Sonntag, 25. März 2018
Der Dreißigjährige Krieg ein Religionskrieg? It´s the economy, stupid!
che2001, 20:57h
In der Geschichtsschreibung gilt bis heute der Dreißigjährige Krieg als der letzte europäische Religionskrieg, die Zeit nach ihm als das "Zeitalter der Vernunft".
Eine nähere Beschäftigung mit dem Thema zeigt allerdings dass die Dinge etwas anders und zum Teil überraschend um nicht zu sagen erschreckend modern aussehen.
Zunächst ist der ganze Konflikt nicht verständlich ohne den ihm vorausgegangenen "Langen Türkenkrieg" von 1593 bis 1606 zu kennen und die regionalen Balkankriege die in dessen Verlauf ein Eigenleben führten. Grob skizziert geschah Folgendes: Ein osmanisches Heer marschierte auf Wien zu, eroberte Ungarn und kam bis in die Steiermark, wurde dann aber von einem kaiserlichen Heer zurückgeschlagen, das nun sukzessive Ungarn eroberte. Ihm schlossen sich verbündete Fürsten an: Sigísmund Bathory von Siebenbürgen, Michael Vateazul von der Walachei und Moldawien sowie Söldnerhaufen vom ganzen Balkan. Das kaiserliche Heer wurde von einem Condottiere geführt, Giorgio Basta, der es vom 14 jährigen Tambour zum Hauptmann einer Reiterschützenkompanie gebracht hatte und nun vom Kaiser zum General erhoben wurde, um an der Spitze eines spanischen Heeres in Ungarn einzumarschieren. Basta hatte große Schwierigkeiten mit der Versorgung seiner Truppen, da der Tross nicht genug Proviant transportierte und die Verbindung nach Österreich abgeschnitten wurde. So musste die Truppe sich selbst ernähren: Durch Plünderungen. Als mitten in diesen Auseinandersetzungen Sultan Mehmed III. starb und sein dreizehnjähriger Sohn Ahmed zum Nachfolger ausgerufen wurde erklärte der Schah dem Osmanischen Reich den Krieg. Er strebte danach Mesopotamien und Syrien wenn nicht gar Anatolien einem Großiran einzuverleiben und so das alte Perserreich wiederherzustellen. Dies sollte ihm nicht gelingen, aber das Osmanische Reich war für die christlichen Truppen militärisch zunächst neutralisiert. Deren Ziele änderten sich rasch: Basta wandte sich gegen das verbündete Siebenbürgen und eroberte es, seinen wichtigsten verbliebenen Verbündeten Michael Vateazul ermordete er - es kann nur einen geben. Gegen die Schreckensherrschaft der Söldner empörten sich die Ungarn unter ihrem Anführer Boszkai.
Dieser rekrutierte ein neues Heer, indem er 5000 Landstreicher, Bettler, Diebe und Hirten in den Adelsstand erhob und ihnen versprach, über die neu zu erobernden Ländereien zu herrschen. Dieses Heiduckenheer bereitete den Kaiserlichen empfindliche Niederlagen, und Boszkai wurde sogar zum König von Ungarn gekrönt - vom Großwesir mit einer in Istanbul gefertigten Krone.
Unter der Führung von Erzherzog Matthias griff ein reorganisiertes kaiserliches Heer erneut an und veränderte abermals den Status Quo. Die Kaiserlichen verfolgten nun eine neue Strategie: Protestantische und muslimische Bauern sollten von ihren Anwesen vertrieben werden (wenn sie nicht sowieso ermordet wurden) und das Land an Soldaten vergeben werden, die damit nach ihrer Demobilisierung ihr Auskommen haben sollten und an landlose Katholiken aus dem Reich. Damit wurden Dinge wie "Eroberung von Lebensraum", "Umvolkung" und "Ethnische Säuberung", wie wir sie aus dem Vernichtungskrieg der Nazis und dem Jugoslawischen Bürgerkrieg kennen schon in der Frühen Neuzeit erfunden.
Zur Umsetzung dieser Pläne kam es nur sehr begrenzt, schließlich wurde ein Verhandlungsfrieden geschlossen, an dem sowohl die Landtage der betroffenen Fürstentümer als auch die Großmächte beteiligt waren und in deren Folge die Hohe Pforte und die Hofburg erstmals offizielle diplomatische Beziehungen miteinander aufnahmen.
In der Folge stand das Reich vor dem Problem, dass in ihm bewaffnete Söldnerhaufen umhervagabundierten, die Sold für mehrere Jahre forderten und dass der Kaiser pleite war - seine Haupteinnahmequelle, die Kupferminen, waren an die Fugger verpfändet. Diese Situation ist gar nicht so unähnlich der von 1991 im Irak, als Saddam seine nicht mehr benötigten Truppen aus dem Ersten Golfkrieg aus den verschiedensten Gründen - u.a. Ersatz ihrer Arbeitsplätze durch Migrationsarbeiter und Frauen, keine Geldreserven zur Alimentierung der demobilisierten bzw. zu demobilisierenden Streitkräfte - nicht einfach in den Zivilstand rückversetzen konnte. Resultat war der bekannte Überfall auf Kuwait, der als klassischer Raubkrieg mit Plünderung durch die Soldateska geführt wurde.
Zurück ins 17. Jahrhundert: Der Frieden auf dem Balkan war durch verschiedene Kompromisse mit weitgehenden Verhandlungsfreiheiten der Landtage zustandegekommen, an denen sich in der Folge auch die Notablenversammlungen im Reich orientierten, zum Beispiel die böhmischen Stände. Für das kaiserliche Regime bot sich als einzige Lösung, sowohl die eigene wirtschaftliche Krise als auch das soziale Konfliktpotenzial bezogen auf die Söldnerheere und ihre mächtigen Anführer dadurch zu lösen, dass nach dem Muster des Vorgehens im Türkenkrieg, aber in viel gewaltigerer Dimension der Gegner, das heißt auch die gegnerische Zivilbevölkerung ausgeplündert oder ausgelöscht werden musste. In der letzten Phase des Türkenkriegs hatte ein junger Kommandant gelernt wie man das macht: Albrecht von Wallenstein.
Eine nähere Beschäftigung mit dem Thema zeigt allerdings dass die Dinge etwas anders und zum Teil überraschend um nicht zu sagen erschreckend modern aussehen.
