem weiteren Beschluss spricht sich der Ärztetag deutlich gegen Impfungen in Apotheken aus. Mögliche Komplikationen müssten beherrscht werden. Die Delegierten thematisieren zudem erforderliches Wissen bei Schwangeren oder bei chronisch Kranken, etwa Menschen mit Autoimmunerkrankungen. ?Diese Kenntnisse können nicht im Rahmen ärztlicher Schulungen vermittelt werden?, heißt es in einer Erklärung.

Derzeit bieten Apotheken Impfungen gegen COVID-19 an. Die Impfung gegen Influenza, bislang nur Teil von Modellprojekten, geht nach einem Bundestagsbeschluss in die Regelversorgung über.

CDC: COVID-19-Rebound unter Paxlovid® ? keine Einschränkung der Empfehlung
Die Kombination Nirmatrelvir/Ritonavir (Paxlovid®) wird Patienten mit leichten bis mittelschweren COVID-19-Symptomen und mit hohem Risiko für einen schweren Verlauf empfohlen. Studien zufolge verringert die Pharmakotherapie die COVID-19-Mortalität signifikant.

Jetzt warnen die Centers for Disease Control and Prevention (CDC) Ärzte, dass COVID-19 unter Paxlovid® erneut auftreten kann. Fallberichte zeigen, dass einige Patienten mit normaler Immunantwort, die eine 5-tägige Behandlung mit Paxlovid® abgeschlossen haben und sich erholt haben, 2 bis 8 Tage später nochmals erkranken können, einschließlich Patienten, die geimpft und/oder geboostert sind.

Derzeit gebe es kaum Daten, schreiben die CDC. Viel deute jedoch darauf hin, dass ein Rebound in Zusammenhang mit Paxlovid® zu leichten Symptomen führe. Es lägen keine Berichte über schwere Erkrankungen vor, heißt es in der Meldung. Derzeit gebe es auch keine Hinweise, dass bei Verdacht auf einen COVID-19-Rebound eine zusätzliche Behandlung mit Paxlovid® oder mit anderen Medikamenten erforderlich sei.

Paxlovid® werde weiterhin zur Behandlung von leichtem bis mittelschwerem COVID-19 im Frühstadium bei Personen mit hohem Risiko für eine Progression zu einer schweren Erkrankung empfohlen, heißt es in der Mitteilung.

Hallensport: Ansteckungsrisiko steigt mit der Belastung
Die Aerosolemission nimmt bei hoher körperlicher Belastung exponentiell zu. Damit steigt beim Sport in Innenräumen auch das Ansteckungsrisiko für COVID-19 stärker als erwartet, wie Forscher aus München berichten.

Zuvor war bekannt, dass sich das Atemvolumen untrainierter Menschen von etwa 5 bis 15 Litern pro Minute in der Ruhe auf über 100 Liter pro Minute beim Sport erhöht. Außerdem wussten die Forscher, dass sich häufig Menschen bei körperlicher Belastung in geschlossenen Räumen mit SARS-CoV-2-Viren anstecken, wenn sie keine Masken tragen. Unklar war jedoch, wie sich die Intensität körperlicher Belastung auf die Konzentration von Aerosolpartikeln in der Atemluft sowie auf den konkreten Ausstoß von Aerosolpartikeln durch eine Person pro Minute und damit auch auf das potentielle Ansteckungsrisiko für Infektionskrankheiten wie SARS-CoV-2 auswirkt.

Die Forschenden haben bei gesunden Probanden (Alter 18 bis 40) während steigender Ergometer-Belastung die emittierten Aerosolpartikel gemessen und mit der Ergometer-Leistung abgeglichen. Dabei stieg die Emission von Aerosolpartikeln bei maximaler Belastung im Durchschnitt um das 132-Fache, und zwar von 580 ± 489 Partikeln/min in Ruhe auf 76.200 ± 48.000 Partikel/min. Zudem stellten die Forscher fest, dass die Aerosolemission im Mittel bis zu einer Belastung von etwa 2 Watt pro Kilogramm Körpergewicht zunächst nur moderat zunimmt, darüber jedoch exponentiell.

?Aufgrund der stark ansteigenden Aerosolemission bei hochintensiven Belastungen über diesem ersten Richtwert sind bei hoher Gefahr von Infektionen mit schweren Konsequenzen besondere Schutzmaßnahmen wichtig?, erklären die Wissenschaftler. ?Im Idealfall wird ein derartiges Training nach draußen verlegt.?

Quelle: Univadis.de

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Anti-Krebs-Kombi: Vitamin D, Omega-3-Fettsäuren plus Sport ? alles zusammen könnte bei Senioren das Tumorrisiko drastisch senken
Nadine Eckert, Medscape


Eine Kombination aus hochdosiertem Vitamin D, Omega-3-Fettsäuren und einem einfachen Trainingsprogramm für zu Hause kann offenbar das Krebsrisiko gesunder Menschen über 70 Jahre um bis zu 61% verringern. Zu diesem Ergebnis kommt eine exploratorische Analyse der internationalen DO-HEALTH-Studie, für die mehr als 2.000 Senioren über 3 Jahre nachbeobachtet wurden.

Bei Erwachsenen mittleren Alters und ältere Menschen beschränken sich [krebspräventive Maßnahmen] heute weitgehend auf Vorsorgeuntersuchungen und Impfungen. Prof. Dr. Heike Bischoff-Ferrari und Kollegen
Das Risiko, an Krebs zu erkranken, steigt mit zunehmendem Alter. Und abgesehen von allgemeinen Maßnahmen wie Sonnenschutz oder Nichtrauchen gibt es kaum weitere Möglichkeiten, sich vor Krebserkrankungen zu schützen. ?Bei Erwachsenen mittleren Alters und älteren Menschen beschränken sich [krebspräventive Maßnahmen] heute weitgehend auf Vorsorgeuntersuchungen und Impfungen?, erklärt DO-HEALTH-Studienleiterin Prof. Dr. Heike Bischoff-Ferrari, Direktorin der Klinik für Altersmedizin am Universitätsspital Zürich.

Uneindeutiger Effekt als Einzelmaßnahmen
Vitamin D, Omega-3-Fettsäuren und Sport gelten als vielversprechende Kandidaten für die Krebsprävention. Es gibt Hinweise, dass Vitamin D das Wachstum von Krebszellen hemmt und Omega-3-Fettsäuren die Umwandlung gesunder Zellen in Krebszellen bremst. Sport wiederum kann die Immunfunktion verbessern und Entzündungen verringern, was ebenfalls zur Krebsprävention beitragen kann.

?Als Einzelmaßnahmen zur Prävention von Krebs wurden die Einnahme von Vitamin D, die Einnahme von Omega-3-Fettsäuren oder mehr sportliche Betätigung bereits in diversen Studien untersucht, die aber zu uneindeutigen Ergebnissen kamen?, kommentiert PD Dr. Valentin Goede, Leitender Oberarzt am Altersmedizinischen Zentrum des St. Marien-Hospitals in Köln und dort auch Leiter des Departments für Onkologische Geriatrie, auf Nachfrage von Medscape. ?Deshalb ist es interessant zu sehen, dass es die Kombination dieser Maßnahmen sein könnte, die etwas bewirkt.?

Krebsprävention ist exploratorischer Endpunkt
Die DO-HEALTH-Studie war ursprünglich nicht aufgelegt worden, um herauszufinden, ob eine Kombination aus hochdosiertem Vitamin D, Omega-3-Fettsäuren und einem Trainingsprogramm vor Krebs schützen könnte. Primär sollte untersucht werden, ob diese Maßnahmen bei älteren Menschen einen Effekt auf Blutdruck, körperliche Leistungsfähigkeit, Kognition, Frakturen und Infektionen haben.

Dafür wurden 2.157 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus der Schweiz, Frankreich, Deutschland, Österreich und Portugal über 3 Jahre nachbeobachtet. Sie waren bei Studienbeginn mindestens 70 Jahre alt, wiesen keine schweren Komorbiditäten auf, waren mobil und geistig fit.

Randomisierung auf 8 Gruppen
Sie wurden randomisiert in 8 verschiedene Gruppen eingeteilt, um den individuellen und kombinierten Nutzen der 3 Maßnahmen zu testen:

Gruppe 1: 2.000 IE Vitamin D3 pro Tag plus 1 g Omega-3-Fettsäuren pro Tag und 3-mal pro Woche ein einfaches Kraft-Trainingsprogramm für zu Hause

Gruppe 2: Vitamin D3 plus Omega-3-Fettsäuren

Gruppe 3: Vitamin D3 plus Trainingsprogramm

Gruppe 4: Omega-3-Fettsäuren plus Trainingsprogramm

Gruppe 5: Vitamin D3

Gruppe 6: Omega-3-Fettsäuren

Gruppe 7: Trainingsprogramm

Gruppe 8: Placebo.

Die Teilnehmenden wurden alle 3 Monate angerufen, unter anderem um die Adhärenz gegenüber den Maßnahmen zu kontrollieren. Außerdem fanden zu Studienbeginn und danach einmal im Jahr standardisierte Gesundheits- und Funktionsuntersuchungen in den Studienzentren statt.

Letztlich doch noch ein positiver Effekt?
?Es handelte sich insgesamt um eine qualitativ hochwertige Studie von ordentlicher Größe und mit einem guten Design, das allenfalls in wenigen Einzelpunkten methodisch kritisiert werden kann?, urteilt Goede. Dennoch sei sie hinsichtlich ihrer primären Endpunkte negativ ausgefallen. ?Diese ursprünglichen Ergebnisse wurden bereits 2020 im JAMA publiziert, und es zeigten sich keine signifikanten Effekte. Die Prävention von Krebs war ein explorativer Endpunkt, der anschließend bearbeitet wurde.?

Die Prävention von Krebs war ein explorativer Endpunkt, der anschließend bearbeitet wurde. PD Dr. Valentin Goede
Und hierbei zeigte die DO-HEALTH-Studie erstmals ein positives Ergebnis. Die exploratorische Analyse ergab nämlich, dass Vitamin D3, Omega-3-Fettsäuren und das einfache Trainingsprogramm für zu Hause bei gesunden und aktiven Menschen über 70 Jahren tatsächlich mit einem geringeren Krebsrisiko assoziiert waren.

Reduktion des Krebsrisikos um 61%
Insgesamt kam es in der Studienpopulation über 3 Jahre zu 119 Krebserkrankungen. Im Fachjournal Frontiers in Aging berichtet die Forschungsgruppe um Bischoff-Ferrari, dass jede der 3 Maßnahmen für sich genommen das Erkrankungsrisiko ein wenig reduzierte. ?Aber erst in Kombination wurde der Effekt der 3 Maßnahmen statistisch signifikant.? Das Krebsrisiko war in der Studiengruppe 1, die sowohl Vitamin D als auch Omega-3-Fettsäuren einnahm als auch das Trainingsprogramm absolvierte, um 61% niedriger als in der Placebogruppe.

Die Number-needed-to-treat (NNT), um eine Krebserkrankung zu verhindern, betrug nach 3 Jahren mit allen 3 Maßnahmen kombiniert 35. ?Das ist im Vergleich zu dem, was wir sonst an NNT in der Prophylaxe in der Altersmedizin haben, wirklich ein ziemlich guter Wert?, so Goede.

Replikation in größerer Studie erforderlich
?Neuartige Krebstherapien zielen darauf ab, verschiedene Wege der Krebsentstehung zu blockieren, indem mehrere Wirkstoffe kombiniert werden. Wir haben dieses Konzept auf die Krebsprävention übertragen?, sagt Bischoff-Ferrari. ?Obgleich unsere Ergebnisse in einer längerfristigen und noch größeren Studie repliziert werden sollten, qualifizieren die 3 Maßnahmen anhand ihrer hohen Sicherheit und den geringen Kosten bereits heute, um die hohe Last von Krebserkrankungen bei älteren Erwachsenen zu reduzieren.?