Zunächst ist der ganze Konflikt nicht verständlich ohne den ihm vorausgegangenen "Langen Türkenkrieg" von 1593 bis 1606 zu kennen und die regionalen Balkankriege die in dessen Verlauf ein Eigenleben führten. Grob skizziert geschah Folgendes: Ein osmanisches Heer marschierte auf Wien zu, eroberte Ungarn und kam bis in die Steiermark, wurde dann aber von einem kaiserlichen Heer zurückgeschlagen, das nun sukzessive Ungarn eroberte. Ihm schlossen sich verbündete Fürsten an: Sigísmund Bathory von Siebenbürgen, Michael Vateazul von der Walachei und Moldawien sowie Söldnerhaufen vom ganzen Balkan. Das kaiserliche Heer wurde von einem Condottiere geführt, Giorgio Basta, der es vom 14 jährigen Tambour zum Hauptmann einer Reiterschützenkompanie gebracht hatte und nun vom Kaiser zum General erhoben wurde, um an der Spitze eines spanischen Heeres in Ungarn einzumarschieren. Basta hatte große Schwierigkeiten mit der Versorgung seiner Truppen, da der Tross nicht genug Proviant transportierte und die Verbindung nach Österreich abgeschnitten wurde. So musste die Truppe sich selbst ernähren: Durch Plünderungen. Als mitten in diesen Auseinandersetzungen Sultan Mehmed III. starb und sein dreizehnjähriger Sohn Ahmed zum Nachfolger ausgerufen wurde erklärte der Schah dem Osmanischen Reich den Krieg. Er strebte danach Mesopotamien und Syrien wenn nicht gar Anatolien einem Großiran einzuverleiben und so das alte Perserreich wiederherzustellen. Dies sollte ihm nicht gelingen, aber das Osmanische Reich war für die christlichen Truppen militärisch zunächst neutralisiert. Deren Ziele änderten sich rasch: Basta wandte sich gegen das verbündete Siebenbürgen und eroberte es, seinen wichtigsten verbliebenen Verbündeten Michael Vateazul ermordete er - es kann nur einen geben. Gegen die Schreckensherrschaft der Söldner empörten sich die Ungarn unter ihrem Anführer Boszkai.
Dieser rekrutierte ein neues Heer, indem er 5000 Landstreicher, Bettler, Diebe und Hirten in den Adelsstand erhob und ihnen versprach, über die neu zu erobernden Ländereien zu herrschen. Dieses Heiduckenheer bereitete den Kaiserlichen empfindliche Niederlagen, und Boszkai wurde sogar zum König von Ungarn gekrönt - vom Großwesir mit einer in Istanbul gefertigten Krone.
Unter der Führung von Erzherzog Matthias griff ein reorganisiertes kaiserliches Heer erneut an und veränderte abermals den Status Quo. Die Kaiserlichen verfolgten nun eine neue Strategie: Protestantische und muslimische Bauern sollten von ihren Anwesen vertrieben werden (wenn sie nicht sowieso ermordet wurden) und das Land an Soldaten vergeben werden, die damit nach ihrer Demobilisierung ihr Auskommen haben sollten und an landlose Katholiken aus dem Reich. Damit wurden Dinge wie "Eroberung von Lebensraum", "Umvolkung" und "Ethnische Säuberung", wie wir sie aus dem Vernichtungskrieg der Nazis und dem Jugoslawischen Bürgerkrieg kennen schon in der Frühen Neuzeit erfunden.
Zur Umsetzung dieser Pläne kam es nur sehr begrenzt, schließlich wurde ein Verhandlungsfrieden geschlossen, an dem sowohl die Landtage der betroffenen Fürstentümer als auch die Großmächte beteiligt waren und in deren Folge die Hohe Pforte und die Hofburg erstmals offizielle diplomatische Beziehungen miteinander aufnahmen.
In der Folge stand das Reich vor dem Problem, dass in ihm bewaffnete Söldnerhaufen umhervagabundierten, die Sold für mehrere Jahre forderten und dass der Kaiser pleite war - seine Haupteinnahmequelle, die Kupferminen, waren an die Fugger verpfändet. Diese Situation ist gar nicht so unähnlich der von 1991 im Irak, als Saddam seine nicht mehr benötigten Truppen aus dem Ersten Golfkrieg aus den verschiedensten Gründen - u.a. Ersatz ihrer Arbeitsplätze durch Migrationsarbeiter und Frauen, keine Geldreserven zur Alimentierung der demobilisierten bzw. zu demobilisierenden Streitkräfte - nicht einfach in den Zivilstand rückversetzen konnte. Resultat war der bekannte Überfall auf Kuwait, der als klassischer Raubkrieg mit Plünderung durch die Soldateska geführt wurde.
Zurück ins 17. Jahrhundert: Der Frieden auf dem Balkan war durch verschiedene Kompromisse mit weitgehenden Verhandlungsfreiheiten der Landtage zustandegekommen, an denen sich in der Folge auch die Notablenversammlungen im Reich orientierten, zum Beispiel die böhmischen Stände. Für das kaiserliche Regime bot sich als einzige Lösung, sowohl die eigene wirtschaftliche Krise als auch das soziale Konfliktpotenzial bezogen auf die Söldnerheere und ihre mächtigen Anführer dadurch zu lösen, dass nach dem Muster des Vorgehens im Türkenkrieg, aber in viel gewaltigerer Dimension der Gegner, das heißt auch die gegnerische Zivilbevölkerung ausgeplündert oder ausgelöscht werden musste. In der letzten Phase des Türkenkriegs hatte ein junger Kommandant gelernt wie man das macht: Albrecht von Wallenstein.
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Freitag, 23. März 2018
Ägypten: Menschenrechtssituation spitzt sich vor den Präsidentschaftswahlen zu
che2001, 09:41h
Statement von Amnesty International zur Menschenrechtssituation in Ägypten anlässlich der Präsidentschaftswahl vom 26. bis 28. März 2018:
BERLIN, 22.03.2018 – „Die schwierige Menschenrechtssituation in Ägypten hat sich in den Wochen vor der anstehenden Präsidentschaftswahl weiter zugespitzt. Die Regierung des erneut kandidierenden Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi geht systematisch gegen politische Gegner vor. Oppositionelle Politiker und Aktivisten, aber auch zivilgesellschaftliche Organisationen werden bedroht und ihre Mitarbeiter sind willkürlichen Festnahmen, Entführungen und Gewalt durch Sicherheitskräfte ausgesetzt“, sagt Markus N. Beeko, Generalsekretär von Amnesty International in Deutschland.
„Die ägyptische Regierung schränkt massiv die Meinungs- und Versammlungsfreiheit ein und gefährdet das Recht auf politische Teilhabe des ägyptischen Volkes. Dieses menschenrechtswidrige Vorgehen ist ein weiteres Beispiel für die zunehmende Repressionspolitik gegen Kritiker und Andersdenkende in Ägypten“, so Beeko weiter. „Amnesty International erwartet von der Bundesregierung, dass sie die ägyptische Regierung sowohl in direkten Gesprächen als auch in der Öffentlichkeit deutlich für die Unterdrückung und Verfolgung von oppositionellen Aktivisten und Parteien sowie der Zivilgesellschaft kritisiert. Das zwischen Deutschland und Ägypten vereinbarte Sicherheitsabkommen bleibt vor diesem Hintergrund hochproblematisch. Die weitere Entwicklung der Beziehungen zwischen Deutschland und Ägypten sollte zwingend mit einer wesentlichen Verbesserung der Menschenrechtslage verknüpft werden.“
Hintergrund
Seit September 2017 wurden unter anderem Kandidaten wie der frühere Generalstabschef Sami Anan, der ehemalige Chef der Antikorruptionsbehörde Hisham Geneina und der Menschenrechtsanwalt Khalid Ali bedroht und verhaftet. Mohamed al-Kassas, Vizevorsitzender der Oppositionspartei Starkes Ägypten, der das Vorgehen der Sicherheitskräfte mehrfach öffentlich kritisiert hatte, wurde Anfang Februar nach einer Razzia in seinem Wohnhaus verschleppt und befindet sich seitdem in Haft.
Auch Menschenrechtsaktivisten geraten verstärkt ins Visier der Behörden, und das nicht erst seit den Wahlen. Erst im Mai 2017 wurde ein Gesetz zur Einschränkung der Arbeit von Nichtregierungsorganisationen ratifiziert. Stellvertretend für die mutige ägyptische Zivilgesellschaft verleiht Amnesty International in Deutschland den diesjährigen Menschenrechtspreis an das Nadeem-Zentrum für die Rehabilitierung von Opfern von Gewalt und Folter in Kairo.
Hintergrundmaterial zur aktuellen Menschenrechtssituation in Ägypten und zum Nadeem-Zentrum finden Sie unter bit.ly/AmnestyMenschenrechtspreis2018. Die Preisverleihung findet am 16. April in der Volksbühne Berlin statt. Für Interviewanfragen und weitere Informationen wenden Sie sich bitte an die Pressestelle.
BERLIN, 22.03.2018 – „Die schwierige Menschenrechtssituation in Ägypten hat sich in den Wochen vor der anstehenden Präsidentschaftswahl weiter zugespitzt. Die Regierung des erneut kandidierenden Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi geht systematisch gegen politische Gegner vor. Oppositionelle Politiker und Aktivisten, aber auch zivilgesellschaftliche Organisationen werden bedroht und ihre Mitarbeiter sind willkürlichen Festnahmen, Entführungen und Gewalt durch Sicherheitskräfte ausgesetzt“, sagt Markus N. Beeko, Generalsekretär von Amnesty International in Deutschland.
„Die ägyptische Regierung schränkt massiv die Meinungs- und Versammlungsfreiheit ein und gefährdet das Recht auf politische Teilhabe des ägyptischen Volkes. Dieses menschenrechtswidrige Vorgehen ist ein weiteres Beispiel für die zunehmende Repressionspolitik gegen Kritiker und Andersdenkende in Ägypten“, so Beeko weiter. „Amnesty International erwartet von der Bundesregierung, dass sie die ägyptische Regierung sowohl in direkten Gesprächen als auch in der Öffentlichkeit deutlich für die Unterdrückung und Verfolgung von oppositionellen Aktivisten und Parteien sowie der Zivilgesellschaft kritisiert. Das zwischen Deutschland und Ägypten vereinbarte Sicherheitsabkommen bleibt vor diesem Hintergrund hochproblematisch. Die weitere Entwicklung der Beziehungen zwischen Deutschland und Ägypten sollte zwingend mit einer wesentlichen Verbesserung der Menschenrechtslage verknüpft werden.“
Hintergrund
Seit September 2017 wurden unter anderem Kandidaten wie der frühere Generalstabschef Sami Anan, der ehemalige Chef der Antikorruptionsbehörde Hisham Geneina und der Menschenrechtsanwalt Khalid Ali bedroht und verhaftet. Mohamed al-Kassas, Vizevorsitzender der Oppositionspartei Starkes Ägypten, der das Vorgehen der Sicherheitskräfte mehrfach öffentlich kritisiert hatte, wurde Anfang Februar nach einer Razzia in seinem Wohnhaus verschleppt und befindet sich seitdem in Haft.
Auch Menschenrechtsaktivisten geraten verstärkt ins Visier der Behörden, und das nicht erst seit den Wahlen. Erst im Mai 2017 wurde ein Gesetz zur Einschränkung der Arbeit von Nichtregierungsorganisationen ratifiziert. Stellvertretend für die mutige ägyptische Zivilgesellschaft verleiht Amnesty International in Deutschland den diesjährigen Menschenrechtspreis an das Nadeem-Zentrum für die Rehabilitierung von Opfern von Gewalt und Folter in Kairo.
Hintergrundmaterial zur aktuellen Menschenrechtssituation in Ägypten und zum Nadeem-Zentrum finden Sie unter bit.ly/AmnestyMenschenrechtspreis2018. Die Preisverleihung findet am 16. April in der Volksbühne Berlin statt. Für Interviewanfragen und weitere Informationen wenden Sie sich bitte an die Pressestelle.
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Dienstag, 20. März 2018
Rechte für Transgendermenschen, ein Vorstoß in Kanada und eine Debatte
che2001, 00:12h
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Mittwoch, 14. März 2018
Ghostbusters: Kulturkritiker hetzen gegen den sogenannten linken Mainstream. Von Felix Klopotek
che2001, 20:42h
In der neuen konkret gibt es einen sehr guten Beitrag zur Kulturkritik am sogenannten "linken Mainstream", an politcal correctness, "Gutmenschentum" und "Schneeflocken" und dessen Funktionalität für die Durchsetzung beinharter neoliberaler Zumutungen. Analytisch ist der Artikel recht knackig:
"Den Intellektuellen wird vor Augen geführt, dass sie selber nur noch kleine Rädchen in einer globalen Megamaschine sind - der Gang zur Universität führt längst nicht mehr zur sozialen omnipotenz qua überlegener Bildung, sondern zur Einübung in die eigene Austauschbarkeit. Die sehen aber auch, dass diese Megamaschine auf fragilen Befehls- und Hierarchieketten beruht, die allesamt sprachlich vermittelt sind. Daraus ziehen sie den Schluss, soziale Veränderungen, die sie sich nicht mehr als gemeinsame, soziale Klassenaktion vorstellen können, im Sprachlichen auszufechten: in Umgangsformen und Kommunikationsverhältnissen, die bitteschön gewaltfrei zu sein haben; in Ausdrücken, die die Ohnmacht angesichts übermächtiger Macht- und Ausbeutungsverhältnisse bannen mögen und als Selbstermächtigung gelten, obwohl man damit noch lange keine Demütigung, die immer auch ein gegensätzliches soziales Verhältnis ist, zurückgewiesen hat; in der Beschreibung unendlich differenzierter Formen von Diskriminierung." "... die kulturkritischen Tabubrecher trauenn sich immer erst dann auf die Bühne, wenn der realexistierende Mainstream - nämlich der ÖKONOMISCHE - seine Richtung geändert hat. Im Gewande des Nonkonformisten auftretend sind sie einfach nur die Einpeitscher, die die Leute auf härtere Zeiten einschwören. Trotz Börsenhoch kündigt sich die nächste Krise schon an, die Außenpolitik wird imperialer, in der Innenpolitik geht es in Zeiten der Terrorabwehr schon jetzt autoritärer zu. Bevor das alle zu spüren bekommen, werden erst mal die Clowns geprügelt".