?Es ist bemerkenswert, dass nach 3 Jahren in einer für eine epidemiologische Studie auch wieder überschaubaren Patientenzahl mit der Kombination aus 3 Präventionsmaßnahmen tatsächlich eine Reduktion der Krebsinzidenz zu beobachten war?, sagt Goede.

Noch nicht ausreichend für generelle Empfehlung ?
Er stimmt den Autoren dahingehend zu, dass die Ergebnisse in einer größeren Studie und mit längerer Nachbeobachtung reproduziert werden müssen. ?Aber jedem gesunden Menschen über 70, der einfach zum Check-up in eine Arztpraxis kommt, diese 3 Präventionsmaßnahmen ungefragt und aktiv dringend ans Herz zu legen, würde ich heute noch nicht?, betont er.

Jedem gesunden Menschen über 70 ? diese 3 Präventionsmaßnahmen ungefragt und aktiv dringend ans Herz zu legen, würde ich heute noch nicht. PD Dr. Valentin Goede
Über die Replizierbarkeit der Ergebnisse hinaus, gelte es, noch weitere wichtige Fragen zu klären. ?In der DO-HEALTH-Studie war es zum Beispiel nicht möglich zu zeigen, ob die 3 Maßnahmen vielleicht nur das Risiko für ein Auftreten bestimmter Krebserkrankungen senken?, so Goede. Auch was den optimalen Beginn solcher Maßnahmen angehe oder ob sich die Ergebnisse auch auf kränkere ältere Menschen ausdehnen ließen, liefere sie keine Informationen.

? aber durchaus als individuelle Maßnahme
Allerdings: ?Sollte mich eine fitte Person jenseits der 70 ganz direkt fragen, ob sie selbst etwas tun kann, um sich vor Krebs zu schützen, dann würde ich mit Verweis auf diese Studie auch durchaus diese 3 Maßnahmen mit vorschlagen. Dafür würde mir die Evidenz dieser Studie wiederum ausreichen?, so Goede.

https://deutsch.medscape.com/artikelansicht/4911207?uac=389796AZ&faf=1&sso=true&impID=4288201&src=WNL_mdplsfeat_220530_mscpedit_de#vp_3

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Mittwoch, 25. Mai 2022
STIKO-Empfehlung für Kinder; neue Reiseregeln; COVID-19 boostert Herpes zoster; Ärztetag-Forderungen für 3. Pandemie-Herbst
Michael van den Heuvel, Medscape


Das Infektionsgeschehen entwickelt sich weiter rückläufig. Wie das Robert Koch-Institut (RKI) berichtet, liegt die 7-Tage-Inzidenz derzeit bei 281,8,1 Fällen pro 100.000 Einwohner (24. Mai: 307,2).

Angesichts der sinkenden Inzidenzen plant Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach (SPD), Einreiseregelungen ab Juni zu lockern. ?Bis Ende August setzen wir die 3G-Regel bei der Einreise aus?, so Lauterbach. Wer aus Virusvariantengebieten anreist, muss weiterhin in 14-tägige Quarantäne. Es handelt sich um eine Vorsichtsmaßnahme. Derzeit nennt das RKI keine Virusvariantengebiete.

Die Änderung der Corona-Einreiseverordnung soll heute vom Bundeskabinett verabschiedet werden. Sie sieht auch vor, dass alle von der WHO zugelassenen Vakzine bei einer Einreise anerkannt werden ? und nicht nur Impfstoffe mit EMA-Zulassung.

STIKO: Impfempfehlung für Kinder von 5-11 Jahren und für Genesene

Ärztetag: Standesvertreter fordern Maßnahmen für den Herbst

BioNTech: Vakzin ist auch bei Kleinkindern wirksam und sicher

Psychische Folgen der Pandemie zu wenig im Fokus

SARS-CoV-2 kann auch das Windpocken-Virus reaktivieren

STIKO: Impfempfehlung für Kinder von 5-11 Jahren und für Genesene
Die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut hat erneut ihre Impfempfehlungen aktualisiert ? vorsorglich für Herbst und Winter, wie das RKI schreibt, denn ein erneuter Anstieg von SARS-CoV-2 Infektionen sei zu erwarten.

Neu ist:

Kindern ohne Vorerkrankungen im Alter von 5 bis 11 Jahren sollten zunächst 1 Dosis erhalten, vorzugsweise Comirnaty® (10 µg).

Spikevax (50 µg) kann laut Zulassung für 6- bis 11-Jährige eingesetzt werden.

Sollte es zukünftig notwendig sein, den Impfschutz der Kinder zu optimieren, kann dies über längere Abstände zwischen der 1. und der 2. Impfung erfolgen. So könne auch das ? ohnehin niedrige ? Risiko einer Myokarditis weiter verringert werden.

Kinder mit Vorerkrankungen sollen weiterhin 2 Impfungen sowie eine Auffrischimpfung erhalten.

Gesunde Kinder im Umfeld vulnerabler Personen, die nicht selbst durch Impfungen geschützt werden können, sollten 2 Dosen als Grundimmunisierung bekommen, aber zunächst keine Auffrischungsimpfung.

Durchgemachte symptomatische oder asymptomatische Infektion mit SARS-CoV-2 reichen nicht aus, um spätere COVID-19 Erkrankungen zu verhindern. Die STIKO rät zur Impfung vor bzw. nach einer durchgemachten Infektion, um hybride Immunität zu erreichen.