--------- Die Kritik an PC-Sprech und PC-Moral die ich selbst seit nunmehr 30 Jahren betreibe möchte ich ausdrücklich in einem anderen Kontext verstanden wissen, was damit zusammenhängt dass ich mir emanzipatorische Akte ausschließlich als gemeinsame, soziale Klassenaktion vorstellen kann und die beschriebene Sprachfixiertheit und gepflegte Hypersensibilität für einen gefährlichen Irrweg halte, mich aber natürlich nicht gemein mit den Fleischhauers, Konovskys, Wendts oder gar Kubitscheks dieser Welt machen will. Was ich im Schilde führe, und ich denke mal, das ließe sich auch für Leute wie Netbitch und Workingclasshero sagen ist eher Empowering durch Provokation mit der Zielrichtung zurück zur klassenkämpferischen Aktion.
"Den Intellektuellen wird vor Augen geführt, dass sie selber nur noch kleine Rädchen in einer globalen Megamaschine sind - der Gang zur Universität führt längst nicht mehr zur sozialen omnipotenz qua überlegener Bildung, sondern zur Einübung in die eigene Austauschbarkeit. Die sehen aber auch, dass diese Megamaschine auf fragilen Befehls- und Hierarchieketten beruht, die allesamt sprachlich vermittelt sind. Daraus ziehen sie den Schluss, soziale Veränderungen, die sie sich nicht mehr als gemeinsame, soziale Klassenaktion vorstellen können, im Sprachlichen auszufechten: in Umgangsformen und Kommunikationsverhältnissen, die bitteschön gewaltfrei zu sein haben; in Ausdrücken, die die Ohnmacht angesichts übermächtiger Macht- und Ausbeutungsverhältnisse bannen mögen und als Selbstermächtigung gelten, obwohl man damit noch lange keine Demütigung, die immer auch ein gegensätzliches soziales Verhältnis ist, zurückgewiesen hat; in der Beschreibung unendlich differenzierter Formen von Diskriminierung." "... die kulturkritischen Tabubrecher trauenn sich immer erst dann auf die Bühne, wenn der realexistierende Mainstream - nämlich der ÖKONOMISCHE - seine Richtung geändert hat. Im Gewande des Nonkonformisten auftretend sind sie einfach nur die Einpeitscher, die die Leute auf härtere Zeiten einschwören. Trotz Börsenhoch kündigt sich die nächste Krise schon an, die Außenpolitik wird imperialer, in der Innenpolitik geht es in Zeiten der Terrorabwehr schon jetzt autoritärer zu. Bevor das alle zu spüren bekommen, werden erst mal die Clowns geprügelt".
--------- Die Kritik an PC-Sprech und PC-Moral die ich selbst seit nunmehr 30 Jahren betreibe möchte ich ausdrücklich in einem anderen Kontext verstanden wissen, was damit zusammenhängt dass ich mir emanzipatorische Akte ausschließlich als gemeinsame, soziale Klassenaktion vorstellen kann und die beschriebene Sprachfixiertheit und gepflegte Hypersensibilität für einen gefährlichen Irrweg halte, mich aber natürlich nicht gemein mit den Fleischhauers, Konovskys, Wendts oder gar Kubitscheks dieser Welt machen will. Was ich im Schilde führe, und ich denke mal, das ließe sich auch für Leute wie Netbitch und Workingclasshero sagen ist eher Empowering durch Provokation mit der Zielrichtung zurück zur klassenkämpferischen Aktion.
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Samstag, 10. März 2018
Internationaler Frauentag
che2001, 17:35h
Fsast vergessen - zum Glück hat Netbitch etwas gepostet
http://netbitch1.twoday.net/stories/1022647153/
http://netbitch1.twoday.net/stories/1022647153/
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Mittwoch, 7. März 2018
Es heißt, Don Alphonso blogge nicht mehr bei der FAZ
che2001, 10:26h
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Der neuerliche Verrat der Sozialdemokratie
che2001, 01:03h
In einem dieser Eichborn-Bände mit linken Parolen, ich weiß nicht mehr ob Sponti-Sprüche oder Radikalauer, gab es mal den schönen Satz: "Die SPD grenzt sich so lange ab bis sie außer sich ist." Das ist sie spätestens jetzt, nachdem Festhalten an HartzIV die nicht mehr verhandelbare, ja die Verhandelbarkeit nicht einmal mehr denkbare Basis der großen Koalition ist. Angesichts eines die Armen rücksichtslos übergehenden und verachtenden Inwertsetzungsprogramms, das eher unter "innovatives Sozialmanagement" oder "Kapitalrevolution" zu fassen wäre als unter "Arbeiterbewegung" und andererseits einer CDU, in der es den dogmatisch-altkonservativen "Stahlhelmflügel" nicht mehr gibt entfällt die Notwendigkeit für die Existenz dieser Partei. Kluge Überlegungen dazu, wobei ich mit der Einordnung des ganzen PC-Komplexes defintiv nicht übereinstimme und zum Thema Lilla gar nichts sagen kann da mir hierzu die Kenntnis fehlt finden sich bei Momorulez:
https://metalust.wordpress.com/2018/03/05/die-bruchlose-brutale-fortsetzung-von-hartz-iv-ist-das-einzige-und-zentrale-thema-der-grossen-koalition/
https://metalust.wordpress.com/2018/03/05/die-bruchlose-brutale-fortsetzung-von-hartz-iv-ist-das-einzige-und-zentrale-thema-der-grossen-koalition/
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Dienstag, 6. März 2018
Die Türkei auf dem Weg in die Diktatur
che2001, 13:00h
Hier noch einmal eine Erinnerung an die Veranstaltung des
Flüchtlingsrats in Kooperation mit Amnesty International an diesem
Freitag. Wir freuen uns über eine rege Teilnahme und hoffen auf viele
Diskussionsbeiträge aus dem Publikum!
Herzliche Grüße,
Sascha Schießl
09.03.2018 | 19:00 - 21:00 Uhr | Kulturzentrum Pavillon Hannover
*Auf dem Weg in die Diktatur? Verfolgung und
Menschenrechtsverletzungen in der Türkei*
Eine Veranstaltung des Flüchtlingsrats Niedersachsen e.V. in
Kooperation mit Amnesty International
Es diskutieren:
*Herbert Schmalstieg*
Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Hannover a.D.:
Zur Verfolgung der Kurd_innen
*Dündar Kelloğlu*
Vorstandsmitglied Flüchtlingsrat Niedersachsen e.V.:
Zur Verfolgung der Gülen-Anhänger_innen
*Prof. Gazi Çağlar*
Professor für Soziale Arbeit:
Zur Verfolgung von Akademiker_innen und Intellektuellen
*Martin Roger*
Amnesty International
Zur Verfolgung von Journalist_innen und Menschenrechtsverteidiger_innen
*Claire Deery*
Vorstandsvorsitzende Flüchtlingsrat Niedersachsen e.V.:
Moderation
/Die türkische Armee führt gegenwärtig mit deutschen Panzern Krieg gegen
die von den USA mit Waffen unterstützten kurdischen Milizen in Syrien
und treibt Tausende von Menschen in die Flucht. Gleichzeitig setzt
Europa alles daran, die Grenzen für Flüchtlinge zu schließen.
In der Folge eines gescheiterten Militärputsches am 15./16. Juli 2016
verhängte die Türkei den Ausnahmezustand und setzte die Grundrechte
faktisch außer Kraft. Seither kommt es zu Massenverhaftungen und
Massenentlassungen: Mehr als 150.000 Staatsangestellte in der Armee,
Polizei, Justiz und im Bildungswesen sind davon bislang betroffen./
Präsident Erdogan und die regierende AKP nutzen den Ausnahmezustand, um
vermeintliche Oppositionelle als angebliche „Terroristen“ oder
„Unterstützer_innen des Putsches“ zu verfolgen und politisch
kaltzustellen. Verdächtige kommen für un- definierte Zeit präventiv
unter unzumutbaren Bedingungen in Untersuchungshaft.
Menschenrechtler_innen, Studierende, Medienschaffende,
HDP-Parlamentarier_innen und Bürgermeister, Gewerkschafter_innen und
politisch aktive Kurd_innen werden verhört und inhaftiert. Auch
Angehörige der Gülen-Bewegung geraten als angebliche „Putschisten“ in
den Fokus der türkischen Verfolgungsbehörden und werden zu Tausenden als
„Staatsfeinde“ inhaftiert.
In weiten kurdischen Gebieten im Südosten der Türkei ist der
Kurdenkonflikt bereits 2015 wieder aufgeflammt und teilweise in einen
offenen Bürgerkrieg umgeschlagen. 2016 hat die türkische Armee viele
kurdische Städte belagert und teilweise zerstört, Hunderttausende wurden
aus ihren Wohngebieten vertrieben.
Mittlerweile steigt die Zahl der Flüchtlinge, die aus der Türkei nach
Deutschland fliehen und hier einen Asylantrag stellen. Im Jahr 2017
flohen über 8.000 Menschen aus der Türkei nach Deutschland und
beantragten Asyl. Trotz der grassierenden politischen Verfolgung und
zahlreichen Menschenrechtsverletzungen hält die Bundesregierung
weiterhin an ihrem Diktum fest, die Türkei sei ein „sicheres Drittland“
für Flüchtlinge.
Wie stellt sich die aktuelle Lage in der Türkei derzeit dar? Welche
Forderungen sind an die Bundesregierung und die EU zu richten? Was
können wir tun, um die in der Türkei verfolgten und inhaftierten
Menschen zu unterstützen? Diese und weitere Fragen wollen wir gemeinsam
diskutieren.
Links:
https://www.nds-fluerat.org/veranstaltungen/auf-dem-weg-in-die-diktatur-verfolgung-und-menschenrechtsverletzungen-in-der-tuerkei/
Facebook: https://www.facebook.com/events/157856478331661/
Flüchtlingsrats in Kooperation mit Amnesty International an diesem
Freitag. Wir freuen uns über eine rege Teilnahme und hoffen auf viele
Diskussionsbeiträge aus dem Publikum!
Herzliche Grüße,
Sascha Schießl
09.03.2018 | 19:00 - 21:00 Uhr | Kulturzentrum Pavillon Hannover
*Auf dem Weg in die Diktatur? Verfolgung und
Menschenrechtsverletzungen in der Türkei*
Eine Veranstaltung des Flüchtlingsrats Niedersachsen e.V. in
Kooperation mit Amnesty International
Es diskutieren:
*Herbert Schmalstieg*
Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Hannover a.D.:
Zur Verfolgung der Kurd_innen
*Dündar Kelloğlu*
Vorstandsmitglied Flüchtlingsrat Niedersachsen e.V.:
Zur Verfolgung der Gülen-Anhänger_innen
*Prof. Gazi Çağlar*
Professor für Soziale Arbeit:
Zur Verfolgung von Akademiker_innen und Intellektuellen
*Martin Roger*
Amnesty International
Zur Verfolgung von Journalist_innen und Menschenrechtsverteidiger_innen
*Claire Deery*
Vorstandsvorsitzende Flüchtlingsrat Niedersachsen e.V.:
Moderation
/Die türkische Armee führt gegenwärtig mit deutschen Panzern Krieg gegen
die von den USA mit Waffen unterstützten kurdischen Milizen in Syrien
und treibt Tausende von Menschen in die Flucht. Gleichzeitig setzt
Europa alles daran, die Grenzen für Flüchtlinge zu schließen.
In der Folge eines gescheiterten Militärputsches am 15./16. Juli 2016
verhängte die Türkei den Ausnahmezustand und setzte die Grundrechte
faktisch außer Kraft. Seither kommt es zu Massenverhaftungen und
Massenentlassungen: Mehr als 150.000 Staatsangestellte in der Armee,
Polizei, Justiz und im Bildungswesen sind davon bislang betroffen./
Präsident Erdogan und die regierende AKP nutzen den Ausnahmezustand, um
vermeintliche Oppositionelle als angebliche „Terroristen“ oder
„Unterstützer_innen des Putsches“ zu verfolgen und politisch
kaltzustellen. Verdächtige kommen für un- definierte Zeit präventiv
unter unzumutbaren Bedingungen in Untersuchungshaft.
Menschenrechtler_innen, Studierende, Medienschaffende,
HDP-Parlamentarier_innen und Bürgermeister, Gewerkschafter_innen und
politisch aktive Kurd_innen werden verhört und inhaftiert. Auch
Angehörige der Gülen-Bewegung geraten als angebliche „Putschisten“ in
den Fokus der türkischen Verfolgungsbehörden und werden zu Tausenden als
„Staatsfeinde“ inhaftiert.
In weiten kurdischen Gebieten im Südosten der Türkei ist der
Kurdenkonflikt bereits 2015 wieder aufgeflammt und teilweise in einen
offenen Bürgerkrieg umgeschlagen. 2016 hat die türkische Armee viele
kurdische Städte belagert und teilweise zerstört, Hunderttausende wurden
aus ihren Wohngebieten vertrieben.
Mittlerweile steigt die Zahl der Flüchtlinge, die aus der Türkei nach
Deutschland fliehen und hier einen Asylantrag stellen. Im Jahr 2017
flohen über 8.000 Menschen aus der Türkei nach Deutschland und
beantragten Asyl. Trotz der grassierenden politischen Verfolgung und
zahlreichen Menschenrechtsverletzungen hält die Bundesregierung
weiterhin an ihrem Diktum fest, die Türkei sei ein „sicheres Drittland“
für Flüchtlinge.