?Das ist ein sehr ernst gemeintes und sehr verantwortungsvoll ausgesprochenes Angebot, das wir den Eltern machen, ihre 5- bis 11-jährigen jetzt für die Zukunft noch besser zu schützen, die sowieso schon genug erleben mussten ? sowohl die Eltern als auch erst recht die Kinder?, kommentiert Dr. Martin Terhardt. Er ist Kinder- und Jugendarzt sowie Mitglied der STIKO.

Terhardt: "Wir können uns nur vorstellen, dass wir durch diese einmalige Impfung den Kindern, die zum allergrößten Teil jetzt schon Kontakt zu dem Virus hatten oder in den nächsten Wochen oder Monaten Kontakt zu dem Virus haben werden, eine bessere Immunität, die soge"nannte hybride Basisimmunität, vermitteln können. Diese biete einen guten Schutz und könne eventuell durch eine weitere Impfung später noch einmal ergänzt werden. "Aber nun gilt es, erst mal das Angebot bitte zu prüfen und bestenfalls auch anzunehmen: Einmal impfen", so der Experte.

Ärztetag: Standesvertreter fordern Maßnahmen für den Herbst
Bund und Länder sollten die Corona-Strategie für den Herbst rechtzeitig planen, fordert Ärztepräsident Dr. Klaus Reinhardt anlässlich des Deutschen Ärztetages (Univadis hat berichtet). Dabei sei es besonders wichtig, auf Kinder und Jugendliche zu achten: ein thematischer Schwerpunkt des diesjährigen Ärztetages.

"Die Zeit drängt", sagte der Chef der Bundesärztekammer. "Spätestens die nächste Ministerpräsidentenkonferenz am 2. Juni muss die Weichen für einen sicheren Betrieb von Schulen und Kitas stellen." Gerade Kinder hätten in den vergangenen 2 Jahren einen großen Solidarbeitrag geleistet. Wir seien verpflichtet, den Kindern jetzt etwas zurückzugeben, so Reinhardt.

Corona-Infektionen verliefen bei jungen Menschen zwar meistens sehr mild, die Eindämmungsmaßnahmen hätten aber schwerwiegende Folgen für Kinder und Jugendliche gehabt. Notwendig sei außerdem eine möglichst hohe Impfquote, um das Coronavirus wirksam einzudämmen, so Reinhardt. Die Quote müsse weiter gesteigert und die Notwendigkeit von Impfungen noch verständlicher gemacht werden. ?Die bisherigen Impfkampagnen waren halbherzig und uninspiriert. Da gibt es noch viel Luft nach oben?, erklärt Reinhardts.

?Der 3. Herbst kann nicht verlaufen wie der 2.?, so Lauterbach beim Deutschen Ärztetag. Auf eine neue Welle, aber auch auf neue Erreger nicht vorbereitet zu sein, ?wäre eine kollektive Dummheit und ein Skandal?. Derzeit entwickle sein Ministerium eine neue Impf-, Test- und Behandlungsstrategie.. Außerdem sei ein neues Infektionsschutzgesetz erforderlich, das nicht nur auf die Maskenpflicht in Innenräumen abziele. Die derzeitigen Instrumente würden nicht ausreichen, so Lauterbach. ?Die zurzeit im Infektionsschutzgesetz enthaltenen Maßnahmen laufen am 23. September aus.?

BioNTech: Vakzin ist auch bei Kleinkindern wirksam und sicher
In einer Pressemeldung berichtet BioNTech über erste Ergebnisse zur Sicherheit, Immunogenität und Impfstoffwirksamkeit von 3 Dosen Comirnaty® bei Kindern im Alter von 6 Monaten bis unter 5 Jahren.

Bei der Phase-2/3-Studie erhielten 1.678 Kinder mindestens 2 Monate nach der 2. Dosis eine 3. Dosis des 3-µg-Vakzins. Omikron beherrschte zu dem Zeitpunkt das Krankheitsgeschehen. Zum Vergleich der Immunogenität wurden Daten einer 16 bis 25 Jahre alten Studienpopulation nach Erhalt der 2. Dosis herangezogen.

Für beide Studienpopulationen (6 bis 24 Monate und 2 bis unter 5 Jahre) konnten die Forscher eine Nicht-Unterlegenheit bzw. vergleichbare Immunantworten zeigen, verglichen mit der älteren Population. Der Großteil der Nebenwirkungen war mild bis moderat.

Die Impfstoffwirksamkeit lag bei Kindern von 6 Monaten bis unter 5 Jahren bei 80,3%, basierend auf 10 symptomatischen Infektionen. Laut Studienprotokoll wird die endgültige Analyse erst ausgeführt, wenn mindestens 21 Fälle 7 Tage nach der 3. Dosis aufgetreten sind.

Psychische Folgen der Pandemie zu wenig im Fokus
Ein weiteres Thema der Forschung sind mögliche Folgen der Pandemie für die seelische Gesundheit. Jetzt liegen 2 weitere Publikationen dazu vor (Univadis hat berichtet). So ist während der Corona-Pandemie laut der einen Publikation das Gefühl der Einsamkeit weltweit um 5 Prozentpunkte gestiegen. Die zweite Veröffentlichung zeigt, dass sich in Deutschland bei Studentinnen und Studenten das Gefühl der Einsamkeit während des Lockdowns fast verdoppelt hat.

Für die 1. Publikation, eine Metaanalyse, haben Wissenschaftler 34 Studien mit mehr als 200.000 Probanden ausgewertet. ?Wir konnten so erstmals nachweisen, dass Einsamkeit in der Bevölkerung während der Pandemie weltweit zugenommen hat?, so Erstautorin Dr. Mareike Ernst von der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie der Universität Mainz. Konkret ergab die Analyse für die Zeit der sozialen Einschränkungen einen Anstieg des Gefühls der Einsamkeit um im Mittel rund 5 Prozentpunkte.