Wie stellt sich die aktuelle Lage in der Türkei derzeit dar? Welche
Forderungen sind an die Bundesregierung und die EU zu richten? Was
können wir tun, um die in der Türkei verfolgten und inhaftierten
Menschen zu unterstützen? Diese und weitere Fragen wollen wir gemeinsam
diskutieren.
Links:
https://www.nds-fluerat.org/veranstaltungen/auf-dem-weg-in-die-diktatur-verfolgung-und-menschenrechtsverletzungen-in-der-tuerkei/
Facebook: https://www.facebook.com/events/157856478331661/
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Sonntag, 4. März 2018
Hemmschuhe der Revolte. Linke Selbstmarginalisierung, Selbstzerfleischung und die mögliche Rolle der Dienste, 2. Abschnitt
che2001, 19:05h
Auf Desinteresse stießen auch meine Informationen aus NATO-Stäben, immerhin klassifizierte Dokumente über die künftige strategische Ausrichtung des Bündnisses. Alles, was die eigene aktuelle Praxis mit ihrem ritualisierten Militanzfetisch in Frage stellte wurde ausgeklammert. Zu Personenkreisen wie den späteren Redaktionsgruppen Materialien für einen neuen Antiimperialismus und Wildcat-Zirkular hatte ich leider noch keinen Zugang (obwohl die Leute vor meiner Nase herumliefen, aber so ist das halt bei verdeckt arbeitenden Gruppen), meine damalige Umgebung interessierte sich nicht dafür. Überhaupt wurde auf Diskussionen die über den Binnenhorizont und Tellerrand der damaligen Antifaszene hinausführten eher verschnupft reagiert. Besonders deutlich wurde dies beim Thema gesamtdeutscher Neutralismus.
Es hatte in der Friedensbewegung (hiermit ist die Anti-Atomraketen-und-Störmanöver-Friedensbewegung gemeint, die ihre Aktionszeit 1978 bis 1985 hatte und damals Hunderttausende auf die Straße brachte) einen Diskussionsansatz in Richtung deutscher Friedensvertag-NATO-Austritt-Neutralität gegeben.
http://www.zeit.de/1981/47/deutsche-aus-der-front
Dies wurde nun ("nun" heißt ab 1984) von einigen Linksradikalen unter der Parole "Raus aus der NATO - rein ins Vergnügen!" aufgegriffen mit der Stoßrichtung, dass eine deutsche Neutralität mit einer strukturell nicht angriffsfähigen deutschen Armee und einer Synthese aus westlicher Demokratie und östlichem Sozialismus dem US-Imperialismus das wichtigste Standbein in Europa weghauen würde und dass ein solches Staatswesen, durchaus aus einer antietatischen Perskektive betrachtet, also ohne sich mit ihm zu affirmieren, Linken bessere Perspektiven bieten würde als die bestehende BRD. Mein damals engster Genosse vertrat diesen Ansatz ganz massiv.
Es wurde verunmöglicht, solche Thesen auf Plena zu diskutieren. Jeder Versuch wurde von Antideutschen, die es auch damals schon gab, mit Pfeifkonzerten zerstört. Mein Genosse musste sich anhören, ein in die linke Szene eingeschleuster Nationalbolschewist oder Nationalrevolutionär zu sein (den Unterschied zwischen Neonazis, Nationalrevolutionären und Nationalbolschewisten machten autonome Antifas damals noch). Dabei war das ein alter Haschrebell, 2. Juni-Umfeld. Seit dem "Bushfeuer", der Zusammenknüppelung des Internationalistischen Blocks auf der Anti-Bush-Demo in Krefeld 1982 waren die Grenzen der Massenmilitanz der Autonomen klar aufgezeigt worden. Dass die Szene eine neue Perspektive brauchte war offenkundig. Das änderte aber nichts dran dass die Autonomen zahlenmäßig im Verlauf der 1980er ständig mehr wurden. Der mit Glasnost und Perestroika verbundene Zerfall der moskautreuen kommunistischen Kräfte führte dazu dass viele von denen wenn sie sich nicht ins Privatleben zurückzogen zu den Autonomen überliefen. Um 1988 hatte die autonome Szene rein zahlenmäßig Hochkonjunktur und es gehörten Zehntausende Leute dazu. Die gemeinsame Tagung von IWF und Weltbank in Westberlin 1988 führte zu einer Mobilisierung zu Massenprotesten, und in diesem Kontext begann sich die in Teilbereichskämpfe (Anti-AKW-Häuserkampf-Arbeitslosigkeits-Neue-Armut-Antikriegs-Antigentech-und Frauenbewegung) aufgesplitterte Szene wieder mit einer Kritik kapitalistischer Herrschaftspraxis an sich zu beschäftigen. Es gab wieder eine systemkritische Gesamtperspektive, auch wenn das damals niemand Intersektionalität nannte.
Die "Autonomie Neue Folge 14" mit dem Titel "Klassengeschichte - soziale Revolution?", ein Klassiker der "anderen Arbeitergeschichte" erschien in einer Neuauflage und war neben Detlef Hartmanns Kultbuch "Leben als Sabotage. Zur Krise der technologischen Gewalt" Standard der Diskussion.
Es herrschte so etwas wie Aufbruchstimmung, dann aber führten zwei Ereuignisse schlagartig dazu dass weite Teile der Szene für Jahre nur noch um sich selber kreisten und hochdestruktive Selbstverständnisdebatten im Mittelpunkt des Diskurses standen. Das eine war die seit den tödlichen Schüssen an der Startbahn West 1987 geführte und allmählich immer mehr verhärtende Gewaltfragendebatte, das andere eine Sexismusdebatte. Die hatte es schon länger gegeben und sich ursprünglich mit Themen wie mackerhaftem Verhalten einzelner Männer auf Plena und in Arbeitskreisen und vor allem dem Heldengepose autonomer Fighter auf Haue-Demos beschäftigt, bekam aber eine völlig neue Dimension, als Vergewaltigungen von Szenefrauen durch Szenemänner bekannt wurden.
Dass das linkrsradikale Millieu den gleichen gesellschaftlichen Widersprüchen ausgesetzt ist wie die bürgerliche Gesellschaft war zwar keine neue Erkenntnis, in den Konsequenzen wurde diese nach dem Bekanntwerden der Vergewaltigungen aber besonders schmerzhaft. Hinzu kam eine Eskalation der Sexismusdebatte mit einer hohen Eigendynamik: Einerseits wurde der Hammer "Vergewaltigung" zum Indikator von Sexismus an sich, d.h. Männer die wegen sonstigem sexistischen Verhalten kritisiert wurden das bis dahin zu keinen Ausschlüssen geführt hätte wurden wie Vergewaltiger behandelt, d.h. mit Steckbrief geoutet und sozial geächtet. Zum anderen setzte sich nach und nach eine inflationäre Interpretation des Begriffs Vergewaltigung durch.
Dass die Definitionsmacht dessen was eine Vergrewaltigung ist beim Opfer zu liegen hat betrachte ich als unstrittig. In dieser Debatte wurde dies dann allerdings so ausgedehnt dass auch bei Fällen von Vergewaltigung die Rede war wo Einvernehmlichkeit geherrscht hatte oder schließlich sogar wo kein Sex stattgefunden hatte.
Am Anfang hatten unbestreitbare, von Schlägertypen begangene Vergewaltigungen gestanden. Was dann immer häufiger passierte mache ich an zwei Beispielen deutlich. Da hatten eine Frau und ein Mann um die 20 einen Onenightstand. Die Frau beklagte sich hinterher darüber dass er sie stumpf durchgerammelt hätte und dass sie wenig Spaß dabei gehabt hätte und äußerte das auf einem Plenum, auf dem eine weitere Frau sich darüber beklagte dass sie sich benutzt gefühlt hätte als ihr Freund - mit dem sie vorher gevögelt hatte - sich an ihrem Anblick einen runtergeholt hätte. Das Plenum beschloss für die beiden Männer eine Therapiegruppe zu bilden und eine MRT - Männerradikaltherapie - durchzuführen. Als die daraufhin dem Plenum den Vogel zeigten wurden beide ausgeschlossen, bekamen in den meisten linken Zentren Hausverbot und wurden im Nachhinein als Vergewaltiger bezeichnet.
In einem anderen Fall wurden zwei Männer aus einem linken Zusammenhang ausgeschlossen weil - übrigens fälschlicherweise - vermutet wurde sie hätten die Absicht gehabt in Räumlichkeiten eines ASTAs einen Pornofilm sehen zu wollen.
In der Konsequenz kam es bundesweit zu öffentlich gemachten Outings von "Sexisten", die von außen betrachtet den Eindruck erweckten es handle sich um einen regelrechten Wettbewerb - nur die Szenestadt ist hip in der Sexisten öffentlich gemacht wurden. Jahrelang drehten sich die Diskussionen großer Teile der autonomen Szene nur noch um das Selbstverständnis der Gruppen festgemacht am Thema Sexismus. Dem sich zu dieser Zeit vollziehenden weltpolitischen Paradigmenwechsel - Zusammenbruch des Ostens, Wiedervereinigung, New World Order - stand die Szene, obwohl sie dafür eigentlich theoretisch gut gerüstet hätte sein müssen, völlig hilflos gegenüber. Das Gleiche wiederholte sich 2001-2006, als die Bushkriege in Afghanistan und Irak erstmals ohne massive Straßenproteste einer zahlenmäßig größeren linken Bewegung in Deutschland stattfanden, weil die Szene gerade damit beschäftigt war "Antisemiten" in den eigenen Kreisen zu outen bzw. nach ihnen zu fahnden - die Auseinandersetzung Antideutsche vs. Antiimperialisten war prevailing theme. Ich hatte beide Auseinandersetzungen immer mit dem speziellen, teils sektiererischen Charakter der Szenestrukturen und einem seit etwa 1988 verbreiteten moralischen Fundamentalismus erklärt, zumal ich dies alles ja von innen erlebt hatte. Aus der Fernsicht stellt sich mir im Nachhinein eine andere Frage. Wurde da vielleicht von irgendwelchen Diensten nachgeholfen?
Ein einziges Mal versuchten Linksradikale tatsächlich eine konkrete Utopie zu formulieren die auf reale Veränderung staatlicher Strukturen abzielte und sich gegen die Westbindung richtete - und wurden mundtot gemacht. Ausgerechnet als der Osten zusammenbrach und es die Pflicht einer linken Bewegung gewesen wäre auf das Geschehen Einfluss zu nehmen, als die Autonomen rein zahlenmäßig auf dem Höhepunkt waren beschäftigt sich die Szene nur noch mit sich selber. Als im großen Stil Kriege zur Durchsetzung neoliberaler Strukturen im Mittleren Osten durchgeführt werden und es Aufgabe der Linken gewesen wäre der Militärmaschinerie in den Arm zu fallen passiert das gleiche. Alles Zufall oder reine Gruppendynamik? Ein Schelm, wer.....
Es hatte in der Friedensbewegung (hiermit ist die Anti-Atomraketen-und-Störmanöver-Friedensbewegung gemeint, die ihre Aktionszeit 1978 bis 1985 hatte und damals Hunderttausende auf die Straße brachte) einen Diskussionsansatz in Richtung deutscher Friedensvertag-NATO-Austritt-Neutralität gegeben.
http://www.zeit.de/1981/47/deutsche-aus-der-front
Dies wurde nun ("nun" heißt ab 1984) von einigen Linksradikalen unter der Parole "Raus aus der NATO - rein ins Vergnügen!" aufgegriffen mit der Stoßrichtung, dass eine deutsche Neutralität mit einer strukturell nicht angriffsfähigen deutschen Armee und einer Synthese aus westlicher Demokratie und östlichem Sozialismus dem US-Imperialismus das wichtigste Standbein in Europa weghauen würde und dass ein solches Staatswesen, durchaus aus einer antietatischen Perskektive betrachtet, also ohne sich mit ihm zu affirmieren, Linken bessere Perspektiven bieten würde als die bestehende BRD. Mein damals engster Genosse vertrat diesen Ansatz ganz massiv.
Es wurde verunmöglicht, solche Thesen auf Plena zu diskutieren. Jeder Versuch wurde von Antideutschen, die es auch damals schon gab, mit Pfeifkonzerten zerstört. Mein Genosse musste sich anhören, ein in die linke Szene eingeschleuster Nationalbolschewist oder Nationalrevolutionär zu sein (den Unterschied zwischen Neonazis, Nationalrevolutionären und Nationalbolschewisten machten autonome Antifas damals noch). Dabei war das ein alter Haschrebell, 2. Juni-Umfeld. Seit dem "Bushfeuer", der Zusammenknüppelung des Internationalistischen Blocks auf der Anti-Bush-Demo in Krefeld 1982 waren die Grenzen der Massenmilitanz der Autonomen klar aufgezeigt worden. Dass die Szene eine neue Perspektive brauchte war offenkundig. Das änderte aber nichts dran dass die Autonomen zahlenmäßig im Verlauf der 1980er ständig mehr wurden. Der mit Glasnost und Perestroika verbundene Zerfall der moskautreuen kommunistischen Kräfte führte dazu dass viele von denen wenn sie sich nicht ins Privatleben zurückzogen zu den Autonomen überliefen. Um 1988 hatte die autonome Szene rein zahlenmäßig Hochkonjunktur und es gehörten Zehntausende Leute dazu. Die gemeinsame Tagung von IWF und Weltbank in Westberlin 1988 führte zu einer Mobilisierung zu Massenprotesten, und in diesem Kontext begann sich die in Teilbereichskämpfe (Anti-AKW-Häuserkampf-Arbeitslosigkeits-Neue-Armut-Antikriegs-Antigentech-und Frauenbewegung) aufgesplitterte Szene wieder mit einer Kritik kapitalistischer Herrschaftspraxis an sich zu beschäftigen. Es gab wieder eine systemkritische Gesamtperspektive, auch wenn das damals niemand Intersektionalität nannte.