Dass ein Teil der jungen Erwachsenen besonders stark unter Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie litt, zeigt die 2. Publikation, eine Studie aus Deutschland, für die 443 Studenten per Mail rekrutiert und vor bzw. während der Pandemie zu ihrer mentalen Gesundheit befragt wurden (Juni bis August 2019 versus Juni 2020). ?Im Schnitt waren die Befragten knapp 23 Jahre alt und zu 77 Prozent weiblichen Geschlechts?, erläutert Prof. Dr. Manfred Beutel, Direktor der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie an der Universität Mainz.

Wie die Auswertung ergab, zählt Einsamkeit zu den Markern, die während der Pandemie in dieser Gruppe am stärksten anstiegen. ?Der Wert hat sich fast verdoppelt?, so Beutel. Die Befragung habe auch gezeigt, dass insbesondere Studenten, die vor und während der Pandemie keine feste Partnerschaft hatten, unter Einsamkeit litten. ?Man kann sagen: Soziale Isolation durch Einbußen bei sozialen Kontakten und Freizeitaktivitäten plus gesundheitliche Sorgen während der Pandemie führten vor allem bei Single-Studierenden zu Einsamkeit.?

Knapp die Hälfte der Befragten gab an, in keiner festen Partnerschaft zu sein. Einsame Studenten und Studentinnen waren, wie die Studie weiter ergab, häufig depressiv und ängstlich gestimmt; außerdem klagten sie verstärkt über körperliche Beschwerden.

SARS-CoV-2 kann auch das Windpocken-Virus reaktivieren
Die Pandemie führt nicht nur zu psychischen Störungen. Mehrere Fallberichte deuten darauf hin, dass Patienten in Zusammenhang mit COVID-19 häufiger an Herpes zoster erkranken, doch die Datenlage war schlecht. Eine neue Kohortenstudie hilft Ärzten, das tatsächliche Risiko zu bewerten.

Dazu haben Forscher die Inzidenz von Herpes zoster bei den mindestens 50-Jährigen mit oder ohne COVID-19 in der Vorgeschichte verglichen. Informationen kamen aus den Datenbanken ?US MarketScan Commercial Claims and Encounters?, ?Medicare Supplemental? und ?Optum Clinformatics Data Mart?. Personen mit COVID-19 wurden nach Alter, Geschlecht, nach Risikofaktoren für Herpes zoster mit Personen ohne COVID-19 abgeglichen.

Insgesamt wurden 394.677 Personen im Alter von mindestens 50 Jahren mit COVID-19 und 1.577 346 Personen ohne COVID-19 in die Analyse aufgenommen. Die mittlere Nachbeobachtungszeit nach der COVID-19-Diagnose und die Ausgangscharakteristika waren zwischen den Kohorten vergleichbar. Personen, bei denen COVID-19 diagnostiziert wurde, hatten ein um 15% höheres Risiko für Herpes zoster als Personen ohne COVID-19 (adjustiertes Inzidenzratenverhältnis [aIRR] 1,15; 95%-KI 1,07-1,24; p < 0,001). Das erhöhte Risiko war nach einem Krankenhausaufenthalt aufgrund von COVID-19 noch ausgeprägter (21%; aIRR 1,21; 95%-KI 1,03-1,41; p = 0,02).

Die Ergebnisse unterstrichen die Bedeutung einer Impfung gegen Herpes zoster bei Personen ab 50 Jahren, schreiben die Autoren.

https://deutsch.medscape.com/artikelansicht/4911202?uac=389796AZ&faf=1&sso=true&impID=4274365&src=WNL_mdplsfeat_220525_mscpedit_de#vp_3

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Montag, 23. Mai 2022
Sommergrippe derzeit größeres Risiko als Covid 19?
?Die virologische Surveillance zeigt, dass neben dem noch anhaltenden COVID-19-Geschehen aktuell Influenza-Infektionen, insbesondere bei Kindern in der Altersgruppe 5 bis 14 Jahre, weiterhin die ARE-Aktivität mitbestimmen und in den Altersgruppen der Kinder aktuell häufiger diagnostiziert werden als SARS-CoV-2-Infektionen?, schreibt das RKI im aktuellen Wochenbericht.

?Bei Auftreten von Symptomen einer neu auftretenden Atemwegserkrankung wie z.B. Schnupfen, Halsschmerzen oder Husten wird ? unabhängig vom Impfstatus und auch bei negativem COVID-19-Testergebnis ? dringend empfohlen, Kontakte zu meiden und bei Bedarf die hausärztliche Praxis zu kontaktieren.?

Anders ist die Sachlage in den USA, wie Medscape berichtet . Laut der American Academy of Pediatrics und der Children?s Hospital Association scheint die Inzidenz bei Kindern an Fahrt zu gewinnen. Die Zahl der Neuerkrankungen lag in der Woche vom 6. bis 12. Mai bei über 93.000, verglichen mit 62.000 in der Vorwoche.

Der jüngste Aufwärtstrend ist auch in Daten der Centers of Disease Control and Prevention (CDC) zu erkennen. Demnach ist die wöchentliche Rate an Neuinfektionen bei Kindern im Alter von 0 bis 14 Jahren von 35 pro 100.000 am 26. März auf 102 pro 100.000 am 7. Mai angestiegen. Kinder im Alter von 0 bis 14 Jahren sind am häufigsten betroffen.


US-Experten spekulieren über mehrere potenzielle Gefahren in den nächsten Monaten.

Die evolutionäre Entwicklung von SARS-CoV-2 beschleunigt sich weiter; neue Mutationen treten auf.

Neue Varianten sind besser in der Lage, der Immunität zu entgehen.

Ihre Übertragbarkeit und Infektiosität sind höher.

Impfstoffe und Auffrischungsimpfungen bieten bei neuen Varianten weniger Schutz vor einer Übertragung als bei bisherigen Varianten.

Menschen mit Immunität, die nicht geimpft wurden, sind stärker denn je gefährdet.

Was ist jenseits der Impfstoffforschung zu tun? ?Die Diskussion über Masken und über Instrumente der öffentlichen Gesundheit muss neu ausgerichtet werden?, erklärt CDC-Direktor Dr. Tom Frieden. ?Masken sind ein kostengünstiges, lebensrettendes Instrument, das dazu beitragen kann, die Ausbreitung anderer Infektionskrankheiten, nicht nur von COVID, einzudämmen.? Viele Lehren aus der Pandemie könnten jetzt weiterentwickelt werden, um die Ausbreitung von Krankheiten kontinuierlich zu kontrollieren und um die Welt gesünder zu machen.

Einrichtungsbezogene Impfpflicht: Naht das Ende?
Impfungen schützen gegen Infektionen, nur lehnen auch viele Angestellten im Gesundheitswesen Vakzine gegen COVID-19 ab. Mittlerweile hat das Bundesverfassungsgericht die einrichtungsbezogene Impfpflicht bestätigt (Medscape hat im Blog darüber berichtet). Dennoch kommt keine Ruhe in die Thematik.

Zwar sei die Teil-Impfpflicht unter den Bedingungen einer gefährlichen Virusvariante geboten, sagt Unions-Fraktionsvize Sepp Müller (CDU). ?Angesichts der milderen Verläufe durch Omikron und der nach wie vor vielen offenen Fragen bei der praktischen Umsetzung muss aber geprüft werden, ob die einrichtungsbezogene Impfpflicht noch angemessen und verhältnismäßig ist.?

Müller geht es vor allem um Schwierigkeiten bei der Umsetzung. Er will Details über eine parlamentarische Anfrage klären. ?Fallen die Antworten weiter unbefriedigend aus, werden wir uns als Union für eine Aussetzung der Impfpflicht ernsthaft mit der Ampel unterhalten?, erklärt der Christdemokrat.

Long-COVID: Welche Rolle spielen virale Reservoirs im Körper?
Wissenschaftlern gibt Long-COVID immer noch zahlreiche Rätsel auf. In einem redaktionellen Übersichtsbeitrag in Nature geht Heidi Ledford der Frage nach, welche Rolle Bruchstücke von SARS-CoV-2 im Körper spielen könnten.

2 Jahre nach Beginn der Pandemie häufen sich die Belege, dass Teile von SARS-CoV-2 nach einer Erstinfektion monatelang im Darm verbleiben. ?Die Ergebnisse tragen zu einem wachsenden Pool von Beweisen bei, die die Hypothese stützen, dass hartnäckige Virusstücke ? Coronavirus-?Geister? ? ? zu dem mysteriösen Zustand namens Long- COVID beitragen könnten?, so die Autorin.

https://deutsch.medscape.com/artikelansicht/4911194?uac=389796AZ&faf=1&sso=true&impID=4268485&src=WNL_mdplsfeat_220523_mscpedit_de#vp_2

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Donnerstag, 19. Mai 2022
Urteil zur Impfpflicht und neuer Anlauf für 60+; Kommt Delta zurück? COVID-Spürhunde; Pläne für Long-COVID-Management
Michael van den Heuvel, Medscape


Im Medscape-Corona-Newsblog finden Sie regelmäßig die aktuellen Trends zu Neuinfektionen und Belegung von Intensivstationen sowie eine Auswahl von klinisch relevanten Kurzmeldungen zur Pandemie.

Corona-Newsblog, Update vom 19. Mai 2022
Das Infektionsgeschehen entwickelt sich weiter rückläufig. Wie das Robert Koch-Institut (RKI) berichtet, liegt die 7-Tage-Inzidenz derzeit bei 383,2 Fällen pro 100.000 Einwohner (18. Mai: 407,4).

Bundesverfassungsgericht über Impfpflicht für Gesundheitsberufe und neuer Anlauf für Herbst und Winter

Valneva-Impfstoff: Die EU redet Klartext

Tierexperimentelle Daten: Bessere Immunreaktion durch attenuiertes Lebendvirus

Long-COVID: Unternimmt Deutschland zu wenig?

Hinweise aus dem Abwasser: Kommt Delta zurück?

COVID-19-Spürhunde am Flughafen

FDA: Keine Zulassung von Fluvoxamin ? Kritik an Studien

Schweres COVID-19: Wache Patienten ohne Intubation profitieren nicht von der Bauchlage

Bundesverfassungsgericht über Impfpflicht für Gesundheitsberufe und neuer Anlauf für Herbst und Winter
Sinkende Inzidenzen gelten lediglich als Momentaufnahme des Geschehens ? darin sind sich Gesundheitspolitiker einig. Deshalb haben Vertreter Baden-Württembergs und Hessens bei einer Videoschaltkonferenz der Gesundheitsminister beantragt, erneut über die allgemeine Impfpflicht ab 60 Jahren zu beraten. Bayern wird sich dem Antrag anschließen. Weitere Bausteine des Konzepts sind die Möglichkeit zur Anordnung einer generellen Maskenpflicht in Innenräumen und die Verpflichtung zur Vorlage eines Impf-, Genesenen- oder Testnachweises für Bereiche mit Zugangsbeschränkung.

In der Beschlussvorlage heißt es: ?Angesichts einer sehr wahrscheinlichen Infektionswelle im Herbst hält es die Gesundheitsministerkonferenz weiterhin für erforderlich, eine Überlastung des Gesundheitssystems sowie damit einhergehende mögliche Einschränkungen für die Gesamtbevölkerung durch die Einführung einer unmittelbar geltenden Impfpflicht ab 60 Jahren zu verhindern. Die GMK appelliert daher an alle an der Bundesgesetzgebung Beteiligten, ein Gesetz für eine allgemeine Impfpflicht gegen COVID-19 ab 60 Jahren zu beschließen.? Beim nächsten Treffen am 22. und 23. Juni in Magdeburg soll das Thema erörtert werden.

Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach begrüßt den Entschluss der Gesundheitsministerkonferenz, Vorbereitungen für den Herbst zu treffen: ?Die Länder brauchen mehr Instrumente, um auf das mögliche Wiederaufflammen der Corona-Pandemie reagieren zu können?, schreibt er auf Twitter . ?Das jetzige Infektionsschutzgesetz ist zu dünn, um uns durch die kalte Jahreszeit zu bringen. Da es am 23.9 ausläuft müssen jetzt die Vorbereitungen beginnen (?).?

Die Regierung plant, ab Herbst allen Bürgern eine Viertimpfung anzubieten ? mit dem Omikron-Vakzin von BioNTech/Pfizer oder mit dem bivalenten Vakzin von Moderna. Dafür will die Koalition weitere 830 Millionen Euro bereitstellen. Beide Impfstoffe sind noch in der Entwicklung.

Grünes Licht gab es auch für die einrichtungsbezogene Impfpflicht. Das Bundesverfassungsgericht hat Klagen von Mitarbeitern abgewiesen; heute wurde das Urteil veröffentlicht. Zwar schreibt der Erste Senat, die Impfpflicht stelle einen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit dar. Dies sei mit Blick auf die Verfassung jedoch zu rechtfertigen, um vulnerable Menschen zu schützen. ?Trotz der hohen Eingriffsintensität müssen die grundrechtlich geschützten Interessen der im Gesundheits- und Pflegebereich tätigen Beschwerdeführenden letztlich zurücktreten?, so die höchstrichterliche Entscheidung.

Valneva-Impfstoff: Die EU redet Klartext
VLA2001 von Valneva ist momentan der einzige inaktivierte, adjuvantierte Ganzvirus-Impfstoffkandidat gegen COVID-19 in Europa. Laut Pressemeldung des französisch-österreichischem Biotech-Unternehmens plant die Europäische Kommission, ihren Vorabkaufvertrag für das Vakzin zu kündigen.

Im Vertrag wird der Kommission ein Kündigungsrecht gewährt, falls VLA2001 bis zum 30. April 2022 keine Marktzulassung von der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) erhalten hat. Gemäß Detailvereinbarungen hat Valneva ab dem 13. Mai 2022 genau 30 Tage Zeit, um eine Marktzulassung zu erhalten oder um Maßnahmen zur Nachbesserung vorzuschlagen.

Fragen des EMA-Ausschusses für Humanarzneimittel hat der Hersteller schon beantwortet. Läuft alles nach Plan, erwartet das Unternehmen spätestens im Juni 2022 eine Stellungnahme des EMA-Ausschusses für Humanarzneimittel.

Tierexperimentelle Daten: Bessere Immunreaktion durch attenuiertes Lebendvirus
Für die weitere Kontrolle der Pandemie wünschen sich Ärzte Impfstoffe, die eine möglichst lang andauerte Immunität auslösen. Deshalb geht die Entwicklung neuer Vakzin-Kandidaten weiter; neue Ergebnisse sind als Preprint veröffentlicht worden.

Forscher der Charité ? Universitätsmedizin Berlin und Kollegen verglichen die Immunantworten und die präklinische Wirksamkeit des mRNA-Impfstoffs BNT162b2, eines Adenovirus-Vektor-Spike-Impfstoffs und des Impfstoffkandidaten sCPD9.

Um das abgeschwächte Virus sCPD9 herzustellen, hatten die Wissenschaftler einen kurzen Abschnitt des SARS-CoV-2-Genoms durch eine synthetisierte Sequenz ersetzt mit dem Ziel, die Virusreplikation zu begrenzen.

Bei den aktuellen Experimenten kamen Goldhamster als bekanntes Tiermodell für SARS-CoV-2-Infektionen zum Einsatz. Die durch sCPD9 hervorgerufene robuste Immunität zeigte sich anhand eines breiten Spektrums von Immunparametern nach einer Provokation mit SARS-CoV-2. Zu den Vorteilen ? verglichen mit anderen Vakzinen ? gehörten eine schnelle Virusbeseitigung, geringe Gewebeschäden, eine schnelle Differenzierung von Prä-Plasmablasten, eine starke systemische bzw. mukosale humoralen Reaktionen und eine schnelle Mobilisation von Gedächtnis-T-Zellen.

?Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Verwendung von abgeschwächten Lebendimpfstoffen Vorteile gegenüber den verfügbaren COVID-19-Impfstoffen bieten kann, insbesondere, wenn sie als Auffrischungsimpfung eingesetzt werden, und dass sie eine Lösung für die Eindämmung der COVID-19-Pandemie darstellen könnten?, resümieren die Autoren.

Long-COVID: Unternimmt Deutschland zu wenig?
Zwar sinken die Inzidenzen, doch Long-COVID bereitet Wissenschaftlern und Politikern viel Kopfzerbrechen. ?In UK werden die Long-COVID-Fälle systematischer erfasst als bei uns?, schreibt Lauterbach. ?Es zeigt sich, dass auch viele Geimpfte in der Omikron-Welle betroffen sind. Trotzdem wäre die Zahl ohne Impfung viel höher, die Impfung schützt. Long-COVID allein wäre Grund genug, sich impfen zu lassen.?

Auch der Corona-Expertenrat der Bundesregierung hat sich mit der Thematik befasst und umfangreiche Empfehlungen erarbeitet. Die Maßnahmen im Überblick:

Etablierung flächendeckender, intersektoraler und interdisziplinärer Versorgungsstrukturen für Patienten

Enge Verzahnung ambulanter und klinischer Versorgungsstrukturen mit konsentierten Qualitätskriterien

Ausweitung der Förderung der klinischen und translationalen Forschung, der Grundlagenforschung und Versorgungsforschung

Etablierung von Zentren für klinische Studien u.a. zur Prüfung bereits zugelassener und neuer Medikamente bzw. Behandlungsverfahren

Aufklärung aller Akteure im Gesundheitswesen

Informationen für die Bevölkerung

Einbindung von Patientengruppen

Erstellen wissenschaftlicher Analysen zu Long-COVID/Post-COVID

Hinweise aus dem Abwasser: Kommt Delta zurück?
Seit Monaten beherrscht Omikron die wissenschaftliche und die mediale Berichterstattung. Doch ist Delta wirklich verschwunden? Dieser Frage gingen Forscher aus Israel anhand der abwasserbasierten Epidemiologie auf den Grund.