Die "Autonomie Neue Folge 14" mit dem Titel "Klassengeschichte - soziale Revolution?", ein Klassiker der "anderen Arbeitergeschichte" erschien in einer Neuauflage und war neben Detlef Hartmanns Kultbuch "Leben als Sabotage. Zur Krise der technologischen Gewalt" Standard der Diskussion.
Es herrschte so etwas wie Aufbruchstimmung, dann aber führten zwei Ereuignisse schlagartig dazu dass weite Teile der Szene für Jahre nur noch um sich selber kreisten und hochdestruktive Selbstverständnisdebatten im Mittelpunkt des Diskurses standen. Das eine war die seit den tödlichen Schüssen an der Startbahn West 1987 geführte und allmählich immer mehr verhärtende Gewaltfragendebatte, das andere eine Sexismusdebatte. Die hatte es schon länger gegeben und sich ursprünglich mit Themen wie mackerhaftem Verhalten einzelner Männer auf Plena und in Arbeitskreisen und vor allem dem Heldengepose autonomer Fighter auf Haue-Demos beschäftigt, bekam aber eine völlig neue Dimension, als Vergewaltigungen von Szenefrauen durch Szenemänner bekannt wurden.
Dass das linkrsradikale Millieu den gleichen gesellschaftlichen Widersprüchen ausgesetzt ist wie die bürgerliche Gesellschaft war zwar keine neue Erkenntnis, in den Konsequenzen wurde diese nach dem Bekanntwerden der Vergewaltigungen aber besonders schmerzhaft. Hinzu kam eine Eskalation der Sexismusdebatte mit einer hohen Eigendynamik: Einerseits wurde der Hammer "Vergewaltigung" zum Indikator von Sexismus an sich, d.h. Männer die wegen sonstigem sexistischen Verhalten kritisiert wurden das bis dahin zu keinen Ausschlüssen geführt hätte wurden wie Vergewaltiger behandelt, d.h. mit Steckbrief geoutet und sozial geächtet. Zum anderen setzte sich nach und nach eine inflationäre Interpretation des Begriffs Vergewaltigung durch.
Dass die Definitionsmacht dessen was eine Vergrewaltigung ist beim Opfer zu liegen hat betrachte ich als unstrittig. In dieser Debatte wurde dies dann allerdings so ausgedehnt dass auch bei Fällen von Vergewaltigung die Rede war wo Einvernehmlichkeit geherrscht hatte oder schließlich sogar wo kein Sex stattgefunden hatte.
Am Anfang hatten unbestreitbare, von Schlägertypen begangene Vergewaltigungen gestanden. Was dann immer häufiger passierte mache ich an zwei Beispielen deutlich. Da hatten eine Frau und ein Mann um die 20 einen Onenightstand. Die Frau beklagte sich hinterher darüber dass er sie stumpf durchgerammelt hätte und dass sie wenig Spaß dabei gehabt hätte und äußerte das auf einem Plenum, auf dem eine weitere Frau sich darüber beklagte dass sie sich benutzt gefühlt hätte als ihr Freund - mit dem sie vorher gevögelt hatte - sich an ihrem Anblick einen runtergeholt hätte. Das Plenum beschloss für die beiden Männer eine Therapiegruppe zu bilden und eine MRT - Männerradikaltherapie - durchzuführen. Als die daraufhin dem Plenum den Vogel zeigten wurden beide ausgeschlossen, bekamen in den meisten linken Zentren Hausverbot und wurden im Nachhinein als Vergewaltiger bezeichnet.
In einem anderen Fall wurden zwei Männer aus einem linken Zusammenhang ausgeschlossen weil - übrigens fälschlicherweise - vermutet wurde sie hätten die Absicht gehabt in Räumlichkeiten eines ASTAs einen Pornofilm sehen zu wollen.
In der Konsequenz kam es bundesweit zu öffentlich gemachten Outings von "Sexisten", die von außen betrachtet den Eindruck erweckten es handle sich um einen regelrechten Wettbewerb - nur die Szenestadt ist hip in der Sexisten öffentlich gemacht wurden. Jahrelang drehten sich die Diskussionen großer Teile der autonomen Szene nur noch um das Selbstverständnis der Gruppen festgemacht am Thema Sexismus. Dem sich zu dieser Zeit vollziehenden weltpolitischen Paradigmenwechsel - Zusammenbruch des Ostens, Wiedervereinigung, New World Order - stand die Szene, obwohl sie dafür eigentlich theoretisch gut gerüstet hätte sein müssen, völlig hilflos gegenüber. Das Gleiche wiederholte sich 2001-2006, als die Bushkriege in Afghanistan und Irak erstmals ohne massive Straßenproteste einer zahlenmäßig größeren linken Bewegung in Deutschland stattfanden, weil die Szene gerade damit beschäftigt war "Antisemiten" in den eigenen Kreisen zu outen bzw. nach ihnen zu fahnden - die Auseinandersetzung Antideutsche vs. Antiimperialisten war prevailing theme. Ich hatte beide Auseinandersetzungen immer mit dem speziellen, teils sektiererischen Charakter der Szenestrukturen und einem seit etwa 1988 verbreiteten moralischen Fundamentalismus erklärt, zumal ich dies alles ja von innen erlebt hatte. Aus der Fernsicht stellt sich mir im Nachhinein eine andere Frage. Wurde da vielleicht von irgendwelchen Diensten nachgeholfen?
Ein einziges Mal versuchten Linksradikale tatsächlich eine konkrete Utopie zu formulieren die auf reale Veränderung staatlicher Strukturen abzielte und sich gegen die Westbindung richtete - und wurden mundtot gemacht. Ausgerechnet als der Osten zusammenbrach und es die Pflicht einer linken Bewegung gewesen wäre auf das Geschehen Einfluss zu nehmen, als die Autonomen rein zahlenmäßig auf dem Höhepunkt waren beschäftigt sich die Szene nur noch mit sich selber. Als im großen Stil Kriege zur Durchsetzung neoliberaler Strukturen im Mittleren Osten durchgeführt werden und es Aufgabe der Linken gewesen wäre der Militärmaschinerie in den Arm zu fallen passiert das gleiche. Alles Zufall oder reine Gruppendynamik? Ein Schelm, wer.....
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Schaut auf den Jemen!
che2001, 17:06h
Was dort geschieht ist nichts Anderes als die planmäßige Vernichtung überflüssiger Esser. Es könnte Modellcharakter haben für die Behandlung anderer nicht inwertsetzbarer Regionen.
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