Um Varianten in möglichen Umwelt-Reservoirs schnell zu bewerten, haben die Wissenschaftler spezielle PCR-Gensonden entwickelt. Damit wurden verschiedene Proben aus Abwässern untersucht. Bei Patienten nimmt, wie bekannt, die Zahl an Omikron-Infektionen stetig zu. Dennoch fanden die Wissenschaftler in Abwässern eine ? wie sie schreiben ? ?kryptische Zirkulation? der Delta-Variante, selbst beim Anstieg der Omikron-Fälle.

Auf Grundlage ihrer Daten entwickelten die Forschenden auch ein Modell zur Prognose des weiteren Geschehens. Sie vermuten, dass die Häufigkeit von Omikron-Subvarianten in der Umwelt bis zu deren vollständiger Eliminierung stetig abnehmen wird, während die Delta-Variante ihre kryptische Zirkulation beibehält. Dies könnte zum Wiederauftreten einer Delta-Infektionswelle oder zur möglichen Entstehung einer neuen Variant of Concern aus Delta führen.

COVID-19-Spürhunde am Flughafen
Um viele Menschen in kurzer Zeit auf SARS-CoV-2-infektionen zu screenen, beispielsweise auf Flughäfen, laufen seit Beginn der Pandemie Studien mit speziell trainierten Hunden. Jetzt liegen Ergebnisse einer randomisierten, verblindeten Validierungsstudie sowie einer Praxisstudie am internationalen Flughafen Helsinki-Vantaa, Finnland, vor.

4 Hunde wurden darauf trainiert, COVID-19 anhand menschlicher Hautabstrichen zu erkennen, wobei Probanden gleichzeitig via RT-PCR auf SARS-CoV-2 getestet wurden. Die Validierungsstudie umfasste 4 identische Sätze von 420 parallelen Proben (von 114 mittels RT-PCR positiv und 306 negativ getesteten Personen), die jedem Hund in 7 Versuchssitzungen zufällig vorgelegt wurden. In einer realen Umgebung bekamen die Hunde Hautabstriche von 303 ankommenden Passagieren, die alle gleichzeitig mittels RT-PCR von Nasenabstrichen auf SARS-CoV-2 untersucht wurden.

Die Validierungsexperimente ergaben im Vergleich zur RT-PCR eine Gesamtgenauigkeit von 92% (95%-KI 90% bis 93%), eine Sensitivität von 92% (95%-KI 89% bis 94%) und eine Spezifität von 91% (95%-KI 89% bis 93%). Bei Hunden, welche mit dem Wildtyp-Virus trainiert wurden, war die Leistung bei der Alpha-Variante weniger genau (89% für den Wildtyp gegenüber 36% für die Alpha-Variante; OR 14,0, 95 %-KI 4,5 bis 43,4)

https://deutsch.medscape.com/artikelansicht/4911187?uac=389796AZ&faf=1&sso=true&impID=4258683&src=WNL_mdplsfeat_220519_mscpedit_de#vp_3

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Mittwoch, 18. Mai 2022
Check-up gefällig?
Mehr als nur Laborwerte ? wie Vorsorgeuntersuchungen für Erwachsene optimiert werden können
Ute Eppinger, Medscape


Routine-Check-ups sind sinnvoll ? wenn sie denn genutzt werden. Dr. Jill Jin, Associate Editor des JAMA bricht auf der Patientenseite des Journals eine Lanze für Vorsorgeuntersuchungen. Sie verweist auf eine 2021 veröffentlichte Studie, die Hinweise darauf liefert, dass das Wahrnehmen von Check-ups mit besserer Krebsvorsorge (z.B. für Dickdarm- und Gebärmutterhalskrebs) und mit der Aufdeckung von chronischen Krankheiten wie Bluthochdruck und Depressionen verbunden ist.

Untersuchungen zur Gesundheitsvorsorge ? wie auch der Check-up ab 35 ? sind grundsätzlich sinnvoll. Prof. Dr. Georg Ertl
?Untersuchungen zur Gesundheitsvorsorge ? wie auch der Check-up ab 35 ? sind grundsätzlich sinnvoll; es geht darum, gesunde Menschen für ihre Gesundheit und für eine gesunde Lebensführung zu sensibilisieren?, sagt Prof. Dr. Georg Ertl, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM). Check-ups bieten auch die Möglichkeit, ?vielleicht eine Veränderung des Lebensstils herbei zu führen, ohne dass unbedingt gleich ein Medikament verordnet werden muss?, so Ertl.

Zu einem Routine Check-up in den USA gehören laut Jin:

das Messen von Größe, Gewicht und Blutdruck,

die Bestimmung von Cholesterin, Nüchtern-Glukose und Hepatitis-C-Antikörpern,

Screenings auf Depressionen, Lungen-, Gebärmutterhals-, Darm- und Brustkrebs,

auf sexuell übertragbare Erkrankungen (STD) und

das Prüfen des Impfschutzes gegen Influenza, Tetanus, Pneumonie und Masern.

Als zusätzliche Untersuchungen für ältere Menschen kommen infrage:

Sturzrisiko,

Hörvermögen,

Gedächtnisfunktion,

Beratungsgespräche zu Patientenverfügungen.

?Vorsorgeuntersuchungen können auch zu einer gesünderen Ernährung und regelmäßigeren Bewegung sowie zu einer besseren Selbsteinschätzung der Patienten führen?, schreibt Jin. Ein jährlicher Check-up ist aus ihrer Sicht nicht notwendig

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